Rabenmutter 2.0

Mutti spricht chinesisch

Ich rede viel (wahrscheinlich keine besonders überraschende Info ;) ). Ich habe schon immer viel geredet. Und ich habe natürlich nicht damit aufgehört, als ich Mutter wurde. Wobei mir durchaus bewusst war, dass mir die kleine Madam in der Zeit, als sie noch ein süßes, winziges und nicht in der Trotzphase steckendes Baby war, keineswegs folgen konnte. Ich habe sie sogar ab und an etwas bemitleidet, weil ich ihr noch wachsendes Gehirnchen so dermaßen mit Worten geflutet habe, dass sie wahrscheinlich spätestens mit 2 Monaten aus Selbstschutz lernte, auf Durchzug zu schalten (naja, vielleicht nicht schlecht – spätestens in der Pubertät braucht sie dieses „Talent“ schließlich dringend :D ).

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Mittlerweile zeigt sie, dass sie den Drang, pausenlos durchzuquatschen und so ziemlich alles zu kommentieren, wohl von mir geerbt bzw. sich bei abgeguckt hat. Ich finde das ja irgendwie niedlich. Zumindest die ersten 6 Stunden des Tages – danach bin ich einfach nur froh, dass sie bisher nur über einen mittelmäßig bestückten Wortschatz verfügt und daher gezwungenermaßen Pausen einlegen muss, um zu überlegen, was sie nun als nächstes sagt ;) .

Was Madam hingegen aktuell nicht so richtig beherrscht – wie wohl die meisten Kinder ihres Alters – ist: zuhören. Wobei man das so allgemein eigentlich gar nicht formulieren darf, denn wenn ich ankündige, dass es gleich Kuchen, Eis oder Gummibärchen gibt, hört sie ganz ausgezeichnet, was ich sage. Aber sie selektiert offenbar gerade sehr streng, was von ihren kleinMuttisprichtchinesischen Öhrchen bis ins (vor neu entdecktem eigenen Willen strotzende) Gehirn weitergeleitet wird. Und dann natürlich noch einmal, ob es das Gehörte denn auch wert ist, beachtet zu werden. Und genau DA liegt der Hund begraben. Vieles von dem, was meinen Mund verlässt und ganz klar für mein Töchterchen bestimmt ist – Bitten, Anweisungen, mich eventuell in meiner mütterlichen Autorität erniedrigende Betteleinheiten, weil Bitten und Anweisungen nicht gefruchtete haben – prallt von der Mausemaus ab wie ein Springball vom Boden. Ich verstehe durchaus, warum das so ist … anstrengend und nervig finde ich es trotzdem ;) . Deshalb gibt’s hier jetzt mal meine (aus der Frustration geborene) aktuelle Rangliste zum Thema …

„BEDEUTUNGSLOSE WORTE UND SÄTZE FÜR KINDER“

Platz 7:
Der Papa kann das genauso gut!
Sobald mein Mann in der Nähe ist, versuche ich, so viele meiner Mami-Jobs wie möglich auf ihn abzuwälzen – um seine Bindung zu unserem Kind zu stärken, versteht sich ;) . Also sage ich Dinge wie: „So, Süße, der Papa macht dich jetzt bettfertig/putzt dir die Zähne/liest dir was vor/spielt mit dir Fußball.“ Nur leider untergräbt das Töchterchen meinen perfiden Plan, an etwas mehr Freiraum zu gelangen, indem sie bestimmt: „Mama macht das!“ Und wenn ich dann liebevoll kontere: „Der Papa kann das genauso gut wie die Mama!“ schaut sie mich an, als hätte ich gerade etwas total hirnverbranntes gesagt, und wiederholt einfach nur: „Mama macht das!“
Natürlich gebe ich mich nicht so leicht geschlagen. Das Kind ist 2,5 Jahre alt und ich bin … äh, älter. ICH bin die Autorität! ICH bestimme! (ICH habe offenbar noch nicht kapiert, wie das Zusammenspiel mit einem Kleinkind läuft ;) ) Naja, jedenfalls will ich trotzdem höflich sein (zumindest zu Anfang) und steige daher in das Wiederholungs-Karussell ein, in dem ich stetig sage: „Der Papa kann das genauso gut und würde das so gerne machen!“ und sie … behauptet dann das Gegenteil. Wie die Nummer ausgeht, brauche ich wohl keinem zu sagen: Einer heult. Und ich bin es (meistens) nicht.
Erziehung ist manchmal voll doof!

Platz 6:
Warte! (wahlweise: hier/kurz/einen Moment usw.)
Es gibt so wahnsinnig viele Situationen, in denen ich mein Kind darum bitte, zu warten. Manchmal sage ich es in einem ruhigen Tonfall und schiebe eine ausführliche Erklärung hinterher (zum Beispiel an der Kasse im Supermarkt, weil es für Kleinkinder absolut nicht nachvollziehbar zu sein scheint, warum Mutti sich einreiht und endlos rumsteht, wenn man doch auch genauso gut zuckersüß lächelnd nach vorne gehen und dort der Kassiererin die Bananen unter die Nase werfen kann), manchmal brülle ich es (ungefähr alle 30 Meter, die wir mit dem Roller in der Kölner Innenstadt zurücklegen) und manchmal flehe ich das Wort (wenn sie von oben bis unten voller Schokolade ist und ich nicht genug Hände habe, um sie von weißen Wänden fernzuhalten und gleichzeitig die Feuchttücher aus der Wickeltasche zu angeln). Doch ganz egal, welche Version ich gerade zum Besten gebe … ignoriert werden sie alle. In den meisten Fällen jedenfalls. Ich kann da nicht drüber lachen. In den meisten Fällen jedenfalls :D .
Ja, ja, Mutti muss dringend konsequenter werden – ich weiß! Ich arbeite dran!!!  

Platz 5:
Gleich.
Ich kann es ja nur vermuten, aber anders lässt es sich für mich einfach nicht erklären, warum das Wort GLEICH immer so gänzlich auf fruchtlosen Boden fällt: Das Konzept des „Du bekommst das/wir machen das/du darfst das GLEICH“ scheint für kleine Terror-Zwerge völlig sinnlos oder aber zu kompliziert. Es gibt JETZT und es gibt NIEMALS. Dazwischen scheint für Kinder nur leerer Raum zu herrschen. Daher: Wenn es nicht JETZT ist, dann scheint wohl NIEMALS gemeint zu sein (was grundsätzlich keine Option ist für die kleine Madam) und es gilt, umgehend auf die Barrikaden zu klettern und Mutti lautstark und mit Tränengewalt ihre Fehlentscheidung zu erläutern. Tja, schwierig. Da hilft es auch nicht, das unsinnige Wörtchen von Platz 6 hinzuzuziehen, um es etwas genauer zu erklären: „Schatz, der Tee ist noch zu heiß. Du musst etwas WARTEN, aber GLEICH kannst du ihn trinken!“ Nach solch einem Satz kann ich von 1,5 rückwärts runterzählen und zusehen, wie sich die Mausemaus am Tee verbrennt und dann überrascht feststellt: „Immernoch heiß!“
Ach, Liebelein, es wird irgendwann einfacher, die Welt zu verstehen … ein bisschen ;) .

Platz 4:
Schlaf jetzt, bitte!
Nach einem normal (sehr) langen Tag mit der kleinen Madam, bin ICH am späten Abend müde. Ich meine so gegen 19 Uhr :D . Ella hingegen ist dann natürlich noch fit wie ein Turnschuh und dreht noch einmal richtig auf. Spätestens um 20:30 Uhr beginne ich trotzdem, den Stecker zu ziehen, weil ich … äh, das Kind, sich die ganze Zeit die Augen reibt und gähnt. Im Bett wird dann noch gelesen, gekuschelt, geredet und ein Hörspiel gehört … bis Mutti so gar keine Lust mehr hat und anfängt zu betteln: „Oh Süße, du bist so müde! Schlaf doch jetzt, bitte!!!“ Dann schaut mich die Mausemaus an, lächelt und sagt:“ Nochmal lesen?“ NEIN, möchte ich dann vor Müdigkeit schluchzen, NEIN, DU SOLLST SCHLAFEN! JETZT! MUTTI WILL FEIERABEND MACHEN, 10 MINUTEN AUF DIE COUCH UND DANN INS KOMA SINKEN! Da sie aber ja nicht mit Absicht so lange braucht, um den Tag zu verarbeiten und runterzukommen, versuche ich Ruhe zu bewahren (nicht zu weinen) und mich in Geduld zu üben. Meistens schlafe ich dann einfach vor ihr ein. Naja, so geht’s ja auch. Und irgendwann, IRGENDWANN kann auch mein Kind alleine einschlafen … habe ich mir jedenfalls sagen lassen. Ich hoffe sehr, dass stimmt!!!

Platz 3:
Das ist Mamas Eis!
Ich weiß nicht so genau, wie er das gemacht hat, aber irgendwie hat mein Mann es geschafft, dass er wirklich so gut wie nie sein Essen mit der Mausemaus teilen muss. Sie will meins! Natürlich gebe ich ihr auch immer etwas ab – sie ist mein Kind, sie soll alles probieren dürfen, bla, bla, bla. Aber beim Eis hört der Spaß auf! Sie bekommt schließlich IMMER ein eigenes Eis (weil sie ja, wie sie selbst sagt, schon voll groß ist!). Und jedes mal, wenn ich ihr IHR Eis in die Hand drücke, denke ich naiv: „Diesmal klappt’s bestimmt. Diesmal darf ich meins alleine …“ Und schon werde ich eines besseren belehrt. „Tauschen!“ kommt es aus dem in sekundenschnelle völlig verschmierten Mündchen. Parallel bekomme ich ihren bereits zermatschten REST gereicht. „Das ist Mamas Eis. Und Mama mag das tatsächlich mal selber essen“, versuche ich es. Doch umgehend ist er wieder da: Dieser Blick, als würde ich unzusammenhängenden Schwachsinn auf Chinesisch faseln. „TAUSCHEN!“ wiederholt das Kind und WEDELT mit ihrer Waffel, so dass ihr Eis in alle Richtungen spritzt. Spätestens dann gebe ich mich geschlagen, um Schlimmeres zu vermeiden und nicht in einen Krieg mit Passantinnen hineingezogen zu werden, deren schickes Frühlingsblüschen im Vorbeigehen übel befleckt wurde. Wer braucht schon Eis? Ich teile doch so gern mit meinem Kind!
Außerdem habe ich jetzt immer Eis in der Tiefkühltruhe, dass ich GANZ ALLEINE abends auf der Couch verzehre :D

Platz 2:
Nur noch einmal! meist in Kombination mit Wir gehen jetzt!
Der Klassiker: „Nur noch einmal rutschen, dann gehen wir!“ Ich sage das wirklich JEDEN Tag – allerdings bin ich in dieser Situation wenigstens nicht allein, denn ich sage es im Chor mit vielen anderen Müttern auf dem Spielplatz. Und wir alle wissen, noch während der Satz über unsere Lippen rollt, dass wir ihn wiederholen werden … sehr, sehr oft!
Denn offenbar sind sich alle Kinder absolut einig: Wenn Mutti „Nur noch einmal!“ sagt, dann macht sie Witze. Und zwar so lahme, dass sie nicht einmal ein gönnerhaftes Schmunzeln als Reaktion wert sind. Tragisch! Für uns Mamis jedenfalls, die wir verzweifelt hinter unseren komplett eingedreckten Sprösslingen herschleichen, deren Energie kein Ende zu nehmen scheint, während wir uns in endloser Schleife wiederholen und irgendwann die unvermeidliche Entscheidung treffen müssen: Setzten wir uns durch, indem wir das Kind packen und unter Gebrüll in den Kinderwagen zwingen ODER bestechen wir es mit den Notfall-Gummibärchen, die wir für solche Fälle immer ganz unten in der Wickeltasche versteckt haben (zumindest so wenig gesundheitsfanatische Rabenmütter wie ich ;) ).

Platz 1:
Nein!
Vielleicht habe ich es zu oft gesagt – vielleicht auch zu selten. Vielleicht habe ich zu wenig echte Konsequenzen folgen lassen – vielleicht bloß zu lasche. Vielleicht liegt es zu 100 % an meiner mangelhaften Erziehung – vielleicht ist es ein fester Bestandteil der Trotzphase der kleinen Madam und ich kann gar nichts dafür (DAS wäre mir am liebsten!). VIELLEICHT will mich das Kind aber auch einfach nur total kirre machen (DAS halte ich für das Wahrscheinlichste!). Keine Ahnung, was genau der Grund ist, aber: NEIN ist das wohl bedeutungsloseste Wort auf der Welt … für die Mausemaus. Meist wird es gänzlich ignoriert, manchmal – wenn es doch irgendwie aus Versehen in dem kleinen Gehirnchen meines Kindes ankommt – wird wild darüber diskutiert, warum das jetzt absolut unangebracht ist und dann wiederum, wenn Mutti auf Teufel-komm-raus nicht aufgeben will, wird halt verhandelt, als wäre meine kleine Tochter bereits ein gestandener Anwalt ohne Scham und Mitleid. Ein einfaches „Hm, na gut, dann eben nicht.“ als Antwort auf ein von mir ernsthaft vorgebrachtes NEIN gibt’s aktuell allerdings nur in meinen Träumen.
Doof, finde ich das, ganz, ganz doof!

Gestern habe ich dazu einer Freundin mein Herz ausgeschüttet in der Hoffnung, von etwas in der Art von: „Das wird bald besser!“ zu hören. Leider wollte sie meinen Wünschen aber nicht entsprechen und gab mir stattdessen folgendes mit auf den Weg: „Ach, naja, gewöhn dich dran. So läuft das bei uns immernoch und du weißt, meine Tochter ist jetzt 16 Jahre alt!“

DAS IST NICHT WITZIG! Ich kann da nicht drüber lachen! Naja, noch nicht wahrscheinlich. Aber wenn die kleine Madam mal Kinder hat, die nicht hören wollen … DANN werde ich lachen ;) .

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13 Kommentare für “Mutti spricht chinesisch

  1. Also, ICH mußte auf jeden Fall schon mal lachen :D
    Alles zutreffend und doch irgendwie tröstlich, daß ich nicht allein am Abend diese Sätze aussprechen muß (wieder und wieder) und sie so gar nicht ankommen.
    Aber ansonsten darf ich mich gar nicht so arg beschweren, außer das Kind ist müde und/ oder muß mit mir aus der Kita nachhaus, ist sie (noch!) recht pflegeleicht.

  2. Meine Kleine wird zwar erst im Sommer zwei, aber ich spreche streckenweise auch schon chinesisch oder kisuaheli oder jedenfalls nichts, was sie versteht (verstehen will)… Mir graut ein wenig davor, wie es in ‘nem halben Jahr sein wird. *schluck*

    1. Muss es nicht! Es wird sicher hart (zumindest manchmal, finde ich), aber sie sind ja nicht die ganze Zeit so drauf, sondern auch ganz oft zauberhaft! Abgesehen davon: Wir Mamis sitzen alle im selben Boot! Mir persönlich hilft dieser Gedanke ganz enorm! ?

    2. Mit zwei ging es beim Großen ja noch.
      Mir graut es vor der Zeit, wenn meine Kleine (1,5) dann in der jetzigen Phase meines Großen (3) ist. Sie ist wesentlich temperamentvoller, frecher und wilder als er.

  3. Platz 5!!! Bei uns auch oft mit irgendwo gegenlehnen und Kopf in den Armen vergraben begleitet. Und natürlich Schluchzen. Und dieser Blick, dieser Schuldzuweisende Blick, der einem ab und an unter einem Arm hervor zugeworfen wird. Hach ja.

  4. Das konsequente Ignorieren eines “Neins” schafft meine 1,5-jährige bereits mit Bravour. Der 3-jährige ignoriert es weniger sondern kommentiert es mit lautem Trotz-Gebrüll. Auch nicht wirklich besser :-(