Schon eine ganze Weile bevor der Krümel auf die Welt kam, machte ich mir ein bisschen Sorgen darüber, wie es wohl der Mausemaus damit ginge, plötzlich nicht mehr die „alleinige Herrin“ in unserer Familie zu sein und auf einmal Mama und Papa teilen zu müssen – von ihrem Spielzeug mal ganz abgesehen. Wäre sie eifersüchtig auf ein neues Baby? Und wenn ja, wie würde ICH damit umgehen? Würde ich mich die ganze Zeit zerrissen fühlen und ständig ein schlechtes Gewissen haben, weil ich ja trotz ZWEI Kindern nur EINE Mama bliebe? Was könnte ich tun, um dem entgegenzuwirken? Oder müsste ich es einfach hinnehmen und aushalten, weil das mit zwei Kindern dann eben so wäre? Tja, alles Fragen, die nicht nur ich mir gestellt habe – und zugegebenermaßen immernoch oft stelle, obwohl der Krümel ja nun längst auf der Welt und dieses ganze Emotions-Chaos reiner Alltag ist – sondern ihr, die LÄCHELN UND WINKEN-Leser/innen, auch! Euch sind sogar noch viel mehr spannende Fragen eingefallen, die ich „zusammengepackt“ habe, um sie der lieben Lena im WhatsApp-Interview zu stellen. Denn sie ist approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (tiefenpsychologisch fundiert), arbeitet sowohl in einer sozialpsychiatrischen Praxis, als auch in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und hat als Pädagogin in der Kita und in einer Tagesgruppe Erfahrungen gesammelt. Außerdem … ist sie einfach eine sehr coole, lockere Therapeutin mit Blog, Instagram- und Facebook-Profil. Also genau die richtige Frau, um ihr zum Thema Geschwisterkinder mal so richtig Löcher in den Bauch zu fragen! Na, dann mal los :D :
[10:42, 4.10.2017] Anke Neckar:
Liebe Lena, vielen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, all die Fragen der LÄCHELN UND WINKEN-Leser/innen zu beantworten. Natürlich ist uns klar, dass du hier nur an der Oberfläche kratzen kannst, da du ja keine Möglichkeit zu persönlichen Rückfragen hast.
#Frage 1
[10:42, 4.10.2017] Anke Neckar:
Fangen wir einfach mal ganz vorne an: Eine Mutter fragt, ab wann man ein Kleinkind (2 Jahre) auf ein kommendes Geschwisterkind vorbereiten sollte? Eine andere würde sehr gerne wissen, WIE man das dann am besten macht? Passt so gut zusammen, dass ich dir diese beiden Fragen auch direkt im Set „serviere“ ;) .
[11:11, 4.10.2017] Lena:
Liebe Anke, ich freue mich über die Fragen und schon die erste ist richtig spannend. Ich bin generell ein Freund von Transparenz, auch im Sinne der psychischen Entwicklung. Eine Schwangerschaft ist eine tolle, spannende und manchmal auch anstrengende und belastende Geschichte. Für einen selbst, den Partner, das Umfeld, die Familie und so weiter. Da ist viel Aufregung und Veränderung im Gange. Das spüren Kinder natürlich auch – sie haben dafür gaaaanz feine Antennen. Deswegen finde ich es gut, dieser Veränderung auch einen Namen zu geben. Unabhängig vom Alter der Kinder. Lange Rede, kurzer Sinn: Ja, vorbereiten, den neuen Zustand benennen, das, was kommt, erklären, in den Prozess mit einbeziehen, ggf. in einem Geschwisterkurs anmelden, entsprechende Kinderbücher besorgen etc.
[11:25, 4.10.2017] Lena:
Die Zeitpunktfrage ist dagegen etwas schwieriger zu beantworten, weil Einzelfall-abhängig. Grundsätzlich würde ich empfehlen, die „kritischen drei Monate“ erstmal abzuwarten. Wenn allerdings bereits das Umfeld eingeweiht ist und die Gefahr besteht, dass die beste Freundin gratulierend und jubelnd zur nächsten Verabredung stürmt oder das „neue“ Babyzimmer gerade renoviert wird, dann halte ich auch in diesem Falle nichts von Verheimlichungen und würde zu einem offenen Umgang raten.
[13:04, 4.10.2017] Anke Neckar:
Ach, wunderbar! Dann habe ich in der zweiten Schwangerschaft keine gravierenden Fehler gemacht … beruhigend ;)
#Frage 2
[13:04, 4.10.2017] Anke Neckar:
Dann geht’s auch direkt weiter:
[13:04, 4.10.2017] Anke Neckar:
Viele Mamis sorgen sich schon in der Schwangerschaft mit Kind zwei, ob es denn ÜBERHAUPT möglich ist, zwei Kindern gleichermaßen gerecht zu werden? So ganz grundsätzlich …
[14:53, 4.10.2017] Lena:
Wir müssen uns wohl erst einmal von der Idee frei machen, dass das überhaupt geht: also eine 100% Bedürfnisbefriedigung gibt es ja nicht. Nie und für niemanden. Frustrationen gehören zum Leben dazu. Das müssen Kinder lernen, weil es in der Welt dort draußen ganz genau so ist. Soziale Kompetenzen erlernt man nur im Miteinander. Familie ist dafür ein gutes Umfeld. Hier lernen Kinder wie sie mit Wut umgehen, wie man “Nein” sagt, wie man sich verhält, wenn man weniger Aufmerksamkeit bekommt, als man möchte. Dabei können Eltern unterstützen. Abschließend: Nein, man kann nicht beiden Kindern gleichermaßen gerecht werden. Und das ist auch vollkommen ok.
[20:08, 4.10.2017] Anke Neckar:
Also DAS – ganz besonders deinen letzten Satz – höre ich wirklich gern, denn der Druck, den man sich als Mutter manchmal macht, ist doch schon immens.
#Frage 3
[20:09, 4.10.2017] Anke Neckar:
Die nächste Frage schließt sich förmlich auch nahtlos an:
Kann bzw. sollte man versuchen, alle Kinder gleich zu behandeln oder doch besser spezifisch auf die Bedürfnisse eingehen, selbst wenn dann einer (so rein rechnerisch) hier und da mal mehr Aufmerksamkeit bekommt?
[20:13, 4.10.2017] Lena:
…so solls sein. Druck bringt uns doch nicht weiter ;)
[20:44, 4.10.2017] Lena:
Zur dritten Frage: Kinder sollte man, meiner Meinung nach, individuell und altersentsprechend behandeln. Zwei Kinder im unterschiedlichen Alter haben nunmal andere Bedürfnisse, einen anderen Entwicklungsstand, vielleicht ein anderes Geschlecht, ein anderes Temperament …
[22:22, 4.10.2017] Anke Neckar:
Da hast du natürlich absolut recht … und mir sooooo wunderbar eine Überleitung zur nächsten Frage abgenommen ;) .
#Frage 4
Eine Mama schrieb: „Ich würde gerne wissen, welchen Einfluss der Altersabstand zwischen den Geschwistern hat, also ob es bei geringem oder eben auch bei großem Abstand spezielle Sachen gibt, auf die man achten kann bzw. muss … ganz besonders seitens der Erstgeborenen?”
[09:29, 5.10.2017] Lena:
Ich beobachte bei Erstgeborenen manchmal, dass sie, wenn ein Geschwisterkind zur Welt kommt, in Babysprache verfallen oder sich zurückentwickeln. Regression sagen wir dazu. Deswegen empfehle ich, sie in ihrer Rolle als „großer Bruder/ Schwester“ zu bestärken, damit es erst gar nicht so attraktiv wird, wieder ein Baby zu sein. Zum Beispiel in dem man daraus Vorzüge generiert. So wie: „Weil du schon groß bist, darfst du ein bisschen länger aufbleiben als deine kleine Schwester“.
Als kleiner theoretischer Input: Sensible Phasen im Leben eines Kindes können Übergänge wie die Einschulung oder der Wechsel auf die weiterführende Schule sein. Dann brauchen Erstgeborene vielleicht ein bisschen mehr Unterstützung und Zuwendung, wenn gleichzeitig noch familiäre Veränderungen anstehen.
[10:09, 5.10.2017] Anke Neckar:
Spielt der Altersabstand denn deiner Erfahrung nach eher eine nebensächliche Rolle? Kann man zum Beispiel sagen: Kleinere Kinder verkraften Zuwachs besser als größere, weil die so lange “Alleinherrscher” in ihrer Familie waren? Oder ist es sogar andersherum, dass 2-jährige weitaus schlechter damit klar kommen, die Mama plötzlich teilen zu müssen als ein/e 6-jährige/r?
[10:12, 5.10.2017] Lena:
Das so allgemein zu sagen, fällt mir schwer. Ich denke aber, um so älter ein Kind ist, desto unabhängiger ist es und desto mehr Fähigkeiten hat es, sich im “Außen” bei Bedarf Ersatzobjekte zu suchen z.B. in einer Lehrerin, Freunden, der Trainerin etc.
[10:17, 5.10.2017] Anke Neckar:
Hm, ja, dass klingt sehr plausibel! :)
#Frage 5
[10:17, 5.10.2017] Anke Neckar:
Und wie schaut es mit dem Geschlecht aus? Spielt das eine Rolle? Sind Mädchen eifersüchtiger als Jungs oder umgekehrt?
[10:22, 5.10.2017] Lena:
Wir wissen heute, dass Mädchen eher zu internalisierenden Verarbeitungsmechanismen zurück greifen (nach innen gerichtet; wie das zum Beispiel bei Trauer und Depressionen der Fall ist), Jungs dagegen neigen eher zu externalisierenden Verhaltensweisen (nach außen gerichtetes Verhalten wie Aggressionen und Wut).
[10:26, 5.10.2017] Anke Neckar:
Hm, ok, gut zu wissen, dann kann man als Eltern auf entsprechende Verhaltensweisen achten.
#Frage 6
[10:27, 5.10.2017] Anke Neckar:
Eine wirklich schöne Frage stellt diese Mutter: „Mich würde interessieren, was ich tun kann, um nicht nur die Eifersucht möglichst klein zu halten, sondern die beiden zu einem starken Team zu machen. (Im Zweifel sogar gegen uns Eltern ;) ) Ich habe so die romantische Vorstellung, dass die zwei sich ein Leben lang unterstützen und immer füreinander da sind.”
Wünsche ich mir natürlich genauso für meine Kinder … wie wahrscheinlich jede Mama und jeder Papa. Können wir Eltern dafür positiv den Weg ebnen?
[12:46, 5.10.2017] Lena:
Kinder lernen von ihren Eltern. Deswegen sollte man als Eltern „Familie“ auch selbst leben und sich als Einheit betrachten. Sich wiederholende Rituale (wie das tägliche gemeinsames Frühstück, Spieleabende etc.) können förderlich sein, um das „Wir-Gefühl“ zu stärken. Spannend ist auch der Blick in die Geschichte der Mamas und Papas: Wie verstehen sie sich mit den eigenen Geschwistern? Was können Kinder von dieser Beziehung lernen?
Wenn es der Wohnraum hergibt, rate ich auch zu getrennten Kinderzimmern, damit sich jedes Kind immer wieder zurück ziehen kann.
Es ist aber übrigens auch sehr begrüßenswert, wenn Kinder sich von der Geschwistereinheit lösen und jeder seine eigenen Freunde findet. Geschwisterkinder haben ja in der Regel ein unterschiedliches Alter und nur unter Gleichaltrigen lernt man die jeweiligen Hürden des entsprechenden Entwicklungsstandes zu überwinden. Außerdem fördert das die Autonomieentwicklung. Ansonsten spielen Alter, Geschlecht und auch Sympathie natürlich eine Rolle – das hat man nicht immer in der Hand.
[13:03, 5.10.2017] Anke Neckar:
Ach ja, als Mama oder Papa hofft man immer, alles steuern zu können. Aber Kinder sind halt von Geburt an kleine Individualisten, die tatsächlich ihre eigene Meinung zu so ziemlich allem und jedem mitbringen :D . Trotzdem finde ich es einleuchtend, dass “Familie” vorleben eine große Rolle spielt!
#Frage 7
[13:04, 5.10.2017] Anke Neckar:
Mehrere Mütter haben gefragt, wie man am besten reagiert, wenn das große Geschwisterkind mit dem Spielzeug des Kleineren spielt, dieses aber nicht mitspielen lassen will, obwohl das ja theoretisch Vor- bzw. die Besitzrechte genießt? Daran schließt natürlich oft noch an, dass das ältere Kind SEINE Sachen lieber nicht mit dem jüngeren teilt ;) .
[13:14, 5.10.2017] Lena:
Klare Regeln erleichtern hier die täglichen Konflikte:
- Jeder hat sein eigenes Spielzeug, dass er nicht teilen muss (= jedes Kind hat Dinge, die nur ihm alleine gehören).
- In diesem Sinne: ein „Nein“ ist ein „Nein“ (= Grenzen werden akzeptiert).
- Wenn geteilt wird, dann wird auch gemeinsam damit gespielt, wenn gewünscht.
- Das gilt für beide Seiten.
[14:40, 5.10.2017] Anke Neckar:
Ganz ehrlich? Finde ich super Regeln! Die werde ich definitiv übernehmen!
[14:43, 5.10.2017] Anke Neckar:
Dann geht’s direkt weiter mit:
#Frage 8
Wie viel Verständnis dafür, dass das Kleine noch mehr Aufmerksamkeit braucht, darf und kann man denn eigentlich von großen Geschwisterkindern erwarten? Klar, dass ist sehr abhängig vom Alter, aber ich meine so ganz allgemein.
[14:59, 5.10.2017] Lena:
Entwicklungspsychologisch sind Kinder erst ab ca. 3–5 Jahren dazu in der Lage, Empathie zu empfinden und sich in das Gegenüber hinein zu versetzen.
Aus therapeutischer Sicht würde ich empfehlen, mögliche Frustrationen zu benennen und ihnen einen Raum zu geben. Auch negative Gefühle wie Wut und Trauer dürfen sein und sind ja auch nachvollziehbar.
Zu therapeutisch ausgedrückt oder weißt du was gemeint ist? :D
[21:03, 5.10.2017] Anke Neckar:
Ja, ich denke ;) Unter 3 darf man von Kindern kein Verständnis dafür erwarten, dass sie für ein Geschwisterchen zurückstecken müssen. Nicht, weil sie nicht wollen, sondern weil sie es nicht KÖNNEN. Und es ist völlig ok, wenn sie weinen oder wütend sind, wenn sie mal verzichten oder warten müssen, weil ihnen eigentlich nur die Mama fehlt und sie ihr Herzeleid darüber nicht anders ausdrücken können. Das sollte kein Schimpfen oder strenge Worte zur Folge haben, sondern eher Verständnis der Eltern und vielleicht auch eine dicke Umarmung ;) . War es so gemeint?
[21:09, 5.10.2017] Lena:
Das hast du wunderbar zusammengefasst! :D
[21:16, 5.10.2017] Anke Neckar:
Prima! :D Dann gehts weiter mit …
#Frage 9
Eine Leserin schrieb mir, weil sie “nur” die Stiefmutter des größeren Kindes ist und irgendwie so gar nicht weiß, wie sie in dieser Rolle mit dessen Eifersucht aufs neue Geschwisterchen umgehen soll. Ich kann es echt verstehen, denn ich fände es, glaube ich, auch noch schwieriger zu handhaben … was sagst du dazu?
[09:45, 6.10.2017] Lena:
Das ist in der Tat gar nicht so einfach, vor allem, weil der Prozess des Zusammenwachsens als Patchwork-Familie Jahre dauern kann und sicherlich eine Herausforderung für alle darstellt. Dann müssen sich auch Eltern in ihrer neuen Rolle als „nur“ Stiefmutter neu definieren. Eine einheitliche Erziehungshaltung von Stiefmama und Papa ist meiner Ansicht nach besonders wichtig. In diesem Sinne würde ich auch wieder zu ein paar “Familienregeln” raten. Außerdem gilt es besonders in diesem Fall, den Gefühlen der Kinder Raum zu schaffen und diese zu benennen.
Alles andere ist schwer zu sagen, wenn weitere Details wie Alter, Ausmaß und die gesamte Familiensituation nicht bekannt sind. Bei anhaltenden Unsicherheiten und ausgeprägter Eifersucht würde ich an eine Erziehungsberatungsstelle verweisen. Es gibt Fälle, in denen Geschwisterkinder richtig miteinander rivalisieren, dann ist fachliche Unterstützung gefragt.
[10:17, 6.10.2017] Anke Neckar:
Find ich sehr gut, dass du das so deutlich sagst. Ich habe oft das Gefühl, dass Deutschland im Bereich “kompetente Hilfe” dazu holen, eher rückständig ist, weil bei uns so schnell der Gedanke “Ich habe als Mutter/Vater versagt!” aufplöppt. Sehr schade, denn eigentlich ist es doch super, dass wir hier die Möglichkeit haben, uns verhältnismäßig schnell Unterstützung zu organisieren.
[10:21, 6.10.2017] Anke Neckar:
Weiter geht’s mit
#Frage 10
Hierzu habe ich wirklich viele Mails bekommen:
Eine besonders anstrengende Situation für eine Mama von mehreren Kindern ist, wenn alle gleichzeitig krank sind. Die Kleinsten brauchen gefühlt mehr Aufmerksamkeit, aber die Großen leiden ja auch und wollen die Mama an ihrer Seite. Hast du da Tipps, wie man es als Mutter schafft, sich nicht völlig zerrissen zu fühlen?
[10:42, 6.10.2017] Lena:
Oh ja, eine Doppelbelastung, in der man sich erneut von dem Gedanken befreien muss, dass man allen Kindern komplett gerecht werden kann. Die Eieruhr-Methode ist aber eine ganz gute und spielerische Möglichkeit mit dieser Zerrissenheit umzugehen. Einfach die Uhr stellen, 20 Minuten Kuschelzeit für Kind 1, 20 Minuten Kuschelzeit für Kind 2 und, sehr wichtig, auch 20 Minuten für die Mama! Die muss nämlich auf sich achten, denn von einer stabilen, mehr oder weniger ausgeglichenen Mama, profitieren die Kinder am Ende ganz besonders.
[11:08, 6.10.2017] Anke Neckar:
Ui, coole Idee! Ist natürlich erst umsetzbar, wenn beide Kinder alt genug sind, den Sinn zu verstehen und sich auch mal 20 Minuten alleine zu beschäftigen, aber DANN ist das echt mega. Ich bestelle mir direkt mal eine Eieruhr :D .
#Frage 11
[11:11, 6.10.2017] Anke Neckar:
Die vorletzte Frage erhielt ich von einer Erzieherin. In ihrer Mail schrieb sie, dass bei ihnen in der Kita gerade darüber gebrütet würde, wie man Geschwisterkinder besser fördern/fordern/unterstützen kann, wenn in der Familie ein Kind CHRONISCH erkrankt ist? Da ich das natürlich auch für die Familien selbst interessant finde, bin ich mal gespannt, was du dazu sagst.
[11:45, 6.10.2017] Lena:
Hier lege ich besonders viel Wert darauf, das „gesunde“ Kind (altersangemessen) über die Erkrankung des Geschwisterkindes aufzuklären. Das geht manchmal sogar mit dem entsprechenden Arzt, wenn das vorher abgesprochen wurde. Wissen ist ein gutes Mittel gegen Ängste und man glaubt gar nicht, wie viele Sorgen Kinder ansonsten mit sich alleine ausmachen. Darüber reden ist also sehr wichtig, auch gerne immer wieder im Verlauf. In meiner Therapeutenrolle lasse ich mir oft erklären, was die Kinder über die Krankheit des Bruders/ der Schwester wissen, aber vor allem, was sie darüber denken. Dann dürfen sie ihre Gefühle wie Wut und Trauer ausleben.
Ansonsten sollte man im Blick haben, dass die gesunden Kinder ebenso Zuwendung und Aufmerksamkeit bekommen. Manchmal helfen schon 10 Minuten, in denen man sich ganz gezielt und vielleicht mit Ankündigung nur um das gesunde Kind kümmert, das Handy ausschaltet und die Türe schließt um zu kuscheln, zu reden oder zu spielen.
Schlussendlich muss man leider auch als Eltern einsehen: Krankheit, Trennung, Tod einer nahestehenden Person, Geldsorgen (…): die perfekte Kindheit gibt es nun mal nicht. Das Wissen darüber kann entlasten.
[13:18, 6.10.2017] Anke Neckar:
Jepp, da hast du sicher recht. Auch wenn mein Instinkt mir immer sagt, dass ich meine Kinder vor allem Übel beschützen muss … es geht gar nicht. Und es ist ja auch notwendig, Kindern beizubringen, dass eben nicht immer die Sonne scheint. Meist überraschen sie einen dann. Meine Große mich jedenfalls schon oft ;) .
[13:19, 6.10.2017] Anke Neckar:
Zum Schluss noch eine etwas weniger belastende Frage:
#Frage 12
Eine Mama (und ich auch, habe das nämlich gerade erst bei Karls Geburtstag so gemacht ;) ) würde gerne wissen, was du davon hälst, wenn an Geburtstagen oder sonstigen „Ein-Kind-Geschenke-Events“ nicht nur der eigentliche Star des Tages etwas bekommt, sondern auch das Geschwisterkind eine Kleinigkeit zum Auspacken erhält?
[13:23, 6.10.2017] Lena:
Ich habe mich das wirklich auch schon gefragt, also warum man jemandem, der gar nicht Geburtstag hat, ein Geschenk schenken sollte. Da will ich mich selbst gar nicht ausklammern, ich habe das (privat) auch schon gemacht …
Steckt dahinter die Idee, dass das Kind ansonsten mit dieser Frustration nicht umgehen kann? Oder können wir diese Situation selbst nicht aushalten? Bekommen alle Kinder in der Schulklasse oder in der Kita ein Geschenk, wenn eines von ihnen Geburtstag hat?
In der Realität ist es nunmal so, dass am Geburtstag nur einer Geschenke bekommt und zwar das Geburtstagskind selbst. Das müssen alle Kinder irgendwann lernen und respektieren. Eltern können sie vor diesen Situationen nicht schützen, aber sie können ihnen zeigen, wie man damit einen Umgang findet.
[13:25, 6.10.2017] Lena:
Kurzum: ich bin eher dagegen, weil es nicht der Realität entspricht und Kinder Strategien lernen müssen, damit einen Umgang zu finden. Aber ich habe es selbst auch schon mal gemacht. So ist das nämlich mit Theorie und Praxis :D .
[13:26, 6.10.2017] Anke Neckar:
Hahahaha, dass finde ich ehrlich beruhigend … und sehr sympathisch! :D
[13:28, 6.10.2017] Anke Neckar:
Liebe Lena, ich danke dir sehr für dieses tolle Interview! Ich habe richtig was gelernt und kann sehr brauchbare Tipps für mich daraus ziehen. Und ich bin absolut sicher, dass es den LÄCHELN UND WINKEN Leser/innen genauso geht! Deshalb sage ich einfach mal unverbindlich: Bis bald! ;) :D
Super Interview! Toll, dass das so unkompliziert sein kann, sich richtig gute Tipps anzulesen. Danke an Euch beide.
Oh, dass freut mich jetzt aber ganz arg ?
wie lieb, freut mich auch. danke und viele grüße, lena