Rabenmutter 2.0

Sag: Tschüss, Privatsphäre!

Wie heißt es so schön: Manches weiß man erst so richtig zu schätzen, wenn man es verliert. Privatsphäre zum Beispiel. Solange man noch KEIN Kind hat, ist es nichts besonderes, wenn man sich mit einer Freundin auf einen Kaffee trifft und stundenlang gemütlich quatscht. Oder mal wieder ein spontanes Wellness-Programm im heimischen Badezimmer einlegt … einfach, weil man nichts besseres vor hatte. Oder einen netten Abend auf der Couch verbringt, dabei ein bisschen Pediküre macht und so richtig schön unappetitlich die abgeschnittenen Zehennägel durchs Zimmer schnippt. Oder gedankenverloren in der Nase bohrt, während man auf dem Klo sitzt und liest. Oder im Auto lauthals mitsingt, obwohl man von der eigenen Stimme Ekel-Gänsehaut bekommt (kein Scherz – ich singe wirklich SO schlecht!). Oder mit seinem Partner Sex hat … wann und wo immer man will. Es ist einfach so. Man hat diesen Wahnsinns Freiraum, seine Privatsphäre – und nutzt sie natürlich. Ohne darüber nachzudenken. DAS macht man erst, wenn ein Kind einzieht. Denn dann zieht die Privatsphäre von Mama und Papa (erst einmal) aus und kommt von da an maximal als Besucher vorbei – wenn man Zwergnase vorübergehend irgendwo „parken“ kann.

„KOMME MIT!“

Hätte mir jemand vor drei Jahren gesagt, dass ich es mal als völlig normal empfinden würde, wenn jemand auf meinem Schoß sitzt, während ich Pipi mache, hätte ich gelacht. Sehr laut sogar. Und dann hätte ich den Kopf geschüttelt und „AUF GAR KEINEN FALL“ gesagt.
Tja … und heute? Heute IST es normal für mich, dass ich auf dem Klo sitzend ein Kind auf dem Schoß habe, daPrivatsphäres mir was erzählt, mich knuddelt und küsst, einen extra langen Hals macht, wenn ich Toilettenpapier benutze und auch sonst alles sehr genau beobachtet. Alleine aufs Klo darf ich aktuell wirklich nur sehr, sehr selten gehen – nur wenig scheint vom Spannungsniveau her mithalten zu können ;) .
Ebenso interessant ist es natürlich für die kleine Madam, was Mama unter der Dusche macht, wie sie Creme aufträgt, auf die Waage steigt oder was mit ihren Brüsten passiert, wenn sie sich vornüberbeugt (nach 13 Monaten stillen würde ich selbst das ja lieber nicht wissen!). Für ein Kleinkind ist so ziemlich ALLES, was im Badezimmer geschieht, extrem interessant. Selbst dann noch, wenn es jeden Tag passiert. Glücklicherweise ist es aber ja so: Hat man erst einmal ein Kind vor Publikum aus deinem eigenen Körper gepresst, verschiebt sich die Schamgrenze recht ordentlich. Bei mir zumindest ist das so. Vieles was mir früher unangenehm erschien, entlockt mir heute nicht mal ein müdes Lächeln der Scheu. Und davon mal abgesehen: Kleinkinder „bewerten“ nicht – sie stellen nur etwas fest. Mit „Mama weich!“ meint die Mausemaus nicht, das Mama schwabbelig ist und endlich mal etwas Sport machen sollte (obwohl dem möglicherweise so ist ;) ) … sondern nur, dass sie Mama schön weich findet. Damit kann ich leben … muss ich ja eh :D .

„MAAAAAMAAAAA, GUCK MAL!“

Gespräche mit anderen Erwachsenen zu führen, wird mit der „Ankunft“ eines Kindes zu einem extrem schwierigen Unterfangen. Wobei es, solange sie ganz klein sind, sogar fast noch geht. Zumindest, wenn man davon absieht, dass gerade frischgebackene Mütter oftmals mindestens ein Auge und ein Ohr dauerhaft aufs Kind gerichtet haben. Nimmt man dann noch den Schlafentzug hinzu, reduzieren sich die Aufnahmemöglichkeiten einer Baby-Mama für wichtige Informationen des Partners oder Geschichtchen von Freunden um … na, wir wollen ja nicht übertreiben: ca. 98% ;) . Aber … das wird natürlich besser. Also zumindest was die Grundvoraussetzungen der Mutter angeht. Denn wenn Mamis Gehirn wieder einigermaßen Hormon-Neutral funktioniert und sich beinahe im Wachzustand befindet, wird das Kind selbst zum Störfaktor . Kleinkinder werden nämlich – so meine Erfahrung – nicht gerne aus einem Gespräch ausgeschlossen. Wenn mein Mann und ich uns unterhalten wollen, wird die kleine Madam nicht nur hellhörig und plappert alles nach (das kann durchaus mal unangenehme Folgen haben, wenn das Aufgeschnappte nicht unbedingt „weitergetragen“ werden sollte ;) ), sondern sie wird zudem deutlich lauter: „ MAMA, GUCK MAL … PUPPE ANELECKT!“ oder „PAPA, BUCH LESE? JEEEEEETZT?!“ Das macht es wirklich sehr, sehr schwer, ein einigermaßen flüssiges Gespräch zu führen. Beim Partner jetzt nicht mal soooo schlimm, weil man den ja öfter sieht und wichtige Informationen auch abends noch austauschen kann. Bei Freundinnen, die man nur selten zu Gast hat, die vielleicht Sorgen haben oder denen man selbst mal das Herz ausschütten möchte, OHNE das Zwergnase daneben steht, einem auf die Schulter klopft und mit betretener Stimme „Alles gut?“ fragt (ok, ja, das ist süß – aber trotzdem nicht immer angebracht :D ), ist das schon blöder. Da weiß man wenigstens rückwirkend all die ganz privaten, intimen Gespräche, die man FRÜHER stundenlang mit den Mädels geführt hat, nochmal etwas mehr zu schätzen. Naja, die Zeiten werden sich auch wieder ändern … irgendwann … ICH BRAUCHE ENDLICH EINEN KITA-PLATZ FÜR DIE KLEINE MADAM!!!! ;)

„MAMA PUPST?“

Manchmal sind es die ganz winzig kleinen Kleinigkeiten, die einem in Sachen Privatsphäre etwas fehlen. Nämlich dann, wenn diese nagelneuen, messerscharf gespitzten Sinne von Kinder mit dem Erwerb der verbalen, für alle hörbaren Sprache kombiniert werden. Denn DANN hat man als Mutter verloren. Plötzlich fallen beim Einkaufen an der Kasse, in Mode-Geschäften oder Wartezimmern Sätze wie: „Mama eben Pupu macht?!“ oder „Mama groooooßen Popel da!“ oder (laut lachend) „Mama pupst!?“.
Wie beim Thema Badezimmer-Aufenthalte bereits erwähnt, bin ich nicht mehr so schnell aus der Ruhe zu bringen und es bedarf schon etwas mehr, als ein Hinweis auf eine mögliche Flatulenz, mir die Schamesröte ins Gesicht zu treiben … aber trotzdem ist das nicht wirklich schön. Echt nicht! Ich bin immer noch ein Mädchen. UND MÄDCHEN PUPSEN NICHT IN DER ÖFFENTLICHKEIT! Man, man, das Kind hat noch soooo viel zu lernen :D .

„KUSCHELN WILL!“

Tja, früher … daaaamals … vor der kleinen Madam, war das Schlafzimmer für uns – wie wohl für die meisten Paare – förmlich der Inbegriff der Privatsphäre. Es war UNSER Raum (klar, in UNSERER Wohnung sind alle Räume UNSERE Räume … aber das Schlafzimmer ist ja trotzdem immernoch so ein bisschen privater, als die anderen, ne?!). Als die kleine Madam sich ankündigte, beschlossen wir, dass das Baby das erste Jahr bei uns und danach im eigenen Zimmer schlafen würde. Super Plan. Theoretisch. Praktisch schläft die Mausemaus auch mit knapp über zwei Jahren noch bei uns. Im eigenen Bett zwar, aber direkt neben der Mama. Denn Mutti ist zu müde und zu faul (vor allem zu FAUL), mehrmals pro Nacht ins Kinderzimmer zu dackeln, um der extrem-schlecht-Schläfer-Ella die Hand zu halten, die Stirn zu streicheln, einen Kuss zu geben oder einfach nur mit ein paar geflüsterten Worten den Alptraum zu verjagen. Ich bin einfach zuuuuuu müde (und zu faul ;) ), um mir das auch noch aufzuhalsen. Also bleibt sie bei uns. Denn hat man ein Kind, dass auch mit über zwei noch nicht durchschläft, dann ist die Priorität nicht mehr „im eigenen Zimmer schlafen“, sondern nur noch „SCHLAFEN – WIE, IST KACK-EGAL!“ Und im Grunde finde ich es sowieso ok, dass sie bei uns ist. Ich schlafe auch besser, wenn mein Mann neben mir schnarcht … äh, schläft … und ich ab und an die Hand nach ihm ausstrecken kann. Warum sollte es der Mausemaus anders gehen?!
Trotzdem fehlt uns UNSER Raum schon manchmal. Sex kann man natürlich überall in der Wohnung haben. Doch einfach mal am Wochenende den ganzen Tag im Bett, zusammengekuschelt auf dem Laptop blöde Serien anschauen und sich lang und breit alles erzählen (in ganzen Sätzen und ohne Unterbrechungen), was einem so durch den Kopf geht … DAS geht tatsächlich am besten im Schlafzimmer. (Keine Ahnung warum … aber auf der Couch ist es nicht dasselbe!)
Allerdings hat man ja glücklicherweise als Eltern eines Kleinkindes sowieso nie einen GANZEN TAG zusammen frei. Also passt das doch irgendwie :D .

Naja, was soll’s…sicher heißt es nicht umsonst: Sie werden sooo schnell groß! Wahrscheinlich dauert es nicht lange und ich denke wehmütig daran zurück, wie die Mausemaus 24 Std am Tag an meinem Rockzipfel hing! Ist doch eigentlich auch total schön, für einen Kind – eine gewisse Zeit – der wichtigste Mensch auf der Welt zu sein! Und was ist eigentlich so toll daran, alleine aufs Klo zu gehen? Eben, nichts! Also „sitzen“ wir es einfach aus – zusammen ;) .

Der LÄCHELN UND WINKEN Newsletter

Freu dich jeden Samstag über eine Mail von mir, mit allen Links zu den Neuerscheinungen der Woche und verpasse damit keinen Beitrag mehr - ganz egal, welcher Social Media Algorithmus gerade einen Pups quer hängen hat. ;)

Ich verschicke natürlich keinen Spam! Erfahre mehr in meiner Datenschutzerklärung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

12 Kommentare für “Sag: Tschüss, Privatsphäre!

  1. Ohmann…bei uns ist es zwar nicht so schlimm (meist darf ich alleine aufs klo, zumindest erstmal und geschlafen wir im eigene Zimmer) Aber das mit dem Im schlafzimmer wird sich alles erzählt da es auf der couch nicht so geht!!!!!!JAAA das kannn ich total bestätigen :-) Dafür ist unser Räuber in sachen reden eher langsamer….also naja mal so gar nichts außer seine lautgestlatung…aber blos kein wort für irendwas bestimmtes haben….selbst mama heist nicht Mama :-(

  2. Ich lache Tränen… das ist so herrlich :D
    Ich erlebe das gerade original genau SO. Meine Kleine ist auch 2 (ok, wird in 2 Monaten schon 3) und kontrolliert total gerne, ob ich auch wirklich was ins Klo gemacht habe – sie wird gerade trocken und das ist ein SEHR spannendes Thema :D Diese Zeit ist so wunderbar.

    Wirklich nicht lustig ist es, wenn sie 12 sind (so eine hab ich auch noch :-P )…

  3. Ich bin so froh das meine Kinder schon 8 und fast 11 sind…ich darf zwar allein auf die Toilette aber dafür gibt es dann Gespräche durch die Tür die immer wieder mit “Mama ich hasse dich….ich hasse mein Leben” enden. Sie werden zwar grösser aber die Probleme ernster…und sie kriegen auch immer mehr von deinem eigenen Leben mit….ich freue mich über jeden Geburtstag den meine Kinder näher an das Ausziehen kommen…klingt für den ein oder anderen vielleicht schlimm aber ich werde es lieben das es Sachen gibt die wieder mir gehören….und Badezimmeraufenthalte ohne das schon der nächste klopft…

    1. Ich finde das überhaupt nicht schlimm, sondern absolut nachvollziehbar! Möglicherweise ist die Pubertät ja von der Natur genau aus diesem Grunde so grässlich angelegt – damit Mütter ihre “lieben” Kleinen leichter loslassen können :D