Wenn man Bock darauf hat, kann man sich wahrscheinlich jahrelang total lustige und/oder irre niedliche Katzen-und-Kinder-sind-die-besten-Freunde-Videos auf Youtube anschauen und dabei vor Liebe und Glückseligkeit dahinschmelzen. Hab ich auch gemacht (also nicht jahrelang natürlich, aber insgesamt durchaus einige Stunden ;) ), als ich mit der kleinen Madam schwanger war. Einige der Filmchen habe ich dann sogar an meinen Mann weitergeleitet, damit er mit eigenen Augen sehen konnte, wie GROSSARTIG es würde, wenn unser Baby mit unseren beiden Katzen aufwüchse. Sie würden unser Würmchen beschnuppern, beschmusen und vor Unheil beschützen. Sie würden es lieben und mit ihm spielen, ihm schnurrend folgen, wenn es Krabbeln lernt und es zärtlich anstupsen, wenn sie von ihm gestreichelt werden wollen. SO würde es sein. Exakt SO! Dachte ich. Tja, ich habe mich geirrt. Kann ja mal vorkommen :D .
Grundsätzlich: Ich liebe Katzen und habe es (eigentlich) nie bereut, welche zu haben. Das liegt in erster Linie daran, dass ich mit Katzen aufgewachsen bin und unsere letzte Familien-Katze Lulu einfach eine spektakuläre Seele von einem Tier war: Sie schlief bei mir im Bett, ließ sich im Puppenwagen herumfahren, wartete auf dem Mäuerchen vor unserem Haus auf mich, wenn ich aus der Schule kam und spürte immer, wenn ich traurig war und eine extra Schmuseeinheit brauchte. Sie war einfach so wunderbar, dass ich nie daran zweifelte, in diesen Tieren auf ewig die besten Freunde gefunden zu haben. Ein kleines bisschen änderte sich das schon, als ich vor 15 Jahren dem damals einjährigen Kater Felix ein neues Zuhause gab und vier Jahre später die zu diesem Zeitpunkt acht Wochen alte Baby-Katze Lilly dazu nahm. Denn diese beiden brachten von Anfang an so rein gar keine Gemeinsamkeiten mit meinem ehemaligen Haustier Lulu mit – bis auf die Fellmenge vielleicht. Der Kater glänzte zwar mit überraschender Intelligenz, nutze sie aber ausschließlich dafür, gravierendes Unheil in unseren gemeinsamen vier Wänden anzurichten. Dazu gewöhnte er sich schnell an, mich zu erpressen: „Du fütterst mich nicht um 5 Uhr nachts? Dann pinkle ich dir ins Bett. Pass auf! Ich mach das echt!“ vermittelte er mir, indem er mir nur zu gerne Kostproben lieferte (Menschen sind schließlich oft sehr begriffsstutzig und brauchen Beweise ;) ).
Das süße Baby-Kätzchen hingegen entwickelte sich sehr schnell zu einer prachtvollen Zicke, die ihren enormen Mangel an Cleverness vorzugsweise mit bodenloser Gemeinheit wettmacht. Beide zusammen sind … tja, ich sag’s mal so: Wäre meine Zuneigung zu Katzen die Titanic, wäre dieses Gespann ein riesiger Eisberg grauenvoller Katzen-Eigenschaften ;) .
Ich hoffte aber immer, dass sie wenigstens im Alter ruhiger würden. Das hielt mich echt über Wasser. Das Problem ist nur: Die denken gar nicht dran. Felix ist 16, kränkelt schon ein bisschen, hat aber trotzdem nur Quatsch im Kopf. Und die dicke Katze (Lilly) würde auch mit 12 Jahren immernoch sehr gerne ein konsequentes 24-Std-Unterhaltungsprogramm von mir geboten bekommen. Kann ich aber nicht leisten. Mag ich auch nicht leisten müssen. Denn … ich habe schließlich auch noch ein Kleinkind am Bein hängen, das ebenfalls umfangreiche Ansprüche an mich als Familien-Animateurin stellt. Wie schön wäre es da, wenn sich Katzen und Kinder MITEINANDER beschäftigen würden … so, wie ich es vor Jahren bei Youtube gesehen habe. Machen sie aber nicht! WIIIIIIIESO DENN NICHT?
Als wir die Baby-Madam vor 2,5 Jahren mit nach Hause brachten, war die Reaktion der Vierbeiner … absolutes Desinteresse. Verstehe ich natürlich ein Stück weit, weil ein Säugling ja nun mal nicht in der Lage ist, Futter-Dosen zu öffnen und Leckerchen zu reichen. Dennoch hatte ich mit ein bisschen Schmuserei oder wenigstens Schnüffelei gerechnet – so wie in den Videos. Doch unsere Katzen brachten lieber einen größeren Sicherheitsabstand zwischen sich und die Heulboje und warfen mir immer wieder Blicke zu, die wohl nichts anderes bedeuten konnten, als: „Was hast du dir denn dabei gedacht? Bring das Ding bloß wieder zurück … wir wollen sowas nicht im Haus haben!“ Tja, so richtig empathisch und liebreizend waren meine Tiere ja noch nie, aber etwas enttäuscht war ich trotzdem.
Von der Idee einer zauberhaften Bindung zwischen Nachwuchs und Katzen, an die ich mich aus meiner eigenen Kindheit erinnere, verabschiedete ich mich daher recht zeitig. Gut, gänzlich aufgegeben habe ich noch nicht, aber ich muss halt akzeptieren, dass meine Viecher einfach keinen Bock auf eine Baby-Freundschaft haben – und Ella maximal als Miniatur-Dosenöffner mit mangelhaften, ja, beinahe LÄCHERLICH zu nennenden Fütterungs- und Animations-Fähigkeiten betrachten. Nichtsdestotrotz hat das “Dream-Team” ein gemeinsames Hobby gefunden, das sie tagtäglich mit großer Inbrunst verfolgen: Mutti in den Wahnsinn treiben!
EIN GANZ NORMALER TAG
Die Katzen starten das Programm morgens gegen fünf, indem sie an der Schlafzimmertür kratzen, heulen wie Werwölfe oder (falls alles nichts bringt) sich derbe durch die Bude prügeln und dabei eine Schneise der Verwüstung hinterlassen. Glücklicherweise schläft die kleine Madam über diesen ersten „Wecker“ des Tages gepflegt drüber weg, ICH jedoch sitze direkt senkrecht im Bett und habe schon vor dem ersten Wimpernschlag einen Puls von 200. Gezwungenermaßen stehe ich auf – um die Tiere zu beruhigen oder zu füttern (oder beides), in der Hoffnung, anschließend noch ein Stündchen schlafen zu dürfen, bevor die kleine Madam wach wird – öffne leise die Schlafzimmertür und … trete in Katzenkotze. Jeden Tag! Und da könnte ich dann schon kotzen! Ja, der Kater hat ein Magen-Darm-Leiden. Ja, es geht ihm nicht mehr durchweg gut. Ja, ich habe Mitleid. Aber VERDAMMTE SCHEISSE, muss der echt immer direkt vor die Tür kotzen???
Da ich – wie es sich für eine gute Ehe gehört – den Spaß gerne mit meinem Mann teile, verwahre ich die Kotze natürlich für ihn, beschränke mich auf ein erstes Mini-Füttern der Raubtiere (damit die Bestien Ruhe geben) und schleiche zurück ins Bett (nachdem ich meine Füße vom Schlapper befreit habe, versteht sich). Manchmal nicke ich tatsächlich nochmal ein, meist jedoch nicht, weil das Krümelchen in meinem Bauch durch den Stress wach geworden ist und sich bereit fühlt für etwas Frühsport (das hat er nicht von mir!). Macht aber nichts, denn Muttis brauchen ja keinen Schlaf … wie offenbar alle Kinder (und Katzen) wissen.
Es dauert also nicht lange und die ganze Familie schält sich medium gut gelaunt aus den Feder. Wobei … Ella ist meist tatsächlich prima drauf, denn – wie sollte es anders sein – sie findet das morgendliche Ritual des Kotze Suchens und Wegmachens grandios. Damit steht sie zwar allein, aber das schert sie nicht.
Während Mann und Kind also noch wischen, bereite ich braves Frauchen das Frühstück vor. Die Katzen sind natürlich immer dabei, denn womöglich fällt Mutti ja irgendwas Essbares runter. Ergo: Ich bemühe mich, mein ständiges über die Viecher Gestolpere in unserer Schubladengroßen Küche in Grenzen zu halten, um niemanden (mich eingeschlossen) zu verletzten. Denn sollte es mir trotz aller Vorsicht passieren, dass ich einen von beiden unangenehm treffe, endet es in einer üblen Vorfrühstücks-Keilerei unter den Vierbeinern, die nicht selten mit Tränen der Mausemaus gekürt wird. Hübsch ausgedrückt bedeutet das: Ich „tänzle“ wie eine Ballerina auf Speed durch die Mini-Küche, deren Boden mit Glasscherben bedeckt ist und KANN nur verlieren. Es ist mein allmorgendliches Armageddon.
Am Tisch sitzen wir nicht ganz so gemütlich wie andere Familien, sondern sind stattdessen immer in Halb-Acht-Stellung und bis an die Zähne mit Wasser-Sprühflaschen bewaffnet, um den Hai … Verzeihung … den alten, eigentlich gebrechlichen, kranken Kater, von den Wurstdosen fernzuhalten (Wurstdosen beflügeln den alten Sack enorm und wecken längst verstorbene Lebensgeister. Leider.)
Irgendwann lässt es sich nicht mehr verhindern und die Wasserspritze (das einzige Instrument, dass dem Kater Grenzen aufzuweisen vermag) landen in den Patschepfoten des Kindes. Sie lacht verzückt, zielt und schießt. Ergebnis: Papa nass, Wände nass, Mamas Brötchen nass, Kater trocken. Logisch.
Und es geht immer so weiter: Wir bürsten die dicke Katze, weil sie haart, als würde sie dafür bezahlt! Zum Dank „wischt“ sie alle lockeren Haare an der Couch ab … und Klein-Ella schmiert die Haare von ihren Händen gleich dazu *nerv* .
Dann staubsauge ich die Bude. Der Kater geht NATÜRLICH anschließend ordentlich kacken und verteilt danach ca. eine Tonne neues Katzenstreu vom Flur bis ins Wohnzimmer, weil das so doof an den Pfoten klebt. Kaum habe ich DAS wieder beseitig, fällt der kleinen Madam ein, dass sie ihre neue Schüppe ja auch schon zuhause einweihen kann. Wo? Natürlich im Katzenklo! Warum auch nicht? Ich hole also wieder den Staubsauger. Und Sagrotan. Igitt!
Damit ich mich nicht langweile bei der ganzen Staubsaugerei, wird gebettelt. Im Prinzip rund um die Uhr. Das Kind will Gummibärchen, Schokolade oder Pommes, und schmollt, wenn sie es nicht bekommt (also häufig). Die Katzen hingegen verfolgen ein anderes Schema: sie betteln einfach konsequent, weil ihnen das Prinzip des Schmollens fremd ist. (Ich hab mal gelesen, dass Katzen total viel schlafen. Meine nicht. Die haben schlafen schon vor Jahren durch betteln ersetzt.)
Will ich eine Pause von dem ganzen Quatsch, muss ich das Haus verlassen. Damit reduziere ich die Bettelei erheblich, wenn ich sie auch nicht komplett los werde. Schließlich muss ich mein Kind ja mitnehmen. „Mama, ein Eis? Jetzt? Ja? Eins?“
Wieder zuhause erlebe ich beim Abendessen die Kombination aus Standard-Dauer-Bettelei und Frühstückssituation, die das Kind aber schon beinahe völlig selbstständig mit der „Wasser-Pistole“ händelt. Das Ergebnis ist allerdings ebenso unerfreulich, wie morgens … es ist wieder alles nass. Noch dazu verliert der Kater spätestens dann den letzten Funken seines eh sehr fragwürdigen Humors und bestraft meine Weigerung, ihn zum gefühlt 200. Mal zu füttern damit, dass er eine Pflanze anfrisst und davon unter den Tisch kotzt (es gibt in unserem Haushalt natürlich keine für Katzen giftigen Pflanzen, trotzdem übergibt er sich von jedem Blättchen. Und er WEIß das … ich sehe es in seinem Blick ;) ).
Das Einzige was mich zu diesem Zeitpunkt noch aufrecht hält, ist, das endlich ein Ende in Sicht ist. Ich bringe Ella ins Bett und rieche förmlich schon den Feierabend. Allerdings dauert es aktuell wirklich ewig, bis sie mir ALLES erzählt hat, was ihr noch so einfällt und ihr endlich die Augen zufallen. Der passende Moment für den Kater, mal die Türklinke hochzuspringen und laut zu miauen. Und … Überraschung: Das Kind ist wieder wach und braucht erneut eine halbe Stunde, um zurück in den Schlaf zu finden.
Völlig entnervt und kaputt verlasse ich spät abends das Schlafzimmer, um wenigstens noch eine halbe Stunde Feierabend auf der Couch genießen zu können, bevor ich ins Koma falle. Beide Katzen liegen EIGENTLICH gemütlich auf meinem Mann, stehen aber natürlich gerne nochmal eben auf, um bei mir zu betteln. Und falls ich nicht „spure“, verdeutlichen sie mir ihr Anliegen, indem sie ununterbrochen über die Tastatur meines Laptops latschen und zwischendurch den Bildschirm ablecken. Nach kurzer Zeit kapituliere ich und geh einfach ins Bett.
Sind meine Katzen schlecht erzogen? Ja, total! Allerdings fühle ich mich nur bedingt schuldig, da es schließlich bewiesen ist, dass Katzen auf jegliche Erziehungsversuche von Menschen scheißen und sowieso nur machen, was sie wollen (und meine ganz besonders!). Früher habe es aber durchaus versucht … genau genommen jahrelang. Doch ich habe versagt. Ich kann nur hoffen, dass ich bei der kleinen Madam (und zukünftig beim Krümelchen) etwas mehr Glück habe und auf weniger starke Charaktere treffe, als jene, die sich in diesem schicken Plüsch verbergen.
Fazit: Ein Leben ohne Katze konnte ich mir eigentlich nie vorstellen. Das hat sich geändert. Mittlerweile kann ich mir das sogar sehr gut vorstellen! Manchmal träume ich regelrecht davon – tagsüber! Also: Will jemand zufällig meine Katzen übernehmen? Sie sind zauberhaft ;)
Großartig! Ich habe Tränen gelacht und kann berichten, dass sich das Zusammenleben mit einem 15jährigen Hundesenior und knapp 2jährigem Kleinkind ähnlich gestaltet. Es gibt herrliche Videos von Babys und Kindern mit ihren Hundekumpels…. Von uns sicher nicht. *g* Seit die Kleine mobil ist, hat der Köter wohl schon mehr als einmal überlegt, ob er nicht doch sein Köfferchen packt und freiwillig zurück ins Tierheim geht. Er hat sich aber so einigermaßen mit der Situation arrangiert…
In drei Monaten kommt Kind Nummer 2. Da wird der Hundeopa ausflippen vor Freude… Nicht.
Vielleicht will er dann mit unseren Katzen eine WG gründen … ich vermute, wenn unser zweites kommt, wollen die auch ausziehen ?
Interessant! Der Hund meiner Eltern lässt den anderthalbjährigen Eindringling seelenruhig gewähren… er erwartet nur, dass er auch so ausgiebig beschmust wird wie das Kind. Ansonsten: tatsächlich ein Dream Team. Liegt bei Hunden aber auch wohl extrem an der Rasse.
Viel Erfolg mit der Raubtierbändigung, Anke! Einer Freundin von mir gehts haargenauso.
Das ist beruhigend!!! ?
Herrlich, ich könnte mich zerschießen vor Lachen! Unsere Maus ist neuerdings gut im Robben und Krabbeln, ergo ist das Plüschtier permanent auf der Flucht – aufs neue Sofa, Gardinen, Klavier….aber sooooooo “unterhaltsam” wie bei dir ist es nicht :) Da der Kater mehrmals unseren Müll zerlegt hat, herrscht für ihn striktes Küchenverbot.
Finde ich super, das Küchenverbot! Wir habe leider so eine schicke Durchreiche ;)