Bereits zu Beginn der Schwangerschaft war es mein Wunsch in unserem städtischen Klinikum ambulant zu entbinden. Hier hatte ich bei den Geburten meiner zwei Töchter schon Erfahrungen gesammelt und die mittlere Tochter bereits ambulant bekommen. Es war mir wichtig mein Wochenbett in Ruhe zu Hause zu starten, umgeben von meinen Lieben und mit Unterstützung meiner bekannten Hebammen, die mich Zuhause betreuen.
Wie ich feststellen musste ist der Verlauf einer Schwangerschaft und auch einer Geburt letzten Endes nicht planbar, man kann nur versuchen aus allem das Beste zu machen. Positiv denken sozusagen ? Im wahrsten Sinne des Wortes. Meine Schwangerschaft verlief komplikationslos und ich fühlte mich auch mit zwei Kindern und jede Menge Aufgaben im Alltag bis zum Schluss recht fit. Ich lief sozusagen auf der Zielgeraden der 39. Woche zu, als ich mich dann 10 Tage vor meinem Entbindungstermin bei meiner Tochter mit Corona ansteckte. Ich bin dreifach geimpft, fühlte mich jedoch nicht wirklich gut. Ähnlich einer Grippe mit Schnupfen, Gliederschmerzen und Geschmacks- und Geruchsverlust. Der kleine Mann im Bauch wurde immer ruhiger und ich machte mir an einigen Tagen Sorgen, ob es ihm auch wirklich gut ginge. Mein Frauenarzt nahm freundlicherweise meine Schwangerschaftsvorsorge, trotz Corona, vor. Er untersuchte mich außerhalb der regulären Praxiszeiten. Alle waren sehr verständnisvoll und ich fühlte mich gut aufgehoben. Dem kleinen Bauchbewohner ging es ebenfalls gut, dass beruhigte mich ungemein. Nun hieß es nur noch gesund werden und den Kleinen noch etwas im Bauch behalten, um nicht doch noch Corona-positiv entbinden zu müssen. Unser städtisches Krankenhaus gibt hier nämlich weiterhin vor, dass Schwangere mit dem Coronavirus isoliert und alleine (ohne eine Begleitperson) entbinden müssen. Dies war eine schreckliche Vorstellung für mich und für meinen Mann. Gerade in dieser emotionalen Situation wie einer Geburt war ich auf meinen Partner mehr denn je angewiesen.
Ich fieberte dem siebten Tag entgegen um mich frei zu testen. Leider war mein Test auch am neunten Tag noch positiv und die Übungswehen wurden mehr. Wenigstens wurde mein Gesundheitszustand besser und die Symptome etwas milder. Mein Mann blieb weiterhin negativ und hat es tatsächlich bis zum Schluss geschafft sich nicht anzustecken. Er war unsere sichere Basis in diesen Tagen. Am zehnten Tag, der gleichzeitig Entbindungstermin war, wurden die Wehen schließlich gegen Sonnenaufgang häufiger und ich war mir sicher – jetzt geht es los! Leider war auch am 10 Tag mein Test noch positiv. Verzweifelt riefen wir die Krankenhäuser in der Umgebung an und erkundigten uns nach den Regelungen für Corona-Erkrankte Schwangere bei der Geburt. In einem kleinen Krankenhaus in der Nachbarstadt hatten wir dann Erfolg! Hier dürfen Schwangere mit Corona mit einer Begleitperson entbinden. Mein Mann fuhr noch schnell zur Teststation und lies sich testen. Gottseidank war sein Test immer noch negativ. Die Wehen wurden langsam regelmäßiger und wir fuhren direkt los, da noch etwas Papierkram mit der Anmeldung im Krankenhaus auf uns wartete.
Ich wurde bereits an der Pforte des Krankenhauses von einer sehr freundlichen Hebamme im Vollschutz in Empfang genommen. Sie war gleich so herzlich, dass ich mich direkt gut aufgehoben fühlte. Wir wurden in einen extra eingerichteten ,,Corona“-Kreissaal gebracht und die ersten Untersuchungen wurden vorgenommen. Hier war mein Muttermund gerade erst bei zwei Zentimeter und die Wehen wurden im Liegen beim CTG-Schreiben etwas weniger. Was mir schon fast klar war. Gegen 11 Uhr verlies die Hebamme das Zimmer nochmal um sich etwas vom Vollschutz zu erholen, unter diesem war es nämlich ganz schön heiß. Sie meinte noch: „Das wird noch dauern. Und vielleicht gibt es um 14 Uhr noch ein Schichtwechsel, dann hab ich nämlich Feierabend – aber man weiß ja nie, beim dritten Kind ist es meistens eine Überraschung wie lange die Geburt dauert.“ Sie sollte Recht behalten.
Mein Mann und ich trugen die ganze Dauer über eine FFP2 Maske. Als die Hebamme nun aus dem Zimmer war, stand ich auf und begann während der Wehen in die tiefe Hocke zu gehen und diese zu veratmen. Ich wollte die Schwerkraft etwas nutzen – erfolgreich. Nachdem die Hebamme nach einer halben Stunde wieder kam waren die Wehen regelmäßiger und häufiger. Für eine kurze Zeit verspürte ich kaum noch eine Pause. Nun durfte ich meine Maske ausziehen, diese hatte ich tatsächlich fast vergessen, denn ich war ganz in meinem Rhythmus. Nun verspürte ich nach kurzer Zeit tatsächlich schon den Drang zu schieben. Daraufhin untersuchte die Hebamme den Muttermund der bereits auf gute acht Zentimeter aufgegangen war. Um nicht zu sehr zu schieben, zeigte mir die Hebamme eine andere Atemtechnik und ich pustete die Luft in kurzen Stößen aus. Dies war ziemlich anstrengend. Immer wieder motivierte ich mich innerlich, um das Ganze durchzuhalten und zu funktionieren. Mein Mann versorgte mich in der Zeit mit Wasser und einem kühlen Waschlappen, denn mein Körper arbeitete auf Hochtouren. Der Muttermund war dann auch relativ schnell offen, jedoch stand die Fruchtblase noch. Um der Natur seinen Lauf zu lassen warteten wir noch einige heftige Wehen ab und nach kaum zehn Minuten öffnete sich dann auch die Fruchtblase während einer Wehe.
Die Hebamme war tatsächlich zu jeder Zeit ganz wunderbar zu uns und sehr respektvoll mir gegenüber. Sie motivierte mich bis zum Schluss. Nun kam die Ärztin dazu und nach einigen Presswehen war dann auch mein kleiner Junge um 12:35 Uhr da. Etwas lila war er und musste erst etwas Schleim ausspucken bevor er richtig losschrie. Es ist einfach ein überwältigendes Gefühl so einen kleinen Menschen auf die Welt zu bringen. Ich weinte diesmal vor Glück und Erleichterung. Die Plazenta ließ dann noch etwas auf sich warten, denn die Wehen hörten komischerweise kurz danach auf. Die Hebamme und die Ärztin wurden schon etwas unruhig, dann kam sie nach. Jedoch blieben einige Häutchen in der Gebärmutter hängen und die Oberärztin wurde dazu gerufen um diese zu lösen. Verrückterweise wurde ich zum Husten aufgefordert um die Häute zu lösen. Die ganze Geburt über hatte ich als Coronapatientin kein Einziges mal gehustet, dass war schon fast zum laut los lachen.
Letzten Endes lief alles gut und ich verließ vier Stunden nach der Geburt das Krankenhaus im Vollschutz und im Watschelgang, jedoch mit meinem Mann und meinem wundervollen Baby. Zuhause wurden wir von zwei stolzen Schwestern und der Oma freudig erwartet.
Diesen spannenden Geburtsbericht hat Anne geschrieben :)