… wie es war, in der Pubertät zu sein.
Tatsächlich habe ich mir schon damals als Kind fest vorgenommen, mir so viel wie möglich aus meiner Kindheit und Jugend zu merken. Zum einen, weil ich es immer doof fand, wenn Erwachsene auf die Frage nach IHRER Kindheit antworteten: „Hm, ich kann mich nicht erinnern.“ Und zum anderen wollte ich auf meine Kinder und ihre Bedürfnisse in besonderen Lebensphasen (wobei ja eigentlich alle besonders sind, oder?) RICHTIG reagieren können. Und mit RICHTIG meinte ich damals … mega empathisch und verständnisvoll. Dafür wären eigene Erinnerungen an Gefühle und Situationen sicher nützlich, ahnte ich. Und heute finde ich, dass ich damit recht hatte.
Wobei … ich natürlich trotzdem auch Sachen vergessen habe. Logisch. Keiner kann sich alles merken und das ist definitiv normal und bestimmt sogar gut so. ABER ich erinnere mich dennoch an erstaunlich viel. An Momente, in denen gerade neue Gefühle aufgrund der Pubertät besonders intensiv waren. An Momente, in denen ich dachte: „Ne, also da hätte Mama jetzt aber anders reagieren müssen! ICH werde anders reagieren, wenn mein Kind mal so fühlt wie ich gerade.“
Einige diese Momente beurteile ich heute anders, weil ich heute verstehe, WARUM meine Mama damals so reagiert hat. Nicht mal rein aus pädagogischer Perspektive, sondern auch, weil ich damals als Kind nicht so recht auf dem Schirm hatte, dass meine Mama ja nun mal genauso wie ich ein Mensch war (und ist) mit Gefühlen, Bedürfnissen, Grenzen und persönlichen Prägungen. MEINEN Kindern sage ich das deshalb heute, weil es zwar voll ok ist, wenn sie das nicht immer auf dem Schirm haben, aber eben auch, sie daran zu erinnern. ;)
Aber es gibt tatsächlich ganz viele Momente, in denen ich mich erinnere. An mich als 11 oder 12 jährige z. B. und die Gefühle, die ich damals fühlte, sozusagen kurz reaktivieren kann, um meine Kinder HEUTE besser zu verstehen oder – fast noch wichtiger – anders zu reagieren als mein erster Impuls vielleicht raten würde.
Nur mal so als Beispiel: Es gab einen Tag, der wirklich anstrengend für meine Tochter und mich war. Es war irgendwie ein emotional aufgeputschter Tag … bei uns beiden … unabhängig voneinander. Und ich sag‘s mal so, wie es ist: Ich hatte die Nervenenden irgendwann blank in der Hand, hätte am liebsten nur noch geheult und gebrüllt, weil meine Kapazitäten einfach schier nicht mehr vorhanden waren und dieses Mädchen immer weiter welche forderte. Ich war sooooo genervt von der Gesamtsituation und ja – auch von ihr. Es gab den Moment, in dem wir uns doll anmotzten, sie davon stürmte, die Kinderzimmertür knallte (was ich wirklich NULL ertrage), ich ihr folgte, die Tür wieder aufmachte und Luft holte, um sie nun doch endlich wirklich anzuschreien. Und dann erinnerte ich mich. Ich sah mich in ihr. Ich fühlte, was sie gerade fühlte. Ich stoppte das Luftholen und fragte: Darf ich dich in den Arm nehmen? Und ich durfte. Umgehend. Weil sie genau DAS gerade so doll brauchte.
Das spannende an der Pubertät bzw. diesen ganzen Emotionen beim größer werden ist ja, dass man es sogar oft merkt … als Kind … wie diese Welle über einen schwappt, WIE man sich gerade verhält und dass es anders definitiv besser wäre. Aber man kanns nicht stoppen. Und das macht alles nochmal schlimmer.
Ganz ehrlich: Ich stehe gerade erst ganz am Anfang dieser Pubertäts-Mama-Nummer. Und ich bin mit meiner eigenen Wechseljahres-Nummer eigentlich schon gut bedient. Und ich werde garantiert super oft ungerecht sein und es NICHT gut hinbekommen. Aber: Ich erinnere mich. Ich erinnere mich an mich selbst. Und ich glaube, dass ist toll. Die 12-jährige Anke wäre bestimmt zufrieden mit mir. <3
Vielen Dank für diese wieder einmal auf den Punkt gebrachten Worte! Ich habe sie direkt meiner Tochter, die momentan genau da jetzt als Mutter steht weitergeleitet. Schade, dass du vor 30 Jahren noch nicht für mich verfügbar warst. ❤️