Früher dachte ich, dass absolute A und O in Sachen Elternschaft ist die Liebe. Und zwar NUR die Liebe. Stimmt natürlich … nie würde ich wagen, daran einen Zweifel aufkommen zu lassen!!! ;) Allerdings durfte ich in den letzten Jahren lernen, dass Mamis und Papis noch ein bisschen mehr als NUR Liebe im Überfluss benötigen, um den Alltag mit Kindern so zu meistern, dass keiner irre wird, mit dem Gedanken an eine Weltreise OHNE die Familie spielt oder schlicht aussieht wie ein „Heckenpenner“. Ich denke da zum Beispiel an Geduld (herrje, davon braucht man echt viel), Konsequenz (da könnte ich persönlich noch ein Schüppchen von drauflegen), Nervenstärke (ja, bitte die Drahtseil-Edition) und die Motivation, auf Schlaf zu scheißen (bekommt man nämlich eh nicht). Auch seeeeehr wichtig sind „Mutti-Pro-Tools“ wie Feuchttücher am laufenden Meter, Plastik-Dosen in allen Größen und Farben sowie hübsch bedruckte Pflästerchen für kleine Aua’s. On top kommt spätestens ab dem Eintritt des Nachwuchses in die Trotzphase noch etwas ganz besonderes, das einem hier und da echt den Arsch retten kann … drinnen wie draußen. Die Rede ist vom „J.a.b.n.a.l.-Gesichtsausdruck“, dem Pokerface der Eltern.
Nie, nie, NIE hätte ich gedacht, dass man als Mama bzw. Papa so dermaßen oft in Situationen gerät, in denen einem mal kurz ganz gepflegt die Gesichtszüge entgleisen. Und zwar völlig. Zum Beispiel, wenn man in einem echt sehr stressigen Moment von einem Fremden einen Spruch gedrückt bekommt, der eigentlich einen richtig fetten Konter verdient, den man aber leider aufgrund von verstärkter Aufmerksamkeits-Beanspruchung durch den Nachwuchs leider gerade nicht liefern kann. Ergo: Man guckt einfach nur extrem doof aus der Wäsche … und ärgert sich dann später, weil man nicht COOL reagiert hat. Genauso ergeht es einem, wenn man mitten in der Nacht von dem Geräusch eines kotzenden Kindes geweckt wird und nach Millisekunden begreift: „Mist, dass kotzende Kind liegt ja in MEINEM Bett!“ Zack, Mimik entgleist … wird aber glücklicherweise von der Dunkelheit ebenso geschluckt, wie die Kotzelache auf der Bettdecke. Zumindest vorerst ;) .
Weitaus positiver zu bewerten, aber nicht weniger schwierig zu handhaben sind jene Aktionen unsere Sprösslinge, die EIGENTLICH ein haltloses Lachen in uns auslösen … es aber nicht dürfen, weil es unser Kind verletzten würde. Zum Beispiel, wenn sie sehr verbissen versuchen, ganz LALEINE die Strumpfhose anzuziehen, sich dabei verheddern und am Ende umfallen wie ein eingefangener Pinguin. Sowas sieht verdammt ulkig aus. IST es aber nicht – zumindest nicht für 2-jährige. ;) Also: Wir Eltern benötigen für sehr viele Alltags-Gegebenheiten einen besonderen „Move“ … und zwar besagten „J.a.b.n.a.l.-Gesichtsausdruck“.
J.a.b.n.a.l. steht für JETZT ABER BLOß NICHTS ANMERKEN LASSEN! Und ja, dass habe ich mir ausgedacht. ;) ABER ich finde, es sollte umgehend im Duden aufgenommen werden! Denn der J.a.b.n.a.l.-Gesichtsausdruck ist meeeega wichtig im Familien-Alltag und kommt wirklich ständig zum Einsatz. Er bedarf allerdings einiger Übung, um ihn in wirklich jeder Situation spontan und überzeugend zum Besten geben zu können. Auch vor Publikum! Ich persönlich schaffe es mittlerweile in 9 von 10 Fällen, der Mann hingegen bisher erst in maximal 4 von 10 Fällen. Das führt leider dazu, dass er sich manchmal abwenden oder gar den Raum verlassen muss, um nicht loszuprusten oder anderweitig das Gesicht zu verlieren, wenn’s grad gar nicht passt oder uns einen Präzedenzfall verschaffen würde, an dem wir uns zukünftig pädagogisch gesehen die Zähne ausbeißen. WORST CASE!!! ;)
Hier mal 5 Beispiel-Situationen, in denen das „J.a.b.n.a.l.-Gesicht“ wirklich sehr von Vorteil ist:
1.) Das Kind wünscht sich IM LADEN etwas, dass jetzt definitiv nicht gekauft werden soll, weil es bereits im elterlichen Schrank darauf wartet, dem Nachwuchs den Geburtstag zu versüßen.
Instinkt: Gestresst nach Argumenten suchen, die gegen das tolle Teil sprechen und das Kind um den Verstand quatschen.
Besser: J.a.b.n.a.l.-Gesicht aufsetzten, „Nö!“ sagen und abziehen.
2.) Das trotzende Kleinkind schmeißt sich vor Publikum brüllend auf den Boden und eskaliert derart, dass die Blicke der Passanten bereits vom gefällten Urteil über die ganz offensichtlich völlig unfähige Mutter zeugen.
Instinkt: In Panik geraten, das Kind packen und so leise wie möglich DARUM BITTEN, ENDLICH AUFZUHÖREN!
Besser: J.a.b.n.a.l.-Gesicht aufsetzten und jemandem aus dem “Publikum” darum bitten, dir eine Cola zu bringen, weil das jetzt noch etwas dauern könnte.
3.) Die Kita-Erzieherin winkt Mutti beim Abholen zu sich und flüstert, dass der Nachwuchs so frei war, vor versammelter Kindergarten-Mannschaft eine Familien-INTERNE Geschichte zum Besten zu geben, die alle beteiligten Akteure der Erzählung jetzt nicht gerade glänzend dastehen lässt.
Instinkt: Beschämt Ausreden stottern.
Besser: J.a.b.n.a.l.-Gesicht aufsetzten, abwinken und „Ach ja, die Phantasie der Kinder“ sagen.
4.) Das Kleinkind WIRFT z.B. Zahnbürsten im Drogeriemarkt, was natürlich gar nicht geht! Allerdings wirft es derart fantastisch, dass sich da offensichtlich eine Reichtum-versprechende Basketball-Karriere ankündigt.
Instinkt: Das Kind lachend bejubeln!
Besser: J.a.b.n.a.l.-Gesicht aufsetzten, um nicht 25 Zahnbürsten kaufen zu müssen.
5.) Der Sprössling ärgert sich maßlos über etwas, dass Mama und Papa ein bisschen albern finden, und geht dabei ab wie Golum persönlich.
Instinkt: Kichern, weil’s so übertrieben, süß und witzig ist.
Besser: J.a.b.n.a.l.-Gesicht aufsetzten, rückwärts die Situation verlassen und erst kichern, wenn man definitiv außer Hör- und Sichtweite ist!
Jetzt könnten böse Über-Mutti-Zungen natürlich behaupten, dass man als GUTER Elternteil sein Kind IMMER ernst nimmt und um Gotteswillen NIEMALS das Bedürfnis verspürt, in einer für das Kind wie auch immer gearteten emotionalen Situation, zu LACHEN oder sonst irgendwie FALSCH zu reagieren. Allerdings … sind wir auch nur Menschen. Und obwohl wir unsere Kleinen mehr lieben als unser eigenes Leben, all ihre Gefühle stets respektieren und sie definitiv zu keinem Zeitpunkt als „doof“ oder „unsinnig“ betiteln würden, ist es doch einfach so: Manchmal sind die feurigen Wutausbrüche unserer Kinder ein ganz kleines bisschen lustig mit anzusehen … und lösen in uns unwillkürlich ein Schmunzeln (oder auch einen krachenden Lacher) aus. Und das ist GUT SO!!! Denn wenn wir es nicht schaffen würde, die gefühlt dröftausend kleinen Vulkanausbrüche pro Tag zumindest hin und wieder mit Humor zu nehmen, würden wir wahrscheinlich irgendwann selber platzen oder schlicht bekloppt werden.
Wichtig ist halt nur, dass wir erkennen, wann ein Lachen unsererseits dem Moment die Schärfe nimmt und beim Flöhchen so positiv ankommt, wie die Umarmungen, die wir ihm gleichzeitig schenken, um es zu beruhigen. Oder ob wir Öl ins Feuer gießen würden und ihnen womöglich das Gefühl gäben, dass wir sie „auslachen“. DANN ist es besser, sich kurz den „J.a.b.n.a.l.-Gesichtsausdruck“ überzuwerfen und erst später heimlich ein bisschen zu kichern.:D
Das Beste am „J.a.b.n.a.l.-Gesichtsausdruck“ ist ja, man kann ihn auch anderweitig gebrauchen … außerhalb des Lebens mit Kindern. Ich persönlich setze ihn zum Beispiel sehr gerne ein, wenn mein Mann mir mal wieder einen seiner unterirdisch miesen Witze erzählt. SEIN Gesichtsausdruck, wenn meine Mimik einfriert ist dann nämlich WIRKLICH zum Schlapplachen. ;)
Das mit dem Lachen muss ich auch noch üben. Ich bin entsetzlich. Mein Tollpatsch-Kind fällt und anstatt zu helfen, liege ich lachend am Boden…
Ich glaube, NICHt lachen ist auch echt die schwerste Disziplin :D