Geburtsbericht
Geburtsberichte

Roxanna erzählt

Es war Montag, 36+2, und ich schleppte mich schnaufend wie eine Dampflok zur Frauenärztin. Ich hatte nicht mehr allzu viel Lust schwanger zu sein und bat den Sohn, falls bei der Untersuchung alles in Ordnung sei, ab Samstag (37+0) in Erwägung zu ziehen, sein 1-Zimmer-Appartment zu räumen.

Die Untersuchung zeigte: Alles prima und keine Anzeichen für eine bevorstehende Geburt. CTG unauffällig, Kind wurde schon auf 3000g geschätzt, Gebärmutterhals nicht verkürzt und die Plazenta hielt den Mindestabstand zum inneren Muttermund brav ein. Der war nämlich bis vor zwei Wochen noch nicht gegeben und die Plazenta hatte den Ausgang blockiert. Sie hatte sich aber dann doch noch entschieden ein Stückchen hochzuwandern und somit grünes Licht für eine Spontangeburt gegeben. Es hieß jetzt also weiterhin: abwarten und Tee trinken.

„Hmpf, bei meinem Glück übertrage ich wahrscheinlich noch…“

Tags darauf packte mich so richtig der Putzwahn! Es wurde gewischt, Badezimmer geputzt, Betten frisch bezogen, Schränke aus- und umgeräumt. Am Abend war ich dann so richtig platt. Am nächsten Tag wollte ich dann die Küche ausräumen und auswischen.
Dazu kam es allerdings nicht.

In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch musste ich gegen ein Uhr auf die Toilette. Doch bevor ich die Toilette erreichte, wurde es nass zwischen meinen Beinen. Ich dachte mir nur: „Okay, entweder, der junge Mann hat mir jetzt ganz blöd auf der Blase gelegen, oder die Fruchtblase ist geplatzt.“
Beim Herunterziehen der Hose dann der Schock: Überall Blut! Dünnes, frisches, hellrotes Blut, das gerade so auf den Boden tropfte. Panik!
Ich setzte mich schnell auf die Toilette und rief nach meinem Mann. Nach ganz kurzem Beratschlagen, rief ich im Kreißsaal an, verwählte mich natürlich auch noch (Speichert euch die Nummer ins Handy ein!). Ich sollte kommen. Ich verbrachte gut zehn Minuten auf der Toilette und hatte den Eindruck, der Schleimpfropf sei abgegangen, war mir aber nicht sicher. Während ich auf der Toilette saß, packte mein Mann die Kliniktasche fertig. Ich hatte zwar schon alles gerichtet, aber nicht in die Tasche eingeräumt.
„Vielleicht habe ich mit meiner Putzattacke tatsächlich die Geburt angekurbelt.“, dachte ich noch.
Wir fuhren also samt frisch gepackter Kliniktasche ins Krankenhaus. Bis wir dort angekommen waren, hatte die Blutung allerdings aufgehört.
Man legte mich ans CTG und die Hebamme untersuchte mich vaginal. Richtig bluten tat nichts mehr und der Muttermund war lediglich eine Fingerkuppe weit geöffnet. Nach einer bevorstehenden Geburt sah das alles nicht aus.
Nach einem unauffälligen CTG (nur leichte Kontraktionen in großen Abständen) und einem unauffälligen Ultraschall am Bauch (dem Baby ging es gut), schickte man mich wieder nach Hause, mit der Verordnung auf strengste Ruhe. Wahrscheinlich hatte ich es doch tags zuvor einfach ein wenig übertrieben.

Auf der einen Seite war ich erleichtert und froh zu hören, dass es dem Sohnemann gut ging. Auf der anderen Seite war ich besorgt, denn irgendwo musste das Blut (nicht gerade wenig) ja hergekommen sein.
Ich hielt mich auf jeden Fall an die strikte Ruhe und verbrachte den Mittwoch auf der Couch. Die Küche musste also warten.

In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag musste ich gegen drei Uhr wieder zur Toilette. Beim Abwischen wieder Blut! Ich rief also wieder nach meinem Mann und erneut im Kreißsaal an und wir machten uns die zweite Nacht hintereinander mit Kliniktasche (die ich nochmals umgeräumt und neu gepackt hatte) auf den Weg ins Krankenhaus.

Auch diesmal hatte die Blutung aufgehört, bis wir im Krankenhaus angekommen waren. Das CTG war wieder unauffällig. Ebenso, die vaginale Untersuchung, der vaginale Ultraschall und der am Bauch. Beim Baby war alles in Ordnung – Gott sei Dank.
Diesmal wollte man mich allerdings zur Beobachtung für 24 Stunden dabehalten. Da fiel mir echt ein Felsbrocken vom Herzen, denn ein drittes Mal wollte ich nicht hilflos blutend Zuhause sitzen und dann ohne Blutung im Krankenhaus ankommen
Ich bezog also ein Zimmer in der Nähe des Kreißsaals, schickte meinen Mann nach Hause und versuchte, bei all der Aufregung ein bisschen zu schlafen. Gelingen wollte mir das allerdings nicht so recht. Zu viele Gedanken kreisten in meinem Kopf umher.
Mein Mann kam gleich morgens wieder und auch ihm sah man die letzten zwei Nächte an.
Ich sollte über den Tag verteilt dreimal zum CTG und im Laufe des Tages wollte die Oberärztin nach mir sehen.
Der Tag war alles andere als schön. Die Ungewissheit machte mich echt mürbe. Zu allem Übel kam noch, dass das Trinkwasser der Stadt verunreinigt war und man sich nicht einmal die Hände waschen durfte! Die Kliniken im Umkreis führten nur noch Notoperationen durch, Restaurants mussten den Betrieb eistellen und ich fühlte mich ein bisschen wie bei einer Zombieapokalypse, als ein Feuerwehrauto durch die Straßen fuhr und Durchsagen machte, man solle sich Trinkwasservorräte anlegen! Das Schlimmste für meinen Mann war allerdings, dass es keinen Kaffee mehr gab. Nachmittags gegen 15 Uhr kam dann die Oberärztin mit drei weiteren Ärztinnen im Schlepptau. Sie untersuchten mich von oben bis unten. Schallten jeden Winkel ab, vaginal und am Bauch. Sie untersuchten mich lange vaginal. Anhand der Gesichter und den Worten, die sie miteinander wechselten, ahnte ich schon, dass da etwas gewaltig nicht stimmt.
Sie wollten sich zum Beratschlagen zurückziehen. Ich sollte währenddessen wieder zum CTG. Das Trinkwasserproblem war in der Zwischenzeit behoben und es gab wieder Kaffee ;-)
Während ich also zum gefühlt hundertsten Mal am CTG hing, kam die Hebamme herein und drückte meinem Mann einen Anästhesiefragebogen in die Hand. Den solle er mit mir ausfüllen. Irritiert schauten wir erst uns und dann die Hebamme an und noch irritierter schaute diese zurück. Sie meinte, das bräuchte man, wenn ein Kaiserschnitt gemacht werden würde. Aber anscheinend hatte man uns noch gar nicht aufgeklärt. Sie würde umgehend die Ärztin zu uns schicken. Als die Hebamme den Raum verlassen hatte, meinte ich zu meinem Mann, dass wir dieses Krankenhaus wohl nicht mehr ohne Kind auf dem Arm verlassen würden.

Kurz darauf kam die Ärztin herein und klärte uns auf.
Es sah alles danach aus, dass an der Plazenta ein Gefäß kaputt sei und sich Blut in der Gebärmutter angesammelt hätte. Auf den Bildern der ersten beiden Untersuchungen sei dies nicht erkennbar, da das angesammelte Blut ja vorher „rausgelaufen“ war. Mittlerweile hätte sich aber wieder Blut angesammelt. Sie würden also noch heute einen Kaiserschnitt machen. Dann fiel mir der nächste Felsbrocken vom Herz und ich heulte erstmal. Allerdings nicht vor Angst oder Enttäuschung, sondern vor Erleichterung. Endlich konnte man mir sagen, was los war. Das ewige in der Luft hängen hatte ein Ende.
Enttäuscht darüber, dass ich nicht spontan entbinden konnte, war ich keine Sekunde lang. In diesem Moment war der Kaiserschnitt die Erlösung für mich und vor allem aber der sicherste Weg für mich und mein Kind. Ich wollte einfach nur, dass der Spuk vorbei ist und mein Baby im Arm halten.

Es wurde nun ausgerechnet, wann ich halbwegs nüchtern war und dann für 19 Uhr die OP angesetzt.
Die Zeit bis dahin verbrachte ich ans CTG angeschlossen im Kreißsaal.
Mein Mann bekam währenddessen natürlich Migräne. Es war aber auch echt der Wurm drin :-D Er hielt sich aber tapfer und stand mir die ganze Zeit zur Seite. So ganz begreifen, dass wir heute noch Eltern werden würden, konnten wir es allerdings nicht.

Irgendwann kam die Anästhesistin und führte mit uns das Aufklärungsgespräch bezüglich der Spinalanästhesie.
Nach einer halben Ewigkeit wurde ich dann fertig gemacht. Mein Mann hatte die ehrenvolle Aufgabe, mir die Thrombosestrümpfe anzuziehen. Was ein Spektakel! Ich wurde dann von meinem Mann und der Hebamme Richtung OP geschoben. Davor trennten sich unsere Wege und mein Mann musste sich umziehen und in der Schleuse warten. Ich wurde in der Zeit umgebettet und von einem wirklich ganz tollen Team in Empfang genommen und weiter vorbereitet. Die Stimmung war gut und das OP-Team so freundlich und Mut machend, dass auch ich noch relativ entspannt war. Dann wurde mir die Spinalanästhesie gesetzt. Mein Mann war zu diesem Zeitpunkt schon im OP- Saal, musste aber in der Ecke warten. Nach zwei gescheiterten Versuchen wurde ich dann doch nervös. Ein Kaiserschnitt mit Spinalanästhesie war für mich gar kein Problem. Mit Vollnarkose allerdings schon! Das wollte ich auf keinen Fall! Ich wollte doch unbedingt den ersten Schrei meines Babys hören! Also riss ich mich zusammen, machte den Katzenbuckel des Todes und beim dritten Versuch klappte es Gott sei Dank. Jetzt durfte mein Mann zu mir. Wir bekamen noch ein paar Dinge erklärt, es wurde gefühlte hundert Mal getestet, ob die Narkose wirkte und dann ging es auch schon los. Es ruckelte und wackelte heftig an mir, unangenehm war es allerdings nicht. Dennoch bohrten sich meine Nägel vor Aufregung immer tiefer in die Hand meines Mannes. Und dann – um 19:21 Uhr – erblickte unser Sohn das Licht der Welt! Er wurde sofort, mit Nabelschnur, kurz über den Vorhang gehoben und da brachen bei mir alle Schleusen. Geschrien hat er nicht, dafür dreimal gequakt, was ihm den Spitznamen „Frosch“ einbrachte <3 Er wurde kurz von der Hebamme mit nach nebenan genommen. Sie schaute, ob alles in Ordnung ist und die Atmung klappt und brachte ihn dann in einem Handtuch eingewickelt zu uns und legte ihn zu mir ans Kopfende. Da war er also! Wunderschön und perfekt. Und wir Eltern erleichtert, heilfroh und voller Stolz und Liebe!

Nach gut einer viertel Stunde ging dann mein Mann mit Hebamme und Sohn nach oben, Richtung Kreißsaal. Ich wurde genäht und in den Aufwachraum geschoben. Dort verbrachte ich noch einige Zeit, bis die Narkose aufhörte zu wirken. Dann wurde auch ich endlich zu Mann und Kind hochgeschoben. Mein Mann saß Oberkörper frei mit dem Sohn auf der Brust, fast platzend vor Stolz, da. Und dann bekam auch ich endlich den Kleinen auf die Brust gelegt und war einfach nur erfüllt von Glück und unendlicher Liebe für dieses kleine Geschöpf <3

Er wog übrigens trotz 36+5 schon 3240g und war 51cm groß.

Abschließend kann ich zum Glück sagen, dass ich den Kaiserschnitt überhaupt nicht schlimm oder negativ empfunden habe. Für uns war es der einzige Weg, dass alle beteiligten gesund und ohne Komplikationen aus der ganzen „Nummer“ heraus gekommen sind. Und das ist das Einzige, was zum Schluss zählt: ein gesundes Kind und eine gesunde Mutter.
Ich hatte, trotz der Blutungen und der damit verbundenen Sorgen, ein tolles Geburtserlebnis, was ich nicht zuletzt auch dem tollen Ärzte- und Hebammenteam zu verdanken habe.

Diesen schönen Geburtsbericht hat Roxanna geschrieben :)

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