Geburtsbericht
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Geburtsbericht: Leserin Kristina erzählt

TRIGGERWARNUNG – spontane Zangengeburt ohne emotionale Betreuung der Mutter.

Ich war so nervös. Der ET unserer Tochter war verstrichen, ohne dass sich etwas getan hatte, obwohl ich einen Riesenhausputz veranstaltet hatte.

Einen Tag später am Vormittag bemerkte ich ein leichtes Rinnsal in meinen Slip tropfen. Ich machte einen PH Test: Fruchtwasser geht ab! Endlich!

Schnell noch einige letzte Vorbereitungen zu Hause, ehe die Wehen richtig los gehen! Das taten sie langsam auch, allerdings noch unregelmäßig und kaum schmerzhaft.

Am Abend wurden die Wehen deutlicher, ich konnte sie nicht mehr verheimlichen und mich dabei auf kaum etwas anderes konzentrieren, aber sie waren weiterhin unregelmäßig. Ich versuchte daher zu schlafen, die Schmerzen hielten mich jedoch davon ab. Als die Wehen am Morgen schließlich alle 5 Minuten kamen, fuhren wir noch recht entspannt in die Klinik.

Dort im Kreißsaal angekommen, folgte jedoch die Ernüchterung: Die Wehen waren verschwunden, mein Mädchen lag weiterhin eher im Brustkorb als im Becken und es sah nicht so aus, als wären wir in den nächsten Stunden zu dritt. Da ich aber weiterhin die ganze Zeit ein wenig Fruchtwasser verlor, wurde ich stationär aufgenommen.

Auf dem Zimmer angekommen schaffte ich es endlich, noch ein paar Stunden zu schlafen. Mein Mann fuhr nach Hause und versprach mir, spätestens am Nachmittag wieder zu kommen, wenn sich vorher nichts tat.

Es tat sich was: Ich bekam wieder Wehen, die ich veratmen musste und unter denen ich kaum reden oder denken konnte. Meinen Muttermund oder mein Kind beeindruckte das allerdings nicht, es war immer noch nicht soweit. So ging es weiter und es folgte eine weitere schlaflose Nacht.

Um 4 Uhr morgens am Montag den 19. Juni, nachdem ich bereits seit Samstag Mittag immer wieder starke Wehen hatte, platze endlich meine Fruchtblase. Ich war so erleichtert, dass ich weinte. Jetzt musste es doch endlich los gehen!

Mir ist nichts gegen Schmerzen angeboten worden, keiner hatte mich in den Wehen mit alternativen Möglichkeiten unterstützt, ich habe sie die ganze Zeit schlicht ausgehalten. Ich war bereits jetzt vollkommen erledigt.

Innerhalb von 3 Stunden wurden die Wehen stärker und folgten in sehr kurzen Abständen. Als mein Mann da war, gingen wir gegen 7 Uhr erneut zusammen in den Kreißsaal. Der Muttermund war eröffnet, es sollte los gehen.

Ich war so fertig, dass ich es kaum schaffte, mich auf dem Entbindungsbett zu bewegen, von laufen war keine Rede mehr. Ich hielt mich im Vierfüßlerstand und veratmete meine Wehen.

Zur Kontrolle wurde ich nochmals ans CTG angeschlossen. Und dann folgte ein furchtbarer Schrecken: Die Herzfrequenz war viel zu niedrig!

Die Hebamme wich mir nicht mehr von der Seite. Sie war großartig, sprach mir Mut zu, gab mir Tipps zur Atmung und feuerte mich an. Obwohl die ganze Situation überhaupt nicht so war, wie wir es uns gewünscht und vorgestellt hatten, fühlte ich mich bei ihr gut aufgehoben, sie strahlte Ruhe und Kompetenz aus. Sie würde mein Mädchen gut auf die Welt bringen.

Sie und mein Mann drehten mich auf die rechte Seite. In der Position verbesserte sich das CTG unserer Tochter. Allerdings schwanden mir dabei die Sinne. Also drehten die beiden mich auf den Rücken. Ich fühlte mich wie ein Käfer, der aus eigener Kraft nicht mehr auf die Füße kommen würde. Ich hatte keine Schmerzen mehr, ich nahm kaum noch meine Umgebung war, ich sah nur noch meinen Mann und hörte was er sagte. Im Vordergrund stand das CTG mit der niedrigen Herzfrequenz. Dass der Monitor, an den ich mittlerweile angeschlossen worden war, ebenfalls alarmierte, merkte ich überhaupt nicht. Mein Mann erzählte mir später, dass meine Sauerstoffsättigung viel zu niedrig war. Ich bin immer wieder bewusstlos geworden, nur die Wehen weckten mich. In denen presste ich nach Ansage unserer Hebamme und mein Mann presste mir eine Sauerstoffmaske auf Mund und Nase und rief ich solle wach bleiben und atmen. Ich konnte nicht mehr denken. Bis es hieß, ich dürfe trotz Presswehen nicht mehr pressen. Es war kaum auszuhalten.

Und die ganze Zeit wusste ich nicht, was genau los war.

Dann durfte ich endlich wieder pressen: Ich tat es, aber es kamen keine Wehen mehr. Wir sahen, wie die Hebamme den Arzt informierte (der zu dieser Zeit nebenan in seiner Praxis war und nur in Notfällen geholt wurde) und die Schublade mit der Aufschrift Notfall öffnete. Sie enthielt Geräte zur Beatmung.

Ich bat meinen Mann, sich gut um unsere Tochter zu kümmern und dafür zu sorgen, dass sie wissen würde, dass ich sie liebe. Ich dachte, ich würde sterben. Und sollte er eine Entscheidung zwischen uns treffen müssen, sollte er unsere Tochter wählen.

Als der Gynäkologe kam, sprach er kaum mít uns, während die Hebamme weiter versuchte mich zu motivieren, aber auch sie wirkte nicht mehr entspannt.

Der Arzt warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf meinen Bauch ohne Vorwarnung. Es war schrecklich, ich fühlte mich hilflos und ausgeliefert.

Was auch immer passieren sollte, passierte nicht. Meine Beine wurden am Bett hochgeschnallt und plötzlich spürte ich etwas kaltes in meinem Intimbereich sowie einen scharfen Schmerz. Ich hörte es tropfen und sah meinen Mann blass werden. Das heißt einiges, er kommt aus dem Rettungsdienst. Daher durfte er auch dableiben, der Arzt wollte ihn eigentlich raus schicken.

Plötzlich spürte ich, wie ich nach unten gezogen wurde. Ohne Vorwarnung. Die Hebamme ergriff meine Knie und stabilisierte sie, mein Mann hielt mich unter den Armen. Als der Arzt erneut zog, hatte ich das Gefühl als würde sich mein Körper in der Luft befinden, als würde ich zerrissen werden. Etwas löste sich unten, der Druck ließ nach, es fühlte sich an, als würde mir etwas entrissen werden.

Die Unwissenheit war schlimmer als die Schmerzen.

Es war unsere Tochter. Der Arzt hatte mich schnell aufgeschnitten und sie per Zange aus mir raus gezogen. Eilig wurde die Nabelschnur durchtrennt und sie auf der Untersuchungsliege untersucht. Wieder keine Rückmeldung, auch kein Schrei. Die Hebamme blies ihr ins Gesicht. Und daraufhin der erlösende Schrei. Glücklich durften wir sie in die Arme nehmen.

Ihr Gesicht war geschwollen und auf der Stirn war eine Narbe: Sie war wunderschön. Sie lebte. Ich lebte.

Sie hat bis heute und für den Rest ihres Lebens eine Narbe am Haaransatz.

Ich spüre bis heute und wahrscheinlich für den Rest meines Lebens die Narbe am Damm und werde Probleme mit meiner Kontinenz haben, da mein Beckenboden nachhaltig geschädigt worden ist. Angesprochen wurde dies in der Klinik nicht.

Unsere Angst, dass sie einen hypoxischen Hirnschaden erlitten hat, hat sich nicht bestätigt.

Ich war lange Zeit nach der Entbindung schwach, da ich viel Blut verloren hatte, was in der Klinik nicht kontrolliert wurde. Meine Verletzung heilte langsam und erschreckte selbst meine Nachsorgehebamme und meine Frauenärztin mit vielen Jahren Berufserfahrung.

Aber wir sind gesund.

Diesen Geburtsbericht hat Kristina sich von der Seele geschrieben.

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