An einem Freitagabend im Oktober sitze ich gemütlich im Wohnzimmer. Es ist ca. 20.00 Uhr, der Große ist im Bett und M. geht in den Jugendkreis.
Der Tag war schön, wir waren vormittags bei der standesamtlichen Trauung von B. und J., danach war M. als Trauzeuge natürlich auch zum essen eingeladen. Wir haben uns alle gefreut, dass wir dieses Ereignis zusammen erleben konnten, denn das Risiko, dass ich nicht dabei sein würde war ja ziemlich hoch. So kamen wir um 14.30 Uhr heim, der Große hat Mittagsschlaf gemacht und ich habe Wehentee nach dem Rezept von Frau Stadelmann gebraut. Hm, ist der lecker… Laut Empfehlung lauwarm zu trinken, wurde die Kanne aufs Stövchen gestellt und fleißig getrunken.
Als der Große aufgewacht ist sind wir gemütlich spazieren gegangen, natürlich begleitet von den üblichen Vorwehen, die mich ja schon seit Tagen nicht mehr in Ruhe liessen. Daheim angekommen wurde der Tee schnell leergetrunken, er wird nämlich nicht leckerer, wenn er warm gehalten wird. Dann das übliche Abendessens-Ritual mit dem Großen, und dann war es Abend.
Auf meinem Sofa wird es zunehmend ungemütlich, meine Vorwehen nerven mich nur noch. Mehr aus Resignation als aus Interesse schau ich nach den Abständen, man weiß ja nie, schließlich ist ja heute Termin…
Nach 45 Minuten muss ich zugeben, gleich- und regelmäßig alle 10 Min. zu wehen. Nun gut, nix unbekanntes, aber irgendwie fühle ich mich so allein doch etwas unwohl. Daher schreibe ich eine SMS an M., mit der Bitte, bald heimzukommen, weil ich mich echt nicht wohl fühle alleine.
Etwa um 21.10Uhr schreibe ich an K., sie soll sich doch bitte nach ihrer Versammlung kurz bei mir melden. Prompt klingelt nach ein paar Minuten das Telefon. „Hallo, na, alles klar?“ klingt es in der vertrauten guten Laune. Ich erkläre meine Situation und Gefühle und K. schlägt vor, in die Badewanne zu gehen und nach 1 Stunde zu sehen, ob und was sich verändern würde. Ok. Also Wasser in die Wanne, und die nächste SMS an M.: „Wann kommst du?“ Kurz darauf Schritte auf der Treppe. „Bin da“, so die freche Antwort. Jetzt ist es etwa 21.20Uhr, ich steige in die Wanne, M. sitzt mit der Uhr daneben.
Nun folgt eine Zeit der Stille, nur unterbrochen von meinem „Jetzt“ und M.s „Hm“. Nach einer starken halben Stunde frage ich mal nach den Abständen. Naja, recht ungleich, mal 10, mal 5 Minuten und natürlich alles dazwischen. Aber das Gefühl bleibt gleich, der Bauch wird hart aber keine dolleren Schmerzen oder ähnliches. Einfach nur öfter. Ich beschließe, heute geht es mir nicht so wie die letzten zwei Wochen, ich mach mich jetzt nicht irre, sondern gehe ins Bett.
Abgetrocknet und angezogen stehe ich im Wohnzimmer, um K. zu berichten. Es ist etwa 22.10Uhr als ich ihr meinen Entschluss erkläre, jetzt ins Bett zu gehen, die Wehen sind ja nicht doller geworden… Mitten im Satz ändere ich meine Meinung, was K. dazu veranlasst „noch schnell zu Ende zu reden“ und dann „einfach mal“ zu uns zu kommen. Ja, jetzt gerade ist mir das sehr recht.
Die Zeit, bis K. kommt, tigere ich zwischen meinem Bügelbrett, der Toilette und dem Sofa hin und her, immer auf der Suche nach den besten Positionen zwischen und bei den Wehen.
Eine halbe Stunde später klingelt es kurz und K. kommt schon die Treppen hoch. Sie hatte zu Beginn ihrer Bereitschaftszeit einen Hausschlüssel von uns bekommen. Sie lächelt mich an und meint nur: „Und?“ Ich kann nur kläglich zurücklächeln, bin ich doch schon wieder zu Bügelbrett unterwegs. K. setzt sich kurz hin, aber nach 5 Minuten fängt sie an, in ihrer Tasche zu kramen, sie „Würde dann mal was aufschreiben“. Ich schau sie an und meine Frage „Also jetzt? Echt?“ wird mit einem Lächeln kommentiert. Ob sie mich untersuchen soll, fragt sie. Aber bitte doch, ich will doch wissen, wie weit es schon ist…
Das Ergebnis: 3, eher 4 cm offener Muttermund. M., der schon angefangen hat im Bad aufzuräumen, kommt gerade ins Wohnzimmer. Sein Blick fällt etwas ungläubig auf mich, dann auf K.. Ich bitte sie, den Befund zu wiederholen. Sein Kommentar: „Ich bau dann mal den Pool auf.“, sprichts und verschwindet im Bad. K. horcht jetzt noch auf die Herztöne unseres Kindes, während ich schon wieder mit der nächsten Wehe atme. Bei den folgenden Wehen streicht sie mir ruhig über den Rücken, und ich beginne zu begreifen, dass diese Schwangerschaft ganz bald zu Ende sein wird.
Nun beginnt Betriebsamkeit, M. bläst den Pool auf, ich gehe kurz leise zum Großen ins Kinderzimmer und mache das Babyfon an und K. sucht sich ihre Sachen aus unserem Hausgeburtskorb, breitet Tücher aus und schreibt immer wieder. Als ich wieder mal von der Toilette komme kann ich ihr berichten, dass jetzt auch der typische Durchfall da war, was ihr wieder ein zufriedenes Lächeln und Nicken entlockt.
Ich bin bald sehr mit meinen Wehen beschäftigt, die mittlerweile gemein in den Unterleib ziehen und mich quasi nicht mehr vom Bügelbrett weglassen. Mitten in ihren Vorbereitungen kommt K. bei fast jeder Wehe zu mir, stützt mein Becken, wenn ich in die Knie gehe und streicht mir immer wieder über den Rücken. Das, und ihr ruhiges Mitatmen und Zureden hilft mir sehr, die immer schneller folgenden Wehen gut und ohne Panik auszuhalten. Auch kontrolliert sie die Herztöne von meinem Baby, die immer voll in Ordnung sind.
Zwischendrin höre ich, wie M. beginnt, Wasser in den Geburtspool einlaufen zu lassen. Da kommt mir noch ein Gedanke, ich schaue auf die Uhr: 23.50Uhr. Mein Blick geht zu K. und ich sage (mehr aus Spaß): „Zum Termin schaffen wirs nicht mehr, gell?“ Ihre Antwort: „Nicht ganz, aber es wird knapp.“ Aufgrund dieser (für mich schon ziemlich überraschenden) Aussage schreibe ich eine SMS an B., dass sie sich bereithalten kann, ich würde mich noch mal melden, wenn sie kommen soll. Ein paar schnelle Wehen später meint K., dass sie jetzt dann A. anrufen würde, und dann können wir uns Richtung Bad aufmachen. Also schreibe ich B., dass auch sie los kann, ohne zu wissen, dass sie schon fast unterwegs ist.
Während dieser Zeit im Wohnzimmer kämpft M. mit unserer Heizung, die einfach nicht verstehen will, warum sie jetzt, mitten in der Nacht, soviel arbeiten soll. Das Wasser wird nicht warm. Da ich vorher gebadet habe, ist der Speicher kalt und um 22.00Uhr hat sich die Heizung abgeschaltet. Im Pool ist zuwenig warmes Wasser, und aus der Leitung kommt auch nur kaltes. Während die (ab 0.00Uhr wieder arbeitende) Heizung endlich warmes Wasser produziert, läuft M. mit dem Wasserkocher und einem Eimer zwischen Bad und Küche hin und her und schöpft auch mein altes (zum Glück noch nicht abgelassenes) Badewasser per Eimer in den Pool.
Es ist etwa 0.20Uhr, als K. auf einmal recht energisch wird und mich ins Bad bugsiert. Dort stehe ich nun und auf einmal überkommt mich ein nur zu vertrautes Gefühl: Gleich muss ich spucken! Doch der schnell geholte Eimer bleibt leer. Ich stehe da, vornüber gebeugt, und würge vor mich hin. K. sagt: „Das ist jetzt nur der Hormonflash, alles ok. Das ist gut!“ Aber ich spucke nicht! Juhu! denke ich, denn davor hat mir schon gegraut, kannte ich das doch noch von der Geburt des Großen. Nachdem dieser Reiz vorbei ist, ziehe ich mich aus, und dann schnell ins Wasser. Schön warm.
Und, was noch schöner ist, M. sitzt jetzt auf dem Badewannenrand und bleibt endlich bei mir. Vorher habe ich schon ein paar Mal gefragt, wo er denn ist und was er macht, weil ich ihn gerne bei mir gehabt hätte. Aber da war er schwer mit der Füllung des Pools beschäftigt, also hat mir K. geholfen.
Egal.
Alles egal, jetzt ist er da. Ich kann mich bei ihm festhalten, wenn er auch zwischendurch aufsteht und die Wassertemperatur regelt. Plötzlich fällt mir ein: Der Große! Das Babyfon! Ich frage: „Ist B. schon da?“ Ja, so die beruhigende Antwort. Jetzt sehe ich auch A., die in der Ecke neben der Türe sitzt und mich anlächelt. Die beiden sind kurz hintereinander um etwa 0.35Uhr gekommen.
Mittlerweile sind die Wehen sehr stark, ich brauche dringend den Halt von M.. Auf einmal, eine sehr starke Wehe, mit einem Schmerz, der vorher nicht da war…ich muss mitdrücken, da macht es „PLOCK“ und ich fühle, wie warme Flüssigkeit aus mir herausströmt. Da wird mir klar: Die Fruchtblase! „Das war gerade die Fruchtblase, oder?“ frage ich in Richtung Hebammen. Von A. kommt dann etwas belustigt: „Ja, das hat man gesehen.“ HÄ? Wie gesehen, ich bin doch im Wasser? Später, im Gespräch mit M., erfahre ich, dass das vermeintlich klare Fruchtwasser mein Badewasser reichlich getrübt hat, und auf einmal auch weiße Fetzen (Käseschmiere?) drin schwammen.
Die Wehen nehmen also zu. K. kontrolliert immer mal wieder die Herztöne meines Kindes, die immer absolut in Ordnung sind. Schnell, aber das sei bei der Geburt eben so.
Wenn ich zu panisch werde, höre ich K. leise murmeln und mitatmen, woran ich mich emotional gut festhalten kann um auch wieder ruhiger zu werden.
Ich habe Durst, schaffe es aber unter den Wehen nicht, irgendwen um etwas zu bitten, denn Pausen sind gerade kaum vorhanden. Da höre ich, wie A. zu K. sagt, ich solle doch mal etwas trinken, einen Schluck nur. Ich bin ihr in diesem Augenblick sooo dankbar für diesen Vorschlag. Sie geht raus und kommt mit meinem Glas aus dem Wohnzimmer wieder.
Dankbar greife ich das Glas samt K.s Hand, alleine könnte ich jetzt gar nichts halten. Ein Schluck, das tut so gut!… Aber, nein, bitte nicht das! K. hat das Glas noch nicht weggestellt, da bekomme ich einen heftigen Brechreiz, M. erkennt meine Not, hält mir den riesigen Windeleimer (eine 23 Ltr. Tonne), zum Glück leer, vor und schon kann ich mein Wurstbrot wieder begrüßen. Dass das jetzt noch sein musste!
Weit weg höre ich A. mitleidig und zugleich zuversichtlich sagen: „Jetzt kommt das Kind gleich.“, eine Hand streicht mir die Haare aus dem Gesicht, ich spucke noch mal, jetzt in den kleinen Eimer, der vorher schon so optimistisch weggestellt worden ist. Dann ist es vorbei.
Unter dem Spucken spüre ich, dass durchs unwillkürliche drücken beim würgen immer wieder etwas Fruchtwasser kommt.
Jetzt gerade fühle ich mich nicht toll. In der Nase brennt es, ich putze mir die laufende Nase und entdecke Brotstücke! Na super! Zwischen den Wehen putze ich immer wieder, irgendwann kommt nichts mehr mit, zum Glück.
Wieder höre ich A. sagen: „Gleich kommt das Kind.“. Das will ich wissen, ich lasse M. los, um nach dem Baby zu fühlen. Einen halben Finger kann ich einführen, dann merke ich einen Widerstand. Toll! So nah bin ich dem Ziel!
Und da beginnen mich die Wehen mitzureißen, ich habe das Gefühl, so ganz allen Halt zu verlieren. Einen ganz kleinen Moment bekomme ich Angst (keine Panik wie beim Großen). Angst, allein zu sein und Angst vor dem, was ich jetzt gleich tun muss, oder besser was mit mir passiert. Ich kann nur nach M. rufen, den ich plötzlich ganz nah über mir spüre, er beugt sich zu mir, berührt meinen Kopf (seine Hände halte ich ja) und ich spüre seinen Atem, während er mir ins Ohr flüstert: „Alles ok, keine Angst, ich bin da, es ist bald geschafft!“ Weit weg höre ich die lobende Stimme von K., und merke, wie meine Angst unnötig wird. Ich merke, ich bin von so lieben Menschen umgeben, die in mich vertrauen, die mich ermutigen und erlebe in diesem Vertrauen eine solche Stärke in mir, die mir jetzt die Zuversicht gibt, alles schaffen zu können.
Mein Gefühl und Körper arbeiten fast allein. Ich werde laut, „Raus“ sage ich, immer wieder, während ich dem starken Druck nachgebe und anfange, mitzudrücken. Später erzählt M. lachend, dass er in diesem Moment wusste, dass es jetzt nicht mehr lange geht, denn beim Großen habe ich auch ganz zum Schluss angefangen, „Raus“ zu rufen.
Ich knie schon die ganze Zeit am spitzen Ende des ovalen Pools, M. sitzt vor mir auf dem Badewannenrand und beide Hebammen sind links von mir. Mein Bauch steht an der Wand an, ich liege mit verschränkten Oberarmen auf dem Rand.
Jetzt folgen einige Presswehen, während denen ich immer wieder K.s Stimme höre, die dauernd sagt: „Komm, trau dich, lang mal runter zu deinem Kind, trau dich!“ Ich kann nur nein sagen, wenn ich jetzt M. Hand loslasse, verliere ich den einzigen festen Punkt, den ich gerade habe. Ich merke ihre Hand zwischen den Beinen, dann höre ich wieder: „Los, trau dich, fass doch mal selber hin!“ Ich reagiere nicht auf ihre Aufforderung, kann und will ich schließlich nicht loslassen.
Die Wehen nehmen mich voll ein, ich habe das Gefühl, am liebsten aus dem Pool vor diesen Schmerzen und dem Druck zu flüchten, klammere mich immer mehr an M., während ich drücke und drücke und drücke… Ich spüre noch K.s Hand zwischen den Beinen, eine ganz leichte Berührung nur, die so unendlich gut tut. Sie zieht die Hand zurück, ich bitte sie: „Lass deine Hand da!“ Da ist sie wieder, wenn auch verbunden mit K.s Aufforderung, ich solle doch selber meine Hand runtertun. Doch das ist egal, alles egal, nur dieser Druck soll aufhören.
Da, auf einmal, alles ist still. Mein Druck ist weg, keine Wehe schmerzt. „Das Kind ist da“, so mein Gedanke. Aber nur der erste, dann erkenne ich: Der Kopf ist da!
Es bricht aus mir heraus: „Danke PAPA, oh Gott, ich danke dir!“ Ich weiß nicht, wie oft ich lautstark meinem Vater im Himmel danke, während ich so froh bin, dass dieser Schmerz endlich vorbei ist.
Ich fühle mich wie im Auge eines Sturms, es ist alles ruhig, ich kann problemlos M.s Hand loslassen und das tun, was ich schon bei Geburt des Großen tun wollte: Ich kann den Kopf meines Kindes berühren. Erst fühle ich eine Art Schleimschicht, dann auf einmal Haare, gerade eine Hand groß ist das Köpfchen. Ich fühle und taste, spüre die Wärme, die von diesem samtweichen Geschöpf ausgeht.
Jetzt kommt die Erkenntnis: Es geht weiter, hier kann ich nicht aufhören. Also lasse ich los, spüle den Schleim ab und greife wieder nach M.s Hand. Da, die nächste und gleichzeitig letzte Wehe rollt an.
Als Abschiedsgruß bewegt sich das kleine Menschlein in mir, tritt ein letztes Mal, noch ohne Wehe, mir entfährt nur ein lautes „AUA!“, ich höre A. mitfühlend sagen: „Oh ja, das war gemein! Jetzt schmeiß es raus!“, dann setzt die Wehe mit voller Wucht ein.
Es fühlt sich so an, als ob das Köpfchen unten am Pool ansteht, ich habe den Impuls aufzustehen, damit mein Kind aus mir raus kann. Da höre ich A.: „Lass den Po im Wasser!“, worauf mir nur einfällt: „Ich kann nicht!“. „Doch, du musst jetzt den Po im Wasser lassen“, lautet die Antwort. Versteht die Frau nicht, dass mein Kind dann nicht raus kann, so mein Gedanke, aber wenn sie meint…. „Dann drück du mich runter“ antworte ich, voll damit beschäftigt, zu spüren und zu erleben, wie mich alles mitreißt und ich keine Kontrolle über meinen Leib habe. Auf meine Aufforderung hin spüre ich tatsächlich eine Hand am Kreuzbein, die mich runterdrückt und auf einmal fluppt es aus mir heraus.
Es tut weh, fühlt sich sehr komisch an, aber dann sind die Schmerzen auf einmal weg. Ich schaue nach hinten, sehe, wie K. das Kind unter Wasser hält. Jetzt kann ich mich nach hinten setzen und nach meinem Baby langen. Aber ich kann es nicht aus dem Wasser heben, die Nabelschnur hat sich um den Oberkörper und die Schulter gewunden, K. hilft mir beim entwirren. Dann nehme ich es hoch, gerade so weit, dass der Kopf aus dem Wasser schaut. Bauch an Bauch sitzen wir da und alle warten auf die ersten Regungen dieses Kindleins.
Es reckt sich, drückt den Rücken durch und streckt die kleine Zungenspitze raus. Dann entspannt es sich und kommt an meinen Körper zurück.
Es fällt kein Wort, niemand wird panisch oder hektisch. M. schickt einen fragenden Blick zu K.: „Darf ich rein?“ seine zögernde Frage. „Ja klar“, antwortet K.. „Ziehst du dich jetzt aus? Dann dreh ich mich um!“ kommt belustigt von A.. Doch da steht M. schon in Badehosen da, die er schon vor dem Poolaufbau angezogen hat. Er kommt zu uns ins Wasser. Es ist sehr schön, ihn jetzt so nah zu spüren.
Unser Kind regt sich immer wieder, K. und M. tasten immer wieder nach der Nabelschnur, die kräftig pulsiert. Nun meint A.: „Nu, ich würd jetzt aber mal gerne was hören. Heb es mal bissel aus dem Wasser und streich über den Rücken.“ Gesagt, getan. Erst kommt ein kleines Maunzen, dann zweimal kräftig „Wäh, wäh!“ und schon ist sie zufrieden. Das Kind darf wieder ins Wasser. Mir fällt B. ein, ohne den Blick zu heben sage ich: „Hol doch bitte mal die B.“, da höre ich ein Lachen, schaue hoch und sehe, dass sie schon neben A. steht.
Momente des Staunens gehen vorbei, als M. fragt: „Schaahatz, ist es denn jetzt ein Junge oder ein Mädchen?“ Die Frauen gucken mich an, auch sie sind neugierig. Mir war es bisher egal, so sehr war ich fasziniert von diesem Wunder. Also lockere ich meinen Griff, drücke ein Beinchen etwas zur Seite und sehe meine monatelange Vermutung bestätigt: „Ein Mädchen“ antworte ich, und alle lachen erleichtert auf. K. ist ganz still, ich sehe ihr an, dass auch in ihr ganz viele Gefühle rumschwirren.
Ein Schmerz im Bauch lässt mich zucken, mein Blick fliegt zu K.. Meine Vermutung „Nachwehen?“ wird mit einem Nicken bestätigt. Nach zwei recht gemeinen Wehen ist Ruhe, die Nabelschnur hat auspulsiert. Die Plazenta ist ab und die Tochter von mir getrennt. Es ist weiter ruhig, M. und ich bestaunen unser Mädchen, während A. ein paar Bilder macht.
Dann wird’s wieder ernst, K. kommt um das Becken herum, um die Nabelschnur abzuklemmen, die natürlich M. wieder durchschneidet.
Als die Plazenta raus soll, wird es ungemütlich. Die Maus darf (oder muss?) zum Papa, was ihr das erste Mal einen heftigen Protest entlockt. Aber da müssen wir jetzt beide durch.
Ich habe schon im sitzen gefühlt, dass bei mir irgendwas kaputt sein muss. Wahrscheinlich gerissen oder so, es brennt im Wasser bei jedem rucken an der Nabelschnur.
Das sage ich auch K., die mich aber auf später im Bett verweist. Jetzt müssen wir uns erst um die Plazenta kümmern. Also setze ich mich näher an sie ran und sie greift nach der Nabelschnur, um leicht mitzuziehen, während ich bei einer Nachwehe mitdrücken soll.
Und dann warten wir auf besagte Wehe, die aber einfach nicht kommen will. Mir wird’s zu blöd, ich fange mal so an zu drücken, aber es tut sich nichts. K. gesteht: „Vielleicht bin ich zu vorsichtig, ich trau mich nicht, noch mehr zu ziehen. A., sollte ich fester ziehen?“ A. greift nach einem Handschuh und meint: „Komm, ich mach mal, ich bin da wahrscheinlich weniger sanft.“ Also drehe ich mich zu A., was wieder gemein brennt, sie nimmt die Nabelschnur, schaut zu mir und sagt: „Jetzt noch mal feste drücken!“
K. reicht mir ihre Hand, M. ist ja schließlich beschäftigt, und drücke trotz dem Schmerz einmal, zweimal, dreimal feste mit, und mit einem flutsch und roten Blutschlieren kommt die Plazenta aus mir heraus und wird gleich von A. am „Bändel“ aus dem Wasser gezogen. Das war übrigens das erste und einzige Blut während der ganzen Geburt.
Jetzt ist es an der Zeit, aus dem Pool zu steigen. A. geht ins Schlafzimmer, um mein Bett mit Folie und Tüchern gegen Wasser und andere Flüssigkeiten zu schützen, während K. mir aus dem Pool hilft.
Kaum draußen, fange ich an zu schlottern, mein Kreislauf macht gar keine Probleme, nur ist mir sooo kalt! Im Wohnzimmer mache ich Halt um K. nach dem Handtuch auf der Heizung zu schicken, weil ich so friere.
Warm eingepackt und zugedeckt im Bett, kommt auch schon A. mit meinem Mädchen auf dem Arm, also muss ich mich gleich wieder aufdecken, was ich aber sehr gerne tue.
Und dann kehrt wieder Ruhe ein. Ich lege die Maus an, sie beginnt kräftig zu trinken und so genießen wir diese erste halbe Stunde sehr. M. kommt und kuschelt sich zu uns und wir hören, wie draußen aufgeräumt wird. B. fragt nach dem richtigen Waschprogramm und M. berichtet, dass das Wasser schon abläuft, es sind also schon fast alle Spuren beseitigt. Ach ja, und K. und A. sitzen mit Kaffee im Wohnzimmer.
Es herrscht eine schöne Stimmung, die leider unterbrochen werden muss durch die Untersuchung von mir. Also darf das Kind wieder zum Papa (diesmal ohne Protest) und die Hebammen beginnen vorsichtig, meine Verletzung zu untersuchen. Es tut weh, ist aber besser zu ertragen als beim Großen, wo mir ein wildfremder Mann da unten rumgefummelt hat.
K. ist sehr vorsichtig, und nach eingehender Untersuchung meint A. mit einem leicht sorgenvollen Blick: „Also, ich würde sagen, erster Grad.“
„Also nähen?“ frage ich mit sturem Blick zu K..
Die schaut zu A., die mir auch antwortet: „Jetzt warten wir mal. Innen scheint nichts gerissen zu sein, es blutet auch gar nicht. Wenn die K. morgen kommt, schaut sie noch mal drauf, ob man nicht doch ein oder zwei Knoten macht.“
Erleichtert geht jetzt auch mein Blick zu A., dankbar, vorläufig entkommen zu sein.
Jetzt kommt meine Maus dran. Die U1 steht an. K. macht diese Untersuchung direkt hier auf meinem Bett. Ganz sachte dreht und wendet sie die Kleine, misst und wiegt, fühlt und horcht. „Alles super“, so lautet das Urteil. Dann bekommt sie ihre erste Stoffwindel umgebunden, wird in ein Handtuch gewickelt und dann bekomme ich sie wieder.
Bis zum Samstagabend bleibt sie so, nur die Windel wurde gewechselt. Keine Kleidung berührt ihre sooo weiche Haut, ist sie doch immer warm ins Handtuch eingepackt bei mit im Bett.
Nun holt K. die Plazenta, die in eine Wickelunterlage gepackt ist, und zeigt sie uns. Sie erklärt uns wie die Plazenta wo an mir dran war, rekonstruiert die zerrissene Fruchtblase und zeigt uns dieses erstaunliche Gebilde, das 9 Monate für meine Tochter gesorgt hat, ganz genau. Dann gehen M. und K. in die Küche, um die Plazenta ordentlich einzupacken und M. legt sie in die Tiefkühltruhe.
A. verabschiedet sich, für sie gibt es nichts mehr zu tun. K. und B. kommen zu uns ins Schlafzimmer, wir reden und reden. K. muss noch jede Menge schreiben, Mutterpass und Kinderuntersuchungsheft werden ausgefüllt. „Geplante Haus-Wassergeburt“ steht jetzt in beiden Heften drin. Toll.
M. ist über unser reden irgendwann eingeschlafen, mein Blick auf die Uhr zeigt, dass er jetzt fast 24 Stunden am Stück wach war. Denn es ist Samstag, 4.15Uhr, sein Wecker klingelte am Freitag um 4.20Uhr, er musste ja Frühschicht arbeiten. Grinsend reden wir etwas leiser, er hat seinen Schlaf wohl verdient.
Einmal noch muss ich aus dem Bett, denn K. drohte, sie geht erst heim, wenn ich einmal pinkeln war. Das war etwa um 2.45Uhr, ich verwies sie dann auf unser Gästezimmer, weil für mich klar war, dass ich mein Bett so schnell nicht mehr verlasse. Aber jetzt, um 4.30Uhr, drängt es mich doch aufs Klo, außerdem möchte ich gerne die Einlage wechseln.
Also darf B. mein Mädchen nehmen, und ich tappe mit K. los. Besorgt hält sie mich fest. „Wenn dein Kreislauf schlappmacht, sags!“ meint sie immer wieder. Aber wie schon beim Großen habe ich keinerlei Kreislaufprobleme nach dem Aufstehen.
Auf der Toilette dann die große Angst, jetzt tut’s gleich weh…
Beim Sohn war durch die Dammnaht dieser erste Toilettengang sehr schmerzhaft. Doch, oh Wunder (oder auch nicht), ich kann ohne Probleme oder Schmerzen Wasser lassen. Kein Brennen, kein ziepen, es ist alles voll ok. K. ist sehr zufrieden, dass ich a) pinkeln kann und b) auch schmerzfrei dabei bin.
Wir tappeln wieder ins Schlafzimmer, wo ich glücklich wieder in meine Kissen versinke, meine Süße wieder zurück bekomme und K. ihr Protokoll vervollständigt. Dann verabschiedet sie sich um 5.00Uhr, sie komme um 11.30Uhr dann wieder. B. versorgt mich mit Getränk, Telefon und Licht, dann geht sie auch heim.
Jetzt ist es ganz still im Haus, ich genieße mein Glück, meine Familie und mein zuhause in vollen Zügen. Dankbar gebe ich jetzt auch Gott die Ehre und preise ihn für dieses wundervolle Erlebnis.
Am Samstagmittag kontrolliert K. noch mal meinen Dammriss, ist sich aber nicht sicher, ob sie denn nun nähen muss oder nicht. Nachdem A. dann auch noch gekommen ist, beschließen sie gemeinsam, dass, vorausgesetzt, ich lasse immer brav die Beine zusammen, nicht genäht werden muss.
Also auch in dieser Hinsicht eine echte
Traumgeburt.
Diesen spannenden Geburtsbericht hat Mona geschrieben :)