Rabenmutter 2.0

Das große Windel-Desaster

Meine kleine Madam ist jetzt 3 Jahre und 5 Monate alt. Da sie immernoch nicht aufs Klo geht, sondern weiter munter in ihre Windeln knattert, bedeutet das für mich: Ich stehe seit 3 Jahren und 5 Monaten täglich mehrfach am Wickeltisch und wische den Arsch von jemandem sauber, der nicht ICH ist. Und weil mir das offenbar so wahnsinnig viel Freude bereitet, habe ich ein weiteres Kind bekommen, damit dieser große SPASS noch ein paar Jahre weitergeht (jaaaaha, ich weiß echt, wie man sich amüsiert :D ).
Nach nun also deutlich mehr als drei Jahren Erfahrung in Sachen Windel-Wahnsinn, dachte ich (wahrscheinlich irgendwie nachvollziehbar): Ich kenn mich da aus – mich kann nichts mehr überraschen. Doch … FALSCH GEDACHT, liebes Selbst! Mal wieder hast du bewiesen, dass du KEINE AHNUNG HAST, WAS KINDER SO ALL

Ich bin kein Idiot. Also zumindest kein VOLLidiot. Natürlich war mir bewusst, dass es ein klein wenig anders sein würde, einen Jungen zu wickeln als ein Mädchen. Nicht leichter oder schwerer, sondern einfach anders. Kein Problem, dachte ich. Auf den Schniepi legt man während des sauber-machens ein Tuch, damit der Miniatur-Feuerwehrschlauch nicht unkontrolliert den Raum wässert und bevor man die Windel zumacht, drückt man den Schniepi sanft nach unten, um zu verhindern, dass der kleine Herr mal eben ganz lässig oben aus der Windel rauspinkelt. So jedenfalls die gaaaaanz einfache Problem-Lösungs-Theorie ;) .

Das man aber oftmals gar nicht so schnell ein Tuch zur Hand hat, wie das Baby sich selbst ins Gesicht pinkelt, hat mich dann zu Anfang trotz meiner gefühlt brillanten Wissens-Vorbereitung etwas überrascht. Und auch das MEIN Sohn (keine Ahnung wie andere kleine Jungs das so handhaben) seiner Pupu-Verdauung in den ersten Lebenswochen immer besonderen „Schwung“ verliehen hat, indem er dem orangen Säuglingsschiss einen Furz mit auf den Weg gab, der einem alten, stark übergewichtigen Mann würdig gewesen wäre, und damit jedes mal eine wahre Scheiße-Explosion auslöste, traf mich wie ein kalter Nackenschlag (nebenbei zur Info: die Renovierung unseres ehemals weißen Flurs steht für den Frühling auf dem Programm). Ich habe mich aber daran gewöhnt und Techniken entwickelt, wenigstens mich, das Krümelchen und unser Inventar einigermaßen zu schützen. WAS mich allerdings so langsam an meine Grenzen treibt, ist die Nummer mit dem oben aus der Windel rauspinkeln. Denn: Schniepi nach unten legen bringt beim Babyboy nichts. Er plätschert im Liegen IMMER fröhlich nach oben. Und zwar so viel, dass er nachts schneller das Pipi-Fassungsvermögen seiner Windeln erreicht hat (zumindest was den oberen Rand angeht … mehr nutzt der Junge ja eh nicht), als ich „Bitte nicht schon wieder!“ sagen kann.

Grundsätzlich gehöre ich eigentlich zu den Mamis, die nachts nur dann wickeln, wenn es sich wirklich nicht vermeiden lässt. Soll heißen: Wenn der Pupu-Duft die Mutti mit Würgereizen weckt oder der Nachwuchs nach einem Schwimmreifen verlangt, um nicht im Pipi unterzugehen. Ansonsten hat Schlaf bei mir bzw. uns Priorität. Das hat bei der kleinen Madam gut funktioniert (ich musste nur sehr, sehr selten nachts wickeln … und wenn, dann habe ich es schnell im Bett erledigt) und ich rechnete damit, dass es beim Krümelchen – zumindest nach Ablauf der ersten, anstrengenden es-kommt-immer-etwas-raus-wenn-man-etwas-Neues-einfüllt-Wochen – ebenso reibungslos klappen würde. Falsch gedacht. Schon wieder! Denn dadurch, dass der kleine Mann sich alle 1 –1,5 Stunden einen Drink genehmigt, ist er ALLERSPÄTESTENS nach drei Stunden im Bett nass. Immer schön auf Bauchnabel-Höhe – damit es nicht langweilig wird abwechselnd mal eher links-, mal rechtslastig – ist das ganz Kind richtig gut eingeweicht. Body nass. Schlafanzug nass. Schlafsack nass. Mamas Matratze nass. Total ätzend! Nicht zuletzt, weil ich den ganzen Mist ja dadurch auch jeden Tag waschen muss.

Ergo: Im ersten Schritt der Problem-Lösungs-Findung war meine (mich natürlich höchst unglücklich machende Idee), ihn alle zwei Stunden im Bett zu wickeln. Da der Krümel aber (und das hat er nicht von mir!!!) ca. 30 Sekunden nach dem Wecken (und das lässt sich leider nicht verhindern) grinst, Luft holt und gutgelaunt anfängt, mit ohrenbetäubenden Walgesängen den Stadtteil zu wecken, ist selbst superschnelles wickeln im Bett keine Option. Stattdessen hechtete ich – während ich mich eigentlich noch halb im Tiefschlaf befinde – Ninja-mäßig behände (Hahahahaha, NICHT) und LEISE (Hahahahaha, NICHT) mit dem sich bereits aufgrund von Nässe windenden Baby aus Bett und Schlafzimmer, um vor dem Einsetzen des ohrenbetäubenden Säuglings-„Gesangs“ schnellstmöglich so viele geschlossene Türen wie möglich zwischen den Sound-Krümel und die immer schlecht schlafende kleine Madam zu bringen. Stress pur. Für mich. Dem Baby gefällt’s natürlich MEGA GUT!!!

Ohne dem Baby den Spaß an den nächtlichen Action-Einlagen seiner Mutter verderben zu wollen, war mir schnell klar, dass ich einen etwas weniger anstrengenden und Schlafraubenden Weg finden müsste, wenn ich nicht über kurz oder lang irre werden wollte. Alle ein bis zwei Stunden im Liegen stillen ist eine Sache. Fünf mal die Nacht fluchtartig das Bett verlassen, um zu wickeln, eine andere.

Was nun folgte war eine Ideen-Odyssee – von „das ist ja total lächerlich“, über „klingt plausibel“ bis zu „mir fällt echt nix besseres mehr ein!“:

1. Umstellung auf Nachtwindeln
Bisher hatte ich den Baby-Popo Tag und Nacht in dieselbe „Starter“-Windel gepackt – jene, die mit einem sich blau verfärbenden Streifen anzeigen, wann Pipi in der Butz ist. Überflüssig, wenn man so ein Bewässerungs-Genie-Krümelchen hat wie ich. Jetzt hoffte ich, dass die offiziell als Nachtwindel gekennzeichnete Version vor allem oben am Rand mehr Saugstärke aufweisen würde, wurde aber (oh Überraschung!) enttäuscht. Alles nass in unter zwei Stunden.

2. GRÖßERE Nachtwindel
„Vielleicht braucht er einfach schon die nächste Größe. Versuch doch mal eine 4er“, riet mir eine Mama im Baby-Kurs und schenkte mir gleich eine Windel zum Ausprobieren. Könnte gehen, dachte ich, und packte den Krümel abends voller Hoffnung hinein. Peinlich genau achtete ich darauf, dass die Windel trotz neuer Größe an allen Rändern schön stramm saß und bettete uns beide zur Ruhe. Ergebnis nach 3 Stunden: FÜRN ARSCH!
Weil mir die Idee der GRÖßEREN Popo-Verpackung aber immernoch gefiel, steckte ich das Baby als nächstes eiskalt in eine Windel der kleinen Madam (5+). Da lief es dann nicht nur oben, sondern auch an den Beinen raus. Yippie!

3. Binden einkleben
„Ich muss die Dinger ausbauen“, befand ich und klebte dem Baby in der nächsten Testphase Binden rechts und links hochkant in den Body. Schon etwas besser. So kamen wir auf 4 Stunden bis zur Flut.

4. Ring aus Flieseinlagen
Wiederum der Tipp einer anderen Mutter führte mich einige Tage später im Drogeriemarkt ans Windelregal, um sogenannte Flieseinlagen zu erwerben. Im Grunde sind das die selben Teile, die wir Mamis nach der Geburt als überdimensionale Binden in die Hand gedrückt bekommen – also Watte-Surfbretter. Mächtig saugfähig, aber viel billiger als Damen-Binden. Um diesmal sicherzugehen, dass nichts daran vorbeilaufen kann, wickelte ich den Krümle förmlich darin ein und fixierte den Einlagenring mit der Windel am Baby. DA sollte echt nichts mehr durchgehen. Tja … „haltbarer war diese Baby-Verpackung tatsächlich, allerdings offenbar auch sehr unbequem. Der Krümel schlief noch unruhiger als sonst. Leider sogar dann, wenn ich nur vorne eine Einlage „anbaute“. Daher auch nicht die Lösung.

5. Ökowindeln
Vielleicht war es naiv, zu denken, dass eine Ökowindel mehr leisten und mich eventuell aus meiner nächtlichen Pipi-Hölle befreien könnte, aber ich ließ es auf einen Versuch ankommen. Einen sehr, sehr kurzen. Da hätte ich das Krümelchen auch ganz ohne Windel ins Bett legen und ihm einfach direkt Schwimmflügel anziehen können.

6. Stoffwindeln
Da ich mittlerweile mit meinem Problem so ziemlich jedem auf den Sack ging, der nicht schnell genug flüchten konnte, quälte ich auch eine Stillberaterin, die ich privat kenne, mit meiner endlosen Urin-Geschichte. „Hast du schon mal an Stoffwindeln gedacht“, fragte sie. Ich schüttelte sofort vehement den Kopf. „Um Gotteswillen nein, ich will doch weniger Arbeit haben, nicht mehr!“
„Versuchs trotzdem mal! Da kann man wirklich viele Lagen reinpacken!“ Hm, ein gutes Argument. Also gab ich auch dieser Version eine Chance und bastelte dem Krümel ein paar Abende später seine erste Stoffwindel um den Hintern. „Wer weiß, womöglich funktioniert es tatsächlich“, überlegte ich, während ich die Konstruktion bewunderte, in der ich gefühlt einen kompletten Bettbezug an Saugmaterial hatte verschwinden lassen. Das Beste daran: Durch die vielen Schichten gab es selbst im trockenen Zustand der Windel keinen Hohlraum – der Schniepi MUSSTE nach unten gerichtet bleiben. Und so dauerte es tatsächlich deutlich länger, bis mein kleiner Pullermann sich durch alle Schichten gepinkelt hatte. Noch dazu schlief er in dieser Nacht endlich mal etwas ruhiger. Komplett durch die Nacht kamen wir damit jedoch auch nicht, sodass ich zwischendurch dennoch wickeln und dann wieder eine normale Windel nehmen musste, weil ich erst einmal nur eine Stoffwindel zu Testzwecken vorrätig hatte. Und natürlich war DANN auch bis zum morgen wieder alles nass.

7. Nachtwindel mit Band aus wasserdichter Betteinlage
Um meine Matratze ein wenig zu schützen, hatte ich mir zu Beginn dieser Odyssee wasserdichte und dennoch kuschelig-weiche Betteinlagen zugelegt. Aus purer Verzweiflung schnitt ich eines abends davon einen Streifen ab und wickelte ihn – wie zuvor die Flieseinlagen – um mein Baby. „DAS muss es jetzt sein! Es ist saugstark und trotzdem bequem! BITTE SCHLAF, Krümelchen!“, flehte ich. Doch nach drei Stunden antworte mir die Konstruktion „Ätschibätschi, alles nass!“ NEEEEEEEIIIIIN!

8. Nachtwindel mit super-saugstarker Binde angeklebt
In derselben Nacht „bastelte“ ich schlaftrunken meine bisher erfolgreichste Wickel-Konfiguration: Die Nacht-Binden-Flügel-Windel. Sie scheint tatsächlich das Potenzial zu haben, uns trocken durch die Nacht zu bringen – vorausgesetzt, der Krümel liegt mehr auf dem Rücken als auf der Seite. Immerhin. Irgendwann freut man sich ja auch über Kleinigkeiten und Mini-Erfolge.

Das Ende vom Lied: 12 Stunden Trockenheit mit meinem Krümelchen hinzubekommen, ist echt kein leichtes Unterfangen. Ihn nachts weniger zu stillen wäre sicher hilfreich, ist für den kleinen Mann aber absolut keine Option. Naja, irgendwann wird es sicher besser werden. Und wie lang wird das schon dauern?! Noch ein oder zwei … JAHRE! Oh Gott, ich denke, ich schlafe ab jetzt einfach neben dem Wickeltisch im Kinderzimmer. Man muss wissen, wann man verloren hat :D .

PS: Tipps und Anregungen – mögen sie noch so bedeppert klingen – bitte als Kommentar hinterlassen. Vielleicht besteht ja noch Hoffnung für meinen Schlaf! ;)

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14 Kommentare für “Das große Windel-Desaster

  1. Meine Güte – wie habe ich gerade Tränen gelacht! Danke nochmal für deine ehrlichen und humorvollen Texte – sie machen alles so viel leichter!!! ❤️

  2. den schniepi noch beim schließen der Windel festhalten und die Windel so stramm zu machen das er sich nicht wieder nach oben mogelt. Dass bekam ich geraten, hat bei uns nichts genutzt aber versuch macht klug.
    bei uns halfen tatsächlich mulltücher die über dem schniepi doppelt gefaltet wurden um ihn in Position zu halten.
    das lässt sich sowohl in Stoff- als auch in wegwerfwindeln einbauen.

    1. Danke für die Tipps! Bei uns funktioniert mittlerweile die Idee mit der oben eingeklebten Binde ganz gut (aber nur die mit Flügeln) und ich weiß, dass es ein anatomisches Problemchen beim Krümel ist, dass sich hoffentlich noch auswächst.

  3. Ich bin nun Mädchenmama und hab da per se nicht so ne Ahnung, aber meine Maus ist (vor allem seit der großartigen Neuerung der Pampers) öfter vorne nass. Nicht alle 2 Stunden, aber doch nach einer Nacht, manchmal jede (was ein Zirkus, da ich den Schlafanzug, Schlafsack, Body nicht in die Wäsche werfen darf).
    Ich hab den Eindruck, es hängt eigentlich fast ausschließlich am auf dem Bauch schlafen; extrem selten auch am Frieren, aber dann ist auch wirklich alles überall nass. Vielleicht ists das bei Euch auch?

  4. Ich fühle so mit Dir!? Mein kleiner schafft es regelmäßig morgens zwischen 3h und 4h mit seiner Morgenlatte zielsicher an der Windeln vorbei zu machen und alles (außer die Windel natürlich!?) in seinem Pipi zu ertränken! ?? Schön so eine nächtliche Bettüberzieh- und Umziehaktion….?

  5. Ich LIEBE deinen Blog! Habe gerade meine Mittagspause damit verbracht, deine Einträge zu lesen und habe mal wieder Tränen gelacht. Ganz ganz großes Kopfkino:)).
    Danke für mich wieder Mal den Tag versüßen!

  6. Ich habe dasselbe Dilemma mit dem Hinterausgang des Knaben. Es ist und bleibt ein Rästel, wie er es schafft, sich in einer stramm sitzenden Windel bis zum Nacken vollzukackern, ohne dass dabei nenneswerte Mengen in der eigentlichen Windeln landen…und natürlich macht das Bübchen nicht jeden Tag ein bisschen Pupu, sondern prdouziert jeden 5./7./10. Tag ökologische Katastrophen. Ich frage mich, ob ich das irgendwann der Seuchenschutzbehörde oder ähnlichen Institutionen melden muss….

  7. Hallo! Hier kommen Tipps und Anregungen:
    Stoffwindeln!! war auch mein erster Gedanke. Wir benutzen die immer schon und haben deutlich weniger Stress damit als andere Eltern mit normalen Windeln. Es gibt aber auch da Unterschiede. Vielleicht wäre ein Ausflug zum Schlawindelchen in Nippes angebracht. Dort gibt es prima Stoffwindeln plus exzellente Beratung, und das ist ja oft das A und O.
    Übrigens: mit unsern Stoffwindeln ist es uns zudem kein einziges Mal passiert, dass sich das Kind bis zum Nacken hoch eingeschissen hat. Das ist etwas, was ich tatsächlich nur aus Erzählungen kenne!
    Grüße, Viviane

    PS: Stoffwindeln sich auch nicht mehr Arbeit als Wegwerfwindeln. Immerhin entfällt das ewige Einkaufen neuer Windelpakete, sowie das ewige Zum-Müll-Pilgern.