Rabenmutter 2.0

Shopping-Erlebnis mit Kleinkind (fast) in Echtzeit

Ich gehörte eigentlich nie zu den Frauen, die wirklich gerne shoppen gehen, die es voll und ganz genießen, stundenlang durch Geschäfte zu streifen, 1.000 verschiedene Klamotten anprobieren, sich in der Umkleidekabine mit einer Freundin giggelnd in ulkigen Outfits fotografieren und regelrecht vor Glück platzen, wenn sie mit vollen Einkaufstüten bepackt durch die Welt schreiten können. Im Gegenteil. Ich war immer eher so der Typ: Schnell rein in EINEN Laden, gezielt suchen, einmal anprobieren, alles scheiße finden, völlig entnervt das Weite suchen … nach maximal 60 Minuten (Für Menschen wie mich wurde eben das Internet erfunden :D ). Daher war die Umstellung auf Mama-ohne-Zeit-für-Shopping-Trips für mich eigentlich null Problemo – ich habe ja eh immer alles online bestellt. Doch manchmal … in besonderen Lebenssituationen … da bricht das Mädchen-Gen in mir durch.

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Da will ich in ein Geschäft gehen, Sachen anfassen, mich inspirieren lassen, ganz viele verschiedene Klamotten mit in eine grässlich ausgeleuchtete Umkleidekabine nehmen, ausprobieren was mir steht und dann DIREKT was mitnehmen – ganz ohne Wartezeit auf DHL und Konsorten. Das passiert nicht oft. Aber es passiert. Vor allem, wenn ich schwanger bin. Vielleicht, weil es dann so viel schwieriger ist, seine eigenen Proportionen einzuschätzen und daher die „Fehlerquote“ bei Bestellungen deutlich höher ausfällt. Und das hasse ich ja: Sachen zurückschicken müssen, auf die ich tagelang gewartet habe, weil sie nicht passen, wie ich es mir vorgestellt habe.

So schwelte in mir also letztens mal wieder dieser Wunsch nach einem echten Einkaufsbummel in der realen Welt. Mit meinem Mann an der Seite, versteht sich, damit er unser Kind betreuen würde, während ich hochmotiviert und total relaxt (ist ja absolut meine Natur) an einem Samstag-Nachmittag (da der Mann sonst leider keine Zeit für derlei amüsante Unternehmungen hat) meinen wachsenden Babybauch zwischen vollgepackten Kleiderständern, aufgeregten Teenies und wenig begeisterten Männern mit den Handtaschen ihrer Frauen am Arm hindurchmanövrieren würde. In meiner Vorstellung klang das nach Spaß. Und natürlich nach Erfolg. Schließlich würde ich GARANTIERT ein bis zwei total schöne neue Klamöttchen finden, die mich in diesem Sommer zu einer schönen, schicken Schwangeren machen würden. Wie ich zu dieser irren Annahme kam? ICH HABE KEINEN BLASSEN SCHIMMER!!!! Womöglich lag es an Schwangerschaftsdemenz. Oder ich bin einfach ein Idiot. Alles möglich. Jedenfalls lief es – wenig überraschend – nicht ganz so, wie von meinem Hormon-vernebelten Hirn angekündigt hatte …

1,5 AMÜSANTE STÜNDCHEN BEI … ÄH, X&Y ;)

16:00 Uhr
Wir sind spät dran. Wie immer. Das trübt zumindest meine Stimmung aber diesmal kein bisschen, denn: Mutti ist Shopping-geil. Endlich mal wieder einen ECHTEN Klamottenladen durchforsten, ohne dabei ständig das wuselige Kleinkind im Auge behalten zu müssen. Stattdessen wandert mein Blick verhältnismäßig tiefenentspannt über die Ständer, legt eine „Route“ fest und meine Beine folgen dem Plan wie fremdgesteuert. Wo bist du, neues Lieblings-Sommer-Stück? Ich finde dich!!!
Zur gleichen Zeit wandern zwei weitere Augenpaare durch diesen Palast der Kleidungsvielfalt. Das eine leuchtet ebenso wie meins … nur sucht es nicht die potenzielle neue Lieblings-Sommerhose, sondern geheime VERSTECKE, brauchbare SPIELZEUGE und (leider am liebsten) helle KUSCHELSTOFFE.
Das andere leuchtet kein bisschen…es gehört zu meinem Mann. Er scannt hochkonzentriert die von seiner Frau ausgesuchte Nachmittags-Location und stößt alle 20 cm auf Gefahrenquellen, die entweder seiner Tochter oder seinen Nerven zum Verhängnis werden könnten. Es sind also alle bereit. Los geht’s! ;)

16:10 Uhr
Ich bin auf der Jagd. Ich suche luftige „Flatterhosen“ mit Gummibund in verschiedenen Schnitten mit unterschiedlichen Mustern … Uni geht aber auch. Muss nur irgendwie meinen feisten Arsch einigermaßen schmeichelhaft umspielen und locker am bzw. unter meinem kugelrunden Babybauch sitzen. Ich bin sogar bereit, die Dinger in XL zu erstehen und dabei nicht zu weinen (so jedenfalls der Vorsatz).

16:15 Uhr
Meinem Mann bricht bereits der Schweiß aus. Die kleine Madam saust wie vom wilden Affen gebissen und vor Freude jauchzend durch den Laden, rennt im Zickzack zwischen den Ständern hin und her und taucht immer mal wieder irgendwo regelrecht ab. Mein Mann spurtet hinterher und ruft dabei in Repeat-Schleife den Namen unseres Kindes kombiniert mit den klassischen Eltern-Sätzen für derlei Situationen:
„Nein, fass das nicht an!“
„Bleib doch bitte mal stehen!“
„Leg das bitte zurück!“
„Leg das bitte SOFORT zurück!!!“
Ich höre ihr Kichern und sein Flehen, versuche es aber auszublenden (ich grässliche Mutter auf Ego-Trip), denn heute Nachmittag darf ICH mal in Ruhe bummeln!

16:20 Uhr
Zwei mögliche Flatterhöschen hängen bereits über meinem Arm. Ich bin aber auch nicht unvorbereitet gekommen, sondern habe mich im Internet bereits über die aktuelle Kollektion des Hauses informiert und versuche nun in flottem Mama-Tempo (man kann’s ja doch nicht ablegen – abgesehen davon weiß man nie, wann der Mann zusammenbricht oder das Kind was WIRKLICH blödes anstellt) all jene Sachen zu finden, die mir online zugesagt haben und die ich nun gerne anprobieren würde. Natürlich ist das unmöglich, weil ich das Shopsystem mal wieder nicht durchschaue UND weil viele Klamotten meinen „Antatsch-Test“ schon gar nicht erst bestehen. Trotzdem: Ich bin immernoch guter Dinge!

16:25 Uhr
Das Töchterchen kommt mit Schwung in meinen eigentlich nicht nach ihr, sondern nach einem T-Shirt ausgestreckten Arm geflogen, wischt ihr kleine Rotznase liebevoll an meinem Hals ab und berichtet mir lachend, dass sie total viel Spaß hat! Sekunden später taucht mein Mann hinter ihr auf. Er signalisiert mir mit einem Blick, dass er KEINEN Spaß hat und das ich gefälligst in die Hufe kommen soll. „Gummibärchen haben will,“ quickt die Mausemaus vergnügt und ich überlege kurz, ob es wirklich clever wäre, ihr jetzt schon die Notfall-Süßigkeit zu verabreichen und damit auch noch ihren Zuckerspiegel hochzujagen. Dem Schweiß-Pegel meines Göttergatten nach zu urteilen, benötigt er aber eine Pause und so setzte ich die kleine Madam für wahrscheinlich nicht mehr als 6 Minuten mit ihrer Mini-Tüte Gummibärchen in den Kinderwagen und stehle mich klammheimlich nochmal davon.

16:35 Uhr
Wir erobern die nächste Etage. Über meinem Arm hängen ca. 5 Hosen, 3 T-Shirts und ein Kleid. Doch da geht noch was, denke ich. Schließlich muss es sich lohnen, wenn ich mich schon in einer winzig kleinen Kabine aus meiner Umstands-Röhren-Jeans (wer denkt sich sowas aus????) schäle.
„Ich schaue mich nur noch kurz da drüben um, Schatz, dann geh ich anprobieren. Dauert nicht mehr lang!“ rufe ich meinem Mann zu, der gerade versucht, unserer kleinen Madam ein Kilo Plastik-Perlenketten wieder abzunehmen, die sie sich von einem Accessoires-Wühltisch gemopst hat. Er sieht aus, als bräuchte er heute Abend ein Bier. Oder fünf.

16:40 – 17:10 Uhr
Meine gute Laune wankt. Ich hatte ganz vergessen, wie voll es samstags in der Stadt und somit vor jeder verdammten Umkleidekabine in ganz Köln ist. Ich HASSE es, in einer Schlange rumzustehen, voll bepackt und gefangen zwischen Teenager-Gesprächen, die mich an der Zukunft unserer Gattung zweifeln lassen (War ich auch so? Nein. Nein! NEIN!) Zudem ist der Handyempfang so miserabel, das ich nicht mal ein bisschen lesen kann. Mein Mann fährt derweil bereits seit 20 Minuten Rolltreppe mit der Mausemaus. Glaube ich. Habe die beiden jetzt länger nicht mehr gesehen. Und eine Nachricht über einen Ortswechsel der beiden würde mich gerade eh nicht erreichen, weil mein Handy wie gesagt förmlich aus ist. Gut, dass ich wenigstens auch noch den mit all unseren Jacken beladenen Kinderwagen bei mir habe. Da mache ich mir WIRKLICH viele Freunde mit, da kaum jemand an der Schlange UND mir mit Kinderwagen vorbeikommt … aber dafür kann ich mich wenigstens ein bisschen darauf abstützen. Bäh, es nervt schon alles.

17:12 Uhr
Ich hab’s geschafft! Ich bin dran und darf mit meinem „Gepäck“ in eine Kabine! Yeah!!! Jetzt geht’s los! Das wird super! Uhhhhh, so viele tolle Hosen und Shirts! Ick freu mir!!!

17:13 Uhr
Prima. Ganz, ganz prima! Die Umkleidekabinen sind ja eh schon eher knapp bemessen. Schiebt man aber auch noch einen Kinderwagen mit hinein, hat man überaschenderweise nicht mal mehr Platz, um die wunderbaren Rundum-Spiegel zu genießen. Wobei das jetzt wahrscheinlich eher als Vorteil zu werten ist. Ich will gar nicht wissen, wie es mit meinen aktuell 14 Extra-Kilos von hinten aussieht, wenn ich versuche, meinen ziemlich üppigen Schwangerschaftshintern in einer „Flatterhose“ verschwinden zu lassen … die in L leider nicht mehr flattert. Verdammt. Ok, ich habe mir geschworen, nicht zu heulen und ohne Gejammer XL zu kaufen, wenn’s denn nun mal XL sein muss. Und das muss es, wie mir das Stück Spiegel, das neben dem Kinderwagen noch sichtbar ist, verrät. Die richtig schönen Höschen gibt’s natürlich nur bis L; die fallen also aus. Aber schlicht in uni ist ja auch gut. Kann man gut kombinieren mit diesen luftigen Shirts hier. In M … nein, besser in L. Awwwwww, das läuft ja wie am Schnürchen hier!

17:20 Uhr
Ich bin schweißgebadet! Und nur noch so mittelmäßig gut gelaunt. Warum nochmal wollte ich shoppen gehen, anstatt wie immer zu bestellen und zu Hause ganz gemütlich ein bisschen rumzuprobieren? Es ist mir gerade entfallen. Doofe Idee! Erst recht an einem Samstag. Und wo sind eigentlich Mann und Kind? Ich brauche Beratung bei der endgültigen Wahl. Von den gefühlt unzähligen Klamöttchen, die ich schwitzend auf 20 Quadratzentimetern anprobiert habe, kommen nur noch zwei Hosen und 1 Shirt in Frage. Ich kann mich aber nicht entscheiden. Ich habe einen Favoriten, bin aber irgendwie unsicher. Mein Handy zeigt Erbarmen und lässt eine Nachricht durch. Aha, der Mann hat die Nerven verloren und ist mit der Mausemaus schon mal rausgegangen. Ich antworte, dass ich ganz kurz seine Meinung bräuchte und dann aber fertig wäre.

17:30 Uhr
Ich: „Schau mal, Schatz, die Hose finde ich am Schönsten. Was denkst du?“
Er: „Hm, echt? Die?“
Zack, Favorit hat sich damit erledigt. Ich HASSE shoppen!!!

17:35 Uhr
Wir verlassen den Laden. Ohne volle Tüten. Nicht mal mit einer kleinen Tüte. Ich habe die verbliebenen Kleidungsstücke einfach „heimlich“ über einen Ständer geworfen und beschlossen, doch lieber online nochmal zu schauen. Das hat mich alles nicht glücklich gemacht. Im Gegenteil. Ich fühle mich geschlaucht, bin frustriert und will ein Trost-Eis. Das Gesicht meines Mannes zeigt ganz ähnliche Ermüdungserscheinungen. Wobei ich mich gar nicht auf das Deuten seiner Mimik verlassen muss, um seinen „Zustand“ zu definieren. Er sagt es auch: „Boah, das war ja ein Höllenritt! Ella war nicht zu bremsen! Wo nimmt sie bloß die Power her? Bei aller Liebe, Schatz, das mach ich nie wieder! Hölle, sag ich dir, Hölle!“
Ich streichle ihm über den Rücken und nicke ihm lächelnd zu. Mamis wissen, wie sich das anfühlt. Mamis gehen schließlich auch alleine mit einem Kleinkind einkaufen, nehmen es mit in die Kabine und bewältigen dort einen erstaunlichen Balance-Akt zwischen sauberer, unbezahlter Kleidung und stetig verschmierten und vor allem extrem gelangweilten Kindern. Das macht keinen Spaß! Niemandem! Deshalb wurde eben das Internet erfunden ;) .

Fazit des Nachmittags-Programms: Beide Elternteile sind völlig erschöpft, stehen am Rande eines Nervenzusammenbruchs und wollen nur noch nach Hause! Das Statement des Kindes zum selben Programm: „Das war ein schöne Tag! Hat viiiiiel Spaß gemachtet!!!“ Tja, was zählt ist wohl die Perspektive :D .

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4 Kommentare für “Shopping-Erlebnis mit Kleinkind (fast) in Echtzeit

  1. EIn kleiner Tipp für das nächste mal…Lasse dein Mann mit deiner Tochter zu Hause!
    Triff dich mit einer Freundin zum shoppen…oder noch besser geh alleine und genieß die Ruhe ;-)

    Aber was solltest du uns dann witziges schreiben…Also besser doch nicht

  2. Ich habe eine Shopping-Gleichgesinnte gefunden :D !!! *um den Hals fall*
    Ehrlich, ich HASSE es – wenn es gut aussieht, passt es nicht oder ist unbezahlbar. Wenn es bezahlbar ist, sind die Farben grauenhaft oder der Stil oma-like. usw,usw. Aber manchmal überkommt es mich und ich will so ein richtiges Mädchen-Shopping-Ding machen…ich Verrückte….