Beißen und treten
Rabenmutter 2.0

Hauen, beißen, treten – wie ätzend kann’s sein?!

Wenn man mal so richtig Bock darauf hat, von PERFEKTEN Müttern den Satz: „Also DAS hat mein Kind noch NIE gemacht?“ zu hören, dann muss man nur erzählen, dass der eigene, sonst natürlich immer zuckersüße Nachwuchs neuerdings die körperlichen Ausdrucksformen hauen, beißen, kneifen und/oder treten für sich entdeckt hat. Und Zack: Die Empörung dieser Mütter ist einem sicher – inklusive des sehr kleidsamen Stempels „Versager-Mum“. Denn: Ein Kind, dass sich seiner Umwelt so aggressiv zeigt, hat ganz klar irgendwelche Defizite, die GARANTIERT von der pädagogisch völlig unfähigen Mutter verursacht wurden. Richtig? Neeee, natürlich völliger Quatsch! Aber dennoch sind einige Eltern davon überzeugt.

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Es gibt echt witzigere Phasen als beißen

Aktuell beglückt mich das Söhnchen mit dieser tatsächlich ultra-nervigen, aber trotzdem normalen Phase des fröhlichen „Grenzen-Austestens“. In seinem Fall äußert sie sich so, dass er mir hin und wieder – wahrscheinlich, damit die überraschende Wirkung nicht verloren geht – wie aus dem Nichts gegen das Schienbein tritt. Oder er zwickt mich im Vorübergehen feste in den Arm. ODER er beißt mir urplötzlich in den Hintern. Um den Spaßfaktor dieser Nummer noch zu erhöhen, wählt er für derlei Scherze am liebsten Momente mit Publikum, denn DANN ist es natürlich besonders spannend wie die Mama wohl reagieren wird. Ich liebe es. Nicht. Aber es macht mich auch nicht fertig oder beschämt mich, denn der Krümel ist ja nicht das einzige Kind, das ich bereits durch diese Phase habe gehen sehen. Die Mausemaus zum Beispiel amüsierte mich als Kleinkind einige Wochen damit, dass sie mir während des Einschlafens ziemlich verlässlich mit der flachen Hand eine zimmerte. Das allein hätte mich schon auf die Palme gebracht, aber sie schmückte diese allabendliche „Geste“ meist auch noch mit einem echt frechen Grinsen, was für mich das Fass nach kurzer Zeit zum Überlaufen brachte. Ich schimpfte nicht nur mit ihr, sondern verließ auch einige Male das Zimmer, weil ich spontan vor der Tür bis 10 zählen musste. Ich erinnere mich gut daran, wie enorm mich das damals belastete und wie sehr ich darüber grübelte, was ich als Mutter möglicherweise falsch gemacht hätte. Erst recht, als sie damit begann, diese neue „Taktik“ auch bei anderen Kindern auszuprobieren. Vorzugsweise wählte sie dazu richtig große Jungs von 6 oder 7, wackelte zuckersüß lächelnd mit ihrem Windel-Popo auf sie zu … und zog ihnen dann eins mit der Schüppe über. Das krasseste an diesen Situationen war, dass sie anschließend nicht wegrannte, sondern stehenblieb und sichtbar gespannt auf eine Reaktion wartete. Ich fand es furchtbar. Jedes Mal. Ich schimpfte mit ihr, entschuldigte mich bei dem armen Kind, versuchte den dazugehörigen Eltern zu erklären, dass es sich sicher nur um eine Phase handeln und dass ich schwer hoffen würde, diese bald abhaken zu können. Es war soooo ätzend und gipfelte für mich persönlich in dem Moment, als mein Trotztöchterchen mal aus Wut versuchte, mir ins Gesicht zu beißen. Mein kleines Mädchen!!! Ich war entsetzt. Kurze Zeit später war es vorbei. Komplett. Einfach so.

Schlimmer geht trotzdem immer

Die zweite Tochter einer Freundin von mir zog die Kiste sogar noch härter durch als meine Mausemaus. Kaum hatte dieses BABY, den ersten Zahn, biss sie um sich wie ein junger Hund. Die Mutter wurde echt ständig in die Schulter gebissen, nach mir schnappte die „Süße“ sobald ich mich nur näherte und sogar gestandene, harte Kerle lehnten zeitweise dankend ab, wenn sie gebeten wurde, doch mal kurz das süße Mäuschen zu halten. Ich muss gestehen, dass ich durchaus ab und an darüber lachen musste, weil der Kontrast zwischen dem kleinen Puppen-Gesichtchen und der tatsächlichen „Bissigkeit“ echt krass war, doch die Mutter fand diese Zeit natürlich schlicht kacke. Gefühlt schimpfte sie den ganzen Tag mit ihrer Jüngsten, die ja nun wirklich noch kaum dazu in der Lage war, zu verstehen, was sie eigentlich falsch machte und daher auch ziemlich lange brauchte, um die Beißerei endgültig einzustellen. Kinder von zwei oder drei raffen das natürlich schneller.

Beißen ist kacke, aber es vergeht trotzdem

Dank der bemerkenswert umfassenden Ausbildung in allen Facetten des Trotz-Alters durch die Tochter – und durch meine „wunderbaren“ Beobachtungen anderer Familien – würde ich im Moment behaupten, dass der Krümel auch in dieser Phase z. B. seiner Schwester nicht das Wasser reichen kann. Gemessen an ihr testet er wirklich nur sehr zaghaft aus, wie Menschen wohl reagieren, wenn man ihnen mit Gewalt begegnet. Er beißt nicht richtig zu, tätschelt eher als das er haut und auch seine Tritt könnten etwas mehr Power vertragen, wenn man sie denn ernsthaft als solche wahrnehmen sollte. Ich will mich aber nicht beschweren. Ich habe auch so schon genug blaue Flecken UND ziehe für die kleine Krawall-Nudel natürlich dennoch konsequente Grenzen. Aber ich bin eben auch immer noch dazu in der Lage, die ganze Nummer mit einer kleinen Prise Humor zu versetzen … und so postete ich eine dieser Situationen letztens als Anekdote auf Facebook und Instagram:

„Wir stehen an der Ampel. Das Söhnchen hüpft und lacht, entlockt allen Umstehenden ein Lächeln und ich sonne mich einen Moment in seiner Niedlichkeit.

Und dann dreht er sich zu mir um, grinst und tritt mir mit Schmackes gegen das Schienbein.

Zack, Moment vorbei!“ 

Ich erhielt dazu unzählige, oftmals wirklich sehr lustige Kommentare von anderen Eltern mit kleinen blauen Flecken all over the Body und blanken Nervenenden in der Hand. ;) Nicht, weil mir nur Mütter und Väter auf den Social Media Kanälen folgen, deren Kinder in der Zukunft gemeinsam eine gefürchtete Gang gründen werden, sondern weil diese Phase eben ECHT normal ist und so gut wie jedes Kind erwischt. Das macht die „handgreiflichen“ Zwerge nicht zu bösen Teufelchen und auch nicht zu einer Gefahr für die Gesellschaft. Es sind einfach nur krass nervige Wochen, manchmal Monate, die von uns Müttern und Vätern viel Geduld und für den Nachwuchs klare Grenzen fordern. SO sehen es die meisten … aus langer Erfahrung mit Kids oder auch begründet auf Fachwissen. Aber natürlich gibt es auch immer Ausnahmen; Eltern, die alles anders sehen oder so ein perfektes, tugendhaftes Kleinkind abbekommen haben, was ihnen natürlich absolut gegönnt sei!

„Mein Kind hat so etwas wie beißen oder hauen NIE gemacht!“

Es tut gut, Feedback von anderen Eltern zu bekommen, das einen nicht wie Pädagogik-Horst himself dastehen lässt, sondern darin bestärkt, durchzuhalten und mit liebevoller Konsequenz … und dem ein oder anderen nachvollziehbaren Ausraster vor einer Kinderzimmertür … die Phase auszusitzen. Allerdings bekommt man natürlich nicht nur solches, wenn man mit einem Kind unterwegs ist, das tritt oder haut oder eben beißt. Man hört genauso mal den Satz: „Also, MEIN Kind hat SO etwas NIE gemacht!“ oder auch die Empfehlung: „Da muss man halt mal ordentlich zurücktreten oder –beißen, damit der kleine Flegel kapiert, wie weh das tut!“ Beides löst natürlich sofortiges Unbehagen aus. Aus verschiedenen Gründen.

Die Vergleicherei von Kindern nervt ja sowieso immer. In solchen Situationen jedoch besonders, weil man als Mama ja eh schon an sich zweifelt, wenn der kleine Heinz SCHON WIEDER seinem Kumpel mit Gewalt die Schaufel entrissen, dann auch noch gehauen hat oder ihn beißen wollte. Dann auch noch gesagt zu bekommen, dass Fritzchen sowas aber nie machen würde oder – weil er schon vier Monate älter ist – es nie gemacht hat, hilft dann kein bisschen, sondern ist nichts anderes als ein verbaler Tritt gegen das Schienbein. Passt ja, ne. ;) In derlei Fällen empfehle ich ein sanftes Lächeln aufzusetzen, zu dem wirklich ja sehr wohl-erzogenen Fritzchen zu gratulieren … und sich gleichzeitig sicher zu sein, dass Fritzchen GARANTIERT in einem anderen Bereich richtig fett Dreck am Stecken hat. Denn schließlich wissen wir doch alle: Perfekte Kinder gibt es nicht!

Nein. Einfach nur nein.

Was hingegen jene Menschen angeht, die allen Ernstes der Meinung sind, dass es tatsächlich eine Option ist, ein Kind zu treten, zu beißen oder zu schlagen, um ihm beizubringen, dass man so etwas nicht machen darf, sei gesagt: Nein. Einfach nur nein. Und nochmal nein. Das hat auch nichts damit zu tun, dass die Eltern von heute verweichlicht oder nicht mehr dazu in der Lage sind, klare Grenzen zu ziehen. Es hat schlicht damit zu tun, dass man Kindern – vorzugsweise sogar NIEMANDEM – körperliche Gewalt antut. Und das kein Kind jemals etwas positives daraus gelernt hat, geschlagen worden zu sein. NIE! MALS!

Es ist nur eine Phase und sie wird vergehen, wir begleiten unsere Kinder hindurch, bringen ihnen dabei bei, wie sie mit ihrer Kraft, ihrer Wut und auch ihren Ambitionen, frech sein zu wollen, besser umgehen können … und dann gehen wir weiter zu nächsten Phase. Und die wird uns vermutlich dann ähnlich bekloppt machen. ;)

PS: Wie immer freue ich mich, wenn ihr den Beitrag teilt :-*

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6 Kommentare für “Hauen, beißen, treten – wie ätzend kann’s sein?!

  1. Herrlich, herrlich, ein sehr erfrischender Beitrag, hat mich sehr gefreut ihn zu lesen. Gab’s auch bei mir bzw. gibt es immer noch, sogar im Doppelpack. Meine Tochter hat ziemlich schnell damit aufgehört, aber mein Sohn ist da etwas hartnäckiger. Was aber sehr gut funktioniert und nicht nur zur Grenzabsteckung, sondern auch in Bezug auf Wutausdruck meinerseits, ist sehr standhaft zu sagen, “das möchte ich nicht”. Manchmal sag ich allerdings auch, dass ich das scheisse finde. Ich muss es aber raus lassen und persönlich finde ich es auch besser, denn wie sollen die Kinder sonst wissen, was ich gut finde und was nicht?

  2. Hach ja, die lieben Kleinen…kennen wir, manchmal rastet Kind so aus, dass nur noch ein “Abmarsch nach Hause” geht. Freu mich jedesmal, wenn ich einen Ausraster mal von der Ferrne beobachten darf, dann denke ich an die armen Eltern, gucke meine eigene Brut an, die dann nur verwundert staunt und weiß, es kann mich auch gleich wieder erwischen. Elternleben, niemals langweilig. Niemals!

  3. Danke für diesen Beitrag – wir sind mit dem Sohnemann gerade mitten in dieser Phase. Haare ausreißen gehört bei ihm auch noch mit ins Programm. An Tagen, an denen es mir echt Zuviel wird, tröstet es, dass es absolut normal ist und wir da durch müssen….. und danke an alle verständnisvollen Mamas, die das auch nicht vergessen haben ?

  4. Hallo!
    Kann ich alles sehr gut nachempfinden, meine dreijährige Tochter befindet sich auch in dieser Phase. Ich würde es mir noch etwas konkreter wünschen: wie genau sieht klare Grenzen setzen bei euch aus? Danke!

  5. Aaach, liebe Anke, dankeschön! Ich habe gerade 2 Kinder in dieser Phase – die Große schnappt, wenn sie nicht mehr weiter weiß, der Kleine haut zu, wenn er wütend ist. Und ich steh da und denk – wie konnte das denn passieren?!