Ich bekomme schrecklich gerne Besuch. Aber fast noch ein bisschen lieber bin ich selbst irgendwo zu Gast. Einfach, weil ich es mag, mal woanders zu sein und es ehrlich gesagt durchaus nett finde, wenn nicht UNSERE Wohnung nach dem lustigen Beisammensein mit Kindern aussieht, als wäre eine Spielzeug-Bombe explodiert und anschließend eine Samba-tanzende Herde Elefanten hindurchgefegt. ;)
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Das Problem an meinem eigentlich favorisierten Nachmittags-Szenario in den heimischen vier Wänden von Freunden ist allerdings folgendes: Die Tochter kann sich nur schwer trennen. Und mit „schwer“ meine ich, dass die Verabschiedung in 8 von 10 Fällen in heftigen Wutausbrüchen und Tränen endet und ich in den Augen der Gastgeber – wenigstens gefühlt – wie die schlechteste Mutter aller Zeiten dastehe, weil ich mein Kind offenbar null im Griff habe und mein pädagogisches Arsenal nur schön-wetter-Momenten gewachsen ist. Ergo: Viele sehr schöne Nachmittage bleiben uns nicht als solche in Erinnerung, sondern hinterlassen einen bitteren Nachgeschmack. Und DAS ist ziemlich doof.
Ein Beispiel: Vor kurzem besuchten wir eine befreundete Familie, die wir über den Winter zwar seltener, aber nicht GAR NICHT gesehen hatten. Allerdings saßen wir schon länger nicht an IHREM Esstisch, deshalb war ich auch echt sehr erstaunt, als sogar das normalerweise zu Anfang immer etwas schüchterne Krümelchen durch die Haustür unserer Freunde marschierte und im Prinzip augenblicklich mit den anderen Kindern verschwand … komplett ohne Akklimatisierungs-Phase. „Mega gut“, dachte ich und genoss gemeinsam mit meinem Mann und unseren Gastgebern ein tolles Essen und ein paar wirklich relaxte Stunden, da alle Kids bestens beschäftig waren.
Als es langsam spät wurde, kündigte ich meinen Kindern an, dass wir bald aufbrechen müssten. Es gab Gemotzte von beiden. Soweit, so gewöhnlich. Als es dann wirklich Zeit war, gab ich den Startschuss und zumindestens das Söhnchen löste sich ohne größere Diskussion von seinen Freunden und zog sich die Schuhe an. Die Tochter hingegen wurde wütend. Sehr sogar. Sie schimpfte und brüllte, weinte und zeterte. Dabei reagierte sie weder positiv auf liebevolle Erklärungsversuche, dass es nun mal spät wäre, und auch nicht auf mein Versprechen, dass wir uns alle sehr bald wiedersehen würden. „Ich bleibe hier!“ schrie sie uns entgegen und nahm mir damit natürlich das beliebte Druckmittel, dass Mutti eben ohne sie gehen würde. Schade. ;) Richtig eskalierte es dann, als unsere Gastgeber grinsend meinten, dass es von ihnen aus völlig ok – nein, sogar begrüßt – würde, wenn die Mausemaus über Nacht bliebe. Logischerweise kam dieser Vorschlag dem berühmten Öl gleich, das ins Feuer gegossen wird. Mist!
Um es auf den Punkt zu bringen: Dieser Abschied war definitiv einer der Schlimmsten, den ich bisher als Mama erlebt habe, und ließ uns als Eltern in keinem strahlenden Licht erscheinen. Denn wir versagten pädagogisch betrachtet auf ganzer Linie. Wir quasselten zu viel rum, schimpfen zu laut, verpassten den richtigen Moment für Konsequenz und trugen das strampelnde Töchterlein im Prinzip viel zu spät hinaus, weil wir zu lange gehofft hatten, es anders hinzubekommen … auch, um in den Augen der anderen Eltern nicht ganz so mies dazustehen.
Klar, wir hätten sie auch einfach dalassen und uns den Stress damit ersparen können. Aber erstens passte es nicht in unsere Pläne für den nächsten Tag, zweitens wohnen eben diese Freunde nicht gerade um die Ecke, was ein spontanes Abholen bei Heimweh in eine größere Aktion verwandelt hätte UND drittens … bin ich irgendwie der Meinung, dass wir – die Eltern – uns keine Entscheidungen von unseren Kids DIKTIEREN lassen sollten. Nicht SO! ;)
Die Wut und Frustration der Mausemaus ebbte auf dem Heimweg so schnell wieder ab, wie sie eskaliert war und somit war der Weg frei, normal darüber zu sprechen. Wie immer. Unzählige dieser Situationen haben wir in den letzten drei Jahren gemeinsam erlebt und meines Erachtens auch jeden nur erdenklichen Tipp dazu bereits ausprobiert. Nie half etwas wirklich oder mehr als einmal. Deshalb erzählte ich am nächsten Tag in einer Instagram Story davon … und erhielt daraufhin so viele Nachrichten von Mamis und Papis, die diese Abschiedsdramen genauso erleben wie wir UND ganz tolle Tipps, wie man es vielleicht in den Griff oder zumindest ein wenig verbessern könnte, dass ich sie unbedingt richtig in einem Artikel zusammenfassen wollte.
Vorab sei aber schon sagen: Der ultimative Super-Tipp, der GARANTIERT bei allen Kindern hilft, ist leider nicht dabei. Das wäre ja auch viel zu einfach. ;) ABER dennoch gibt es viele gute Ideen und Ansätze, die man ausprobieren und vor allem kombinieren kann, bis man den individuell brauchbarsten Weg gefunden hat, ein Eskalieren der Abschiedssituation zu verhindern. <3
16 Eltern-Tipps, damit nicht jeder Abschied in Wut-Gebrüll und -Tränen endet.
- Zuhause schon ankündigen, WANN man wieder Heim geht und wie der Abschied am besten läuft. Also z.B.: Um sieben sagen wir unseren Freunden Tschüss und gehen dann zusammen nach Hause.
- Ein „Danach-Highlight“ vereinbaren – z. B. eine besonders lange Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen oder auch eine Folge der Lieblingsserie gemeinsam zu schauen.
- Die Gastgeber rechtzeitig mit ins Boot holen, ihnen sagen, dass das eigene Kind manchmal Schwierigkeiten mit dem Abschied hat und man deshalb möglicherweise etwas positive Unterstützung brauchen wird.
- Den Aufbruch rechtzeitig ankündigen. Je nach Kind schon eine halbe Stunde vorher, vielleicht reichen aber auch zehn Minuten.
- Die verbleibende Zeitspanne auf einer Uhr zeigen, eventuell sogar einen Wecker dafür stellen, damit nicht Mama „schuld“ ist, sondern die Uhr.
- Den Abschiedsschmerz des Kindes ernst nehmen und versuchen, es liebevoll zu trösten.
- Direkt ein neues Playdate vereinbaren, um von der Trennung abzulenken.
- Wenn es Zeit ist zu gehen, wirklich konsequent durchziehen und nicht mehr auf endlose Diskussionen einlassen.
- Ein kleines Wettrennen beim Anziehen veranstalten. Wer hat die Schuhe schneller an? Mama oder Kind?
- Mit einer kleinen Süßigkeit „bestechen“. ;)
- Den Gastgebern den „schwarzen Peter“ zuschieben: Sie sollen den Nachmittag für beendet erklären, am besten aber dazu sagen, dass die tolle Zeit gerne wiederholt werden kann.
- Verschiedene Geheimzeichen ausmachen, die bedeuten: Es ist Zeit zu gehen! Und ruhig auch: Langsam wird Mama wütend! So läuft man nicht Gefahr, dass sich das Kind vor seinen Freunden blamiert fühlt.
- Eine Kleinigkeit, vielleicht ein Spielzeug des Freundes, ausleihen dürfen und dann mitnehmen. Beim nächsten Treffen wird es zurückgegeben.
- An das Highlight erinnern: Nur wenn wir jetzt gehen, können wir noch vorlesen oder eine Folge gucken. Sonst wird es zu spät.
- Wenn alle Gemüter wieder abgekühlt sind, die Abschiedssituation nochmal in Ruhe besprechen. Jeder darf sagen, was gefühlt blöd war und Vorschläge machen, wie es beim nächsten Mal besser gehen könnte. Das können oft sogar schon Kleinkinder.
- Ein Belohnungssystem einführen: Wenn’s 3 x richtig gut geklappt hat, gibt’s eine kleine Überraschung.
Und was könnte noch helfen?
Von all diesen tollen Tipps mal abgesehen, hilft es UNS ELTERN vielleicht ein bissen, wenn wir versuchen, uns auch (oder gerade) in Stress-Situationen drei Dinge immer mal wieder ins Gedächtnis zu rufen:
- Wenn unsere Kids nicht gehen wollen, bedeutet das, wir haben ihnen eine richtig schöne Zeit geschenkt, die sie so sehr genießen, dass sie nicht enden soll. Also: Wir haben alles richtig gemacht! <3
- Kinder rasten nur bei den Menschen aus, denen sie wirklich zu 100% vertrauen, bei denen sie null Angst haben, etwas kaputt machen zu können und von denen sie sich IMMER geliebt fühlen. Ich finde, dieser Gedanke hilft oft enorm, nicht selbst an die Decke zu gehen. ;)
- Diese Phase des Bockens und Weinens dauert vielleicht lange, aber garantiert nicht ewig. Irgendwann finden Kinder andere, erwachsenere Wege, ihren Unmut auszudrücken. Sie SAGEN uns dann einfach, dass sie uns und unsere Entscheidungen zum Kotzen finden und lassen uns stehen. Wie Idioten. Und DANN werden wir sie höchstwahrscheinlich vermissen, unsere KLEINEN Rumpelstilzchen mit ihrem lauten Gebrüll und den vielen Tränchen, die aber im Endeffekt doch WIR TROCKNEN dürfen und mit einer kuscheligen Umarmung heilen sollen. Hach, naja, es gibt halt doch Schlimmeres … oder?! ;) <3
PS: Ich weiß, dass nicht alle diese Tipps einen Pädagogik-Preis gewinnen werden, ABER sie schaden auch niemandem. Und Fakt ist, dass es immer wieder Momente in der Elternschaft gibt, wo man einfach mal was ausprobieren, vielleicht sogar über seinen Schatten springen und das kleinere Übel wählen muss, um im Endeffekt ein Ziel zu erreichen, dass immer noch nicht perfekt, aber OK für alle ist. Manchmal reicht das nämlich schon. ;)
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Mir gefällt, deine Anmerkung, dass womöglich nicht alle Tipps einen Pädagogik-Preis verdienen. Du hast völlig recht: wir müssen nicht rund um die Uhr versuchen, Pädagogik-Preise zu gewinnen! Danke für die Erinnerung!
Sehr gerne!!! :-*
Schöne Zusammenstellung. Das danach Highlight gefällt mir gut und werde ich ausprobieren. Bei uns hilft manchmal noch eine „zehn-Minuten-Toleranz-Zone“, in der ich dann zum Start sage: „ich gebe dir zehn Minuten, um selbst ein Ende zu finden!“
Nach fünf Minuten erinnere ich daran nochmal: „Finde bitte selbst ein Ende, sonst muss ich gleich eins für dich finden denn wir müssen los.“
In vielen Fällen hat das bei uns schon funktioniert.
Positiv daran ist, dass das Kind noch einen Handlungsspielraum hat und selbst eine Entscheidung treffen kann. Zumindest die Chance dazu ist da :) Oder eben wirklich noch etwas in dem Moment ganz wichtiges erledigen kann.
Super Ideen! Wird getestet! ?