Julia Uehren
Interviews

SELBSTSTÄNDIGE MÜTTER – Interview mit Julia Uehren (Food-Journalistin)

NORMALERWEISE ist Julia Uehren selbst diejenige, die die Fragen stellt, denn sie ist Journalistin. Genauer: Food-Journalistin. Sie hat also für dieses Interview sozusagen die Seiten gewechselt und ich bin krass dankbar dafür, dass sie Bock darauf hatte. Denn die Antworten der 46-jährigen Mama eines Sohnes enthalten nicht nur spannende Einblicke in ihren ganz persönlichen beruflichen Werdegang, sondern auch echt viele Tipps für jene Leser:innen, die gerade mit dem Gedanken spielen, sich wie sie selbstständig zu machen.

Und bevor ihr fragt: Ja, ihr Angebot am Ende des Interviews ist absolut ernst gemeint!!! :D

SELBSTSTÄNDIGE MÜTTER – Interview mit Julia Uehren (Food-Journalistin)

  1. Beschreibt doch erst einmal kurz, was du beruflich genau machst, welche Aufgaben dein Job beinhaltet und ob du von Zuhause arbeitest oder ein Büro bzw. einen externen Arbeitsplatz hast?

Als Food-Journalistin (mit Büro ;-) schreibe ich vor allem Kulinarik-Beiträge und Restaurantkritiken für Agenturen, Zeitschriften und Zeitungen. Als Food Content Creator entwickle ich für Unternehmen Kochrezepte (wenn ihr neugierig seid, könnt ihr euch ein paar Arbeiten auf meiner Webseite anschauen).

Ich arbeite aber auch als Foodbloggerin. Seit über zehn Jahren veröffentliche ich auf meinem Blog Löffelgenuss Rezepte jenseits der Alltagsküche. Ich liebe raffinierte, kreative Rezepte, mit denen ich dem Alltag ein wenig entfliehen kann. Kochen ist meine Portion Achtsamkeit ;-) Wenn euch meine Rezepte gefallen, würde ich mich freuen, wenn ihr mir auf Instagram folgt. Ich versuche gerade, mir dort eine etwas größere Reichweite aufzubauen.

  1. Seit wann bist du 100% selbstständig mit deinem Business und wie viel Stunden pro Wochen fließen in dein Business? Und: Bist du zufrieden mit deinem Einkommen, gemessen an der Zeit, die du investierst?

Ich habe mich Anfang 2019 selbstständig gemacht und damals hauptsächlich als Autorin für den WDR gearbeitet. In der Unternehmenskommunikation, einem Bereich, in dem ich auch vorher gearbeitet habe. Mitte 2021 habe ich entschieden, mich thematisch ausschließlich mit Kulinarik zu beschäftigen.

Ich arbeite rund 25-30 Stunden pro Woche.

Wenn ich mir den Teilzeit-Durchschnittsverdienst in Deutschland und das durchschnittliche Einkommen von Journalist:innen anschaue, passe ich dort mit meinem Jahreseinkommen gut rein. Im Vergleich zu meinem vorherigen Job in Festanstellung ist es leider deutlich weniger. Das wurmt mich. Andererseits habe ich Vorteile, die man mit Geld nicht beziffern kann (siehe Frage 5).

  1. Wann und wie hast du die Entscheidung getroffen, dass die Selbstständigkeit der beruflich richtige Weg für dich ist?

Das ist eine sehr lange und sehr persönliche Geschichte. Hier eine kurze Version: Nach einem Jahr Elternzeit bin ich zurück in meinen alten Job, allerdings wollte ich gerne Teilzeit arbeiten. Auf dem Papier war das möglich, aber vom Arbeitsinhalt nicht – ich habe die Kommunikationsabteilung einer Hochschule geleitet. Trotz guter Unterstützung durch einen neuen Kollegen hatte ich viel zu viele Aufgaben und viel zu viel Verantwortung. Nach einem Jahr hatte ich einen Burnout und war von einem auf den anderen Tag nicht mehr arbeitsfähig. Mit Hilfe einer Therapeutin habe ich unter anderem festgestellt, dass ich gerne (viel) arbeite, gerne Verantwortung übernehme und gerne selbstbestimmt arbeite. Teilzeit ist eine solche Stelle aber selten möglich. Die Selbstständigkeit war daher eher eine Notlösung.

  1. Gibt es etwas, dass dir vor diesem Schritt Sorgen gemacht hat? Bzw: Wovor hattest oder hast du den meisten Respekt in Sachen Selbstständigkeit?

Nein, eigentlich nicht. Ich hatte ja eigentlich gar nicht den Wunsch, mich selbstständig zu machen, sondern es war für mich damals die einzige Option.

Heute mache ich mir öfter mal Sorgen: Bleiben meine Auftraggeber:innen mir treu? Woher bekomme ich neue, gut bezahlte Aufträge? Welchen Einfluss wird KI auf meine Arbeit haben? Mache ich alles richtig in den Bereichen Finanzen, Steuerthemen, Versicherungen, Datensicherung, Recht etc.?

  1. Was liebst du am meisten an deinem Job in dieser Form?

Ich liebe es, nicht fremdbestimmt zu sein. Wenn mir danach ist, lege ich mich einfach noch mal ins Bett oder gehe mit einer Freundin Essen. Dann mache ich einen Auftrag zum Beispiel abends fertig, wenn andere Feierabend haben.

Und ich liebe die Themen, die meine Arbeit prägen. Für mich gibt es nichts Schöneres, als mich den ganzen Tag mit Genussthemen zu beschäftigen. Zu meinen bisherigen Highlights gehört, dass ich zusammen mit dem Sternekoch Björn Freitag für das WDR-Fernsehen einmal meine köstliche Süßkartoffelsuppe kochen durfte und dass ich live auf dem Instagram-Kanal von Chefkoch ein Lunch zubereitet habe. Ich war soooo krass aufgeregt, aber es hat mega viel Spaß gemacht!

Aktuell mache ich eine Weiterbildung als Assistent Sommelière und verbinde noch einmal Leidenschaft mit Beruf. Ich habe schon so viele interessante Winzer:innen kennen gelernt. Ihre Geschichten würde ich gerne (mit ein bisschen mehr Sachverstand) erzählen.

  1. Was magst du am Wenigsten?

Die schlechte Bezahlung, vor allem durch Medienhäuser, ärgert mich. Und ich bin immer wieder überrascht, wie viel Zeit dafür draufgeht, EDV-Probleme zu lösen oder sich um die Buchhaltung zu kümmern. Damit bin ich manchmal überfordert, freue mich aber gleichzeitig darüber, dass ich so viel in diesen Bereichen gelernt habe! Ach ja und manchmal fehlt es mir, im Team zu arbeiten (wobei das bei einigen Projekten möglich ist).

  1. Wie klappt es mit der Vereinbarkeit mit der Familie? Bekommst du alles unter einen Hut? Wo sind bei dir die „Stolperfallen“?

Hier habe ich großes Glück, weil mein Mann total hinter mir steht und wir große Aufgaben klar verteilt haben. Er macht zum Beispiel die Wäsche und einen Großteil des Einkaufs, ich kümmere mich darum, dass die Wohnung sauber ist und trage den berühmten Mental Load.

  1. Gibt es etwas, dass du anderen Müttern, die sich beruflich gerne selbstständig machen wollen, als Tipp mitgeben magst?

Ja, ganz viel!

  1. Lasst euch vorher beraten und informiert euch so gut wie möglich. Es gibt im Netz so viele gute Informationen, auch von Behörden, zum Thema Gründen, v.a. zu den wenig beliebten Themen wie Finanzen etc. Es gibt auch Agenturen, die sich darauf spezialisiert haben. Ich habe so eine Beratung über das Arbeitsamt vermittelt bekommen, als ich mich damals arbeitslos gemeldet hatte. Und ich habe mir ein Coaching gegönnt. Das war gut investiertes Geld am Anfang.
  2. Netzwerken! Allgemein zum Thema Selbstständigkeit, aber schaut auch, ob es Vereine o.ä. gibt, die zu eurem Thema passen (bei mir z.B. der Deutsche Journalistenverband, Texttreff, Freischreiber, Berufsverband Text, Food Editors Club). Abonniert entsprechende Newsletter.
  3. Betrachtet eure Selbstständigkeit nicht als Liebhaberei. Das habe ich die erste Zeit gemacht und das hat sich nicht gut angefühlt. Nehmt sie direkt als Business ernst und denkt groß!
  4. Schaut, ob ihr finanzielle Unterstützung bekommen könnt: Zum Beispiel durch einen Gründungzuschuss vom Arbeitsamt oder guckt nach Fördermöglichkeiten. Da gibt es ein großes Angebot v.a. vom Bund und von den Kommunen, aber auch von Vereinen oder Unternehmen.
  5. Sprecht vorher mit eurer Familie über eure Selbstständigkeit. Die sollte hinter euch stehen. Wer kann wie viel arbeiten, wer kümmert sich in welchen Phasen um die Kinder und um den Haushalt? Nicht zuletzt, braucht ihr in den ersten Jahren möglicherweise ein finanzielles Polster oder Startkapital.

Sprecht mich gerne an, ich würde mein Wissen total gerne an euch weitergeben!

***

Wow, liebe Julia, vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses super spannende und ausführliche Interview genommen hast! Ich bin absolut sicher, daraus werden viele neuen Input ziehen! <3

Auf Instagram findet ihr sie hier: @loeffelgenuss

Und ihre Homepage hier: www.uehren.de

Foto-Credit: Marion Koell

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