Me-Time
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Das “Recht” auf Me-Time einfordern … und warum das eben oft nicht so einfach ist

Jedes Mal, wenn ich auf irgendeinem meiner Kanäle so ein bisschen rumwitzle, dass ich jetzt etwas „Me-Time“ beim Arzt oder Einkaufen genießen werde, flattern mir Kommentare oder Nachrichten rein, die mich ein wenig dafür „schelten“, dass ich SOWAS Me-Time nenne. Sie klingen ungefähr so: Liebe Anke, das ist nicht lustig; das ist traurig. Mütter sollten es nicht als „Me-Time“ bezeichnen, wenn sie in einem Wartezimmer sitzen müssen. Sie sollten vehement ihr RECHT einfordern, RICHTIGE Me-Time zu bekommen. IMMER!

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Das Recht auf Me-Time?!

Also … grundsätzlich stimmt es natürlich, dass diese trendige Bezeichnung von Freizeit etwas anderes meint, als Schundblätter lesen auf mittelmäßig bequemen Wartezimmer-Stühlen. ABER Fakt ist: Sehr viele Mütter HABEN KEINE ANDERE ME-TIME … und auch keine Möglichkeit, diese einzufordern, ganz egal wie sehr es ihr RECHT wäre! Aus ganz vielen verschiedenen Gründen. Weil die Familien-Struktur es vielleicht aktuell nicht hergibt oder weil sie alleinerziehend sind oder weil die Kinder noch nicht in irgendeine Betreuung gehen (können) oder weil weder Verwandte noch Freunde um die Ecke wohnen und den Nachwuchs mal übernehmen können oder, oder, oder. Es gibt wirklich unzählige Gründe, warum Me-Time, die über profane „Veranstaltungen“ wie Friseur- oder Arztbesuche, ja sogar Einkaufengehen, hinausgeht, manchmal über eine gewisse Zeitspanne hinweg schlichtweg NICHT möglich ist. Das bedeutet nicht, dass diese Zeit nicht vermisst wird … aber das oftmals absehbare daran hilft ja durchaus, es locker und mit Humor zu sehen. Genauso wie der positive Blickwinkel, den man annehmen kann, wenn man denn möchte. Wobei ich es tatsächlich auch gar nicht soooo schwer finde, einen Aufenthalt in einem Wartezimmer – sofern man es schafft, tatsächlich KEIN Kind mitzunehmen, nicht schlimm krank und/oder sehr besorgt um sich ist – völlig ok zu finden … die Zeit ALLEIN, diese aufgezwungene Pause vom Alltags-Stress, tatsächlich zu genießen, in der man mal ungestört am Handy daddeln oder in einem Magazin blättern kann. Denn: Die Chance zu haben, sich um seine eigene Gesundheit KÜMMERN ZU KÖNNEN, ohne dabei einen Puls von 180 zu haben, weil man eigentlich woanders sein müsste oder jemand am Hosenbein zerrt und brüllt, IST doch im Grunde Me-Time in Reinform und sie wertschätzen zu können, schadet wahrscheinlich niemandem.

Was ist eigentlich Me-Time?

Klar, neue Lebensmittel ranschleppen müssen ist natürlich wirklich keine echte Me-Time. Wobei … auch hier wohl eine individuelle Perspektive angebracht ist. Mir haben nämlich durchaus schon viele Frauen und sogar Männer geschrieben oder erzählt, wie schön sie diese Bummel durch Supermärkte finden. Andere schalten so richtig bei der medizinischen Fußpflege ab. Und wieder andere lieben Friseurbesuche. Wenn man MICH dazu befragt: ICH finde alles drei nicht so schön und würde diese Zeit lieber anders verbringen. Zum Beispiel in der Horizontalen vor Netflix. :D Oder auf der Couch mit meinem Mann. Oder bei einem Spazierengang mit einer Freundin. Es ist doch so: Was wir entspannend finden und was nicht, ist eine recht persönliche Sache. Warum sollten wir uns da also von Menschen, die uns gar nicht oder kaum kennen, vorschreiben lassen, WAS wir als Me-Time bezeichnen dürfen? Jemand, der monatelang Zahnschmerzen hatte und dann endlich Zeit findet, sich in RUHE beim Zahnarzt behandeln zu lassen (und dabei NICHT an Zahnarztangst leidet), wird vielleicht rausgehen und seufzen: Wow, da hab ich mir gerade so richtig was Gutes getan. Das IST doch der Inbegriff von Me-Time, oder nicht? Und nur weil irgendwer es voll unbequem fänd, eine geschlagene Stunde in einem Auto auf einem Parkplatz vor dem Schwimmbad zu hocken, während drinnen ein Kinder-Kurs stattfindet, darf sich die Mutter vom teilnehmenden Spross doch trotzdem über ihre Auto-Me-Time mit Buch freuen. Wenn SIE das doch schön findet?! Irgendwer sollte sich nicht das RECHT rausnehmen, diese von eben dieser Mutter so gewertschätzte Auszeit kaputtzureden.

Warum mich sowas so ärgert

Wie so oft stoßen mir solche Kommentare aber nicht auf, weil der Schreiber oder die Schreiberin nicht über meinen Humor lachen kann, sondern weil es wieder einmal diese besondere Mischung aus Verallgemeinerung und Bevormundung ist. Mütter MÜSSEN – laut dieser Leute – ihr RECHT DURCHSETZEN und sich Me-Time nehmen?! So, dass ANDERE das schön finden?! Und erholsam?! Hm, äh, nein! MÜSSEN sie nicht! Nur, wenn sie das sowohl wollen, als auch können!!! Und LETZTERES gilt eben nun mal nicht für alle, auch wenn das natürlich super wäre und bestimmt schon allein rein gesellschaftlich betrachtet, erstrebenswert. Dem ist aber halt nicht so und es lässt sich in vielen Familien-Konstellationen auch nicht erzwingen. Dabei ist dann auch noch ganz wichtig zu betonen: Oft ist niemand „schuld“ daran; es ist einfach eine Gesamt-Situation, die nicht perfekt ist. Dafür ist sie – und da wiederhole ich mich krass gerne – in sehr vielen, wenn auch ebenfalls nicht für alle gültig, absehbar. Und deshalb hilft den vorübergehend Me-Time-losen meiner Meinung nach Humor deutlich besser, als ein passiv-aggressiver, fordernd erhobener Zeigefinger von jemandem, der die Situation nur von außen und aus der Ferne betrachtet. Dieser Zeigefinger baut nur Druck auf und macht ein mieses Gefühl, hilft aber niemandem weiter.

Es ist doch so: Wirklich ausnahmslos jeder, dessen Kinder bereits groß sind, sagt, dass diese Zeit, in der die Kleinen uns wirklich gefühlt rund um die Uhr brauchen, ratzfatz vorbei ist. Rückblickend scheint es wie ein Wimpernschlag zu sein. Zack, schon sind sie aus dem Gröbsten raus und wir HABEN wieder Zeit, auszuschlafen, zum Sport zu gehen, zu nähen oder was auch immer zu tun, um uns zu entspannen, auszuleben oder allgemein wohler zu fühlen. Es ist eine (in den meisten Fällen) tatsächlich begrenzte Zeitspanne, in der wir gefühlt in einer Tour gebraucht werden, eben maximal eine Stunde zum Friseur gehen oder mal in einem Wartezimmer rumsitzen können. Ja, das ist eine hart anstrengende Lebensphase, wenn man kleine Kinder hat. Sie kann mega mürbe machen, uns zum Heulen bringen, an uns zweifeln lassen und unser Nervenkostüm auf LEIDER-UNSICHTBAR-DÜNN reduzieren. Aber sie geht vorbei und mit ihr die Momente, in den wir den sich für die lange Wartezeit entschuldigenden Arzt-Helfer*innen entgegen lächeln und sagen: „Bitte, entschuldigen sie sich nicht; das hier ist Wellness-Time für mich!“.

Irgendwann kommt sie wieder, die Me-Time

Daher: Wenn wir Mütter es schaffen, uns in dieser anstrengenden Zeit Me-Time zu gönnen, die auch Außenstehende zufriedenstellen würde, ist das toll. Wenn nicht … aus welchen Gründen auch immer … ist das auch schaffbar! Dann sehen wir eben eine Zeitlang das Beste in Arztbesuchen oder kleinen Auszeiten in Gemüseabteilungen. DANN IST DAS EBEN SO! Wir sind deshalb keine schwachen Frauen, die ihre Rechte nicht einfordern. Wir sind nur Mamis (oder manchmal auch Papis), die schlicht nicht in einer perfekten (Familien-)Situation leben. Nicht mehr und nicht weniger. <3

PS: Jammern darf man trotzdem. Immer. Weil’s gut tut. Kann ich auch nicht oft genug sagen :-*

PPS: Wie immer freue ich mich, wenn ihr den Beitrag teilt! 

 

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Ein Kommentar für “Das “Recht” auf Me-Time einfordern … und warum das eben oft nicht so einfach ist

  1. Hey Anke, ich finde es gut, wie Du dieses Thema angehst. Auch ich hatte und habe wenig Zeit für mich selber. Es gab Zeiten, da waren 45 Minuten Gym pro Woche meine Me-Time. Aber ich habe eben auch für mich entschieden, dass ich viel Zeit mit meinen Kindern verbringen will.
    Nichtsdestotrotz geht es den meisten Eltern doch so. Vor allen denen, die auf sich allein gestellt sind. Und ja, da sollte sich etwas ändern, Toleranz in der Gesellschaft, neue Arten von Unterstützung, Anerkennung von Leistung usw. Es ist gut, wenn wir uns darüber austauschen, um neue Wege zu entdecken.