Vor Kurzem habe ich unter dem Titel WIE MÜTTER “GUTE MUTTER” DEFINIEREN (hier lesen) die (Instagram-Sticker-)Antworten von Müttern aus der Community veröffentlicht, die sie auf die Frage gaben, was für sie eine gute Mutter ausmacht. Es ging darum, unsere oftmals eigenen viel zu hohen Erwartungen an uns selbst einmal etwas runterzubrechen auf das, was das Wesentliche ist … um vielleicht mal wieder etwas durchzuatmen und sich daran zu erinnern, dass wir unseren Kindern nicht wirklich 3-4 Hobbys, Spieldates in einer Tour, 24/7 rundum-Bespaßung, krasse Urlaube, fette Geschenke oder durchweg von den Augen abgelesenen Wünschen bieten müssen, um ihnen eine schöne Kindheit zu ermöglichen. EIGENTLICH reicht viel weniger. Und das von vielen Müttern zu lesen hat gut getan. ABER nicht nur!
Du hast keine Lust oder Zeit, zu lesen? Dann scrolle einfach bis zum Ende des Textes runter und hör dir den PODCAST an!
Bedingungslose Liebe?
Ich bekam abends eine Nachricht, die nun die Basis für diesen Folge-Artikel ist, weil ich denke, dass nicht nur die Gedanken einer Mama in eine folgende Richtung liefen – die Nachricht lautete nämlich ungefähr so:
Ich finde den Blogbeitrag gut und auch hilfreich, aber die viele Antworten zum Thema “bedingungslose Liebe”, “Bedürfnisse wahrnehmen”, “auf Augenhöhe bleiben” und ” in Verbindung bleiben” setzen mich leider direkt wieder ganz stark unter Druck. Denn auch wenn genau das jeden Tag mein Ziel ist … schaffe ich es nicht. Ich bleibe nicht in Verbindung, wenn ich die Kids anschreie, ich liebe nicht bedingungslos, wenn ich das Kind wegen irgendwas zum Mond schießen will, ich bleibe nicht auf Augenhöhe, wenn ich wieder rummeckere. Und ich weiß auch nicht, ob ich in den Momenten, wo ich mein Kind anschreie, bedingungslos liebe. Es fühlt sich so schwer an.
Meine langen Antworten auf diese Fragen schickte ich ihre per Sprachnachricht und fasste sofort auch den Entschluss, dass alles nochmal aufzuschreiben, denn: Möglicherweise geht es anderen auch so. Möglicherweise ist das etwas, was vergleichbar ist mit dem Empfinden, dass sich bedürfnisorientierte Erziehung ausschließlich auf die Bedürfnisse des Kindes bezieht – was so aber ja gar nicht gemeint ist. MÖGLICHERWEISE ist das auch alles individuelle Auslegungssache … wie so vieles in Sachen Elternschaft. Trotzdem mag ich hier jetzt einfach mal meine (individuelle) Auslegung der Sätze ausformulieren, die mir dabei helfen, eben keinen Druck zu empfinden. Zumindest nicht bei diesen hier:
Was ist gemeint mit „bedingungslose Liebe“?
Für mich persönlich bedeutet bedingungslose Liebe nicht, dass ich die ganze Zeit vor Liebe zerfließe und niemals sauer auf meine Kinder bin. Es hält mich null davon ab, mir hin und wieder vorzustellen, wie ich die zwei auf den Mond schieße! Es bedeutet für mich, dass ich es NICHT TUE, egal was sie machen! Ich liebe meine Kinder bedingungslos; sie dürfen sein, wer sie sind, ich liebe sie genau SO … aber ich darf sie manchmal nicht leiden können … so wie sie mich manchmal nicht leiden können. ;) Ich darf sie auf den Mond wünschen, ABER ICH WERDE IMMER UND EWIG AN IHRER SEITE STEHEN, WENN SIE MICH BRAUCHEN. Genau DAS bedeutet „bedingungsloser Liebe“ für mich!
Was ist gemeint mit „auf Augenhöhe kommunizieren“?
Ich glaube, bei diesem „auf Augenhöhe kommunizieren“ wird der Druck hauptsächlich ausgelöst, wenn sich das Wörtchen „immer“ zwischen die Zeilen schleicht. ABER das gehört da – meiner Meinung nach – nicht hin. Natürlich ist es wichtig, die Kinder ernst zu nehmen, nicht abzubügeln, wenn sie etwas erklären oder verargumentieren, ihnen zuzuhören und in einer Sprache zu antworten, die sie verstehen. Logo! ABER manchmal sind wir Eltern nun mal schlicht die Erwachsenen in dieser Beziehung … die, die im Endeffekt die meisten Entscheidungen treffen und Grenzen ziehen oder beibringen (müssen). Klar, wir erklären unser Handeln am besten kindgerecht und auf Augenhöhe, jedoch geht das nicht immer SOFORT oder durchgehend. Und ja, manchmal motzen wir „von oben herab“ auf unsere Kinder runter, was sich so unfair anfühlt, wie es ist … aber wir sind eben auch nur Menschen, machen Fehler, sind mal doof und ungerecht. DAS ist dann vielleicht nicht auf Augenhöhe, kann aber ja anschließend noch zu einem reinigenden Gespräch auf eben dieser führen. Ich mag da jedoch direkt ganz ehrlich sein: das mach ich nicht immer. Das schaffe ich nicht immer. Je nach Phase braucht es all meine Energie auf, niemanden auf den Mond zu schießen … da kommt das klärende Gespräch, die Entschuldigung oder die Erklärung, dass Mama einfach übers Ziel hinaus geschossen ist, weil sie krass im Eimer war und es nicht mehr besser machen KONNTE, erst am nächsten Tag. Ist dann so. Ist auch ok. Denn das ich sie bedingungslos Liebe, wissen sie.
Was ist gemeint mit „die Bedürfnisse der Kinder wahrnehmen“?
Die Bedürfnisse meiner Kinder wahrnehmen ist ein Stepp, sie zu erfüllen ein anderer. Auch wenn es sich manchmal so anfühlt, als müssten sie stetig zusammen gegangen werden. Müssen sie aber nicht. Sollten sie auch nicht. Fakt ist: Nicht jedes Bedürfnis kann gestillt werden, schon gar nicht sofort, aber gesehen werden. Ich kann das Bedürfnis, den ganzen Tag an meinem Bein zu hängen wahrnehmen. Ich kann auch SAGEN, dass ich wahrnehme, damit mein Kind WEIß, dass ich es wahrnehme. Aber ich kann gleichzeitig eine Grenze ziehen oder mal schlicht Nein sagen. Denn MEINE Bedürfnisse spielen genauso eine Rolle. Ich habe ebenfalls Rechte und Grenzen. Und DAS mag ich auch wahrgenommen sehen bei meinen Kindern – was nicht immer gut klappt, weil sie immer noch recht klein sind, aber ich arbeite dran. ;) Also wahrnehmen ja, unbedingt! Aber jedes Bedürfnis stillen? Nein.
Was ist gemeint mit „in Verbindung bleiben“?
Das hier finde ich tatsächlich richtig spannend. Denn irgendwie impliziert die Formulierung etwas rein Positives. Und das macht dann Druck, wenn man das Gefühl hat, jeder Streit ist gleichzusetzen mit einem Riss der Verbindung. Meine individuelle Auslegung ist aber: Manchmal ist die Verbindung sogar noch stärker, wenn gestritten wird. Keine Frage, es gibt Streitlevel, die alles zum Einsturz bringen. Aber grundsätzlich ist es ja gefährlicher, wenn keine Kommunikation stattfindet. Solange gestritten wird – zwischen Eltern und Kind – ist die Verbindung da. Nur nicht schön, aber sehr spürbar dafür. Mit der Tochter z.B. streite ich aktuell furchtbar viel … wegen allem und nichts. Und ich hab durchaus gebraucht, bis ich verstanden habe: es muss gerade so sein … sie „bondet“ mit mir … ähnlich wie als Kleinkind, wenn sie in meinen Armen einschlafen musste, obwohl sie den ganzen Tag von mir weg wollte. ;) So ist es jetzt im Grunde wieder. Den ganzen Tag fühlt sie sich groß, braucht mich nicht, ignoriert meine Ratschläge und ist anderer Meinung bei schlichtweg allem. Und abends geht sie dann (auch noch) auf Konfrontation. Hat mich mega genervt. Bis ich kapiert habe: Sie macht das, damit ich bei ihr bin. Damit ich mich super intensiv mit ihr beschäftige. Damit ich eben nicht den Kleinen ins Bett bringe, sondern ihr meine volle Aufmerksamkeit schenke. Eine ärgerliche, aber Hauptsache zu 100%. Zugegeben, ich würde lieber Karten spielen mit ihr, um in Verbindung zu bleiben, aber sie präferiert gerade nun mal gemeinsame, emotionale Achterbahnfahrten. Ja dann … ist das so.
Vielleicht bin ich mit meinen Auslegungen komplett auf dem Holzweg. Vielleicht zumindest etwas daneben. Aber mir persönlich hilft es ist so zu sehen, es so zu verstehen. So kann ich sehr gut damit umgehen und fühle mich auch nicht mies. Und wenn ich mich gut fühle damit, kann ich es auch gut, auf Augenhöhe, den Kindern kommunizieren, damit wir in Verbindung bleiben und alle Bedürfnisse wahrgenommen werden … in bedingungsloser Liebe zueinander. Selbst dann noch, wenn wir uns mal auf den Mond schießen wollen. ;)
PS: Wie immer freue ich mich, wenn ihr den Beitrag teilt! <3
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Liebe Anke, ich glaube, dass schon der Versuch, die “gute Mutter” zu definieren, der falsche Ansatz ist. Die “gute Mutter” gibt es nicht. Warum? Weil jede Mutter anders ist und daraus ihre individuelle Form von “guter Mutter” ist. Ich hatte (und habe) immer meinen Struggle mit dem Muttersein. Die Fremdbestimmtheit konnte ich lange nicht annehmen. Und immer der Blick auf andere Mütter. Ich war nie diese Gluckenmama, deren Welt sich 24/7 ums Kind dreht. Mit einem Auge habe ich auf die Vollzeitmamas geschielt und war trotzdem glücklich über meinen Vollzeitjob. Es hat lange gedauert, bis ich mich von den Erwartungen des Außen frei machen konnte und somit auch meine eigenen Erwartungen einordnen konnte. Nur, wenn die Mutter im Gleichgewicht mit sich selbst ist, ist sie gut für das Kind. Ob das dann eine “gute Mutter” ist, sollte niemand von außen entscheiden. Mein Kind, mein Leben, meine Regeln und ein bisschen Urvertrauen – dann klappt das schon.
Danke für deine Arbeit ❤️