Es ist ungefähr ein halbes Jahrhundert her (na gut, möglicherweise übertreibe ich ein bisschen, aber nur, weil es sich manchmal wirklich so anfühlt), da interessierte sich mein sehr junges Ich dafür, eventuell eine Ausbildung als Erzieherin zu machen. Ich war im Grunde sogar ziemlich angetan von der Vorstellung, informierte mich daher entsprechend umfassend (also halbherzig – wie Teenies es nun mal machen :D ) … und entschied mich dann irgendwann doch dagegen. Warum? Ach, es gab viele Gründe. Ein paar waren gut und plausibel, andere waren reiner Schwachsinn. Es ist eben echt schwer, eine wirklich fundierte Entscheidung für den „Rest des Lebens“ zu treffen, wenn man doch eigentlich noch mega grün hinter den Ohren ist und (meines Erachtens völlig zu recht) absolut null Plan davon hat, wer man selbst ist und wer oder was man im Laufe der nächsten 40–60 Jahre werden will. Nichtsdestotrotz weiß ich heute: Zumindest DIESE Entscheidung, die ich als Küken traf, war die richtige. Denn jetzt – als Mutter von zwei Kindern, wovon eines bereits in der Trotzphase ist – kann ich mit absoluter Sicherheit sagen: MEINE FRESSE, ICH HÄTTE VÖLLIG VERKACKT IN DEM JOB!!!
Fakt ist: Nie im Leben wäre ich taff genug gewesen, dem Beruf als Erzieherin gerecht zu werden oder ihn zumindest zu überleben! Ich bin ja schon völlig am Rande eines Nervenzusammenbruchs, wenn die kleine Madam mal ZWEI Freunde gleichzeitig zu Besuch hat und sie gemeinsam einen Nachmittag lang durch unsere Wohnung marodieren, dabei brüllend laut lachen, quatschen und singen, um Spielzeug streiten, Musik machen oder neben dem gedeckten Esstisch Fußball spielen. Das ist natürlich toll und süß und soooo schön … aber um Himmelswillen: ein Presslufthammer ist ein schnurrendes Miezekätzchen gegen diesen Lärmpegel! Schon allein DAS würde wahrscheinlich ausreichen, mich nach nur sehr wenigen Wochen (anderthalb vielleicht) in die Knie zu zwingen … oder schlimmer noch: in die Embryonalstellung und dabei zu wimmern „Holt mich hier raus, ich bin ein Weichei!“
Genauso wie die Nummer mit dem Kinder anziehen – besonders im Winter, wenn pro Kind ca. 30 Schichten angesagt sind, die verrutschen, irgendwo „ganz schlimm kneifen, Mama!!!“ oder einfach total im Weg sind, wenn 1,5 Meter vor der Tür nochmal schnell was in die Hose geht. ICH bin bereits schweißgebadet und je nach Tagesverfassung den Tränen bzw. dem Tobsuchtsanfall nahe, laaaaange bevor ich bloß ZWEI pupsige Kinder in alle erforderlichen Klamotten bugsiert habe. Die beiden Erzieherinnen der Kita-Gruppe meiner Tochter hingegen schaffen es irgendwie, konsequent zu lächeln, immer wieder helfend eingreifen ohne zu schimpfen, zwischendurch zu kuscheln und Streitigkeiten zu schlichten, während sie zu zweit 18!!! Kinder anziehen! Ich würde ausrasten, aus Frust mit Gummistiefel werfen und verzweifelt in dreckige Wollmützen beißen, um den Kids keine spontane Fekal-Wörter-Lehrstunde zu erteilen (käme bei vielen Eltern sicher nicht so gut an :D ).
Echt jetzt: Jedes mal, wenn ich sehe, wie die Damen diese Situation meistern, fühle ich mich ein bisschen mies, weil meine Geduld WIRKLICH meist schon zwischen dem Schließen des Schneeanzug-Reißverschlusses und dem 15 x „Ella, bitte, kommt wieder her, damit wir den zweiten Stiefel anziehen können!“ zu einem hauchdünnen, zitternden Fädchen zusammenschrumpft. Mein Respekt könnte kaum größer sein!
Obwohl … doch, manchmal ist er noch größer. Zum Beispiel, wenn nicht nur die Kinder, sondern auch noch die dazugehörigen Muttis und Papis zu irgendeiner Veranstaltung im Gruppenraum des Kindergartens auftauchen und bespaßt werden wollen. Dann müssen sich die Erzieher nicht nur um die Kids, sondern auch noch um die Eltern kümmern, stets aufmerksam zuhören, schnell mal zwischen Tür und Angel Fragen zum jeweiligen Nachwuchs beantworten und on top die überdrehte Wuselbande dazu bringen, für den „Besuch“ etwas zuvor neu erlerntes vorzutragen … ein Lied, ein Tänzchen oder sonst was irre schnuckeliges, zu dem die gerührte Elternschaft dann schnell das Handy zum Knipsen zücken kann. Machen unsere Erzieher alles … und zwar locker aus der Hüfte geschossen, ohne laut rumzujammern und ohne sich heimlich Schnaps in den Kakao zu schütten (was ich DEFINITIV tun müsste, wenn ich an ihrer Stelle wäre – ich finde es mittlerweile ja schon schwer anstrengend, nur EINEM Erwachsenen im Gespräch zu folgen, wenn gleichzeitig EIN Kind an mir zerrt!).
Von diesen Spezial-Momenten mit VIELEN Eltern in überheizten, kleinen Spielräumen mal abgesehen, gibt es natürlich auch die eigentlich „ruhigeren“, aber wahrscheinlich oftmals nicht weniger nervenaufreibenden Zusammentreffen, bei denen nur die wirklich ECHTEN SUPER-PROFIS dieses Berufsstandes ruhig und besonnen bleiben – nämlich dann, wenn es Gemecker gibt. Ob berechtigt, oder nicht: Während eines Gesprächs mit einem womöglich aufgebrachten, verunsicherten oder auch einfach nur ätzenden Elternteils (gibt’s ja nun mal ;) ) EHRLICH nett zu bleiben, halte ich für die Königs-Disziplin des Erzieherjobs und würde mich am liebsten sofort vor Bewunderung verneigen, wenn ich sehe, wie eine pädagogische Fachkraft mit diesem Können glänzt (Ich bin ja eher so der Typ tickende Zeitbombe, gern mal etwas nachtragend und absolut nicht in der Lage, meine Antipathie zu verbergen – wobei das auch ehrlich, nur eben nicht immer nett ist ;) ).
Grundsätzlich denke ich übrigens, dass es völlig normal und richtig ist, dass beide Parteien hier und da mal unbequeme Fragen auf den Tisch bringen, an Abläufen etwas auszusetzen haben oder sich bei pädagogischen Ansätzen uneins sind. Das muss so sein, schließlich ticken wir alle unterschiedlich (was eben auch die Art der Erziehung mit einschließt), wissen nie ALLES voneinander (na GOTTSEIDANK! ;) ) und – auch das gehört dazu – mögen uns vielleicht nicht zwingend richtig gut leiden (völlig wurscht, solange die Kinder sich wohlfühlen!). Ist aber ja nun mal in allen Bereichen des Lebens so.
Und als wären alle diese Ansprüche nicht schon genug, tragen unsere Erzieher heutzutage auch noch einen Großteil der nicht unerheblichen Last der „Frühförderung“ auf ihren Schultern (in unserer leistungs- und erfolgsorientierten Gesellschaft ja schwer angesagt – ein glückliches, neugieriges Kind zu sein, reicht eben nicht, wenn man es mal zu was bringen will ;) ). Zu meiner Kindergartenzeit als Mini-Anke war das noch anders. MEINE Eltern erwarteten damals, dass sich durch meinen Aufenthalt in der Kita bzw. durch mein Zusammenspiel mit vielen Kindern mein allgemeines Sozialverhalten ein bisschen weiterentwickelt, dass ich ab und zu etwas „Kunst“ aus aufgeklebten Bohnen oder Nudeln mit heim bringe und die Kindergärtnerin so lieb zu mir ist, dass ich sie als weitere Bezugsperson akzeptiere. Ende. Mehr nicht. Mehr BRAUCHTE ich meines Erachtens auch nicht. HEUTE jedoch sieht das anders aus. Heute sollen Kinder in der Kita schon richtig was lernen, pädagogisch geführt intellektuell wachsen und im Prinzip mit viereinhalb dann mehr oder minder reif für die Schule sein (voll gruselig!). Deshalb füllen unsere Erzieher jetzt auch noch für alle Kinder – sogar für die ganz kleinen – ganz nebenbei noch schicke Schriftstücke mit klangvollen Namen wie „Bildungsdokumentation“ aus, was sie natürlich nur können, weil sie die Stöpsel genauestens beobachten, fördern und sich mit ihren Kollegen besprechen. Ich persönlich möchte ja eigentlich nur, dass mein KLEINES KINDERGARTEN-Kind täglich SPASS mit seinen Freunden hat und zwischendurch hören, dass sie sich gut macht, keinen mit Spielsachen vertrimmt und im besten Fall sogar einigermaßen regelmäßig isst, was Mittags serviert wird (ich koche doch sooooo ungern!). Andere Eltern haben da aber deutlich höhere Ansprüche … und machen durchaus gerne mal die Kita-Betreuer dafür verantwortlich, wenn Kevin-Pelmo mit fast vier IMMERNOCH nicht den eigenen Namen schreiben kann, keine Gedichte aufsagt und überhaupt ständig so frech ist zuhause. So als wären die Erzieher in der Kita ab Aufnahme in der Einrichtung plötzlich die Hauptverantwortlichen in Sachen Kindsentwicklung. Sind sie aber nicht. Wir Eltern sind das. Und wir bleiben das. Sind schließlich UNSERE geliebten Nervensägen! <3
Um endlich mal auf den Punkt zu kommen (herrje, ich komme immer so schnell ins Schwafeln :D ): Ich möchte einmal DANKE sagen! Danke, ihr Lieben, die ihr diesen sicher schönen, aber auch harten Job des Erziehers bzw. der Erzieherin ergriffen und BEHALTEN habt! Danke, dass ihr jeden Tag euer Bestes gebt, damit wir Mamis und Papis unsere Kinder guten Gewissens in eurer Obhut lassen können. Danke, dass ihr ihre Auas wegstreichelt, ihre Tränen trocknet und ihre Nasen putzt, wenn wir nicht zur Stelle sind. Danke, dass ihr ihre Windeln wechselt, selbst wenn sie eigentlich längst groß genug sind, selbst aufs Klo zu gehen … und der Windelinhalt euch das Frühstück hochtreibt (dafür echt ein besonders fettes DANKE!). Danke, dass ihr so viel Geduld aufbringt, sie zu nichts zu drängen, zu dem sie einfach noch nicht fähig sind. Danke, dass ihr selbst in den Wintermonaten die Stellung haltet, wenn eine Erkältungswelle nach der anderen durch eure Gruppenräume schwappt. Danke, dass ihr auch die schlechten Tage unserer „Brut“ (und manchmal auch unsere ;) ) aushaltet und uns Eltern so tatkräftig bei dieser immensen Erziehungsaufgabe unterstützt! Ich habe den größten Respekt vor eurer Leistung … und eurem Durchhaltevermögen! Fühlt euch von Herzen gedrückt :-* .
PS: Ja, ich weiß, es gibt auch „schwarze Schafe“ unter den Erziehern. Aber die gibt es überall, in jedem Beruf. Und die meisten, die ich kenne – ob privat oder aus Ellas Kita – haben ein dickes Dankeschön echt verdient. Eigentlich sogar jeden Tag ;) .
Du hast ja so recht. Unsere Kita ist eine normale Kita mit eher weniger als mehr Engagement, was nicht heißt, dass die Kinder sich nicht wohlfühlen, sondern, dass sie eben nur Dienst nach Vorschrift machen, aber nicht mehr.
Trotzdem haben wir Elternräte gruppenweise geschafft, dass die Erzieher Kontakt zu den Kindern halten und unsere Erzieherin sich sogar mehrmals in der Woche telefonisch bei meinem Kind meldet (auf eigenes Interesse). Ich bin dafür sehr dankbar, denn die Telefonate tun hier Wunder, die wir nicht immer noch selbst erzeugen können, weil die Situation eben ist wie sie ist.
Danke an alle Erzieher, auch die nicht herausragend engagierten, ihr erreicht die Herzen unserer Kinder und fehlt.
Danke :)
Ich bin Heilerzieherin und kümmere mich nach der Elternzeit um die kids mit Handicap bei uns. Momentan sind das drei mit Downsyndrom.
Ich liebe meinen Beruf, meine Kita ist mein zweites Zuhause. Jetzt bin ich das Jahr in Elternzeit und merk wirklich, die Arbeit fehlt mir. Und was genau, der Lärm und das Chaos :D
:D
Wir waren mal vier Erwachsene mit sieben Kita Kindern im Zoo… Nach einer halben Stunde waren wir vier großen nervlich breit den Rückzug anzutreten, hahahaha!!!!
Irgendwann haben wir zum Glück die Kurve bekommen und hatten einen schönen abenteuerlichen Tag!
Wirklich meinen größten Respekt unseren Erzieherinnen! Auch das sie mich in einer schwierigen Situation mit aufgefangen haben.
Aber generell finde ich es nicht schlimm oder mega stressig wenn ich hier vier oder fünf statt zwei Kinder im Haus habe. Die Beschäftigten sich so toll miteinander, ich muss nur dafür sorgen dass das Wohnzimmer, die Küche, dass Bad und mein Schlafzimmer nicht geentert wird. Dann läuft’s ?
Aber du schreibst mir aus der Seele, und ja das mit dem “nicht“ fluchen übe ich auch noch ?
Aber ich hab meiner großen erklärt das manche Dinge einfach Scheiße sind und dann darf man das auch so benennen. Punkt.
Zum allgemeinen Sprachgebrauch gehört es bei uns natürlich nicht ?
Bei meiner Großen fängt es jetzt langsam an, dass sie sich mit ihren Freunden einigermaßen alleine beschäftigt. Ich genieße das sehr! Es wird besser ?
Ich kann mich da nur mega hinter stellen! Ich bewundere vorallem diese unendliche Geduld. Mein großer gehts auch noch in einen Waldorfkindergarten und da gibt es wirklich nie ein lautes Wort von den Erziehern! So toll!
Wenn ich nur dran denke dass meine Mann in ein paar Wochen drei Tage weg ist bekomm ich innerlich Panik!! Ich weiß echt noch wie es mir nach den drei Tagen gehen soll mit dem Trotz-Hb-Männchen und dem immer mobiler werden Baby was Bitte auch bespaßt werfen will!
Oh je, ich wünsche dir starke Nerven!!!
Ich habe deinen Text an die Erzieherinnen unserer Tochter weitergeleitet mit der Anmerkung, dass er mir aus dem Herzen spricht und das man es nicht schöner hätte schreiben können. Sie haben mich gebeten Ihre Antwort und ihren Dank auch an dich weiterzuleiten: “Vielen vielen lieben Dank , für diesen Text, der uns sehr rührt aber auch wieder viel Kraft gibt . Du bist eine der wenigen Mütter die unseren Beruf würdigt und uns mit Respekt und Anerkennung begegnet. Dafür danken wir dir auch mal von Herzen . Sei gedrückt von uns .”
Es kam dann noch ein Nachtrag: “ob die anderen Eltern unsere Arbeit auch würdigen wissen wir nicht, denn nur du bist eine der wenigen, die es auch ausspricht!”
Och, wie liebt! Das treibt mir Still-Hormon-Bombe doch wirklich die Tränchen der Rührung in die Augen! Vielen Dank fürs weiterleiten – in beide Richtungen :-*
Schließe mich der Lobeshymne an! Bin schon schweißgebadet, wenn ich ein Kind in die Kita und das andere wieder daheim hab. Gar nicht zu sprechen vom Abholen…
Nach dem Abholen würde ich am liebsten erst mal eine Pause machen – im Bett ?.
Ich könnte es auch nicht. ich wachse schon mit 2 Kindern daheim aus – wobei eins davon ein meist schlafendes Baby ist. Hut ab vor diesen Damen! Ich selber kenne heute noch meine GELIEBTEN Kindergärtnerinnen – haben schon meinen Onkel betreut, dann mich und sind immer noch im Dienst – sie rangierten damals unmittelbar nach meiner Mutter, was die Autorität anging und in meinem Herzen hatten sie einen festen Platz…trotzdem ist es unglaublich, was sie leisten!
Ich habe meine Kindergärtnerin auch geliebt! Sie war super ❤