Rabenmutter 2.0

Teufelszeug in Gläsern

Das Beste daran, (noch) keine Kinder zu haben, ist, dass man so richtig schön von oben herab über all die Muttis und Vatis ablästern kann, die man beim „Versagen“ erwischt. Zum Beispiel, wenn man beobachten darf, wie Eltern vergeblich versuchen, ihrem Baby Brei zu verabreichen, wie sie dabei vollgespuckt, mit Löffeln beworfen und in Grund und Boden gebrüllt werden. Das ist schon witzig, oder? ;) Tatsächlich scheinen solche Momente ein Fest zu sein für alle, die zwar eigentlich über absolut null Erfahrung verfügen, aber dafür super oft Frauentausch oder ähnlich pädagogische Fachmagazine auf RTL2 gesehen haben und daher schon Pre-Nachwuchs zum wandelnden Erziehungs-Profi mutiert sind. Promt brillieren sie mit Tipps wie „Du musst diese tollen neuen, weichen Löffel verwenden, die auch noch die Temperatur anzeigen – dann klappts!“ oder „Du fängst mit Karotte an? Ne, ne, du musst Pastinake nehmen – das weiß doch jeder!“ Da springt ein frustriertes Mutterherz doch gleich im Dreieck vor Glück!

Einige dieser recht nervtötenden Zeitgenossen bekommen vom Schicksal (oder Karma oder was auch immer) das, was sie verdienen: Ein Baby, das ihnen mal so richtig zeigt, wo der klebrige Breilöffel WIRKLICH hängt. Andere hingegen werden auch noch mit so einem Wunder-Baby belohnt – das sofort perfekt schläft, isst und furzt – und treiben fortan als gefürchtete „Übermütter und -väter“ in all den sowieso schon unerträglichen Babykursen ihr Unwesen. (Das Schicksal hat manchmal einfach einen echt miesen Humor!)

Warum gerade ICH ein Kind bekommen habe, dass sich lange Zeit einfach nicht abstillen ließ (MONATE), die Flasche schier ewig verweigerte (keine Flasche, kein Nuckel und keine Milchsorte waren Madam schmackhaft zu machen) und das Thema Beikost-einführen zu einer unendlich langen Tortur (ich habe mehr geweint als sie, dabei wollte ich TOTAL LOCKER UND ENTSPANNT rangehen) gemacht hat, ist mir natürlich absolut schleierhaft! Wo es doch vor allem mein durchgehend tadelloses, ja schon fast brechreiz-auslösendes sonniges und liebevolles Gemüt ist, dasIMG_3954.JPGs mich auszeichnet … *husthusthust* (sorry, hab mich verschluckt :D))

Bevor ich Mutter wurde, hatte ich jedenfalls – wie viele andere – eine klare und schlichte Vorstellung von der Ernährung eines Babys im ersten Lebensjahr: Ein paar Monate stillen (bis ICH keine Lust mehr dazu hab), dann Beikost einführen (ich koch ein bisschen Gemüse, püriere es und Kind freut sich) und schwups kann der Zwerg normal am Tisch mitessen. Heute weiß ich es besser. Und wenn ich jetzt von bisher kinderlosen Freunden und Bekannten höre, wie sie die Nummer mit der Kinderernährung angehen – und UNBEDINGT hart durchziehen – werden, tritt in meinem Kopf Rudi Carrell auf die Bühne und singt fröhlich: „Lass dich überraschen, schnell kann es geschehen …“ ;)

Man kann – und muss – über diese ahnungslosen Redenschwinger lachen. Anders sieht das bei den Übermüttern aus, von denen man viel zu oft nach Babykursen oder auf Spielplätzen in ein Gespräch über das Essverhalten der Kinder genötigt wird (das Thema ist echt ein Mama-Alptraum-und Diskussions-Renner!) Da blieb mir durchaus schon ab und zu das Lachen im Halse stecken und ich wollte einfach nur ausholen, um ihnen die mal wieder ausgespuckten Essensreste von Klein-Ella ins Gesicht zu schmeißen. Ganz grandios fand ich zum Beispiel den Moment, als mein Füttern eines Fertig-Obstgläschen von einer anderen Mami mit gerümpfter Nase und einem „Uhhhh, du gibst deinem Kind FASTFOOD!?“ kommentiert wurde. JA UND, du dumme BIO-SCHNEPFE! Mein Kind isst frisch gekochtes Gemüse nun mal nicht! Sie will nur diese verkackten Gläschen!!!, hätte ich gern gebrüllt. Hab ich aber nicht, weil mir das mein bereits erwähntes brechreiz-auslösendes sonniges und liebevolles Gemüt leider verboten hat ;)

Richtig gut gefällt mir auch die Fütterungs-Modeerscheinung der Stückchen-Kost – ab dem 4. Monat! Ohhhh ja, das ist mächtig angesagt. Hierbei wird auf Brei komplett verzichtet und stattdessen gleich Fleisch- und Gemüse-Stücke gereicht, weil es ja angeblich schier unzumutbar ist, ein Baby mit Brei zu langweilen oder besser gesagt: zu QUÄLEN. Denn wer würde das schon selbst wollen – dieses schlabbrige Zeug zu essen, ohne zu wissen, was da eigentlich drin ist???
Mag ja sein, dass ich mit meiner Meinung ganz allein auf weiter Flur stehe, aber schon mal drüber nachgedacht, dass Babys von 4 Monaten (meistens) noch keine Zähne haben und richtiges Schlucken erst noch lernen müssen? Was denkt ihr Stückchen-verfütternden-Super-Muttis eigentlich, was schlimmer für ein Kind ist: Nicht zu wissen, was in dem labbrigen Brei ist, den sie eh größtenteils wieder ausspucken, weil sie GRUNDSÄTZLICH noch zu klein für Beikost sind? Oder die Frustration, Stückchen im Mund nur hin und her schieben zu können, bevor sie sich übel daran verschlucken, weil sie einfach noch ZU KLEIN für feste Nahrung sind!
Bevor man mich steinigt: NATÜRLICH gibt es Babys, die das selber WOLLEN – aber die sind doch nun wirklich die Ausnahme und sollten daher kein Maßstab für all die anderen sein!

Mal ernsthaft: Was soll der ganze Stress eigentlich? Warum lassen wir Mamis uns ständig von diesen Besserwissern und Experten dazu NÖTIGEN, unsere Kinder so irre früh mit fester Nahrung zu drangsalieren – egal ob Brei oder Stückchen – wenn wir doch eigentlich sehen, dass sie noch nicht bereit sind. Es soll doch Freude machen, die Welt des Essens zu entdecken … und nicht in einen Krieg zwischen Löffelführer und Breinehmer eskalieren. Und warum können wir nicht akzeptieren, dass manche Kinder Brei aus Gläschen lieber mögen, als das gedämpfte Bio-Gemüse vom heimischen Herd? Oder das einige Mütter keine Zeit oder – ich traue mich kaum es zu sagen – einfach keine LUST haben, selbst zu kochen? Eigentlich ist es doch echt Latte! Jeder soll essen wie er mag – und WANN er mag! Also: Wenn DEIN Kind mit 5 Monaten noch nicht mit Messer und Gabel sein Freiland-Huhn und die selbst angebauten Karotten essen kann – so wie der kleine Überflieger-Torben-Hendrik aus deiner Pekip-Gruppe – ja, scheiß doch drauf! Dann ist das eben so. Irgendwann sitzen die Kids doch eh alle bei McDonalds und pulen (wieder mit den Fingern) die Gurke vom Burger ;)

Ich für meinen Teil habe einen Weg gefunden, mit diesen Übermuttis umzugehen. Zumindest in Sachen Ernährung. Ich stelle mich blöd. Und zwar so richtig. Mein bisheriges Lieblingsgespräch zum Thema führte ich vor einem halben Jahr mit einer Mutter, die ich beim wöchentlichen Babyschwimmen ertragen muss und die mich dabei immer sehr verlässlich (und natürlich unaufgefordert) mit grandiosen Ratschlägen und Erziehungstipps aus ihrer Wahlheimat Kanada nervt. Die Frau ist eine solche Plage, dass ich nicht mal ihren Namen weiß. Ich nenne sie nur „Mutter von Schakeline“!

Ich: „Manchmal esse ich den ganzen Tag nur Quatsch. Ich komme dann einfach nicht dazu, mir etwas Ordentliches zu machen. Naja, oder hab keine Lust.“
Mutter von Schakeline: „Wie kann das sein? Warum isst du nicht einfach mit Ella zusammen?“
Ich: „Weil ich ihren Brei nicht mag.“
Mutter von Schakeline: „Nein, ich meine, warum isst Ella nicht einfach dasselbe wie du?“
Ich: „Irgendwie sagt mir mein mütterlicher Instinkt, dass Schokolade und Chips keine angemessene Ernährung für ein 13 Monate altes Kind sind.“
Mutter von Schakeline: „Du kochst nicht?“
Ich: „Doch, für Ella. 1 bis 2 mal die Woche und dann so viel, dass ich für mehrere Tage einfrieren kann.“ (Irgendwann hat sich meine Tochter ja dann doch noch dazu herabgelassen, dass von mir gekochte Gemüse zu essen.)
Mutter von Schakeline (heftig schockiert): „Also sowas kann ich nicht verstehen! Ich koche mindestens DREI FRISCHE Mahlzeiten am Tag für meine Familie!!! Das ist bei uns in Kanada so üblich. Schon zum Frühstück MUSS was warmes auf den Tisch, sonst ist es kein Frühstück!“
Ich: „Aha, na, das ist ja interessant!“

Natürlich hat mein Gehirn umgehend vielen alternativen Vorschläge zu meiner doch eher neutralen Reaktion ausgespuckt, aber die habe ich mir verkniffen. Ihr wisst ja: Sonniges Gemüt und so ;)

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5 Kommentare für “Teufelszeug in Gläsern

  1. ja leider gibt es sie immer noch diese doris day mütter, ich dachte die sterben mal aus, pustkuchen, war mit dem enkel auf dem spielplatz und rumms mich hats natürlich wieder erwischt……aber ich habe mich gerächt……ich habe dann mal einfließen dann dass die wegwerfwindeln, die ihre kinder natürlich trugen, brutstätten für pilze und die hauptursache für windeldermatitis sind und dass jede verantwortungsvolle mutter stoffwindeln benutzt ohne gummihose, höchstens schafschurwollbuxen drüber, egal wieviel wäsche dadurch anfällt…..ect…….ich hoffe sie muss jetzt jeden tag 4 maschinen wäsche waschen, wie ich früher ….meine kinder waren nämlich leider allergisch gegen papierwindeln grins

  2. dcbrigens kennen eggenten anderslautenden Gerfcchten auch franzf6sische Mfctter das alles durchdringende schlechte Gewissen, an einer der drei gesellschaftlich verlangten Fronten (als Mutter, als Berufste4tige und als Frau) nicht zu genfcgen. Burnout und Erschf6pfungsdepressionen inklusive. Gute Mutter wird einfach etwas anders definiert, nicht anhand der (Nicht)berufste4tigkeit, sondern daran, ob die Kinder gut spuren , immer adrett gekleidet und sortable sind ( ausgehbar , also ob man sie ohne Skandal ins Restaurant oder ins Konzert mitnehmen kann). Die mauvaises me8res (also jene, die ihre Kinder nicht wie kleine c4ffchen abrichten) gibt es genau so, wie die deutsche Rabenmutter .