Rabenmutter 2.0

Die doofen Bekannten … mit dem Finger in der Wunde.

Ich glaube, jeder hat in seinem Leben ein paar dieser Leute, die immer mal wieder auftauchen und dann direkt nach dem „Hallo“ den Finger heben und ihn zielsicher in irgendeine Wunde sausen lassen. Man bezeichnet sie selten als richtige Freunde, sondern meist nur als Bekannte, weil sie zwar Bestandteil des Umfeldes, aber eben nur hin und wieder richtig präsent sind. Zudem macht es nicht so wirklich Spaß, Zeit mit ihnen zu verbringen … man stolpert halt manchmal in eine gemeinsame Situation hinein und kommt nicht schnell genug wieder weg, um das eher unangenehmen Gespräch über all die kleinen und großen Schwächen des eigenen Alltages zu verhindern. So ist es mir auch mal wieder ergangen. ;)

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Wir trafen uns – wie es sich gehört – an der Wurst-Theke, nachdem wir uns locker 1 Jahr nicht mehr gesehen hatten. Kommt halt vor, wenn man Kinder hat. Sogar, wenn man eigentlich gar nicht weit auseinander wohnt. „Boah, toll dich mal wiederzusehen“, rief sie direkt, „Hast du Zeit für einen Kaffee?“ Klar, hatte ich. Also setzten wir uns ins nächste Café und bestellten eine Kleinigkeit. „Irre, wie groß der Krümel geworden ist“, sagte sie und bevor ich etwas dazu erwidern konnte, schob sie hinterher: „Und du stillst ihn noch? Dieses Riesen-Kind? Warum denn bloß?“ Öhm, das ist direkt, dache ich und gaaaanz langsam fiel mir wieder ein, warum wir uns so lange nicht gesehen hatten. Ich bemühte mich, mich NICHT für etwas zu rechtfertigen, dass MICH ja nicht oder zumindest nicht dolle stört, und erklärte daher knapp, dass ich bisher einfach keinen Bock auf die Auseinandersetzung mit dem sehr Still-begeisterten Söhnchen gehabt hätte, es aber demnächst endlich mal ernsthaft angehen wollte. „Das ist echt krass! Und dann schläft er ja auch noch so schlecht. Du musst doch VÖLLIG FERTIG SEIN!“ erklärte sie und sah mich dabei mitleidig an. Ich versuche das Gespräch ein bisschen auf die positiven Eigenschaften meines Nachwuchses zu lenken, doch die fesselten sie nicht. Stattdessen servierte sie mir mit einem Blick, der meines Erachtens besser zum Aufschlagen eines Klatschmagazins passen würde, zu meinem gerade am Tisch eingetroffenen Cappuccino folgende Fragen: „Und wie geht’s euch so als Paar? Arbeitet dein Mann immer noch so viel? Und lässt dich soviel allein mit den Kindern oder unterstützt er dich mittlerweile etwas mehr? Das war ja kein Zustand!“ Sie fragte nicht: „Seid ihr immer noch glücklich?“ oder „Lacht ihr immer noch so viel zusammen?“ Das interessierte sie gar nicht. Sie wollte über die nicht ganz so sonnigen Seiten meiner Beziehung INFORMIERT werden, um sie höchstwahrscheinlich gleich im Anschluss an diese reizende Begegnung mit so vielen anderen „Bekannten“ wie möglich zu teilen.

Meine Motivation, den heißen Kaffee schnellstmöglich hinunterzuschütten, wuchs und ich beobachtete erfreut, wie der Langeweile-Status meines schlechtschlafenden und immer noch stillenden Söhnchens schnell ins nervige driftete. Manchmal ist es eben doch von Vorteil, wenn man aufgrund eines Kleinkindes am Rockzipfel NICHT länger quatschen kann, sondern sich verhältnismäßig zügig aus der ursprünglich nett angedachten Situation verabschieden muss. Dennoch reichte es noch dafür, dass sie mir ein paar Antworten aus der Nase ziehen konnte, wobei ich mich sehr neutral verhielt und ihr so wenig „Futter“ wie möglich gab.

IM GRUNDE verließ ich das Café mit erhobenem Haupt. Ich hatte mich nicht richtig in dieses unschöne Gespräch reinziehen lassen, immer höflich, aber eben nur kurz und knapp geantwortet und keinen meiner Lieben in dem doofen Licht, dass sie über ihnen hatte anknipsen wollen, stehen lassen – sondern es stattdessen mit ein paar positiven Anekdoten aufgehellt. Zu mehr hatte ich weder Lust, noch sah ich die Veranlassung. Denn IM GRUNDE war mir ja klar, dass diese Frau auf der Jagd gewesen war – nach einem Opfer, dem sie gepflegt den Tag versauen konnte, indem sie Interesse vorgaukelte, es aber auf negative Aspekte beschränkte. Über sich selbst, wollte sie übrigens gar nicht reden. Manche Menschen sind echt komisch. ;)

Ich hatte die Sache also eigentlich ziemlich gut über die Bühne gebracht und wusste, dass ich den Schuh als „Mama, die es schwer hat“, den sie mir unbedingt hatte anziehen wollen, nicht mal in Erwägung zog. DENNOCH blieb ein bitterer Beigeschmack, den ich nicht sofort los wurde. Schließlich hatte sie ihren spitzen, fiesen Finger wirklich schnell in alle kleinen Wunden meines Lebens gelegt. Klar, natürlich BIN ich echt müde und langsam absolut bereit dafür, dass der kleine Floh endlich mal besser schläft. Und mittlerweile kann ich mir auch vorstellen, die Stillerei an den Nagel zu hängen – allerdings ist der Mangel an Konsequenz meinerseits aktuell leider noch ziemlich deutlich und erfüllt mich nicht gerade mit pädagogischem Stolz. Sie hatte sogar recht damit, dass ich es (gerade abends) blöd finde, meinen Mann NICHT an meiner Seite zu haben oder intensiver im Haushalt einplanen zu können. Stimmt alles. Aber das sind MEINE bzw. UNSERE Manko’s und solange WIR damit leben können, weil das positive überwiegt, sind sie nichts weiter als ein kleiner Teil unseres ansonsten wunderbaren Lebens, von dem diese ganz speziellen Leutchen aber nichts hören wollen. NICHT MEIN PROBLEM! beschloss ich nach kurzer Zeit und verbat mir, weiter über das Gespräch nachzudenken. Denn Fakt ist: NIEMAND führt eine perfekte Beziehung, in der alles stimmt, niemand zurückstecken muss und beiden Parteien 24 Stunden am Tag die Sonne aus dem knackigen Arsch scheint. Und NIEMAND hat perfekte Kinder zu Hause, die wirklich ALLES sofort wie aus dem Lehrbuch können und machen, und ihre Eltern niemals dazu bringen, an einen Umzug in eine andere Stadt zu denken … ohne die Kinder. ;) Das Leben ist vielfältig, wir Menschen sind vielfältig, unsere Bedürfnisse sind vielfältig und so sind auch unsere Beziehungen – zu groß und klein – vielfältig. NA GOTT SEI DANK! Wie langweilig wäre es, wenn es nicht so wäre?!

Ich entschied, mich nicht mehr mit dieser „Bekannten“ zu treffen. Nicht einmal kurz. Denn was für uns alle – unabhängig von unserer Vielfältigkeit und unseren unterschiedlichen Lebensentwürfen – gleichermaßen gilt, ist doch folgendes: Unsere Zeit ist zu kostbar, um sie an Leute zu verschwenden, die nicht gut für uns sind, die nur mit uns sprechen, um anschließend hinter unserem Rücken zu lästern oder sich in die Hände zu klatschen, weil wir in IHREN Augen irgendetwas saublödes machen, aushalten oder dulden. DAS entscheiden nur wir! Genauso wie wir besser entscheiden, unsere Aufmerksamkeit lieber jenen zu schenken, die uns gern haben und fragen: „Na, schaut dein Mann dich immer noch so verliebt an, wenn er abends spät heimkommt?“ oder „Wollt ihr nicht noch ein Kind? Eure sind einfach sooo zauberhaft, da sollte es mehr von geben!“ Über Probleme sprechen kann man ja trotzdem – aber eben auf Augenhöhe und von Herzen. DANN tut es auch gut, „alte“ Bekannte zu treffen. <3

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3 Kommentare für “Die doofen Bekannten … mit dem Finger in der Wunde.