Dänemark
Interviews

Eltern-Interviews aus aller Welt: Bea erzählt von ihrem Leben in Dänemark

Bea lebt mit ihrem Sohn (4), ihrer Tochter (2) und ihrem Mann in Dänemark. Außerdem gehören noch zwei Katzen und zwei Meerschweinchen zur Familie. Es ist noch nicht sooo lange her, dass sie ihre Heimatstadt in Deutschland verlassen hat, um das große Abenteuer Auswanderung zu starten. Und natürlich vermisst sie auch einige Aspekte ihres “alten” Lebens … aber wir alle wissen: Perfekt gibt’s nicht und irgendwas ist immer! Erst recht mit Kindern! :D ICH habe dieses Interview mit großem Interesse gelesen und freue mich nun, es mit euch teilen zu dürfen!

Bea erzählt von ihrem Leben in Dänemark

1. In welchem Land lebst du mit deiner Familie und seit wann?

Wir leben seit März 2022 in Dänemark.

2. Wie ist das mit der Kinderbetreuung bei euch? Gibt es ein ähnliches oder gar dasselbe Konzept wie hier?

Dänische Kinder sind Institutionskinder. Dies bedeutet nicht nur, dass sie ab 6 Monaten einen Platzanspruch haben, sondern auch, dass – bis auf wenige Ausnahmen – die Kinder ganztägig im Kindergarten sind. Die Kindergärten öffnen in der Regel zwischen 6 und 7 Uhr und schließen zwischen 16 und 17 Uhr.  Einige haben auch bis 18 Uhr geöffnet.

Auch Nachmittagskurse (Sport, Schwimmen etc.) fangen entsprechend erst ab 16 Uhr oder später an.

Zu Ferienzeiten gibt es stets eine Notbetreuung.

3. Wie alt sind die Kinder bei euch, wenn sie eingeschult werden und was ist an eurem Schulsystem vielleicht anders als an unserem in Deutschland?

Die Kinder werden, wie in Deutschland, mit 6 Jahren eingeschult. Allerdings nicht in die Klasse 1, sondern in die Klasse 0. Bis in die 9. Klasse werden die Kinder gemeinsam unterrichtet und nicht getrennt.

In Dänemark gibt es neben den staatlichen Schulen auch eine unglaubliche Fülle an Privatschulen und freien Schulen, mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten. Dazu zählen nicht nur die deutsch/dänischen Schulen im Grenzgebiet, sondern auch Montessori-, Waldorf-, Sport-, Kunstschulen und viele weitere. Diese Möglichkeiten sind mir aus Deutschland bisher nicht in diesem Umfang bekannt.

4. Fühlt ihr euch in Sachen medizinische Betreuung mit eurem Nachwuchs gut, schlechter oder vielleicht sogar besser als bei uns aufgehoben?

Bei diesem Punkt bin ich wohl eine schlechte Referenz, denn unser Kinderarzt in Deutschland hat uns neben den U-Untersuchungen in 3 Jahren kaum zusätzlich gesehen.

Wir beschäftigen uns sehr intensiv mit unserer Gesundheit und die unserer Kinder. Als Ernährungsberaterin lege ich zudem sehr viel Wert auf eine gesunde und vollwertige Ernährung. Unsere Kinder waren bisher kaum krank (toi, toi, toi ;-) ) und wenn, konnten wir alles mit Hausmitteln oder auch pflanzlichen Mitteln selbst behandeln.

Wir waren hier erst einmal beim Arzt. In Dänemark gibt es das Hausarztprinzip. Zu diesem geht die ganze Familie, also auch die Kinder. Dort finden auch die Vorsorgeuntersuchungen statt, die es für Kinder mit 5 Wochen, 5 Monaten, 12 Monaten, 2, 3, 4 und 5 Jahren gibt. Hinzu kommen ggf. noch Termine für die Kinderimpfungen. In Dänemark gibt es jedoch ein anderes Impfschema als in Deutschland.

Erst wenn der Hausarzt nicht mehr helfen kann, gibt es eine Überweisung zum Facharzt.

Der Zahnarzt wird für Kinder bis 18 Jahren bezahlt. Erwachsene müssen diesen selbst zahlen.

Ich denke, ob man sich nun schlechter oder besser aufgehoben fühlt, steht und fällt mit dem Arzt. Das ist in Deutschland ja eigentlich auch nicht anders.

5. Vermisst du etwas, das es in Deutschland gibt, aber bei euch zuhause nicht?

Ja! Kinder auf dem Spielplatz und Nachmittagskurse für die Kinder ab 14 Uhr. Hatten wir in unserer Heimatstadt.

Dies ist ein Punkt, der uns viel Bauchweh bereitet und uns wirklich zweifeln lässt, mit der Entscheidung nach Dänemark gegangen zu sein. Mein Sohn wünscht sich so sehr Spielbesuch, er hat sich so oft einen Spielplatz gewünscht, auf dem auch Kinder sind. Aber unter der Woche ist hier nichts los. Und auch am Wochenende waren wir leider häufig allein auf dem Spielplatz.

Die Nachmittagskurse ab 16 Uhr sind für meine Kinder einfach viel zu spät. An normalen Tagen essen wir gegen 17 Uhr Abendbrot und gegen 18 Uhr machen wir uns bereits bettfertig.

Zuerst dachte ich noch, dass es ein Standort-„Problem“ sei. Allerdings gibt es auch in größeren Städten kein früheres Angebot und auch keine Spielgruppen am Nachmittag.

Nach Rückfrage in einer deutschen Community Gruppe bekam ich dann die Rückmeldung, dass dies leider häufig der Preis ist, den Auswanderer-Kinder in Dänemark zahlen müssten.

Und dies ist meiner Meinung nach auch ein Punkt, der bisher kaum bekannt ist oder einfach nicht darüber gesprochen wird. Ich kann mir jedoch auch gut vorstellen, dass dies vielleicht nur die kleineren Kinder betrifft.

Was ich auch noch vermisse, ist die Vielfalt an Lebensmitteln und richtige Drogeriemärkte.

Und ein Punkt der auch nicht unterschätzt werden sollte: in Dänemark ist dank der Digitalisierung zwar vieles einfach und bequemer, dafür ist man als Bürger jedoch recht gläsern. 

6. Was ist bei euch – deiner Meinung nach – viel besser als bei uns in „Good old Germany“? ;)

Die Menschen in Dänemark sind sehr kinderfreundlich und fast alle super entspannt.

Die Dänen sind pragmatisch und sehr hilfsbereit. Selbst beim Amt wurden wir nicht einfach weggeschickt, als wir versehentlich nur einen Termin gebucht hatten, jedoch eigentlich zwei hätten buchen müssen. Es wurde einfach schnell bearbeitet.

Bei Fragen bekamen wir bisher fast immer innerhalb von 24h eine qualifizierte Antwort. Egal ob vom Amt, vom Steuerberater oder von der Bank. Ich erinnere mich da noch gut an Deutschland, wo beim Amt entweder gar keiner ans Telefon gegangen ist, ich die Antwort bekam „dafür bin ich nicht zuständig“ oder „bitte rufen sie die Durchwahl x oder y an“, eine Antwort auf meine E-Mail dauerte da nicht selten mehrere Wochen und kam dann erst auf Nachfrage.

Dieser Punkt läuft also definitiv in Dänemark viel besser.

7. Möchtest du gerne noch etwas anderes erzählen??? Dann ist dafür hier natürlich auch noch Platz! <3

Ich glaube, es ist schwer, Dänemark und Deutschland wirklich miteinander zu vergleichen. In jedem Land gibt es Dinge die gut sind und auch weniger gut.

Im Ausland zu leben – und wenn es auch nur für einige Monate sein sollte – ist eine spannende und herausfordernde Erfahrung. Es ist prägend und man gewinnt wieder einen neuen Blickwinkel.

Deutschland wird immer meine Heimat bleiben und ich liebe nach wie vor meine Heimatstadt Lübeck. Was ich gelernt habe: das Leben ist eine ziemlich bunte und verrückte Reise, eine Achterbahnfahrt und nicht immer ist der Weg asphaltiert…

Liebe Bea, vielen Dank für diesen Einblick in dein bzw. das (Familien-)Leben in Dänemark!!! Und für alle, die mehr von Bea lesen möchten, verlinke ich hier noch super gerne ihren Blog EMIL STEHT KOPF .

 

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2 Kommentare für “Eltern-Interviews aus aller Welt: Bea erzählt von ihrem Leben in Dänemark

  1. Ich lebe seit 2004 in Dänemark (nach dem Abi hin).
    Was ich an den dänischen Schulen toll finde ist, wie stark Wohlfühlen gewichtet wird. Dänemark ist mit der wenigen Länder (ua auch Schweden, Finnland und Norwegen), die nicht nur Pisa Ergebnisse messen, sondern auch, wie sich die Kinder wohl fühlen (grottig schlecht zur Zeit für dänische Verhältnisse, das liegt aber an den jahrelangen Sparmaßnahmen der Politik, das ist in Dänemark derselbe Mist, wie überall woanders). Ein Kind, was sich nicht wohl fühlt, kann nicht lernen. Das fängt schon damit an, dass sich ein Kind Gedanken macht, mit wem es in den Pausen spielen soll – denkt ein Kind darüber nach und macht sich Sorgen, dann kann es dem Unterricht nicht folgen. Also wird darauf geachtet, dass selbst solche kleinen Dinge zum Wohlfühlen dazu gehören. Es gibt übrigens keine Schulpflicht, sondern eine Unterrichtspflicht, das heißt die Kinder müssen unterrichtet werden und die Ziele erreichen, egal in welcher schulform. Es gibt erst ab der dänischen 7. Klasse Noten (deutsche 8.), Sport, Musik und Kunst werden gar nicht benotet, es sei denn man wählt es als Prüfungsfach zum Abschluss. Mitte/Ende der 2. Klasse (dh im 3. Schuljahr) wird erwartet, dass auch der letzte Schüler flüssig einfache Texte lesen kann, manche können das aber innerhalb des ersten Jahres. Die Sprache ist aber auch sehr schwer zu erlernen.

    Da die Kinder ja 10jahre in dieselbe Klasse gehen, wird schon von Krippe an Wert darauf gelegt, dass man Toleranz und Respekt zeigt und lernt mit vielen anderen “zusammen zu arbeiten”. Zb lädt man in der Schule nicht einzelne Kinder zum Geburtstag ein. Entweder lädt man die ganze Klasse ein, oder die Mädels die Mädels und die Jungs die Jungs. Es darf keiner ausgeschlossen werden. Viele Familien feiern zusammen, denn den Platz oder das Geld muss man erst mal haben, aber es gibt immer Lösungen, selbst für die aller ärmsten oder die, die kein “vorzeigbares” zuhause haben. Auch in der Kita kommt oft die gesamte Kita Gruppe (meist zwischen 10&16 Kindern) zu einem nach Hause zum Geburtstag oder man lädt die Gruppe vormittags auf den Spielplatz ein. Dann kommen die erzieher mit der Gruppe. Oder man feiert in der Kita.
    Das erste Schuljahr ist die 0. Klasse, die erst seit 2007 oder so obligatorisch ist. Dort unterrichten Erzieher, die eine spezielle zusätzliche Ausbildung haben, keine Lehrer (übrigens ist das erzieher Studium hier ein 3,5 jähriger Bachelor, das Lehramtstudium ein 4 jähriger Bachelor). Die “richtigen” Klassenlehrer, die die Kinder meist bis zur 5. /6. Klasse behalten werden (idR immer zu 2t), sind während der Woche ab und zu mal “Gast”, aber ansonsten liegt der Schwerpunkt auf zusammenarbeiten, Kompromisse bei gruppen arbeiten finden, respektieren, andere ausreden lassen, kollektive mitteilungen erhalten und ausführen. Buchstaben und Zahlen werden auch gelernt, alles ist aber viel Projektorientierter. Es gibt halt keinen Notendruck. Die Dänen sind nicht so gut in Mathe, wie die Deutschen, aber die Dänen sind unglaublich gut in Zusammenarbeit und work-life-balance und hinterfragen vieles, auch schon als Schüler. Jeder spricht sich mit du und Vorname an, egal ob Richter, Arzt, Lehrer,… Nur die Königin spricht man mit Sie an, aber selbst Ihre Kinder legen das langsam ab. Das gibt einem ein ganz anderes Gefühl von Vertrauen, besonders Kindern und Jugendlichen.

    Aber ja, die Dänen sind reservierter und Zusammensein muss geplant werden. Spielverabredungen spontan sind eher Ausnahmen.
    Zahnärzte sind in den Schulen anzutreffen und für alle Kinder unter 18/21 Jahren (letzteres ist neu) kostenlos, danach wirds teurer. Es gibt riesige Unterschiede in der Qualität der Behandlung, leider. Man kommt auch im Kindergarten alter nicht alle 6 Monate zum Zahnarzt, sondern nur alle 1-2 Jahre, je nachdem, wie man bei den ersten zwei Besuchen (mit 1,5 und ca 2,5 Jahren) eingestuft wurde. Akut kriegt man aber relativ schnell einen Termin.
    Varicella (Windpocken) gehört nicht zum impfprogramm. Möchte man sein Kind trotzdem dagegen impfen lassen, dann muss man es selbst bezahlen.

    1. Ach ja: Hausarzt Prinzip bedeutet auch, dass zb alle gynäkologischen routine Untersuchungen beim Hausarzt gemacht werden.

      Auch die Untersuchungen der Schwangerschaft teilen sich Hausarzt und Hebamme. Man bekommt nur 2 Ultraschall (im Krankenhaus) – einmal Nackenfalten Messung um die 12/13. Woche und der große Missbildungsscan um die 20. Woche.
      Hebammen werden einem zugeteilt. Die Sucht man sich nicht selbst. Nach der Geburt kommt automatisch eine speziell ausgebildete Kinderkrankenschwester in bestimmten Wochenabständen zu einem nach Hause, die das Kind wiegt, misst und untersucht. Und die mit beiden Eltern ein paar Wochen nach der Geburt einen Fragebogen ausfüllt um PPD festzustellen. Und die organisieren eine “Müttergruppe”. Das sind Mütter mit Neugeborenem, wenn es gut läuft oder man eher in der Stadt wohnt, im gleichen Alter wie dein eigenes, mit denen man sich treffen und austauschen kann. Das Konzept ist total genial. Manche bilden da echt Freundschaften fürs Leben.