Rabenmutter 2.0

Teilen muss sein. Oder?

Schorsch und Linus – die Kleinkinder aus der Zeichentrick-Serie Pepa Wutz – teilen nicht gern. „Es macht aber doppelt so viel Spaß, wenn man teilt“, sagt Mama Wutz und nimmt dem kleinen Schweinchen Schorsch seinen Dino ab, den er IMMER bei sich trägt, um ihn Linus zu geben. Natürlich weint Schorsch herzzerreißend, denn bei dem Dino handelt es sich um sein absolutes Lieblingsspielzeug. Eine Situation, wie wir Eltern sie jeden Tag auf dem Spielplatz oder auch direkt im heimischen Wohnzimmer in Besuchsrunden erleben. Und ganz sicher ein Satz, den wohl jede Mama schon einmal gesagt hat. Ich auch. Leider. Denn ganz ehrlich: Ich glaube, dass ist eigentlich falsch und gemein unseren Kids gegenüber.

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Damit möchte ich um Gotteswillen nicht sagen, dass es grundsätzlich einen doofe Idee ist, dem Nachwuchs beizubringen, nicht (zu) besitzergreifend zu sein. Im Gegenteil. Kinder sollten teilen lernen. Definitiv. Und auch, dass gemeinsames Spielen toll ist. Die Frage ist nur: Wie glaubwürdig sind diese Ideen, wenn wir Erwachsenen versuchen, unseren kleinen Flöhen diese „Erkenntnis“ aufzuzwingen … zumeist in einem Alter, in dem sie gerade erst erfahren, was „meins“ bedeutet.

ICH mag nicht alles teilen.

MEIN Lieblingsspielzeug ist – oh große Überraschung ;) – mein Handy. Würde mir jemand mein Handy einfach aus der Hand reißen, es jemand anderem geben und sagen: „Du musst teilen, dann macht es mehr Spaß“, würde ich demjenigen im besten Fall was husten … im schlechtesten sehr unhöflich mit Fäkal-Wörtern um mich schmeißen und mir mein EIGENTUM umgehend zurückholen. Es gibt eben Dinge, die ich einfach nicht teilen WILL (Meinen Mann würde ich übrigens auch nicht mit anderen Frauen teilen wollen, aber da Menschen ja keine Dinge und kein Besitz sind, taugen sie hier nicht als Beispiel, finde ich ;) ). Natürlich kann man jetzt argumentieren, dass ICH erwachsen bin, teilen bereits gelernt habe und längst in der Lage bin, zu entscheiden, was ich wann mit wem teilen möchte und was eben nicht. Kindern wird diese Fähigkeit der richtigen Beurteilung allerdings von vorneherein abgesprochen bzw. sie haben offenbar einfach nicht das Recht, etwas nur für sich haben zu wollen. Sie bekommen stattdessen diese abgedroschen Floskeln von uns serviert und müssen selbst ihre absoluten Lieblinge, an denen ihr komplettes Kinderherz hängt, zumindest kurz abgeben, sobald es einem anderen Kind danach verlangt … um wenigstens guten Willen und natürlich gute Erziehung zu beweisen. Sonst haben Eltern und Kind in der Präsentation ihrer Sozialkompetenz versagt.
Und selbst wenn sich mal eine Mama gegen dieses Prinzip auflehnt, ihrem Zwerg also erlaubt, allein zu entscheiden, ob er sein Spielzeug gerade abgegeben möchte, wird sie oftmals vom erwachsenen Begleiter des anderen Kindes übergangen mit Sätzen wie: „Na, es wird ihm/ihr schon kein Zacken aus der Krone brechen, wenn er/sie seinen geliebten Teddy mal eben meinem kleinen Horst ausleiht. Er gibt ihn ja zurück!“ Bäh, da rollen sich mir echt die Zehennägel hoch … und das aus mehr als einem Grund.
Ganz, ganz ehrlich: Teilen lernen ist wichtig. Aber muss es sich immer auf alles beziehen? Und auch noch zu jeder Zeit … nur um anderen zu zeigen, wie fein der Sprössling abgeben kann?

Zweit- und Folgegeborenen zum Beispiel lernen ja sowieso sofort wirklich alles – vom Essen über Klamotten und Spielsachen bis hin zu den Eltern – zu teilen, ganz ohne unser Zutun. Das Krümelchen hat sich die ersten anderthalb Jahre seines Lebens nicht mal gewehrt, wenn seine große Schwester ihm irgendetwas aus der Hand nahm … er dachte wahrscheinlich, dass ist normal so und hat sich einfach was anderes ausgesucht. Tatsächlich musste ich ihm erst einmal erklären, dass er auch mal etwas behalten darf, sogar dann, wenn jemand anderes es ebenfalls gern hätte. Mit spätestens zwei saß diese Info allerdings instinktiv bombenfest (wie bei den meisten Kids in dem Alter, unabhängig ob Einzel- oder Geschwisterkind) und seit dem geht’s hier durchaus mal hoch her, wenn wir – Gott bewahre – von einem Spielzeug nur EINE Ausführung besitzen. Aber gut, dann ist das eben so. Teilen gehört in Geschwisterbeziehungen eben genauso dazu wie streiten.

Trick 17?!

Allerdings gibt es bei uns eine Regel: Hängt das Herz richtig dran, muss nicht geteilt werden. Mit niemandem. Also Stofftiere, Puppen, Autos oder Schaufeln (kommt vor ;) ), die mit im Bett landen, weil die Liebe gerade SO groß ist, dürfen verteidigt werden. Gegen Bruder oder Schwester genauso wie gegen versuchte Zugriffe anderer Kinder. Ich persönlich finde das nur fair und stehe meinen Nachwuchs da durchaus auch verbal bei, falls eine andere Mutter meint, es besser zu wissen und mich unaufgefordert in der Erziehung MEINER Kinder unterstützen zu müssen ;). Ich gehe sogar so weit, dass ich meine beiden Racker – bevor Besuch kommt – frage, ob sie irgendetwas wirklich gar NICHT teilen möchten und erlaube ihnen dann, dieses Spielzeug bei uns im Bett zu verstecken. Begonnen habe ich damit, als die Tochter etwas älter als 2,5 Jahre und in ihrer bis dahin ausgeprägtesten „Das ist meins“-Phase war. Jeder Besuch von Freunden endete in Tränen und Gebrüll, kostete mich mehr Nerven, als ich – zumindest gefühlt – zur Verfügung hatte und war einfach so weit weg von Spaß, dass ich meine Birne auf die Suche nach einer Lösung schickte.

Natürlich war mir klar, dass jedes Kind irgendwann in dieser Phase sein Unwesen treibt, dass ich mich dafür null schämen muss und dass es immer Flöhchen gibt, in denen noch mehr Golum als in meinem steckt, sobald es um das eigene Spielzeug im eigenen Revier geht. Dennoch wünschte ich mir SEHR, die Nummer irgendwie etwas zu entzerren, um nicht gänzlich die Freude an Zusammentreffen mit anderen Familien in unseren vier Wänden zu verlieren. Also kam mir die Idee, die Mausemaus vorab etwas verstecken zu lassen. Meist wusste sie sofort, welches Stofftier oder Spielzeug sie lieber nicht in den Händen eines anderen Kindes sehen wollte, manchmal half ich ein bisschen, indem ich aufzählte, was abends gerade am dringendsten mit ins Bett musste. Dann trug sie ihre Herzenswahl stolz in unser Schlafzimmer, stopfte sie grinsend unter die Bettdecke und erklärte zufrieden, dass sie alles andere jetzt aber mit ihrer Freundin teilen würde. Freiwillig!

Nicht perfekt, aber besser als nix.

Logischerweise gab es dennoch hin und wieder Stress (ich will hier ja nicht lügen ;) ), aber tatsächlich seltener als vorher. UND falls es so weit kam, dass sich die Mausemaus auf ein Auto warf, um es als ihren alleinigen Besitz zu markieren oder kreischend an einem Teddy zerrte, den sich ein kleiner Besucher geborgt hatte, konnte ich nun jederzeit elegant ein Ass aus dem Ärmel schütteln: Ich flüsterte ihr ins Ohr, dass wir das Wichtigste doch heimlich versteckt hätten und dass niemand außer uns davon wüsste. DAS half fast immer. Und so blieben wir dabei und handhaben es noch heute so – wobei ich dem Krümelchen oft ein bisschen bei der Entscheidung helfe, was aber weder dem Spaß am Verstecken, noch dem Ergebnis schadet.

Ob dieser Weg unter professionellen und/oder heutzutage angesagten pädagogischen Grundsätzen betrachtet brauchbar ist, weiß ich nicht. Aber er erspart mir eine Menge Stress und … meine Kinder teilen gern und bereitwillig. Sogar ihre Gummibärchen. Und DA würde ich persönlich ja eine Grenze ziehen! ;)

 

PS: Es gibt übrigens auch viele ELTERN, die die Spielsachen ihrer Kinder nicht teilen wollen; die auf dem Spielplatz förmlich auf den Sandsachen ihres Nachwuchses sitzen und mit Argusaugen darauf achten, dass bloß kein Schäufelchen von jemand anderem benutzt wird, als vom eigenen Fleisch und Blut. DENEN sagt dann allerdings niemand: „Jetzt stell dich mal nicht so an – teilen macht Spaß.“ Denn DAS wäre ja unverschämt! Komisch, oder?! ;)

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6 Kommentare für “Teilen muss sein. Oder?

  1. Ich finde deine Idee sehr gut. Obwohl das garnicht so hier zu Hause ein Problem ist oder war. Hier wissen sie offenbar, dass es am Ende doch ihres ist und hier bleibt.
    Aber sehr oft streiten sich meine zwei Jungs (10 und 4) um etwas, was ewig herumlag und nun müssen es beide im gleichen Augenblick haben. Das geht aber irgendwie zuerst Richtung “Groß gegen Klein”. Und ich frag mich immer, muss ich eingreifen. Wenn es zu arg wird, nehme ich es auch heraus. So nach dem Motto “Wenn zwei sich streiten, freut sich…. usw
    Aber solche Eltern im Sandkasten, die das Sandelzeugs bewachen, hab ich auch schon oft erlebt. Das färbt leider auch aufs Kind ab und die schieben dann eher so ne Solosandsession ?

  2. So ziemlich ähnlich handhaben wir das auch. Lieblingsspielzeug muss nicht geteilt werden, wer etwas zuerst hatte , muss es nicht hergeben. Wobei das manchmal schwierig ist, wenn es dem anderen Geschwisterteil gehört und man dann irgendwie kein richtiges Argument hat für die Diskussion. Aber die Zeiten, wo freiwillig geteilt und zusammen gespielt wird machen dann Hoffnung ?

    1. Ja, das finde ich auch schwierig, wenns dem anderen gehört, es aber eigentlich gerade gar nicht angesagt ist, sondern nur … weil eben gerade der Bruder oder die Schwester hat. :D

  3. Da bin ich absolut bei dir. Unsere Kinder dürfen entscheiden, ob sie teilen wollen. Es wird nichts einfach weggerupft, sondern vorher gefragt. Wenn der Besitzer Nein sagt – versuch’s später nochmal. Wenn sie fremdes, offenbar herrenloses Spielzeug auf dem Spielplatz einkreisen, kommt ein zarter Hinweis, dass auch dieses jemandem gehört und dieser jemand gefragt wird.
    Wenn es absolut nur Zoff wegen einem Spielzeug gibt, nehm ich es aus dem Rennen. Dann können sich alle Gemüter wieder beruhigen und es taucht dann irgendwann mal wieder auf^^