Hier und Jetzt
Rabenmutter 2.0

Hier und Jetzt vs. Zukunftsmusik

Vielleicht liegt es daran, dass die Tochter im Moment so große Entwicklungssprünge hinlegt, dass ich kaum mehr hinterher komme. Oder daran, dass das Söhnchen nun auch noch die letzten Reste des Babyhaften abschüttelt und langsam richtig groß wird. Möglicherweise spüre ich deshalb in letzter Zeit diese leichte Wehmut, die wohl alle Eltern zwischendurch empfinden, wenn sie sehen, wie ihre Kinder nach und nach ihrem Arm entwachsen und ihren eigenen Weg gehen, etwas intensiver als sonst. Das klingt jetzt natürlich schlimm pathetisch und sehr weit vorgegriffen; meine Kinder sind schließlich trotz allem noch klein und weit entfernt davon, OHNE die Mama durchs Leben zu gehen. Aber Fakt ist: Meine Gedanken schweifen immer öfter ab … weit in die Zukunft meines Nachwuchses hinein und stören mich regelrecht dabei, das Hier und Jetzt mit ihnen zu genießen, weil ich mir so Sorgen um ihr Wohlergehen und Glück in 10 oder 15 Jahren mache.

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Einfach so fängt es an

Manchmal sehe ich eine Gruppe junger Leute die Straße entlang gehen. Sie lachen und quatschen, sind laut und albern. Dann frage ich mich, ob meine Tochter in diesem Alter auch so sein wird. Sorglos, lustig, voller Elan und Lust, das Leben zu packen und sich darin durchzusetzen. Und ob sie als Jugendliche noch genauso einfach auf Menschen zugehen können wird wie heute? Oder wichtiger: Wird sie wohl stark genug sein, um auch Zurückweisungen zu ertragen oder wird sie auf dem Weg zum Teenie gebrochen werden von irgendjemandem, der sie so, wie sie ist, nicht mag – der meint, ein so „freches“ Mädchen passe nicht in unsere Gesellschaft. Und falls dem so sein sollte, würde ich als ihre Mutter rechtzeitig an ihrer Seite stehen, um sie zu beschützen und ihr die Kraft zu geben, IMMER sie selbst zu bleiben, auch dann noch, wenn andere sie bremsen und verändern wollen? Oder würde ich irgendwann einmal meinen Einsatz verpassen, zu abgelenkt von eigenen Themen, deshalb in einem entscheidenden Moment nicht bei ihr sein und damit eine Weiche stellen, die ihr Leben in eine für sie nicht mehr perfekte Richtung lenkt? Würde es mir dann wenigstens auffallen, wenn sie an so einem Punkt stehen sollte? Oder kann man einfach nicht alles sehen, sie nicht vor allem beschützen … selbst wenn man das will?

Und manchmal sehe ich einen jungen Mann abseits von einer lärmenden Gruppe sitzen, blass und mit hängenden Schultern. Er wirkt einsam und traurig, obwohl er dem lustige Haufen so wahnsinnig nahe ist. Dann frage ich mich, ob mein Söhnchen eines Tages allein sein wird, weil er vielleicht nicht so gut mit wilden Teenagern kann, ein bisschen anderes ist als all die anderen, sensibler und bedachter. Wäre er dennoch glücklich und zufrieden? Oder würde er ständig mit sich hadern, davon träumen, einfach nur Teil einer solchen Gruppe zu sein, anstatt alleine nur wenige Meter entfernt zu sitzen? Und falls dem so wäre, könnte ich ihm dann helfen, aus sich herauszukommen, über seinen Schatten zu springen, um diesem Wunsch näher zu kommen? Läge es eventuell an mir, dass er da säße … weil ich ihn als Kind nicht mehr dabei unterstützt habe, seiner deutlich dominanteren Schwester etwas entgegenzusetzen? Mehr für sich selbst einzustehen? Seinen Platz NEBEN, nicht HINTER ihr zu finden? Oder lag das nie in meiner Macht als Mutter … sind diese Wege vorgezeichnet durch die ganz eigenen, angeborenen Besonderheiten, die jedes Kind zu einem Individuum machen, zu einem Unikat, dass sein eigenes Ding macht, ganz egal was Mutti sagt, tut oder wünscht?

Die Antwort liegt irgendwo dazwischen

Fakt ist: Alle Eltern wünschen sich nur das Beste für ihre Kinder. Im Hier und Jetzt, und natürlich auch in der Zukunft. Wir wünschen ihnen, dass sie all das erreichen, wovon sie träumen, das sie geliebt werden und – so wahnsinnig wichtig – mit sich selbst glücklich sind. Vom Moment ihrer Geburt an hat das Erreichen dieses Ziels für uns Mütter und Väter die oberste Priorität … und es macht uns verrückt, dass wir es ihnen nicht einfach schenken können. Zu erkennen, dass wir unseren Kindern in vielerlei Hinsicht NUR das Werkzeug an die Hand geben können, damit SIE SELBST ihr Leben so formen, wie es ihnen beliebt, ist schwer zu akzeptieren. Noch mehr sogar, dass es auch Einflüsse gibt, die sich komplett unserer Kontrolle entziehen … wie Krankheiten, Unfälle oder – auch ganz drastisch – der Klimawandel. Das alles kann schon ein bisschen Angst im Herzen aufsteigen lassen und Raum für Zukunfts-Sorgen geben, die dann unangenehm und beharrlich in der Luft schweben und es uns schwer machen, die Zeit zu genießen, die gerade stattfindet. Das ist absolut nicht schön, riecht verdächtig nach Tendenzen zur Helikopterei … und ist dennoch ganz normal. Alle Eltern eilen hin und wieder geistig voraus und sehen schwarz, wo eigentlich noch nicht einmal ein helles grau angelegt ist.

Dabei ist es doch so: ICH weiß gar nicht, ob die jungen Menschen, die ich beobachte, glücklich sind und ob sie wirklich so empfinden, wie ich sie einschätze in dem kurzen Moment unserer Begegnung. Vielleicht ist das taffe Mädchen eigentlich gar nicht so taff oder schlicht genervt von ihren albernen Freunden, spielt aber mit, weil sie denkt, sie muss?! Und vielleicht ist der traurig wirkende Junge gar nicht traurig, sondern total zufrieden mit seinem Alleinsein, weil er eher introvertiert ist und viel Raum für seine Gedanken braucht. Vielleicht ist es vielmehr so, dass ich von solchen, oberflächlich beurteilten Situationen nur getriggert werde, und von mir auf meine Kinder schließe … weil ICH früher schüchtern und unsicher war, es aber nicht genoss, sondern den Anschluss vermisste. Vielleicht … nein, BESTIMMT sind meine Kinder anders als ich, haben andere Bedürfnisse und andere Ziele. Und ich sorge mich um etwas, dass SO sowieso niemals stattfinden wird. Und eventuell ließe sich mit nur ein bisschen positivem Schwung meine Sorge um die Zukunft meiner beiden Kinder in schöne Tagträume verwandeln, in denen ich sie mit diesen anderen jungen Menschen lachen oder selbstzufrieden mit einem Buch auf der Wiese liegen sehe. Eben so, wie es ihnen beliebt. <3

Es ist, wie es ist

Eltern machen sich Sorgen. Eltern schließen von sich auf ihre Kinder. Eltern würden am liebsten eine Garantie dafür erhalten, dass ihr Nachwuchs niemals Leid erfährt. Das war schon immer so und das wird immer so sein, weil es Teil der Elternschaft ist; Teil dessen, was unser größtes persönliches Glück, aber eben auch leider unsere Achillesferse ist.

Und das ist ok, solange wir uns immer vor Augen halten, dass unsere Kinder auch das brauchen: ALLEIN Fehler zu machen und falsche Entscheidungen zu treffen. Denn damit umzugehen und sich aus Enttäuschungen weiterzuentwickeln, will genauso gelernt werden, wie Glück zu haben oder dank vollem Einsatz etwas zu erreichen. Unser Job ist es, dabei in ihrer Nähe zu sein – egal wie alt sie gerade sind – jederzeit dazu bereit, die Hand nach ihnen auszustrecken und sie in den Arm zu nehmen. Und ihnen dann erneut einen Schubs für einen weiteren Anlauf zu geben. Damit sie IHRE Ziele und IHR Glück in der Zukunft erreichen. Bis auf diese Momente jedoch, sollten wir mehr im Hier und Jetzt mit ihnen leben. Vor allem, solange sie klein sind. Und sie abknutschen so oft es uns möglich ist, solange sie DAS noch nicht eklig finden. ;)

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5 Kommentare für “Hier und Jetzt vs. Zukunftsmusik

  1. Oh, du glaubst gar nicht wie richtig du mit der Anahme liegst, dass das auch immer am Auge des Betrachters liegt. Wärend meine Eltern von Außenstehenden immer gesagt bekommen, wie selbstbewusst, wohlerzogen, unabhängig und taff wir Kinder dich sind, sind es für sie die größten Kritikpunkte. Zu sehr auf eigene Familie/ Karriere fixiert, viel zu weit weg gezogen und geben sogar Wiederworte!
    Sowas!