Rabenmutter 2.0

Die Nummer mit den blanken Nervenenden

Es ist definitiv nicht daran zu rütteln: Wenn wir Mamis (oder Papis ;) ) abends im dunklen Zimmer sitzen, die kleinen warmen Hände unserer soeben eingeschlafenen Kinder in den eigenen spüren und im Dämmerlicht mit den Augen den zarten Konturen ihrer ganz entspannten Gesichtchen folgen, fühlen wir sie – diese überdimensionale Liebe und Hingabe für unseren Nachwuchs, die uns ausfüllt und glücklicher macht, als wir es je für möglich gehalten hätten. Allerdings … so ehrlich muss man ja auch mal sein … kommt es vor, dass wir nur wenigen Minuten vorher nicht GANZ so viel Liebe und Hingabe verspürten – weil es eben einfach Momente oder gar Tage gibt, an denen einem die eigenen Kinder ganz echt und ohne Frage DEN VERDAMMTEN LETZTEN NERV RAUBEN!!! ;) :D

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Zugegeben: Sowas wie „Boah, mir gehen die Kids heute wirklich voll auf den Sack!“ darf man als Mutter in der Öffentlichkeit nicht sagen ;) . Aber das solche oder ähnliche Sätze mal durch unsere Köpfe wabern, ist trotzdem normal … und meines Erachtens völlig nachvollziehbar. Denn ganz egal wie sehr wir uns Kinder gewünscht haben, wie dankbar wir sind, dass sie da sind, wie sehr wir sie lieben, wie zuckersüß sie aussehen und wie absolut reizend sie zur Bäckereifachverkäuferin sind … in jedem von ihnen steckt ein kleines Teufelchen, dass am allerliebsten mit der Mama spielt, wenn diese gerade so gar keine Power mehr hat, weil sie krank, völlig überarbeitet oder schlicht müde wie ein Braunbär vor dem Winterschlaf ist. Mal von diesen eh schon eher nervenschwachen Momenten abgesehen, bleiben wir Mamis ja auch nach der Geburt – ganz schnöde und eigentlich wenig überraschend – einfach nur Menschen. D.h. es kommt doch tatsächlich auch bei uns vor, dass wir einen schlechten Tag haben, an dem wir im Grunde sehr gerne jedem, der uns anspricht, gepflegt gegen das Schienbein treten oder zumindest ein paar deftige Schimpfworte an die Birne knallen würden. Nur … für derlei Normalo-Befindlichkeiten ist im Mami-Alltag eigentlich gar kein Platz. Im Gegenteil sogar, wenn man bedenkt, dass (die meisten) Kinder sehr feine Antennen für Schwankungen in der Mutti-Macht haben und dann erst so RICHTIG loslegen (voll gemein eigentlich! ;) ). Und ich spreche aus ­– natürlich rein subjektiver – Erfahrung, wenn ich sage: An einem Kack-Tag, der insgesamt nur Ärger brachte, mit dem ICH persönlich schon um 10 Uhr morgens fertig war aufgrund von NERV, der aber gefühlt einfach partout nicht enden will, hilft es mir erstaunlich wenig, wenn mir JEMAND über Stunden hinweg konstant kölsche Karnevalslieder ins Ohr gröhlt. ECHT NICHT!!!!

Ich weiß, die Mausemaus meint es – zumindest sowas ;) – eigentlich von Herzen gut. Sie glaubt wirklich, dass es mir hilft, wenn sie mir etwas vorsingt. Und das ist so süß, dass ich sie dafür 24 Stunden am Stück durchknutschen könnte. Also in der Theorie. In der Praxis sieht es leider ab und an etwas anders aus. Da ist es mir leider schon passiert, dass ich mich abrupt zu dem dauerhaft „Wenn das Trömmelche jeht“- singende Töchterchen umgedreht habe, um ihr ein wenig liebevolles, dafür aber lautes ES REICHT JETZT zu servieren. Pädagogisch gesehen natürlich der Super-Gau, der mir in einem Hippster-Spiele-Café die umgehende Steinigung durch Übermütter eingebracht hätte. Aber auch ohne derlei Strafverfolgung fühlte ich mich sofort unterirdisch schlecht, entschuldigte mich bei meinem geschockten Kind, dass sich zu RECHT keiner Schuld bewusst war, sondern einfach nur meine miese Laune abbekommen hat. ÄTZEND! Aber dennoch normal. Denn auch Mama-Nerven haben schließlich Grenzen … obwohl da nicht sooo gerne drüber gesprochen wird ;) … und es gehört zum Kinderleben dazu, diese auszuloten UND zu überschreiten. Natürlich nicht immer mit voller Absicht. Aber durchaus oft! ;) Zum Beispiel mit der so ziemlich allen (Klein-)Kindern eigenen Penetranz!

Mit der 4-jährigen im LIDL:

„So, Mäuschen, wir kaufen jetzt noch schnell ein paar Sachen ein und dann geht’s zum Spielplatz. Wir treffen uns da nämlich mit Elli, ok?“
„Juchuuuu, ich freu mich!“

5 Sekunden später:

„Mama, treffen wir hier die Elli?“
„Nein, Schatz, die Elli treffen wir gleich auf dem Spielplatz … NACH dem Einkaufen.“
„Muss die Elli auch hier einkaufen?“
„Nein, die gehen woanders einkaufen.“
„Wo ist Elli dann jetzt?“
„Weiß ich nicht genau. Vielleicht schon auf dem Weg zum Spielplatz!“
„EEEEEEELLLIIIII!!!“
„Süße, die Elli ist nicht hier!“
„Auch nicht dort drüben?“
„Nein.“
„Wo ist sie denn?“
„Ich weiß es nicht, Süße. Aber GLEICH ist sie auf dem Spielplatz.“
„Ok, ich freu mich nämlich total auf Elli!“
„Ich mich auch, Schatz!“
„Können wir jetzt zu Elli gehen?“
„Ich beeile mich, ehrlich! Wir gehen gleich.“

5 Sekunden später:

„Mama, ich will nicht auf den Spielplatz. Ich will zu Elli nach Hause.“
„Wir sind aber auf dem Spielplatz verabredet.“
Kind heult laut: „Ich will zu Elli nach Hause!!! “

5 Sekunden später:

„EEEEEEELLLIIIII!!!“
„Schatz, was machst du denn?“
„Ich ruf Elli!“
„Aber sie ist doch gar nicht hier!“
Kind grinst fett: „Ich weiß!“

Ich denke, ich muss nicht erläutern, in welchem nervlichen Zustand ICH den Spielplatz erreichte. Manchmal ist es echt schade, dass Schnaps (am Tag) für Eltern so verpönt ist ;) .

Und täglich grüßt der Schlafanzug

Auch waaaaahnsinnig beliebt bei meinen Nerven sind die An- und Auszieh-Situationen mit beiden Kindern … wenn ich morgens dank einer extrem miesen Nacht mit dem Krümelchen noch im Halbschlaf stecke oder abends einfach nicht mehr kann und bereits seit einer Stunde immer wieder heimlich auf die Uhr linse, wann es denn endlich an der Zeit ist, die Brut ins Bett zu manövrieren. Ich verstehe wirklich nicht warum, aber sobald ein Schlafanzug ins Spiel kommt, drehen Kinder völlig ab! Ich hingegen fange an zu gähnen und sehne mich nach Ruhe. Wenn dann die Tochter zwischen all dem Getümmel aus Klamotten-Chaos, Zahnbürsten und verlorenen Haarspangen, die doch eben eigentlich noch da waren, wünscht, dass ich auch ihrer Puppe den Schlafanzug anziehe (wohlgemerkt den, der eigentlich zu einer kleineren gehört und deshalb VERDAMMT NOCHMAL NICHT PASST!) muss ich schon einmal konzentriert einatmen, um nicht arschig abzulehnen. Dass ich bereits leicht angenervt mit etwas Frickeligem beschäftigt bin, löst im Krümelchen dann meist umgehend das Bedürfnis aus – bestückt mit großen Spielzeugen wie Brummkreisel oder Schaufelbagger – auf meinen Schoß zu klettern und die Ärmchen um meinen Hals zu legen, was süß, aber in diesem Moment wenig hilfreich ist. Wenn zusätzlich noch – und das MUSS meist sein – die Tochter oben drauf klettert, um den kleinen Bruder zu kitzeln, endet es immer gleich: Mutti bekommt mit richtig Schmackes und unter dualem Kichern den Kreisel in die Fresse. Oder den Bagger. Oder einen Kinderkopf. Ergebnis: Muttis Nervenenden liegen blank – und der Titel der „Spiel-Verderberin des Tages“ ist mal wieder gesichert ;) .

Passt schon

Bevor ich selbst Kinder hatte, konnte ich sowas nicht verstehen. Ich konnte mir nicht vorstellen, Kinder anzubrüllen, die doch eigentlich nur spielen. Doch mittlerweile weiß ich, dass auch das zur Elternschaft dazugehört. Denn Fakt ist: Was Mamis noch mehr als Taschentücher für ewig triefende Rotznasen brauchen, ist eine bombastische Nervenstärke gepaart mit schier übernatürlicher Geduld. Und die HABEN wir! Aber eben nicht immer ;) . Ich finde das nicht schlimm, sondern normal. Unsere Kinder müssen schließlich auch lernen, dass JEDER Grenzen hat, die respektiert werden sollten, dass sich JEDER dann und wann doof verhält oder sogar ein bisschen unfair reagiert – Mamas, Papas … aber natürlich auch sie selbst. Und sie müssen lernen, wie man damit umgeht, wenn’s dann mal gerumst hat und die Stimme erhoben wurde. Wie man sich entschuldigt … und wie man verzeiht. Das gehört doch alles dazu – zum Leben in einer Familie! Und natürlich auch zum Leben im Allgemeinen <3 .

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9 Kommentare für “Die Nummer mit den blanken Nervenenden

  1. Liebe Elli, ich musste so an dich denken und habe mir gedacht, dass du bei zweistellig Minus so richtig aufblühst. Ich mag trockene Kälte auch gerne und bis auf den Fahrtwind war es, solange man gut eingepackt war, auch gut zu ertragen. Arktische Grüße Karolin

  2. Ich hatte neulich auch mal wieder so einen vollkatastrophentag, an dem ich abends das Kind anflehte, doch endlich mal drei Minuten alleine zu spielen (aussichtslos! immer!), und dann konnte ich nicht mehr und musste ein bißchen schreien und toben. Darauf verzog sich das Kind in seine Spielküche, klapperte dort ein wenig vor sich hin, und kam dann mit einer tasse zu mir, die es mir servierte mit den worten: hier mama, für dich: kaffee mit wurst und schnaps!

  3. Jeder gibt eben einfach nur sein Bestes und es gibt halt Tage, da wird man laut. Solange es einem noch leid tut, gewisse Grenzen nicht überschritten werden und man daraus lernt…
    Und das mit den Schwankungen in der Mutti-Macht ist sooo wahr…konnt ich dank meiner Lungenentzündung wieder erleben…es ist wie im Dschungel, zeigt man Schwäche, ist man dran. Kleiner Bonus: jetzt ist Papa der Held und darf die Kuscheltiere anziehen…

  4. Ich fühle so mit dir. Maus hat Weihnachten den “Carol of the bells ” gelernt und singt ihn UNUNTERBROCHEN in einer Lautstärke, die vermutlich bis zu den Weihnachtsinseln reicht. Dass sie eigene Musik hat, der Bub brüllt und ich versuche zu telefonieren, verbessert das Ganze nicht wirklich.