Rabenmutter 2.0

Milchzähne pflegen – das tägliche Familien-Drama

ICH finde Zahnpflege total wichtig. Weil meine Mutter mir das so beigebracht hat UND weil ich leider genetisch betrachtet nicht gerade den 6er im Lotto im Mund habe, sondern eher so eine Dauerbaustelle, die mir in Zukunft sicher noch viel Freude bereiten wird. Richtig kacke passt dazu meine recht ausgeprägte Zahnarzt-Angst, die ich mir schon in der Kindheit zugelegt und dann einfach mal behalten habe. Zeitweise war sie so schlimm, dass ich jahrelang gar keine Praxis betreten oder – auch mehrfach passiert – dem behandelnden Arzt aus Reflex-Panik den Bohrer aus der Hand geschlagen und heulend die Flucht ergriffen habe. ABER: Zahnpflege und auch regelmäßige Zahnarzt-Besuche sind wichtig – ganz besonders sogar für Irre wie mich, damit die Angst nicht auch noch dadurch weiter wächst, dass man keine POSITIVEN Erfahrungen sammeln kann. Denn so verrückt das klingen mag: Auch das ist möglich, wenn man einen Zahnarzt findet, bei dem man sich wohlfühlt, der einen Ernst nimmt und der sich komplett auf seine Patienten einlässt. Solche „Exemplare“ der Berufsgruppe gibt’s nämlich tatsächlich und ich habe glücklicherweise irgendwann einen (bzw. einE) gefunden. Und das freut mich nicht nur für mich wie Bolle, sondern auch für meine Kinder, denn DIE sollen bitte ohne Zahnarzt-Angst aufwachsen und Zahnhygiene als ganz natürlichen Bestandteil ihrer täglichen Pflege-Rituale betrachten. Voll der gute Plan, finde ich! Nur … Kinder sind ja manchmal recht „eigen“ was ihre Reaktion auf Muttis Pläne angeht. ;)

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Krieg am Waschbecken

Wie es überall angeraten wird, habe ich bei der Mausemaus im Prinzip mit dem Durchbruch des ersten Milchzähnchens mit dem Zähneputzen angefangen. Wenn ich mich recht erinnere, war es so ein Gummi-Fingerling, den ich überzog, um damit in ihrem Mündchen den winzigen Zahn zu reinigen. Mir war durchaus bewusst, dass es dabei in erster Linie darum ging, das Baby an dieses spezielle Gefühl im Mund zu gewöhnen und nur an zweiter Stelle tatsächliches putzen stattfinden würde. Dennoch war ich etwas frustriert, wenn ich nicht heran kam, an das Gegenstück zu meinem Fingerling. Denn: Das Töchterlein fand die Nummer doof. Und zwar so doof, dass sie ihre Lippen mega fest zusammenpresste und mich vor ihrer geschlossenen Schnute mit meinem höchst praktischen Gummiding vergammeln ließ. Locker bleiben, es muss ja nicht sofort klappen! dachte ich und nahm mir fest vor, dem Mäuschen Zeit zu geben und darauf zu vertrauen, dass sie sich bald an die Putzerei gewöhnen würde.
Knapp 15 verschiedene Kinder-Zahnbürsten, einer zur Ablenkung eingesetzter Handpuppe, gefühlt 100 ausprobierte Tipps & Tricks zum „entspannten Zähneputzen bei Babys und Kleinkindern“ und 4 runtergeladener Zahn-Putz-Apps später, empfand ich es doch langsam als recht schwierig LOCKER ZU BLEIBEN. Die Mausemaus und ich waren uns beim Thema Zahnpflege nur in einem Punkt völlig einig: ES WAR ZUM KOTZEN!!! Das arme Kind brüllte sich jeden Abend und Morgen die Seele aus dem Leib, weil sie auf Teufel-komm-raus nicht Zähneputzen wollte, ich es aber nun mal wichtig fand, dass sie es lernte. Und ich brüllte irgendwann aus Verzweiflung zurück, was die Situation natürlich weiter eskalieren ließ. Das Waschbecken mutierte zum Krisen- und Kriegsgebiet und trieb uns regelmäßig beiden die Tränen in die Augen. Es war die Hölle!

Zusätzlich lief mein Plan, das Kind schon ganz früh an Zahnarztbesuche zu gewöhnen, ähnlich mittelprächtig. Mit knapp zwei Jahren besuchten wir einen ausgewiesenen Kinder-Zahnarzt, der … leider null Ahnung von Kindern hatte. Als erstes verkündete er, dass selbst hochgradig verdünnter Apfelsaft für Kinderzähne wahres Gift wären und ich als Mutter geradezu fahrlässig handeln würde, wenn ich meinem Kind ein solches Getränk erlaubte (ich mochte ihn sofort! ;) ). Dann wand er sich an die Mini-Patienten, bat sie – ohne sich vorab wenigstens einen Moment Zeit für sie zu nehmen – den Mund zu öffnen und nannte sie bockig und nicht behandelbar, als sie es nicht umgehend tat. Unnötig zu erwähnen, dass wir dort nur einmal waren.

Glücklicherweise war die Kieferorthopädin, die ich auf anraten meiner höchst besorgten Kinderärztin aufsuchte, weil die Mausemaus auch mit 2,5 Jahren noch fröhlich vor sich hinschnullerte, deutlich netter. Obwohl sich beim Töchterchen bereits ein „offener Biss“ zeigte, lächelte sie nur milde und erzählte von ihren Zwillingen, die sie erst mit über drei Jahren von ihrer Nuckie-Sucht befreien konnte. Das machte mir enorm Mut, denn diese dauerhafte Panikmache, was alles den Zähnen meines Kindes nachhaltigen Schaden zufügen würde, stresste mich wirklich ungemein und machte es mir zunehmend schwerer, meinen ursprünglichen Plan im Auge zu behalten.

Zu viel Druck für Eltern

Wie in allen Bereichen der Elternschaft, können wir Eltern, wenn wir Bock darauf haben, unser komplettes Heim mit Informationsmaterial, Tipps und natürlich auch Horrorstorys zur Kinderzahnpflege tapezieren. Ein bisschen blöd ist halt nur, dass sich so unglaublich viele Babys- und Kleinkinder überhaupt nicht dafür interessieren, was Mama und Papa da tolles lesen oder von Kinderärzten erfahren. Sie machen trotzdem nicht den Mund auf, wenn die Zahnbürste zum Einsatz kommen soll. Sie weinen und schreien oftmals so laut, sobald eine Zahnbürste in ihrem Gesichtsfeld auftaucht, dass man als Elternteil schon mal zur Haustür vorgehen möchte, weil man davon ausgeht, dass das Jugendamt sowieso jede Sekunde klingelt. Welchen immensen Stress diese alltägliche Situation in Mamis und Papis auslösen kann, versteht man aber tatsächlich erst dann richtig, wenn man selbst da sitzt und mit seinem Nachwuchs um Schaum vor und im Mund kämpft.

Geholfen haben mir bzw. uns im Endeffekt zwei Dinge:

  1. Ich habe irgendwann entschieden, den Druck aus der Nummer herausnehmen, dazu die Zahnbürste auch einfach mal stecken zu lassen, wenn der Unmut seitens des Nachwuchses wirklich zu groß war und stattdessen verstärkt vorzuführen, wie ich putze und vor allem, wie GERN ich putze. Natürlich wünsche ich mir für meine Kinder gesunde Zähne und möchte ihnen keinesfalls schon die Milchversion versauen. Aber irgendwie manifestierte sich in mir der Gedanke, dass ich DAS wohl eher nicht mit „Gewalt“ schaffen würde. Und tatsächlich wurde es von ganz alleine besser. Ohne Geschrei und Tränen.
  2. Ich habe (dank einer Empfehlung via Internet) eine wunderbare Zahnärztin gefunden, die nicht nur mit mir Panik-Granate die Ruhe weghat, sondern auch mit meinen lauten, wilden Kindern. Die Mausemaus betrachtet sie sogar als Freundin und hüpft vor Freude den ganzen Weg, wenn wir „Eva besuchen gehen“. Und selbst das kleine Karlchen will schon mitspielen, wenn’s in den coolen Stuhl geht und öffnet bereitwillig das Schnäbelchen, um den Spiegel passieren zu lassen. BESSER geht’s definitiv nicht!

Und weil ich unsere lieben Zahnärztin, Dr. med. dent. Eva Brennecke, wirklich so super finde und ihrem Urteil absolut vertraue, habe ich ihr einfach mal die (meiner Erfahrung nach) am häufigsten gestellten Fragen von Eltern zum Thema Milchzähne gemailt, mit der Bitte, sie für uns zu beantworten – damit wir uns zukünftig nicht mehr an Dr. Google wenden müssen. Und das hat sie netterweise getan:

Interview mit Zahnärztin Dr. med. dent. Eva Brennecke, aus der Zahnarztpraxis Dr. Lepki

Was umfasst die perfekte Zahnpflege bei einem Baby-/Kleinkind?

Der Durchbruch des ersten Milchzahns gibt den Startschuss für die Zahnpflege. Ab diesem Zeitpunkt sollte einmal täglich mit einer Kinderzahnbürste so gut es geht geputzt werden, aber auch vorher kann man zur Gewöhnung mit einer ganz weichen Zahnbürste über das Zahnfleisch gehen. Hierbei muss beim Putzen am Anfang gar nicht unbedingt Zahnpasta benutzt werden. Das minimiert den „Reiz des Neuen“ und die Kleinen können hier noch nicht wirklich ausspucken. In der zweiten Hälfte des ersten Lebensjahres sollte dann aber langsam eine kleine Menge Zahnpasta verwendet werden. Mit ca. zwei Jahren sollte man versuchen, morgens und abends zu putzen. Bei der Zahnpasta am besten keine super süßen Produkte verwenden, da diese gerne runtergeschluckt werden. Traumhaft wäre natürlich Zahnseide, wenn das Kind es zulässt.

Was können Eltern tun, wenn ihre Kinder sich weigern, den Mund aufzumachen bzw. schier in Panik verfallen, wenn sich ihnen eine Zahnbürste nähert?

Zuallererst haben Eltern immer eine Vorbildfunktion. Das heißt, was die Großen machen, wollen die Kleinen in der Regel nachahmen. Was für Kinder „tabu“ ist, erst recht. Deswegen ist es immer gut, wenn auch bei den Eltern ein festes Ritual besteht, auch wenn dieses gar nicht so sehr thematisiert wird. Natürlich ist es super, wenn direkt alles funktioniert, dass ist aber selten der Fall. Wie bei allem ist es so, dass Übung und eine Regelmäßigkeit irgendwann dazu führen, dass es immer besser klappt. Wichtig ist, dass kein Zwang entsteht, man nicht droht (bitte erst recht nicht mit dem Zahnarzt ;-) ), wodurch das Ganze noch negativer behaftet wird. Nicht jeden Tag müssen die Zähne perfekt blitzeblank geputzt sein, denn Karies entsteht nicht innerhalb von ein oder zwei Tagen. An den Tagen wo es gut klappt, sollte dem aber dann besonders viel Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Wie bei allem ist Lob wichtig. Man kann z.B. einen „Belohnungskalender“ basteln, wo man für jedes gute Putzen Punkte sammelt und irgendwann wartet eine Belohnung, die man zu Beginn gemeinsam festlegen kann. Wenn die Kinder größer sind, kann man das Putzen z. B. mit einer elektrischen Kinderzahnbürste reizvoller machen.

Wie schlimm ist es für Milchzähne, wenn nachts – also NACH dem Zähneputzen – noch gestillt wird?

Nicht schlimm. Während beim Trinken aus der Flasche die Zähne, insbesondere die Frontzähne, permanent umspült werden, kommt die Muttermilch beim Stillen kaum in Berührung mit den Zähnen. Außerdem ist Muttermilch laut einiger Studien nicht kariogen, also nicht kariesfördernd.

Sind Fruchtschorlen wirklich das Allerschlimmste für die ersten Zähnchen? Worauf sollte (noch) komplett verzichtet werden?

Allgemein können süße und saure Lebensmittel die Zähne angreifen. Dies gilt bekanntermaßen sowohl für die Milch- als auch für die bleibenden Zähne. Milchzähne sind allerdings in ihrer Struktur „weicher“ als bleibende Zähne, was dazu führt, dass die Kariesbildung schneller beginnt und auch schneller fortschreitet. Besonders beim Trinken aus der Flasche ist die Flüssigkeit lange in Kontakt mit den Zähnen, v. a. den Frontzähnen. Wenn sich dadurch Karies bildet, spricht man auch vom sog. „Nursing bottle syndrom“ (hier sprechen die Google Bilder mehr als tausend Worte). Man sollte also, wenn möglich, gar nicht oder eben so wenig wie möglich Säfte oder z. B. gesüßte Tees in der Flasche geben und eher auf ungesüßte Tees oder Wasser zurückgreifen. Nach süßen Lebensmitteln sollten die Zähne in jedem Fall vor dem Schlafengehen geputzt werden. Dabei sollte vor dem Putzen immer eine halbe Stunde gewartet werden.

Wie lange darf „geschnullert“ werden?

Man sagt, dass die Abgewöhnung grob zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr erfolgen sollte. Durch zu langes Schnullern (und auch Daumenlutschen) kann sich, wie schon oben im Text steht, ein offener Biss bilden. D. h. zwischen den Oberkiefer- und Unterkieferfrontzähnen klafft eine Lücke. Wenn diese zu lange besteht, kann sich diese Fehlstellung manifestieren und es können Sprachstörungen (z. B. Lispeln), aber auch ein falsches Schluckmuster entstehen. Die Natur hat es aber glücklicherweise so eingerichtet, dass sich das Ganze von selbst regelt, wenn man innerhalb der ersten Lebensjahre doch noch die Kurve kriegt – der Biss „verwächst“ sich automatisch und die Lücke ist nach einigen Monaten wieder geschlossen.

Wann sollte man zum ersten Mal mit dem Flöhchen zum Zahnarzt gehen?

So früh wie möglich! Einfach mitnehmen. Auch wenn nur die Geschwister (oder die Mama ;-) ) untersucht werden. So können Geräusche, Gerüche und die komisch aussehenden Gestalten in der Praxis schon mal kennengelernt werden. Man kann von Anfang an immer mal versuchen, in den Mund zu schauen. Von selbst klappt es dann irgendwann sehr gut. Spätestens wenn alle Milchzähne da sind, sollte einmal „richtig“ geguckt und der Biss kontrolliert werden.

Und wie schaut’s aktuell bei uns am Waschbecken aus?

Entspannt, würde ich sagen. Die Mausemaus putzt sich mit ihren 5 Jahren gerne selbst die Zähne, lässt mich aber auch freiwillig nachputzen. Nur wenn sie krank ist, mag sie nicht, was ich verstehe und deshalb dann durchgehen lasse. Der offene Biss hat sich – genau wie unsere Zahnärztin voraus sagte – von ganz alleine zurückgebildet und auch sonst ist mit der „großen Klappe“ des Töchterchens alles im Lack. TROTZ dünner Apfelschorle hin und wieder. Und der kleine Floh? Der macht im Grunde einfach alles nach, was die große Schwester macht. D.h. er putzt sich mit Vorliebe selbst die Zähne, gesteht mir aber durchaus auch zu, nachzureinigen. Aktuell zieht er beim Öffnen des Mundes zwar die Unterlippe so über die unteren Zähnchen, dass ich kaum eine Chance habe, sie richtig zu schrubben, aber ich mach mich deshalb nicht bekloppt. Ich kann es mit nichts ändern, ohne ihm Weh oder Zwang anzutun. Das möchte ich nicht. Abgesehen davon wird es sich garantiert bald von ganz alleine ändern, das durfte ich schließlich bereits mit der Großen lernen. Und bis dahin … tue ich einfach mein Bestes. Aber das machen wir Mamis ja eh immer. ;)

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4 Kommentare für “Milchzähne pflegen – das tägliche Familien-Drama

  1. Was für ein toller Artikel, danke.

    Ich musste bei der Kleinen schon mit knapp 4 Monaten loslegen, mit Gewöhnung und mittlerweile mit 17 Monaten putzen wir fast immer 2x täglich. Außer sie ist sehr müde oder schlecht drauf. Und sollte es mit unserem Zahnarzt (der sehr spielerisch mit ihr umgeht) wider Erwarten nicht klappen, hab ich jetzt noch jemand anderes in Köln auf dem Schirm ?

  2. Danke für den tollen Beitrag!!!
    Bei uns gabs auch oft Drama. Entgegen aller gültigen Medien-Regeln haben wir beim Kind 1 eien Weile dann Handy-Videos von uns selber laufen lassen. Ablenkung gelungen. Kind 2 brauchte das gar nicht bzw nur ganz wenig, da Kind 1 ja alles vorturnte.
    Mit Ärzten ist auch immer schwierig, aber wir haben ein Bonusprogramm bei unserer KK. Wenn die Kids fleißig Stempel sammeln, gibt es am Ende des Jahres 30€ (für die wir dann Wunschspielzeug kaufen) oder ein Spielzeug aus dem Bonuskatalog. Klappt.

  3. Hallo, ich hatte früher die schlimmsten Milchzähne. Alles war krumm. Ich hatte viele Löcher und musste oft zum Zahnarzt. Aber die Zähne haben sich alle durch sehr gute und gerade Zähne ersetzt. Ich bin so froh, denn nun habe ich pflegeleichte Zähne. Danke für den tollen Blog Beitrag!