Marita Patchwork auf Augenhöhe
Interviews

Eltern-Interview: Wenn Patchwork auf Augenhöhe Familien-Glück bedeutet

Marita habe ich letztes Jahr auf einer Blogger-Veranstaltung kennengelernt und sofort gemocht. Deshalb bat ich ihr auch schon nach wenigen Minuten Gespräch an, doch einfach mal in der Kategorie Eltern-Interviews mitzumachen und ein bisschen von sich und ihrem Familienleben zu erzählen. Nicht, weil es so krass außergewöhnlich ist, sondern weil es das eigentlich NICHT ist … und dennoch immer noch viel zu wenig darüber gesprochen und geschrieben wird. Die Rede ist von Patchwork-Familien. Soooo viele gibt es davon, weil es eben manchmal mehr als den ersten Versuch braucht, die Familie „zusammenzupuzzeln“, die alle Mitglieder auf lange Sicht glücklich und zufrieden werden lässt. Manchmal würfelt das Leben nochmal neu, auch wenn man eigentlich dachte, schon angekommen zu sein. Sind aus dem ursprünglichen Paar bereits Eltern geworden, gilt es nun, mit viel Feingefühl, Liebe und im Endeffekt auch Organisation das komplette Familienkonstrukt neu zu erschaffen, zu entdecken, umzuwandeln, irgendwann mit neuen Partnern „anzureichern“ und dadurch dann eine Patchwork-Familie entstehen zu lassen, die dann aus mehr als nur zwei Elternteilen und leiblichen bzw. Kindern besteht, die Teil der ersten Familien-Gründung waren.

Wie unglaublich viele andere Mütter und Väter auch, ist Marita Teil einer solchen Patchwork-Familie. Sie hat zwei unter ihrem Herzen gewachsene Töchter und ein Bonus-Sohn, der sie als erster zur Mama machte. Mittlerweile ist nicht nur ihre Familie ihr Leben, sondern auch das Thema Patchwork … denn sie ist Coachin für Patchwork-Paare und hat als solche sogar ein Buch veröffentlicht. <3

HIER im Interview schenkt sie uns erstmal ein paar wirklich persönliche und spannende Einblicke in ihr Privatleben – als Mama und Bonus-Mama.

Eltern-Interview: Wenn Patchwork auf Augenhöhe Familien-Glück bedeutet

1. Gibt es etwas an dir/deinen Kindern/deiner Familie, dass die Menschen in deinem Umfeld (oder auch die Gesellschaft) als „anders“ oder „besonders“ bezeichnen würden? Wenn ja, was ist es?

Wenn man sich die Zahlen anguckt, sollte Patchwork eigentlich nichts Besonderes mehr sein.  Aktuell geht man davon aus, dass etwa 7 bis 13 Prozent aller Familien in Deutschland im Patchwork leben. Die tatsächliche Zahl ist vermutlich noch höher. Von all den verschiedenen Konstellationen, die unter dem Begriff “Patchwork” gefasst werden, haben wir eine recht überschaubare: Mein Mann hat einen Sohn mit seiner Ex-Partnerin und wir haben noch zwei gemeinsame Töchter.

Obwohl es also immer mehr Patchworkfamilien gibt, werden wir komisch angesehen, wenn mein Mann, seine Ex und ich gemeinsam mit meinem Bonuskind unterwegs sind. Die weiterführenden Schulen haben wir uns z.B. alle zusammen angesehen, weil er in diesem Zeitraum bei uns gewohnt hat. Das war eine seltsame Konstellation: Ich bin kein Elternteil, trotzdem war ich oft in der Schule vor Ort und habe auch Gespräche mit den Lehrern geführt.

Ich finde diese Position in der Mitte manchmal seltsam. Zum Glück haben wir nie die Diskussion über den gefürchtetsten Satz für Stiefeltern geführt: “Du bist nicht meine Mama!” Das war von Anfang an klar. Trotzdem kenne ich den Jungen, seit er 1,5 Jahre alt ist – und jetzt ist er 14. Dass wir da eine Beziehung zueinander aufgebaut haben, ist doch klar. Er ist für mich nicht irgendein x-beliebiges Kind, sondern mein Bonuskind. Gleichzeitig ist er eben nicht mein leibliches Kind. Dieser Spagat ist immer noch manchmal schwer.

2. Welche Reaktionen erntest du dafür, dass du/ihr in einigen Punkten von der „offiziellen“ Norm abweichst?

Dass “die Ex und die Next” miteinander auskommen, klingt wie die Patchwork-Idealvorstellung. Mittlerweile feiern wir sogar zusammen Weihnachten, das hat aber auch mehrere Jahre gedauert. Andererseits ist das für viele völlig unvorstellbar und wird auch kritisch beäugt.

Für meine eigene Rolle erfahre ich selten Verständnis. Als “Stiefmutter” bekommt man immer noch häufig zu hören: “Du wusstest doch, dass er ein Kind hat.” Natürlich ist es für Trennungskinder und alleinerziehende Eltern oder Paare in Scheidung ebenso schwer. Trennungskinder bringen eigene Probleme mit und sollten besonders begleitet werden. Das funktioniert langfristig aber nur, wenn die eigenen Bedürfnisse als “Papas Neue” genauso beachtet werden.

Das stimmt natürlich, aber was das organisatorisch und auch emotional bedeutet – das kann sich niemand vorstellen, der das nicht selbst erlebt hat. Das ist ja auch nichts Ungewöhnliches, wie das Elternsein wirklich ist, haben auch die wenigsten Mütter vorher gedacht.

Weil es tatsächlich vielen Frauen, die einen Mann mit Kind kennenlernen, so geht, habe ich über meine Erfahrungen gebloggt (auf “Patchwork auf Augenhöhe”)und ein Buch (Patchwork Power!) darüber geschrieben, wie Patchwork funktionieren kann. Ich bekomme oft die Rückmeldung, dass es guttut, sich verstanden zu fühlen.

3. Welchen Einfluss hat das auf dein Leben … als Individuum, aber auch als Frau und Mama?

Als ich damals meinen Mann kennengelernt habe, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass meine Rolle als Stiefmutter mal mein Hauptlebensinhalt wird. Immerhin mache ich das seit einigen Jahren sozusagen hauptberuflich – im wahrsten Sinne des Wortes.

Ohne die Erfahrungen, die ich mit meinem Bonuskind gemacht habe, könnte ich anderen Bonusmamas auch nicht so gut helfen. Ich hab mich selbst nie gut verstanden gefühlt, sei es beim Jugendamt oder Familienberatungsstellen. Die meisten Angebote richten sich nämlich nur an die leiblichen Eltern. Das fachliche Wissen über Kommunikation oder einen Umgang auf Augenhöhe mit allen Familienmitgliedern ist das eine, das Gefühl zu haben, dass jemand nachvollziehen kann, wie es mir geht, ist mindestens genauso wichtig.Ich finde, dass das Thema Patchwork noch viel mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommen darf. Es sollte normal sein, dass Kinder nicht nur zwei Elternteile, sondern auch Bonusmamas und -papas haben.

4. Was für eine Art Mama bist du? Was liebst du besonders an dieser Rolle? Was nicht so? ;)

Ich bin gerne Mama, und ich glaube, eine ziemlich coole. Jedenfalls ist mir ein Umgang auf Augenhöhe total wichtig. Bedürfnisse zu finden und gemeinsam zu überlegen: Was können wir tun, damit wir alle auf unsere Kosten kommen? Wie kriegen wir es hin, Lösungen zu finden, die für alle passen?

Als ich schwanger war, hab ich tatsächlich gedacht: “Juhu, nie wieder Langeweile!” Mittlerweile sind meine Kinder schon so groß, dass ich wirklich die Spiele mit ihnen spielen kann, die mir auch Spaß machen und die ich auch bei einem Spieleabend aussuchen würde. Ich mag es, zusammen zu musizieren oder gemeinsam am Online-Malkurs teilzunehmen. Erst durch die Kinder bin ich darauf gekommen, dass mir das Freude macht und habe nach 20 Jahren zum ersten Mal wieder den Klavierdeckel hochgeklappt.

Was ich nicht so mag, ist es, fremdbestimmt zu sein. Das ist in den ersten Jahren, wenn die Kinder klein sind, natürlich am krassesten. Beim Patchwork bleibt es aber immer so, dass man eine Jahresplanung macht. An welchem Wochenende ist das Bonuskind da? Wie können wir den Urlaub legen? Was ist mit kurzfristigen Änderungen? Ich bin froh, dass wir da auch mit seiner Mutter in einen Modus gekommen sind, wo wir darüber sprechen können, was jeder braucht und versuchen, es so hinzukriegen, dass es für alle passt.

5. Was wünschst du dir am meisten für deine Zukunft? Und was für die deiner Kinder?

Als mein Bonuskind vor einigen Jahren zu uns gezogen ist, hatte ich einen Traum: Er heiratet und ich bin auf seiner Hochzeit. Diese Vision hat mir seitdem viel Kraft gegeben, auch in anstrengenden Phasen durchzuhalten. Ich hoffe, dass sie irgendwann wahr wird.

Einer der schönsten Vorteile am Patchwork ist für mich, dass aus Einzelkindern Geschwister werden. Mit meinem eigenen Halbbruder habe ich erst Kontakt, seit ich ein Teenager bin. Seit einigen Jahren besuchen wir uns mehrmals im Jahr, feiern Silvestern miteinander und fahren mit unseren Familien zusammen in den Urlaub. Das liebe ich sehr! Ich würde mir für meine Kinder wünschen, dass ihre Geschwisterbeziehung auch ein Leben lang bestehen bleibt.

Liebe Marita, ich bedanke mich von Herzen für dieses interessante Interview und wünsche dir und deinen Lieben nur das Allerbeste für die Zukunft! :-*

 

PS: Wie immer freue ich mich, wenn ihr den Beitrag teilt!

Foto-Credit: Tomo Takemura

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