Rabenmutter 2.0

Ernährung: Isst dein Kind (schon) richtig?

Kaum ein anderes Thema beschäftigt Eltern so sehr, wie folgendes: Was und wann isst das Kind? Im Grunde fängt es ja sogar schon VOR der Geburt an, wenn sich die werdende Mama nämlich mit der Frage auseinandersetzt, ob sie stillen möchte oder lieber nicht. Und dann geht’s auch schon los: Eine Entscheidung gegen das Stillen (aus welchen Gründen auch immer), ist in der Mutti-Dimension ziemlich verpönt und zieht oftmals unhöfliche und vor allem unaufgeforderte Kommentar-Salven von Hinz und Kunz an wie Scheiße die Fliegen. Klappt alles mit dem Stillen, hat man – mit etwas Glück – zumindest knapp 6 Monate Ruhe vorm Reinreden bis einem dann Fach-Leute und solche, die es gern wären, unbedingt nahe legen, die Muttermilch-Nummer zugunsten der Beikost zu beenden. Stellt man sich dagegen, ist man irgendwie doof, komisch, aber vor allem beratungsresistent, denn Studien belegen schließlich, dass es DANN losgehen sollte mit dem richtigen Essen! ;)

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Wenn Baby und Mama irgendwann tatsächlich bereit sind für den nächsten Futter-Schritt, beginnt der Spaß erst so richtig, denn heute gibt es zur RICHTIGEN Beikost-Einführung so viele Regeln wie noch nie. Als Eltern da nicht völlig verunsichert in Panik zu geraten, ist schwer. Erst recht, wenn sich der Nachwuchs ganz frech nicht zur Einhaltung der überall kommunizierten Verhaltensvorgaben herablässt, sondern irgendwie sein eigenes Ding dreht. DAS ist dann echt doof (Kinder sind manchmal ja wohl MEGA beratungsresistent!!!) :D

Brei oder Stückchen … was darf es denn sein?    

Der wohl beliebteste Beikost-Streit wird im Bereich der empfohlenen Konsistenz der Baby-Nahrung ausgetragen. Soll man nun Brei reichen oder direkt Stückchen … auch wenn das Kind erst 4-6 Monate und möglicherweise noch völlig zahnlos ist. „ICH würde auch keinen Brei essen, von dem ich nicht weiß, was da drin ist“, war mal ein Argument, dass eine Stückchen-Verfechterin mir gegenüber vorbrachte. Tja, ohne fies klingen zu wollen, aber DAS halte ich für ein selten dämliches Argument, da ich für besagte Mama ganz stark hoffe, dass sich ihr Intellekt von dem eines Babys unterscheidet. ;) Babys stecken bekanntermaßen alles in den Mund, was sie finden … und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie sich dabei fragen, aus was er denn nun gemacht ist, der Dreck, den sie gerade vom Kinderwagen-Rad geleckt oder unter dem Tisch im Familien-Café gefunden haben. Aber vielleicht irre ich mich auch. :D
ICH fand die Brei-Idee immer schon völlig ok für kleine Menschen ohne Kauwerkzeuge, doch waren meine Kinder BEIDE anderer Meinung. Die Tochter gönnte mir zwar ab und zu winzige Erfolgsmomente in Sachen pürierte Lebensmittel, jedoch nur, wenn es sich um eine gekaufte Variante handelte. Das Söhnchen hingegen machte mir nicht einmal diese kleine Freude, sondern ließ mich und meinen blöden Löffel bis über das komplette erste Lebensjahr vollständig abblitzen. Allerdings … fanden beide Kids auch die Alternative unattraktiv! Ganz besonders der Zweitgeborene; der ließ sich einfach lieber weiterhin voll stillen. Zwischenzeitlich stand ich kurz vor der völligen Verzweiflung, denn ich ahnte, was das auf lange Sicht für mich bedeutete: Der Sohnemann wollte sehr gern in die Fußstapfen der großen Schwester treten, dauerhaft allen geltenden Empfehlungen in Sachen Kinderernährung trotzen und mein ZWEITES Schlecht-Esser-Kind werden. Herzlichen Dank auch!

Schlechte Esser, gute Esser.

Die meisten Kids bekommen, selbst wenn sie ihre Eltern in den ersten anderthalb Jahren ernährungstechnisch bekloppt gemacht haben, irgendwann die Kurve, lassen ab von der regelmäßigen Milchzufuhr (egal ob aus Brust oder Flasche) und wenden sich dem zu, was sie auf dem Teller der Erwachsenen finden. Meine nicht. Meine sind mittlerweile fast 5 und fast 2 und fallen definitiv in die wenig amüsante Kategorie „Schlecht-Esser“. Während andere Kinder jeden Tag mehrfach ernstzunehmende Portionen verputzen, vielleicht nicht alles mögen, aber dennoch mehr als nur Nudeln essen und durchaus als vollwertige Mitesser am Familientisch gewertet werden können, lässt sich mein kleiner Floh immer noch vorzugsweise stillen und betrachtet alles von mir mit Besteck servierte als „Unterhaltungsprogramm gegen Langeweile beim Sitzen“, aber definitiv nicht als NAHRUNG! Und der Organismus der doch eigentlich schon sehr große Mausemaus gibt sich mit Mengen zufrieden, die selbst ein Vögelchen mit knurrendem Magen zurücklassen würden. Die Kita-Mahlzeiten mal ausgenommen, denn DIE isst die Tochter (wie sich das für Kinder gehört) so ziemlich immer ohne zu Murren und gönnt sich durchaus sogar mal einen Nachschlag. Warum zum Teufel das ZUHAUSE nicht klappt, ist mir ein Rätsel. Also zum Teil jedenfalls, denn natürlich weiß ich, dass viele Kinder woanders voll super essen, am heimischen Tisch jedoch stets so tun, als wollte Mami sie vergiften. Nervig finde ich es trotzdem, aber zwingen kann und will ich die kleine Madam ja nun auch nicht. Es könnte sich in meinem speziellen Fall nämlich durchaus um Karma handeln, dass meine Kinder so essen, wie sie eben essen … also NICHT essen! ;)

Mama und Papa sind die Vorbilder, oder?

Als ich klein war, habe ich meine Mutter mit meinem Essverhalten regelrecht in den Wahnsinn getrieben. Ich mochte so gut wie nichts, fand stattdessen so ziemlich alles, was über Spagetti Bolognese, Fischstäbchen und Pommes hinaus ging, fies und hielt mit meiner Meinung über ihre mit Liebe (ich sag das mal so, aber eigentlich hatte sie da so wenig Spaß dran wie ich heute ;) ) gekochten Gerichte auch nicht hinterm Berg. „Das riecht wie Scheiße“, erklärte ich anti-reizend, wenn ich die Küche betrat und Gemüseduft mein Näschen kitzelte. Denn Gemüse war mein Endgegner auf dem Teller … und ist es ehrlich gesagt auch heute noch. Leider habe ich mich nämlich seit meiner frühen Kindheit kulinarisch kaum weiterentwickelt und würde mich am liebsten ausschließlich von Pasta, Bratwurst, Pizza und Döner ernähren. Nur habe ich jetzt Kinder, denen ich sehr gerne ein besseres Essverhalten beibringen würde, als ich es bei mir pflege. Ergo: Meine tägliche Dosis Chips führe ich mir heimlich zu, ich esse viel Obst mit den Kindern und bemühe mich sehr, den Herd nicht nur als zusätzliche Abstellfläche in der Küche zu betrachten, sondern regelmäßig frei zu räumen, um den Kindern was ANSTÄNDIGES zu kochen. Klappt so semi-gut, aber ich bleibe dran, denn ich bin mir meiner Vorbildfunktion bewusst. Nur … scheinen sie dennoch einen eigenen Kopf zu haben. Der kleine Mann fängt trotz meiner sehr positiven Präsentation von gemüselastigen Gerichten einfach an zu weinen, wenn er sieht, dass seine Spätzle von Möhren „bedroht“ werden. Und die Tochter winkt huldvoll ab: „Nein, danke, Mama. Das möchte ich nicht essen.“ Klassische Nudeln mit Tomatensoße oder Pesto laufen aber natürlich sogar hier. Nur eben bloß in Mengen für die sich andere 5jährige gar nicht erst auf den Stuhl bemühen würden. Auf den Punkt gebracht: Meine Kinder mögen und essen nur sehr wenig, ganz egal was ich anstelle.

Bin ich das jetzt schuld?

Nein, ich denke nicht. Denn ich kenne einige andere Familien mit Schlecht-Esser-Kindern, die sich im Gegensatz zu mir auch selbst „vorzeigbar“ ernähren. Sie sind total gute Vorbilder, fahren teilweise extra zum Bio-Bauern, wälzen wöchentlich die Koch-Bücher und kredenzen ihrem Nachwuchs sogar SPEZIELLE Wunsch-Mahlzeiten, nur um sicherzustellen, dass die Kleinen nicht hungrig vom Tisch aufstehen, weil es ihnen nicht geschmeckt hat. Das machen sie nicht, weil sie für ihre Kindern gern ein Restaurant mit persönlicher Speisekarte sein möchten, sondern weil sie Angst haben; Angst davor, dass ihr „Baby“ zu wenig isst, vielleicht krank wird oder zumindest kein NORMALES Essverhalten lernt. Nur …

Was ist denn eigentlich „normal“?

Jetzt mal ehrlich: Ein NORMALES Essverhalten legt doch keiner von uns mehr an den Tag. Wir leben in einem Land, in dem es Nahrungsmittel in Hülle und Fülle gibt … und viele davon sind eigentlich nur Mist in bunten Tüten (ich kenn mich da aus, ich esse das ja alles ;) ). Zusätzlich gibt es wahrscheinlich mehr Ratgeber zum Thema gesunde Ernährung als Obst- und Gemüsesorten und on top ja auch noch die „Trends“, die natürlich immer alle auch gleich eine coole Lebenseinstellung wiederspiegeln.
Welcher Erwachsene ist heutzutage aber denn tatsächlich noch in der Lage, festzustellen, wann er Hunger hat und weiß dann, was sein Körper gerade an Nährstoffen benötigt? Die meisten von uns haben ja sogar verlernt zu trinken! Ich zum Beispiel habe jahrelang viel zu wenig getrunken, weil ich allen ernstes verlernt hatte, Durst zu empfinden und entsprechend darauf zu reagieren. Objektiv betrachtet ist das an Lächerlichkeit kaum zu überbieten … aber ich bin bzw. war da ja kein Einzelfall. Ganz bewusst habe ich mir Durst haben wieder antrainiert und trinke nun seit über zehn Jahren täglich brav meine 2,5 bis 3 Liter Wasser, ohne groß darüber nachdenken zu müssen. Das ich darauf ein bisschen stolz bin, ist wohl der Gipfel der Albernheit. ;)

Fakt ist: Normales, NATÜRLICHES Essverhalten gibt’s heute gar nicht mehr. Einige Menschen ernähren sich krampfhaft gesund, viele quälen sich dauerhaft mit Diäten und andere essen was ihnen so in die Hände fällt … wenn sie beim Dönermann vorbei gehen. ;) Den Instinkt, der uns sagen könnte, was wir wann und in welchen Mengen brauchen, hören wir doch gar nicht mehr. Unsere Kinder aber schon! SIE empfinden noch richtigen Hunger und Durst, wissen, wann sie satt sind und wann es JETZT SOFORT ein Apfel sein muss. Vielleicht müssen wir ihnen einfach nur ein bisschen mehr vertrauen, wenn wir mal wieder versucht sind, ihr individuelles Essverhalten zu bewerten und mit anderen zu vergleichen. Damit meine ich nicht, dass wir sie wahllos in der Süßwaren-Abteilung eskalieren lassen sollen, sondern nur, dass wir zumindest in Erwägung ziehen, dass es in Ordnung ist, was sie da gerade machen. Meine Kinder geben mir SCHOKOLADEN-EIS zurück, wenn sie satt sind. Das finde ich so mega toll – da sollte ich ihnen doch eigentlich auch glauben können, wenn sie beim Mittagessen nicht mehr können. Und wenn sie regelmäßig Obst verzehren und ich es zusätzlich wenigstens zwischendurch schaffe, den beiden versteckt in einer Suppe oder Soße etwas „Grünes“ zu verabreichen, dann ist doch alles im Lack! Was macht es schon, wenn sie wenig essen, solange sie wachsen und gesund sind.

Tja, möglicherweise sollte ich aufhören, mich verrückt zu machen, weil meine Kinder angeblich nicht „in normalen Mengen“ oder ausschließlich gesund essen. Möglicherweise sollte ich stattdessen den Fokus darauf legen, dass sie diesen tollen Instinkt, der ihnen sagt, was sie persönlich, so ganz individuell, gerade brauchen und was nicht, noch ein wenig länger behalten. Kann wahrscheinlich nicht schaden. ;)

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11 Kommentare für “Ernährung: Isst dein Kind (schon) richtig?

  1. Danke für den tollen Artikel. Ich Versuch mich nicht mehr bekloppt zu machen, meistens gelingt es mir auch. Und wenn man sich bewusst macht (ich schreib mir auf, was der kleine isst) dann sieht man auch, dass es meistens dar nicht so wenig ist, als man dankt.

  2. Toller Artikel! Ich finde es auch wichtig darauf zu vertrauen, dass das Kind weiß, was es braucht. Die beste Basis um Essstörungen gar nicht erst aufkommen zu lassen!

    Eine Frage – wie hast Du Dir denn Deinen Durst wieder antrainiert? Ich habe leider immer noch keinen Durst und kenne 2,5-3l trinken nur aus der Zeit des Stillens… Das würde ich aber gerne ändern!
    Liebe Grüße ?

    1. Ich habe abends “trainiert”, mir also eine 1,5 Liter-Flasche Wasser auf den Tisch gestellt und sie im Laufe des abends bewusst getrunken. Das ist natürlich erstmal nervig, weil die Blase ja mittrainiert, aber es wird schnell besser. Und dann hat man ganz plötzlich wieder richtig Durst! Ständig! Voll krass! :D Mittlerweile stelle ich mir morgens immer schon einen halben Liter Tee und ebenfalls einen halben Liter (sehr dünne) Saftschorle vor die Nase. Plus Kaffee natürlich. Dann hab ich schon mal ne Basis :D

  3. Du sprichst mir aus der Seele. Mein Sohn war immer ein schlechter Esser, zumindest was warmes Essen anging. Obst und Joghurt oder Obstmus (ob aus dem Glas oder selbstgemacht) ging immer und in grossen Mengen. Und Fleisch und Fisch hat er komplett aussortiert, Kartoffeln leider auch. Da er eher schmal ist muss ich mir jedes Mal von der Kinderärztin anhören, er wäre zu leicht. Beim ersten Mal habe ich mir Gedanken gemacht, aber als ich in meinem alten U-Heft gesehen habe, dass ich sogar noch leichter war, konnte ich das ganze lockerer sehen. Er hat gegessen soviel er wollte, und es gab einfach viel von dem, was er gerne mochte. Obst und Joghurt ist ja jetzt auch nicht so ungesund. Jetzt mit 20 Monaten hat sich das auf einmal komplett gewandelt. Er ist immer noch schmal, aber er isst auf einmal wahnsinnig gut. Verdrückt ein ganzes Schnitzel oder eine Krakauer, hat in Windeseile den Teller mit Nudeln leer gefuttert und isst sogar einiges an Gemüse gerne. Obst liebt er immer noch, und Kartoffeln isst er nur in Form von Pommes. Im Nachhinein betrachtet bin ich froh, dass ich ihm da nie Druck gemacht habe. Laut meiner Mutter hat das bei mir schon zu nichts geführt. Mein Butterbrot habe ich nur vorm Fernseher gegessen und Gemüse esse ich bis heute kaum. Die Kleinen haben einfach schon sehr früh ihren eigenen Kopf und ich vertraue darauf, dass er weiss, was er braucht. Jetzt bin ich schwanger mit Nummer 2 und habe mir fest vorgenommen, es wieder genauso zu machen.

    Danke für diesen tollen Artikel.

    1. Sind sie nicht merkwürdig die Lieben kleinen. Unsere Kleine isst in der Kita auch gut und alles und bleibt sogar an Tisch sitzen. Hier ein paar Hapse und weg ist sie oder “Mama Couch füttern”. Soll ich sie jetzt zwingen sitzen bleiben? Obwohl wir von Anfang an am Tisch gegessen haben? Heute gabs frische Hühnensuppe mit Nudeln. Sie isst lieber eine halbe Melone. Lieber Joghurt statt Brot zum Frühstück… wie gesagt, nur hier zu Hause. In der Kita “isst” alles gut.

  4. Du hast so Recht. Ich bin gerade dabei, mir wieder ein “normales” Essverhalten anzugewöhnen und versuche dabei von unserer Tochter zu lernen. Die hört nämlich auf, wenn sie satt ist. Da kann der Kuchen noch so lecker sein oder der Teller noch so voll. Ist sie satt, dann hört sie auf. Und wir haben eine “gute” Esserin. Prinzipiell gibt es nicht viel, was sie nicht isst, aber es ist sehr tagesformabhängig: mal isst sie mit Vorliebe Gemüse, mal gar nicht, dafür muss es dann Fleisch oder Fisch sein. Und das ist sowohl Zuhause als auch in der Kita so. Ich glaube also auch, wir sollten den Kindern da vertrauen, wenn die Hunger haben, dann essen sie schon.
    Und noch ein Beispiel: Meine Schwägerin hat sich schon als Kind geweigert Obst zu essen und vor zwei oder drei Jahren hat sich herausgestellt, dass sie eine Fruktoseintoleranz hat. Der Körper wußte das anscheinend schon vorher…