Best of Rabenmutter 2.0

Ich liebe dich, du Arsch!

Der Klassiker geht ja bekanntermaßen so: Verlieben, heiraten und als Krönung des gemeinsamen Glücks ein Kind in die Welt setzen. Ende … also zumindest in den Buch- oder Film-Versionen von Liebesgeschichten. Im wahren Leben geht’s dann natürlich erst richtig zur Sache. Und zwar ohne besänftigende, romantische Hintergrundmusik. Stattdessen ist die neue Dauerbeschallung eine anheimelnde Kombination aus Baby-Geschrei und zwischen den Eltern ausgetauschten (und meist nur mittelmäßig liebevoll vorgetragenen) Befehlen wie: „Schnell, hol das Spucktuch!“ oder „Wickel das Baby – du bist dran!“ und immer wieder gerne: „Verdammt, wo hast du den Schnuller hingelegt??? Such ihn!“ Ach ja, die ersten Wochen in der neuen Familien-Idylle sind sooooo schön emotional … und das auf einer ganz neuen, SPANNENDEN (wenn man drauf steht ;) ) Kommunikationsebene!

Fakt ist: Die Erfahrung, zum ersten Mal Mama oder Papa zu werden, ist wundervoll – kommt allerdings nicht nur mit rosa Wölkchen, sondern auch mit einer ganz neuen, erst einmal regelrecht überproportionierten Gefühlswelt und zudem mit meist heftigem Schlafentzug daher, weil nur die wenigsten Babys von Anfang an auch nur im Ansatz so schlafen, wie wir Erwachsenen es aufgrund von Gewohnheit gerne hätten. Anstatt seelig neben der Mutti zu schlummern, wird der Nachwuchs ständig wach, weint, strampelt, pupst, kotzt, will trinken und füllt so oft die Miniatur-Windel bis zum Rand mit grellgelbem Pupu, dass sich Mama und Papa ernsthaft fragen, ob das kleine Menschlein in unbeobachteten Momenten möglicherweise an Fresswettbewerben teilnimmt. Nichts davon trägt – na sowas! – zu erholsamem Schlaf bei. Und so entwickeln sich recht zackig die für Neu-Eltern so bezeichnenden Augenringe in Krater-Dimension. Neben dem neuen „Look“, bringt der Schlafentzug (gepaart mit den anderen erfrischenden Mitbringsel eines Säuglings wie überwältigende Liebe, ebenso überwältigende Angst um das Krümelchen, leichte bis starke Rückenschmerzen, Geburtsverletzungen (in den meisten Fällen nur bei Mami ;) ), Besuchs-Stress und die Bewältigung der bisher normalen Aufgaben wie zum Beispiel Wäschewaschen unter nun erschwerten Bedingungen dank Baby-Gebrüll) auch ein ETWAS dünneres Nervenkostüm mit. Und daraus wiederrum resultiert, dass GrumpyCat neben frischgebackenen Eltern durchaus recht sympathisch und ausgeglichen wirken kann :D . Ergo: Selbst in den allerbesten, liebevollsten, romantischsten und innigsten Beziehungen der Welt kommt nach der Geburt eines Kindes mal Sturm auf. Das ist ganz normal (hoffe ich ;) ).

Bei Kind eins habe ich das emotionale Chaos und das nächtliche Martyrium ungefähr zwei Wochen ausgehalten, bevor ich anfing, meinen Mann dafür zu bestrafen, dass ich gefühlt der Tod auf Latschen war. Bei Kind zwei war ich auf alles besser vorbereitet und den Schlafentzug schon gewöhnt, da die Mausemaus ganze zweieinhalb Jahre nicht durchgeschlafen hat und ich – als sie endlich nicht mehr die halbe Nacht für Amüsement sorgte – bereits wieder schwanger war und von meiner Mimosen-Blase alle paar Stündchen aus dem Bett getrieben wurde. Daher dauerte es diesmal … GANZE 3 Wochen, bis ich ihn das erste Mal vom Balkon werfen wollte – und er mich :D .

Das lustige (wenn man es irgendwann rückwirkend mit etwas Abstand betrachten kann) an den Post-Geburts-bzw. Wochenbett-Streitereien ist, dass sie im Prinzip völlig gehaltlos sind. Und genau das versuche ich mir immer zu sagen, wenn ich kurz davor bin, den Göttergatten mit einer vollen Pupu-Windel zu foltern, weil er mich gerade mal wieder zur Weißglut treibt.

Unser Lieblingsstreit-Thema bei Kind eins war mein fehlerhaftes Verhalten im Wochenbett. Der Mann war der Meinung, ich solle ausschließlich im Bett liegen und den Haushalt einfach Haushalt sein lassen. Und NATÜRLICH hatte er damit nicht Unrecht. Nur … er wollte den Haushalt eben auch nicht machen. Er wollte nämlich eigentlich AUCH im Bett liegen ;) . Da ich aber totaler Fan von sauberen Unterhosen, Katzenstreu-freien Böden und schimmellosem Geschirr bin, MUSSTEN wir zwischenzeitlich etwas tun. Ich gern, aber danach mit körperlichen Abstrafungen beschäftigt, er ungern und nachhaltig davon genervt, dass ich so eine Dränglerin bin (was erdreiste ich mich auch, ihn alle zwei Stunden daran zu erinnern, dass er die Spülmaschine ausräumen soll :D)

Wir haben uns in den ersten Wochen mit der Mausemaus wirklich ständig gestritten. Und wenn nicht wegen so etwas profanem wie Hausarbeit, dann wegen der überraschenden emotionalen Reaktionen, die ein Baby in völlig übermüdeten Eltern auslösen kann – wie zum Beispiel stundenlanges, herzerweichendes Säuglingsgebrüll.

„Das ist so grauenvoll, ich spüre ihr Weinen beinahe körperlich“, gestand mir mein Mann am Wickeltisch stehend mit Blick auf unsere damals noch winzige kleine Madam. Ich lächelte aufgrund der wohligen Verbundenheit zu ihm in dieser Extrem-Situation. „Mir geht es ganz genauso“, sagte ich, nahm unsere schreiende Tochter auf den Arm und ging ins Schlafzimmer, um mich mir ihr in unser Bett zu legen und die Schreistunden auszusitzen (zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits alle erdenkliche Tipps zur Verkürzung der abendlichen Brüllattacken ausprobiert und weil nichts half, beschlossen, es einfach mit meinem Kind gemeinsam auszuhalten.) Der Kindsvater folgte mir und ich ging davon aus, dass er sich noch ein wenig zu uns gesellen und den Horror mit mir zusammen genießen würde. Stattdessen blieb er an der Tür stehen, winkte lächelnd, sprach: „Dann mal gute Nacht, ihr zwei!“ und ließ mich mit dem lärmenden Baby allein.
Wie bitte?! dachte ich. Tickt der noch ganz sauber? Wenn der Penner sich jetzt auf die Couch setzt und die Glotze anmacht, lass ich mich scheiden! Ich hätte am liebsten mein hilflos schreiendes Mausemäuschen abgelegt, um mal eben selbstindiziert Witwe zu werden. Hab ich mir aber dann doch verkniffen, weil ich mich zu erschöpft für so ein körperlich aktives Unterfangen fühlte, und mir stattdessen vorgenommen, ihn den Rest unseres Lebens immer mal wieder – je nach Laune – dafür zu bestrafen. Tue ich auch! Nichtsdestotrotz lachen wir heute darüber (er mehr als ich ;) ) und ich weiß, dass er sich in diesem Moment hilf- und nutzlos fühlte. Sich zurückzuziehen, erschien ihm tatsächlich als clever. Was soll ich sagen … Männer :D .

So etwas würde er sich heute, bei Kind zwei, natürlich nicht mehr wagen. Zumindest nicht, ohne mich vorher zu FRAGEN, ob er mich irgendwie unterstützen könnte. Er hat dazugelernt. Und ich auch. Ich würde ihn nicht noch einmal so davon kommen lassen … ich würde mein Stimmniveau augenblicklich an das des schreienden Babys anpassen und dem Herrn einen schnuckeligen, kleinen, Fäkal-Wörter-Tinnitus verpassen.
Aber wie gesagt: Was die Streitpunkte des ersten Wochenbettes angeht, sind wir im zweiten echt schlauer geworden. Wir haben eine Putzfrau (das kann ich wirklich nur empfehlen!!!) und versuchen, deutlicher zu kommunizieren, wer gerade was braucht oder wo es hakt. Allerdings … hilft das auch nicht immer :D .

Beispiel für einen völlig überflüssigen, gehaltlosen Wochenbett-Müdigkeits-Streit:

Ich: „Es ist echt kalt. Ich brauche einen Schal, wenn wir das nächste Mal rausgehen.“
Er: „Ich versuche, dich daran zu erinnern, bevor wir gehen, Schatz!“
Eine Stunde später, draußen.
Er: „Oh, vergessen. Hast du an den Schal gedacht?“
Ich: „ Willst du mich verarschen? Du siehst doch, dass ich einen anhabe!“
Eine Stunde wütendes Schweigen.

Fazit diesen Streites: Wir sind beide Vollidioten und passen daher vortrefflich zueinander :D .

Auch echt ein Pool des Vergnügens ist, dass viele Neu-Eltern – gerade die Mamis – erst einmal wie auf Autopilot laufen. Alles, was nicht DIREKT mit dem Baby zu tun hat, wird zweitrangig und kann kaum ernsthaft thematisiert werden. Bei mir ist das allen voran Essen. Ich habe zwar Hunger, bin aber nicht in der Lage, zu entscheiden, WAS ich essen will. Das treibt den Mann zur Weißglut, möchte er mir doch gerne etwas Gutes tun, wenn er mich fragt, was er mir kochen oder bestellen soll. Ich jedoch will da nicht drüber nachdenken … kann ich auch gar nicht … und esse stattdessen im Prinzip wahllos alles was so rumliegt. In der Vorweihnachtszeit in erster Linie Kekse und Schokolade ;) . Das KOTZT ihn an!

Dafür gehe ich hoch wie ein HB-Männchen, wenn ich gezwungen bin, SCHNELL beide Kinder gleichzeitig anzuziehen, die Große aber immer wegrennt, dabei ohrenbetäubend Weihnachtslieder gröhlt, noch schnell ca. 90 % ihres gesamten Spielzeug-Besitzes im Wohnzimmer verteilt und dem Papa jedes mal, wenn ER sie anziehen will, entgegen brüllt: „Nicht du! Die Mama!“ und ich dann noch schweißgebadet feststelle, dass der Schneeanzug, in den ich den Krümel gerade unter starker Gegenwehr reinbugsiert habe, NICHT in den MaxiCosi passt. Dann drohe ich zu explodieren. Oder in einem winzig kleinen Heulkrampf zusammenzubrechen. Je nach Tagesform und Allgemeinbefinden. Ich LIIIIIIEBE diese Momente! ;)

Ach ja, ich kann mich nur wiederholen: Die erste Zeit mit einem Neugeborenen ist famos und super spannend in Bezug auf die Beziehungs-Auswirkungen. Deshalb sage ich meinem Angetrauten auch hier noch einmal: „Ich liebe dich, du Arsch! Auch wenn ich dich aktuell deutlich öfter als normal am liebsten bei eBay als gebrauchtes, leicht mangelhaftes Ehegatten-Exemplar verticken wollen würde. Ich weiß ja, dass ich gerade auch keine Disney-Prinzessin bin. Aber das geht vorbei – wie damals bei Ella – und dann sind wir als Paar noch etwas stärker als zuvor.“ Das hoffe ich zumindest ;) .

PS: Wie immer freue ich mich, wenn ihr diesen Text teilt! Danke! <3

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18 Kommentare für “Ich liebe dich, du Arsch!

  1. Mein allerliebster Lieblings-Göttergatte hat es die ersten 2 Monate so gehalten, dass er, jedes Mal wenn der kleine Mann seinen Tobsuchtsanfall hatte (etwas 3 Mal am Tag, abends auch gern nach kurzem Luft holen ein weiteres Mal), in seine Werkstatt in den Keller gegangen bin.
    Ja und ich dumme Kuh habe ihn gehen lassen und mich so dermaßen alleine darüber aufgeregt, dass ich mich der Stimmung meines Sohnes angepasst habe und wir zusammen gewütet haben – nur eben außerhalb der akustischen Reichweite des Vaters!
    Ganz blöde Idee!
    Mittlerweile traut er es sich aber nicht mehr. Kommunikation ist doch etwas herrliches ?

  2. Danke liebe Anke! (Hui das reimt sich sogar, hast du bestimmt noch NIE gehört:D) Du sprichst mir aus der Seele. Sei der Geburt unserer kleinen Maus im September fühle ich mich abwechselnd total bevormundet oder völlig alleine gelassen und das mitunter innerhalb einer halben Stunde :p aber mittlerweile ist schon Besserung in Sicht, hoffe ich zumindest ;)

  3. Unsere Maus ist jetzt 4 Monate und wir haben gerade Tränen gelacht!! Insbesondere beim “Tickt der noch ganz sauber?”

    Danke für den tollen Beitrag!

  4. Oh Mann, kannst du hell sehen. Wir erwarten gerade noch unseren kleinen und unsere große ist zwei ein halb.
    Einige deiner Beschreibungen werden hier genau so auftreten….. Ich sehe es kommen…oh nein und ich kann nix dagegen machen.
    Ich werde heulen, wüten, stampfen und nochmal heulen….

  5. Frauen brechen eben nicht zusammen, keine Zeit. Ich saß über Weihnachten mit meiner frischen Maus im Krankenhaus, kein Weihnachten für mich, keine leuchtenden Kinderaugen meines Sohnes beim Geschenkeauspacken, nur weinend am Telefon, weil Mama nicht da war, nur arsch…Ärzte mit Phrasen (Tja, hätten Sie mal nachgerechnet, wann Weihnachten ist…Weihnachten ist ja jedes Jahr…). Ein Fraß an Essen (Bohnen – ich STILLE…), das Zimmer voller Anverwandter, die von ihrer kaputten Prostata erzählen und…mein Mann ruft mich abends an und fängt fast an zu heulen, weil er fertig ist mit der Welt, mit den Anverwandten, weil alles zuviel ist und er auch mal die Seele baumeln lassen möchte, nur für ein kleines Bierchen…Muttis dürfen einfach nicht ausfallen (und ich liebe den Idioten, bytheway).

  6. Und ich dachte, nur ich hab so ein Exemplar zuhause :D Wobei es mit Ankunft des Bröckchens schon durchaus besser geworden ist. Nach wie vor mit Sachen schmeißen (vorzugsweise scharf oder schwer) könnte ich, wenn wir a) schnell los müssen und ich beide Kinder samt Tasche komplett selber abfertige, weil er noch “schnell speichern” muss und b) er sich zu dem Zeitpunkt, an dem ich ins Bett gehe, aus der Kinderbetreuung ausklinkt – ich bin ja näher dran. Dass ich erst aufwachen und aufstehen muss, wenn eines der Kinder schreit, nimmt er in Kauf.

    Trotzdem liebe ich ihn. Wir Frauen sind doch verrückt^^

    1. Wir Frauen sind vor allem sehr viel härter im Nehmen als die Herren der Schöpfung – die klinken sich doch nur aus, weil sie zu schwach für unser Pensum sind ;)

  7. Meine bessere Hälfte hat heute morgen schon mal einen Vorgeschmack auf “sehr unausgeschlafenes Weibchen” bekommen – ich zog es vor, lieber nichts zu sagen, denn jedes Wort hätte eher in die “Schimpfwort-Kategorie” gehört. Gestatten: Morgenmuffel ;-) (auch ohne Kind).
    Mit Kind sollte er sich schon mal vorsorglich einen Stahlhelm zulegen, fürchte ich.

    Er findet auch sämtliche Sprüche a la “wenn wir dann zusammen wohnen, kannst du ja die Wäsche (Kochen, Putzen, whatever) erledigen” ziemlich lustig. Ich nicht.
    Habe ihm schon ziemlich deutlich zu verstehen gegeben, dass eine Waschmaschine keinen “Brüste Schalter” hat, den nur ich betätigen kann. Wie war das nochmal – währe den Anfängen, oder so? :-)

    Manchmal trifft ein “ich liebe dich, du Arsch” es wirklich am besten :-)

  8. Ach, da hat man gleich ein Schmunzeln im Gesicht. Ich bin schon gespannt wie es bei uns abläuft, wenn wir unser erstes Kind haben.

    Lieben Gruß

  9. Schön, das auch mal darüber geschrieben wird, wie es wirklich ist. Männer die sagen, ruh dich aus, aber niemals auf die Idee kommen, sauber zu machen. Klar kann man sich ausruhen, dann hat man aber morgen die doppelte Arbeit.
    Woher haben die nur so ein dickes Fell??
    Ich fühle mich total unwohl, wenn überall was rumliegt und Männer können im größten Chaos chillen. Am schlimmsten ist es ja, wenn sie krank sind. Dann muss man Kind, Haushalt und Co. allein managen und wird noch gefragt, wo der Tee bleibt und warum die Suppe nur eine aus der Tüte ist und warum das hier so dreckig aussieht….
    So… Frust abgeladen. Dafür erledigen Sie ja andere Sachen, Regale anbauen, Steuererklärung, Auto reparieren, Versicherungskram, etc. da will ich mal nicht so sein, aber manchmal nervt es schon.