Rabenmutter 2.0

Was tun, wenn „andere“ Kinder ausrasten?

Letztens saß ich mit einer Freundin und einer jungen Mama, die ich vorher nur vom Sehen auf dem Spielplatz kannte, am Kaffee-Kuchen-Tisch und gab dort meine letzte, bisher übelste Trotzphasen-Situation mit der Mausemaus beim Einkaufen zum Besten. Ich berichtete, wie meine „Große“ schon im Eingangsbereich des Supermarktes einen Tobsuchtsanfall bekam, weil sie einen Stein verloren hatte. Einen STEIN! Einen verdammten STEIN von 1.000 Steinen, die dieses Kind TÄGLICH anschleppt! Dennoch versuchte ich verständnisvoll und ruhig zu reagieren. Ersteimal. Ich präsentierte dem brüllenden und wütenden Kind (und gefühlt 100 offenbar sehr an der Situation interessierten Passanten) verschiedene pädagogische Ansätze, die zumindest im weitesten Sinne gerade so noch als brauchbar zu bezeichnen sein könnten:

  • Ich erklärte ihr leise, dass wir den Stein nachher suchen würden und im Notfall sicher einen neuen finden könnten (und wurde mit noch lauterem Gebrüll belohnt).
  • Ich nahm sie in den Arm, um sie zu trösten (und kassierte Tritte und Knuffe).
  • Ich tat so, als würde ich schon mal alleine den Einkauf beginnen – versteckte mich aber nur hinter dem erstbesten Regal (und durfte dann richtig los-spurten, denn Madam steuerte eiskalt den Ausgang Richtung Hauptstraße an).

Tja, lief also alles nur so semi-geil. Da ich aber wirklich, wirklich neues „Futter“ brauchte, gab es die Möglichkeit der Flucht für mich leider nicht. Ich MUSSTE es wenigstens bis zur Wursttheke und zum Brotregal schaffen. Ergo: Nach insgesamt bereits 20 Minuten rumgeeier um das trotzende Kleinkind, packe ich die Mausemaus entnervt am Arm und zog sie einfach hinter mir her durch die ganze Gemüse-Abteilung bis zum dahinter geparkten Buggy, in den ich sie dann unter Aufbringung all meiner Kraft „fesselte“. Natürlich schrie sie wie am Spieß, schlug und trat um sich, und sorgte damit ganz prima dafür, dass ich mich wie die mieseste Mutter aller Zeiten fühlte, was die extrem gut dazu passenden Blicke der Mitarbeiter und Kunden zusätzlich noch unterstrichen. WAR DAS EIN KACK! Der einzige, der sich von dem ganzen Drama absolut null beeindrucken ließ, war der Krümel. Er schaute tiefenentspannt aus dem Tragesystem heraus zu und hätte wahrscheinlich sehr gern ein bisschen Popcorn dazu gereicht bekommen, um die Show NOCH besser genießen zu können.
Ich hingegen war so schweißgebadet, peinlich berührt und unsagbar angekotzt von der ganzen Kiste, dass ich nicht mal darüber lachen konnte, als die Mausemaus eine halbe Stunde später lächelnd in ihrer Jackentaschen kramte und dort den VERKACKTEN SCHEIß STEIN wiederfand!!! *Nerv!*

Meine Freundin fand das sehr, sehr lustig und lachte sich kaputt. Ich vermute, weil sie einfach sau-froh war, dass ICH es war, die am besten ab jetzt für eine längere Zeit in einen anderen Supermarkt gehen sollte und nicht sie, obwohl ihre beiden Kinder natürlich nicht weniger „drollig“ auftreten können, als meine. Aber DIESMAL war es eben einer meiner Sprösslinge.

Die andere Mutter am Tisch hingegen lächelte nur ein bisschen und sagte: „Ich glaube, ich habe dich gesehen. Aber ich hab mich nicht getraut, zu dir zu kommen. Wir kannten uns ja eigentlich nicht und ich hätte ehrlich gesagt auch nicht gewusst, was ich hätte machen können, um dir zu helfen. Man will sich ja nicht aufdrängen…“

Mein erster Gedanke dazu: Ach herrje, ich versinke gleich vor Scham im Boden. Sie hat mich gesehen!!!

Mein zweiter: Schade eigentlich. Sie hätte den doofen Buggy festhalten können, dann hätte ich das Monster leichter gebändigt bekommen. Das wär echt eine Hilfe gewesen!

Mein dritter: Hätte ich das denn gemacht? Einer beinahe fremden Mutter meine Hilfe anbieten?

Hm, wohl eher nicht. Aus Angst, eins auf den Deckel zu bekommen, weil ich mich in Sachen einmische, die mich nichts angehen. ABER vielleicht ist dieser Gedanke falsch!? Wir Mamis sind doch so oft allein in solchen Situationen, dass es vielleicht eigentlich ganz cool wäre, wenn wir uns untereinander Hilfe wenigstens anbieten würden. Ich meine nicht in Form von blöden Tipps, sondern nett … kollegial … und praktisch! Logischerweise ( :D ) kommen also jetzt hier:

Gute und schlechte Ideen zum Mutti-Support „im Vorbeigehen“

So nicht:

Als ich mit der brüllenden Mausemaus endlich an der Wursttheke ankam, beugte sich die Verkäuferin (nach einem erstaunten Blick zu mir, weil sie die kleine Madam bis dato nur niedlich kannte) zu meiner Tochter herunter und sagte: „Na, Ella, willst du eine Scheibe Fleischwurst?“
Ich reagierte schnell mit einem: „Nein, das ist zwar lieb, aber gerade ganz unpassend.“
„Wenn sie ein Würstchen bekommt, beruhigt sie sich bestimmt! Das ist immer so!“ betonte die Dame.
„Das mag sein, aber es käme leider auch einer Belohnung gleich. Und dafür, dass sie sich gerade aufführt wie eine kleine Irre, die ihre Mutter schlägt und tritt, möchte ich sie lieber nicht belohnen, verstehen sie.“ Ich lächelte, erntete allerdings ein missbilligendes Kopfschütteln. DOOOOOOF für mich!
Und genauso doof wäre es, wenn eine andere Mutter meiner Tochter in einer solchen Situation ein paar Gummibärchen zur Beruhigung zustecken würde. Es wäre zwar gut gemeint, aber: Die Mausemaus würde die Geste völlig falsch interpretieren, nämlich so, das SIE im Recht ist und die Mami blöd!

Aber vielleicht so:

Anders sähe es jedoch aus, wenn man der MUTTER heimlich etwas kleines Süßes für die Nerven reichen würde :D . DAS käme sicher gut an. Noch besser wäre natürlich ein Schnäpschen – aber sich zwischendurch einen “Kurzen” zu genehmigen, ist ja leider für Mütter in unserer Gesellschaft ziemlich verpönt … was sag ich: absolut DES TEUFELS! Wäre das anders, hätten wahrscheinlich viele von uns einen hübschen, kleinen, pinkfarbenen Flachmann in der Hosentasche :D :D :D .

So nicht:

Im Vorbeigehen die Nase rümpfen, den Kopf schütteln und dabei leise, aber hörbar murmeln: „Also meine Kinder haben in der Öffentlichkeit nie so rumgebrüllt!“ DAS macht nicht nur sehr, sehr unsympathisch, sondern ist schlichtweg gelogen (jedes Kind rastet mal aus … und dann schert es sich wenig darum, ob es Zuschauer hat oder nicht, weil es einfach nur gerade JETZT emotional nicht weiter weiß – und das gehört zur kindlichen Entwicklung genauso dazu, wie in der Öffentlichkeit zu pupsen und sich dann auszuschütten vor Lachen ;) ), um einer eh schon völlig gestressten Mutter zusätzlich eins reinzuwürgen und damit kaum an Nerv-Potenzial zu übertreffen. So einen Kommentar sollte sich wahllos jeder verkneifen – egal wie alt die eigenen Kinder mittlerweile sind.

Aber vielleicht so:

Sich vorsichtig und unbedingt lächelnd (sonst erwartet die Mutter einen doofen Spruch und lädt bereits die verbalen Waffen, um sich zu verteidigen – ein Reflex, der wahrscheinlich jeder Mami von einem Kind im Trotz-Alter mehr als vertraut ist) nähern und unser aller Mantra flüstern: „Das geht vorbei … es ist nur eine Phase … bald wird es besser! Ich schöre es dir!!!“ Mit ein bisschen Glück atmet sie dann ein wenig auf und kann die eigenen Kräfte neu sammeln, um dem Gezeter des Nachwuchses dann wieder etwas entspannter zu begegnen. Zumindest aber wird sie sich verstanden fühlen – und nicht mehr so allein.

So nicht:

Mit dem Finger auf Mutter und Kind zeigen und leicht hysterisch loslachen, weil man selbst so schrecklich erleichtert ist, dass das eigene Kind gerade eine „brave“ Phase hat (also schläft). Obwohl die Reaktion durchaus nachvollziehbar wäre, da viele von uns Mamis aufgrund von dauerhaftem Schlafentzug ab und an mit leicht irren Verhaltensweisen glänzen (ich schließe da mal wieder sehr unpopulär von mir auf andere :D ), käme es einer öffentlichen Kriegserklärung an die gerade stark gebeutelte Mutter gleich und würde mit absoluter Sicherheit fliegende Pupu-Windeln und/oder weitaus schlimmeres nach sich ziehen. Zu RECHT!!!!

Aber vielleicht so:

Der armen Mutter ein wirklich herzliches, offenes Lächeln schenken, dabei auf das eigene Kind deuten und mit den Augen rollen. Dann weiß sie, dass sie nicht allein ist und sich nicht zu schämen braucht … selbst wenn ihr Nachwuchs gerade regelrecht eskaliert, mit Wurstwaren um sich wirft oder vor lauter Brüllen plötzlich in den Einkaufwagen kotzt (in diesem Fall könnte man auch noch ein paar zusätzliche Feuchttücher anreichen … und eventuell doch den Schnaps auspacken. Scheiß auf die Gesellschaft!).

 

Hm, also je länger ich darüber nachdenke, desto weniger schwierig und abwegig erscheint es mir eigentlich, einfach mal über den eigenen Schatten zu springen und sich „solidarisch“ zu zeigen, wenn bei jemand anderem gerade die Hütte brennt. Und was könnte schon schlimmstenfalls passieren, wenn die „Mutter in Trotz-Nöten“ keinen Bock auf die nett gemeinte Unterstützung hat? Sie motzt und entlädt einen Teil ihres Frustes auf dem potenziellen Helfer. SOWAS stecken wir Mamis ja wohl ganz easy weg ;) . Wär aber vielleicht auch schon eine Hilfe! Ich versuch es mal … und berichte, ob ich ein paar aufs Maul bekommen habe :D :D :D .

Der LÄCHELN UND WINKEN Newsletter

Freu dich jeden Samstag über eine Mail von mir, mit allen Links zu den Neuerscheinungen der Woche und verpasse damit keinen Beitrag mehr - ganz egal, welcher Social Media Algorithmus gerade einen Pups quer hängen hat. ;)

Ich verschicke natürlich keinen Spam! Erfahre mehr in meiner Datenschutzerklärung.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

I accept that my given data and my IP address is sent to a server in the USA only for the purpose of spam prevention through the Akismet program.More information on Akismet and GDPR.

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

7 Kommentare für “Was tun, wenn „andere“ Kinder ausrasten?

  1. Ich war einmal im Supermarkt an der Kasse, und hinter mir war eine Mutter mit ihrem ca. 9 Jahre alten, offenbar geistig behinderten Sohn, der lautstark (und schief) vor sich hin sang. Der Mutter war das offensichtlich peinlich, und sie versuchte ihren Sohn zur Ruhe zu bringen. Ich hab dann zu ihr gesagt, dass meine Tochter auch gern immer und überall singt, und dass doch völlig normal wäre, und überhaupt, dass eigentlich viel mehr gesungen werden müsste, weil das glücklich macht. Sie antwortete dann mit einem verdutzten und dankbaren “Da haben Sie recht.”

  2. Ooh schöön…Ich finde es auch immer wieder beruhigend zu lesen, dass es anderen Müttern ähnlich geht. Von Wutanfall zu Wutanfall werde ich tatsächlich – auch durch solche Artikel – gelassener und versuche einfach mit Scheuklappenblick die anderen auszublenden… Um ehrlich zu sein bin ich dann aber froh über jemanden, der meiner Choleriker-Tochter im Falle einer “Ich heul einfach und wüte aber weiß gar nicht mehr, warum”-Laune Nervennahrung anbietet und dadurch eine Situations”Pause” zu haben . So etwas kam schon öfter vor… Einmal hab ich meine Tochter ganz doof gefragt, ob ich auch ein Stück abbekomme – Und das “Eis” war wieder gebrochen… Bin keine Pädagogin aber ich glaube nicht, dass die Wurst eine Belohnung für das Verhalten suggeriert hätte, zumal die Verkäuferin ja gar nichts mit der Situation zutun hatte … Aber das ist nur mein erster Gedanke dazu… Liebe Grüße :-)

  3. Kind im Kinderwagen festgebunden und brüllend vom Spielplatz heim ist hier auch schon passiert. Zum Glück sind mir andere Fußgänger bisher immer wissend grinsend entgegen gekommen ?

  4. Lächeln und ein “Das kennen wir auch!” fänd ich gut. Wie wären T-Shirts mit dem Aufdruck “Einer schreit immer” oder so?