Kinderlos Interview mit Simone
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Kinderlos in der Mutti-Bubble  – ein Interview mit Simone

Wie geht es eigentlich kinderlosen bzw. kinderfrei lebenden Menschen, wenn sie sich in der Mutti-Bubble bewegen? Also unter Menschen mit noch recht kleinen Kindern; Eltern, die gerade bis zum Hals in allen Themen rund um Zwergnase & Co. stecken. Die IHR Leben situationsbedingt fast zu 100% auf Familienalltag ausgerichtet haben, mit all den unterschiedlichen und auf jeden Fall auch sehr individuellen Facetten, die das nun mal mit sich bringt. Wie ERLEBEN uns jene, die anders leben, aber gleichzeitig ein Teil des unsrigen sind? Nur eben ohne eigenen Nachwuchs? Ganz ehrlich, diese Frage habe ICH mir viel zu selten gestellt und wenn ich mich in einer Situation wiederfinde, in der ich mir die Frage stellen SOLLTE, weil ich unterschiedliche Perspektiven bemerke, gehe ich instinktiv in eine Mischung aus Schutz- und Konfrontationshaltung … genauso wie mein Gegenüber. Warum? Weil wir uns viel zu selten austauschen. Weil wir dazu neigen, aus allem einen Rechtfertigungs-Battle zu machen – nicht nur bei dieser Thematik, sondern ganz allgemein.

Daran möchte ich heute etwas ändern. Zusammen mit (m)einer Jugendfreundin. Simone und ich kennen uns also JAHRZEHNTE, sind dank Instagram auch schon lange wieder in Kontakt und wissen daher, dass unsere Lebenswege – gerade in Punkto Kinder – eben unterschiedlich verlaufen sind. Und so kamen wir auf die Idee, dazu mal zusammen etwas zu machen…

Vorab: Ich bin unsicher, ob das Wording „Kinderlos/e“ verletzten wirken kann. Simone und ich hoffen aber, dass es in diesem Interview nicht der Fall ist.

Nachtrag: Dank einiger Kommentare auf Instagram habe ich recht gelernt, dass “kinderfrei lebend” für viele die richtige Formulierung ist und habe sie deshalb in der Einleitung direkt nachgetragen.

Liebe Simone, erst einmal vielen Dank dafür, dass du mich mit der Nase auf dieses Thema gestoßen hast und auch sofort bereit für ein Interview warst. Denn wie ich in unserem Gespräch vorab schon selber bemerkt habe: Wir neigen dazu – wir alle, nicht nur wir Mamis – zu vergessen, dass man durchaus über den eigenen Tellerrand gucken kann und sollte. Auf uns Mütter bezogen kann das bedeuten, dass wir im Alltag mit den Kindern und dann im Zusammenspiel mit kinderlosen Menschen in unserem Umfeld nicht mehr auf dem Schirm haben, wie es ist, eben NICHT in der Mutti-Bubble zu leben. Aus welchen Gründen auch immer! Grundsätzlich ist es ja nachvollziehbar, ABER nicht immer ok und fair, anderen gegenüber. Manchmal verletzten wir damit Gefühle. Manchmal überschreiten wir damit Grenzen. Manchmal zwingen wir anderen dadurch auf, selbst Grenzen zu überschreiten, die nicht überschritten werden wollten.  

Insgesamt geht es uns beiden mit diesem Interview darum, über den Tellerrand zu sehen, uns zu erinnern und ja, auch neue Perspektiven aufzuzeigen. Mega cool, dass du, liebe Simone, dass mit mir machst … stellvertretend vielleicht für viele andere Menschen, die ohne Kinder leben, ob gewollt oder nicht, und sich oftmals unangenehm konfrontiert fühlen.

Hallo Anke, Danke, dass du mir diese Möglichkeit anbietest, mich macht das tatsächlich ein wenig nervös, denn es ist mitunter als Kinderlose recht schwer, seine Gedanken vor Müttern zu äußern. Und auch wenn du und deine Mosia (Mütter ohne Stock im Arsch) Community ja noch einmal anders drauf seid, ihr seid gerade verdammt viele Muttis hier. :D

Und selbst wenn das Muttergegenüber einigermaßen offen ist für das Gespräch, das Ass im Ärmel sind die Kinder in allen Belangen. Kinder gehen immer vor! Dafür muss man Verständnis haben. Punkt.

Sage ich, ich bin müde und habe wenig geschlafen, hat das Muttergegenüber ganz schnell noch weniger geschlafen und hat das Kind zusätzlich an der Backe. Damit bin ich und mein „Ich habe letzte Nacht wenig geschlafen…“ raus. Jetzt schreibe ich „an der Backe“ oh ha! Ich kann wohl keine Kinder leiden?! Aber doch, ab einem gewissen Alter, wenn sie sprechen können. Mein Patenkind, das weiß ich sehr genau, liebt seine Abenteuer mit mir und meinem Partner. Ich mache recht viel Quatsch mit. Ich habe eher irgendwo das Kind-Gen behalten und das Mutti-Gen ist auf der Strecke geblieben. Und da sind wir im Prinzip am Ende der Geschichte. Ich habe keine Ahnung, weil ich keine Kinder habe. Peng, gefühlt „Battle“ verloren.

7 Fragen zum Thema „Kinderlos in der Mutti-Bubble“

  1. Ganz ehrlich: Ich bin gar nicht ganz sicher, ob diese Frage an dieser Stelle sein muss oder angebracht ist, aber du hast im Vorfeld erzählt, dass du sie so oft gestellt bekommst und es so unpassend findest (wo ich dir voll recht gebe!) Daher kannst du das hier entscheiden: Möchtest du diese Frage vielleicht selbst einbringen und direkt auch so beantworten, wie du sie am allerliebsten jedes Mal, wenn sie dir serviert wird, beantworten würdest? :D Und gerne auch direkt, WARUM die Frage so unpassend und indiskret ist!
    „Hast du Kinder?“ – ist eine Frage, die meiner Meinung nach völlig ok ist, wenn man jemanden kennenlernt in unserem Alter. Ich empfinde das ähnlich wie die Frage:
    „Wo wohnst du?“ oder „Was machst du beruflich?“ Das ist einfach erst einmal eine Frage in unserer normalen, sozialen und gängigen Kommunikation.
    Kritisch wird es, wenn die Antwort auf die Frage „nein“ lautet und direkt hinterher geschossen wird: „Warum hast du keine Kinder?“. Man fragt doch auch nicht: „Warum wohnst du da?“  oder „Warum bist du arbeitslos…?“ Seltsamerweise wird in der Regel nicht weiter nach der Arbeitslosigkeit gefragt, weil sich dahinter meist nicht so schöne Geschichten verbergen. Das wird hingenommen (zumindest meistens).
    Die Frage „Warum hast du keine Kinder?“ darf gefühlt gesellschaftlich (noch oft) gestellt werden.
    Am liebsten würde ich (ok zugegeben, das ist jetzt wirklich übertrieben, aber in meinem Kopf auch irgendwie lustig) diese Menschen sehr ernst ansehen, vielleicht ein wenig auf die Tränendrüse drücken und sehr theatralisch sagen:
    „Ich habe versagt…ich habe gesellschaftlich versagt und bin meinem Soll nicht nachgekommen, den Fortbestand der menschlichen Rasse zu sichern. Ich habe versagt und suche mir jetzt sofort an dieser Stelle einen passenden Partner und hole 20 Jahre Gebären nach.“
    Zugegeben, das ist wie gesagt ein wenig übertrieben (aber lustig). Es gibt mitunter allerdings wirklich Menschen, die im Unterton, im Blick oder mit einem Nachsatz auf meine Antwort: „Nein, ich habe keine Kinder“ genau DAS oben genannte unterschwellig mitteilen, dass ich eben dem Erhalt nicht nachkomme. Meist antworte ich lapidar: „Sollte nicht sein“. Selbst da kommt auch ein „Schade“… hinterher und ich denke mir: „Halt doch einfach deinen Mund!“ Muss der Kommentar noch sein?  Eigentlich bin ich auch viel zu nett, dass ich diese Kommentare unkommentiert lasse, denn nett sind diese Bemerkungen keinesfalls. Es wird nur ein unschöner Dialog und das ist es mir einfach nicht wert.
    Meist, und das ist interessant, nehmen sich Mütter das Privileg der „Warum“-Frage heraus. Vielleicht ist das so ein „Schwestern im Geiste Ding“? Dann darf man das wohl?Ich bin mir bewusst, dass ich diese Frage nicht beantworten muss.  Ein halbherziges Beantworten führt lustigerweise zu Spekulationen. Ich habe schon viel versucht, diese Frage so diplomatisch wie möglich zu beantworten. Beantworte ich sie sehr kurz, dann schwebt in der Luft meist dieses Ding: „Sie kannkeine Kinder bekommen“. Das habe ich allerdings mit keiner Silbe irgendwo erwähnt und doch ist dieser Vibe da. Um das Ganze zu toppen, die Frage: „Warum kannst du keine Kinder bekommen?“ ist mir nach der Ursprungsfrage: „Warum ich keine Kinder habe?“ auch schon ungeniert gestellt worden. Die Fragensteller*innen empfinden in der Regel ihre Fragen auch nicht als unpassend. Das passiert auch gern mal in geselliger Runde. Prost!Das ist alles ziemlich intim. Ich habe tatsächlich einmal aus Frust nach dem Gesundheitsstand einer Fragestellerin gefragt. Sie empfand das wenig witzig, läuft jedoch auf einer ähnlichen Ebene ab.Generell beantworte ich diese Frage sehr unterschiedlich, denn es hängt vom Fragensteller*in ab und wie gefragt wurde (der Ton macht die Musik).Für mich ist das ein Drahtseilakt. Irgendwie ist man bei einem: „Nein, ich habe keine Kinder“ in einer Runde mit Muttis plötzlich oft außen vor. Unmissverständlich wird suggeriert oder ausgesprochen, dass ich rund um Kinderthemen nicht mitreden kann. In einer Runde mit Muttis dreht sich halt meistens alles über Sorgen und Belange der Kleinen… Grundsätzlich ist das erst einmal richtig, ich kann nicht mitreden bei Themen wie Elternabenden, Kinderarztbesuchen usw. Ich hör dann zu.Was viele übersehen, ich habe eine unbeteiligte Wahrnehmung von außen und war selbst mal Kind. Ich weiß sehr wohl wie sich Dinge als Kind anfühlen können und erlebe Situationen aus meiner „Nicht Mama-Sicht“. Ich möchte um Himmels willen nicht damit sagen, dass ich die Weisheit mit dem Löffel gegessen habe, mein Blick von außen kann aber Hilfreich sein und ist eine Option. Der Drahtseilakt kommt, wenn ich feststelle, dass es hier beispielhaft ein Kommunikationsproblem gibt zwischen Kind und Mutter. Oder Aussagen gemacht werden, die für ein Kind nicht nachvollziehbar sind, die Mutter das aber gar nicht bemerkt hat, dass sie sich selbst widerspricht… schon oft erlebt. Ich muss abwägen, ob ich einen kurzen Hinweis geben kann oder nicht. Mutti vs. Mutti hat es da einfacher, da ist dieses durchsichtige Solidaritätsband. Mir fehlt für dieses Band die Dockingstation.Eine weitere Variante: Beantworte ich die Warum-Frage lediglich kurz und knapp, scheint auch manchmal kein Gesprächsthema mehr vorhanden zu sein. Kennst du diese unangenehme Stille, die entsteht? Dabei gibt es doch noch mehr Themen als Kinder. Katzen zum Beispiel… :D! Spaß beiseite! Mir ist bewusst, dass in unserer Gesellschaft und in unserem „Mensch sein“, der Fortbestand unserer Art genetisch bedingt veranlagt ist.

    Es gibt eben Gründe, Umstände und Begebenheiten, die lassen das nicht zu. Da muss man nicht weiter nach einem „warum“ Fragen. Der Flow zu der Antwort kommt vielleicht allein im Gespräch und oft sind die Geschichten dahinter sehr persönlich und sehr sensibel.

    Ich möchte dir in meinem Fall antworten. Wichtig ist mir an dieser Stelle der Hinweis, dass ist meine Kinderlose Geschichte, die von anderen ist, ganz anders und vielleicht nicht so doof. Ich hatte in der Geburtslotterie nicht ganz so viel Glück und einen sehr cholerischen Vater, der mit viel Gewalt seine Regeln und Erziehungsmaßnahmen durchgebracht hat bzw. durchbringen wollte. Ich bin früh ausgezogen, musste meine Ausbildung abbrechen, mich finanzieren, mich mit Anfang 20 selbst aus einem Chaos herausfinden und habe erst mit 30 eine für mich gute Kurve eingeleitet. Dazu gehörte ein geregeltes Leben, Einkommen, Aufarbeitungen etc. Also alles, was man im Normalfall mit 20 ohne große Hindernisse macht. Irgendwann kam auch mal der Kinderwunsch. Zu der Zeit gab es keinen Partner und auf Biegen und Brechen ein Kind zu bekommen, das ist nicht meine Welt… Diverse Krankheiten und lange eine hohe Adipositas waren zusätzlich einfach nicht die richtige Basis.

    Heute sage ich, dass war auch ganz gut so. Ich glaube heute, dass das Schicksal mir diese Verantwortung einfach ersparen wollte. Ich denke inzwischen, dass mich ein Kind seinerzeit überfordert hätte. Heute lebe ich ein Leben, das gefällt mir ganz gut und nur selten kommt der Wunsch nach einem Kind noch einmal hoch oder vielmehr der Gedanke… „Was wäre wenn…“ Gerade wenn ich andere Muttis erlebe. Mit 44 fühle ich mich dazu aber irgendwie auch nicht mehr bereit. Das kann ich noch nicht einmal richtig erklären, ich fühle das einfach nicht mehr so stark. Ich habe einen guten Job, einen tollen Partner, ein tolles Patenkind und genauso fühlt sich das für mich richtig an. Meine Ziele und Wünsche haben sich mit der Zeit verlagert. Diese, meine Geschichte, erzählt man doch nicht mal eben so nebenbei bei einer Tasse Kaffee…

  2. Hast du viele Mütter in deinem Umfeld mit noch recht kleinen Kindern? Die also dann dabei sind, wenn ihr euch trefft?
    Tatsächlich sind es nicht mehr ganz so viele. Die meisten sind erschreckenderweise schon erwachsen. Himmel, wo ist die Zeit nur hin?
  3. Ist es grundsätzlich ok für dich, wenn Kinder bei Verabredungen mit Freund*innen dabei sind?
    Absolut, die gehören doch dazu. Ich bin nur dankbar, wenn je nach Altersgruppe Spielzeug oder irgendwas mitgebracht wird. Mein Haushalt ist nicht für Kinder ausgelegt… Papier und Stifte finden sich zwar immer, aber das ist wohl nicht mehr so das Maß der Dinge an Kinderbeschäftigung… Ich habe auch kein Netflix *lach*, keine Spielekonsole…
    Deine Fragestellung ist für mich gerade schon sehr schön, denn es zeigt, dass du zum Beispiel auch bereit bist, zum „hinfahren/gehen“: Meist fahr ich eher in den Kinderhaushalt aus genau dem Grund, weil es für die Muttis einfacher ist. Das ist auch erst einmal wieder ok für mich. Ich freu mich, wenn auch das nicht einfach als selbstverständlich angesehen wird. Wege führen immer in beide Richtungen und es schleicht sich leider schnell ein, dass nur eine Richtung fährt, die Kinderlose fährt. „Du weißt ja, die Kinder…“
  4. Was nervt dich richtig, wenn du Zeit mit Müttern verbringst? Und warum nervt es dich?Das grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass ich auch als Kinderlose das Mutti-Gen intus habe. Das habe ich nicht. Ich spreche hier jedoch nicht für alle kinderlosen Menschen. Es gibt auch die, die das Mutti-Gen ohne eigene Kinder intus haben. Respekt meinerseits! Das meine ich sehr ernst.
    Jetzt kommt das, was es in der Mutti Bubble fast immer brenzlig macht, wenn man eben nicht das Mutti-Gen in die Wiege gelegt bekommen hat. Es gibt Dinge, damit kann ich nicht umgehen und die sind mir unangenehm. Ich meine das nicht böse, aber da passieren Begebenheiten quasi mit dem Holzhammer. Mir fehlt da Wissen, Erfahrung, Routine, Berührungspunkte …Ein Klassiker: Windeln wechseln in geselliger Runde und sich über das gemachte Geschäft freuen… entschuldige Bitte, es stinkt und es ist eklig! Du bist das gewohnt und für dich ist es etwas Tolles, aber mir wird gerade schlecht. Wehe ich äußere das, dann ernte ich ein Kopfschütteln und Unverständnis.„Du hast auch mal in die Windeln gemacht!“
    „Ja, da war ich klein und kann mich nicht mehr daran erinnern… Ja es ist natürlich, aber nicht für mich!“
    Auch schön (nicht): Das Kind hat sich mit Essen von oben bis unten beschmiert und mir wird ungefragt das Kind in die Hand gedrückt zum Säubern, weil gerade ein paar Hände zu wenig da sind… Könnte ich bitte vorher gefragt werden, ob das ok für mich ist? Ich sage dem Kind ungern: „Nein, mach ich nicht, geh zurück zu deiner Mutter“. Das ist doch auch Mist! Und ich fühle mich dann wirklich genötigt. Auch schon gehabt, dass ich mit dem Kind auf Toilette sollte… Ich wusste nicht, was ich mit dem Kind hätte machen müssen. In meinem Kopf lief schon ein Film ab… Muss ich als Frau jetzt aufs Männerklo? Frauenklo?? Hintern abwischen…? Nein mach ich nicht! Final abgerundet wurde meine Weigerung kommentiert mit einem sehr lang gezogenem: „Ooooook“ untermalt mit hochgezogenen Augenbrauen. Du weißt schon, dieses Frauen-und-Blicke-Ding, was alle Frauen extrem gut drauf haben. Ich wusste, jetzt habe ich verkackt. Stattdessen wurde noch einer drauf gesetzt, abwiegelt mit dem Kommentar: „Aaaaach, der macht das schon.. geh einfach mit…“
    NEIN!!! Nein, nein, nein! Akzeptier das jetzt!Mich nervt, dass ich in einigen Fällen nicht „Nein“ sagen darf. Ich kann und will das einfach nicht. Ich wünsche mir an dieser Stelle einfach, dass ich vorher gefragt werde.Vielleicht auch nicht im Beisein des Kindes, dass es sich verletzt fühlt, wenn ich „Nein“ sage. Dass ist ja dann auch so ein Eiertanz und Mist. Warum sagt die Tante nun „Nein“
    Mein Wunsch:
    Frage mich bzw. uns Kinderlose einfach vorab: „Ist es ok für dich, mit Jan Lukas Malte auf Toilette zu gehen“ und „akzeptiere“ doch bitte auch die Entscheidung ohne nachzutreten, wenn abgelehnt wird. Manchmal habe ich das Gefühl, dass grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass es selbstverständlich ist, dass man solidarisch als Frau Dinge übernehmen kann. Ist ja in den Genen…Liebe Mutti, frage, ob du etwas erklären oder zeigen kannst. Aber bring Menschen nicht in Situationen von 0 auf 200.
    Wenn jetzt jemand sagt „Uh, dass sind aber schon grenzwertige Situationen“- Hier etwas scheinbar Kleines: „Halt mal kurz“… Wie schnell hat man das als Mutti gesagt und das Kind wird ganz selbstverständlich in einen anderen Arm gedrückt?
    Vielleicht möchte die Person das Kind nicht halten… und vielleicht nicht, weil sie nicht weiß, wie sie das Kind richtig hält, oder eine Affinität fehlt, vielleicht holt das „Kind halten“ Gefühle hoch, die nicht gewünscht sind.
    Frage einfach: „Ist es gerade ok für dich, mein Kind zu halten?“
  5. Gibst du sofort ehrliches Feedback in solchen Situationen? Wie wird dann darauf reagiert?
    Nein, tatsächlich nur eher bei denen, die mehr an meinem innerem Kreis sind. Das ist mit Sicherheit nicht richtig. Feedback ist immer wichtig.
    Ein Feedback ist allerdings immer ein gewünschter, persönlicher Austausch. Wenn ich merke, da ist jemand nicht empfänglich für, dann lasse ich das auch.
    Ich habe wahrgenommen, dass viele Muttis Feedback nicht wollen und in die Rechtfertigung rutschen. Feedback in einer Muttibubble ist oft gleichgesetzt „Persönlicher Angriff“.
    Ich hatte die Situation erst kürzlich und dachte, ich wäre sicher. Ich hatte eine Bemerkung gemacht, schon wurde sich solidarisch eine zweite Mutti ran gezogen „die versteht mich“ und die Dritte Mutti gab auch ihre Meinung dazu. Schon stehe ich allein umringt von Muttis und bin die böse kinderlose Frau, die ohne Plan vom Kind ein Feedback gibt. Das fühlt sich nicht schön an. Da spare ich mir Nerven und Mühe.
    Ich möchte aber auf keinen Fall die positiven Beispiele vergessen. Denn auch die gibt es und das wird in der Regel ein toller Austausch. Ich lerne und mein Gegenüber erhält eine Reflektion; das ist super. So habe ich vor Jahren eine verloren geglaubte Freundschaft wieder gefunden. Wir hatten einfach ein dämliches Kommunikationsproblem und in unseren Gedanken hingen Klischees fest. Heute hat sich das wieder gefestigt und das ist schön.
  6. Welche Reaktion würdest du dir stattdessen auf dein Feedback wünschen?
    Offenheit und Zeit für Kommunikation! Es ist eine Sicht von außen, wie von jedem anderen auch und nur, weil ich keine Kinder habe, heißt das doch nicht, dass ich keine Ahnung habe.
    „Du hast ja keine Kinder“, „Du kennst das nicht“, „Du bist das ja nicht gewohnt…“
    Das ist nicht schön und bewirkt viel.Ich erlebe oft, das sich gewundert wird, dass nach Geburten kinderlose Freundinnen oft auf der Strecke bleiben und der Kontakt abreißt bzw. auch umgekehrt, dass sich Kinderlose von frisch gebackenen Muttis distanzieren. Manchmal kommen diese Kontakte wieder, wenn die Kinder älter geworden sind.
  7. Was würdest du gerne Müttern UND kinderlosen Menschen mit auf den Weg geben?
    Du hast es Eingangs ja schon gesagt, einfach mal den Blick über den Tellerrand zu werfen. Damit meine ich beide Seiten. Lasst euch Raum für Kommunikation und nicht für Klischees. Begegnet euch mit Respekt und sensibilisiert euch zwischendurch für den Blick über den Tellerrand. Seid ehrlich miteinander und akzeptiert die Grenzen eures Gegenübers. Ihr lebt ein Leben und keinen Wettbewerb. Wenn das mal nicht so funktioniert, auch nicht schlimm, einfach wieder einnorden und neu starten.
    Egal, ob mit einem kleinen Menschen an der Hand oder ohne. Mensch bleibt Mensch und mit Offenheit, Toleranz und einer guten Prise Humor kommt man ganz gut weiter. Das kann ich vielleicht nach 44 kinderlosen Jahren mit auf den Weg geben.

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3 Kommentare für “Kinderlos in der Mutti-Bubble  – ein Interview mit Simone

  1. Sehr interessantes Interview, vielen Dank!
    Ber ich finde die Bezeichnung “kinderlos” kann man nicht allgemein einfach durch “kinderfrei lebend” ersetzen. Eine Freundin von mir hat kein Kind, hat sehr viel engen Kontakt zu Familien und den Kindern und ist sehr involviert und unternimmt z.b. viel allein mit ihrem Patenkind. Ich finde es wäre falsch zu sagen, sie “lebt kinderfrei”. Aber sie ist kinderlos. Ich denke manchmal darf man die Dinge auch beim Namen nennen.

  2. Vielen Dank für dieses Interview. Ich kann mich sehr gut mit dir, Simone, identifizieren. Bin selber auch 44, ohne Kinder. Ganz besonders war ich erleichtert über deine Gedanken zu dem Auseinanderleben von ehemaligen Freundinnen, von denen eine Kinder bekommen hat, die andere nicht. Ich habe mich mit meiner ehemals besten Freundin nach Jahren wieder getroffen. Ihre einzigen Themen waren ihre Kinder. Sobald ich irgendwas anderes angesprochen habe, hat sie das Gespräch wieder auf die Kinder gebracht. Wir wollten, wie früher, zusammen ein bisschen shoppen. Der erste Weg ging natürlich in die Kinderabteilung. Sie war wahrscheinlich auch enttäuscht darüber, dass mich das gar nicht interessiert hat. Ich kenne ihre Kinder nicht, sie lebt 800 km entfernt. Ich hoffe einfach drauf, dass wir uns in ein paar Jahren wieder näher kommen.
    Nochmal vielen Dank für die Sichtweise aus der “Nicht-Mutti-Bubble”.

  3. Ich gebe zu, dass ich auch schon oft die Frage gestellt habe, ob jemand Kinder hat oder noch bekommen möchte. Auch nach dem Warum habe ich schon gefragt, wenn jemand mit Nein geantwortet hat. Allerdings frage ich das, weil ich den Menschen vor mir besser kennenlernen will und seinen Hintergrund verstehen möchte. Kinder sind ja auch ein sehr lebensverändernder Aspekt. Ich kenne Menschen, die gerne Kinder bekommen hätten und nicht konnten, ich kenne Menschen, die welche haben und sich das Leben ganz anders vorgestellt hatten und ich kenne Menschen, die bewusst keine Kinder haben wollen aus den verschiedensten Gründen. Das ist aber doch, egal welches Modell, ein sehr wichtiges Thema, wenn man Menschen befreundet sein möchte. Wenn man offen darüber redet und damit umgehen kann, sollte das eigentlich eine Bereicherung sein. Denn jedes Lebensmodell hat seine Vor- und Nachteile. Als Mama kann ich doch trotzdem respektieren, wenn jemand keine Kinder hat. Ob derjenige mit Kindern umgehen kann oder nicht und Kinder mag oder nicht hat primär ja erstmal nichts damit zu tun. Das Einzige, wo ich finde, dass ein kinderloser Mensch nicht wirklich mitreden kann, ist der Familienalltag aus Sicht der Eltern. Aber ganz ehrlich, da kann eigentlich keiner wirklich mitreden, weil jede Familie anders tickt und es bestenfalls Ähnlichkeiten gibt. Schließlich sieht es auch jeder innerhalb einer Familie aus einer anderen Perspektive. Wenn ich also jemandem die Kinderfrage stelle, ist es aus Interesse am Menschen und nicht, um ihn zu beurteilen.