Fehlgeburt
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Fehlgeburt: 27 sehr persönliche Geschichten

Es ist schon viele Jahre her, dass ich eines meiner Wunsch-Kinder verlor und mein Herz durfte mit der Geburt des Krümelchens heilen … dennoch steigen mir immer noch allein bei dem Gedanken an den Tag, als ich keinen Herzschlag hörte und dem folgenden, als der nicht mehr lebende kleine Floh mithilfe einer „Ausschabung“ (ich hasse dieses Wort!) aus meinem Körper entfernt wurde, die Tränen in die Augen. Ich erlitt die Fehlgeburt früh in der Schwangerschaft, aber sie riss trotzdem ein großes Loch in mein Herz, zertrümmerte das Vertrauen in meinen eigenen Körper und nahm mir jede Chance auf eine unbeschwerte Folgeschwangerschaft. Und so geht es unzähligen Frauen jeden Tag, denn auch wenn wir es nicht wahrhaben wollen … Fehl- und leider auch Todgeburten in späten Wochen der Schwangerschaft sind gar nicht selten. Es wird einfach nur selten darüber gesprochen, weil es den meisten Menschen so schwerfällt, mit diesen starken Emotionen umzugehen und sie emphatisch nachzuvollziehen. Eine werdende Mutter, die ihr Baby verliert, soll am besten schnell in den Alltag zurückkehren und nicht zu lange bzw. „übertrieben“ um ein winziges, ungeborenes Leben trauern, denn die Natur hat sich doch sicher etwas dabei gedacht … und sie kann es ja wieder versuchen … oder sich auf möglicherweise schon vorhandene Kinder konzentrieren. Die Reaktionen auf eine länger als ein paar Tage weinende Mutter (oder auf ebenso trauernde Väter) sind oftmals recht herzlos und niederschmettern – Raum für Tränen um ungeborene Kinder wird nur ungern gegeben; Fehl- und Todgeburten sind immer noch ein Tabuthema, dass den Schmerz der Eltern in den Schatten drängt, um Außenstehende nicht zu belasten. DAS ist schon ein sehr großes Problem, dem wir nur mit Offenheit und Penetranz entgegenwirken können, indem wir unsere Geschichten immer wieder erzählen, um da zu sein, wenn es das Herz einer anderen werdenden Mutter in unserer Nähe zerreißt.

Fehlgeburt – viel zu oft ohne (medizinischer Raum) für Trauer

Doch es ist nicht nur das grundlegende Tabu, dass den Schmerz vergrößert … auch die krasse Überlastung unseres medizinischen Systems trägt Leid bei, wo eigentlich eine schützende Blase auf trauernde Eltern warten sollte. Ich persönlich glaube fest, dass Ärzt:innen und Pfleger:innen von Herzen gerne richtig betreuen würden, wenn eine Familie doch nicht wächst und eine Fehlgeburt oder auch Stille Geburt ganz plötzlich das Lachen erstickt. Ich bin absolut sicher, dass alle Mediziner:innen am liebsten viel mehr Zeit für ALLE Patienten und Patientinnen hätte … ganz egal, was ihnen gerade schreckliches widerfährt; eben auch für solche, die gerade ein Kind verlieren. Wie schön wäre es, wenn sie wirklich in Ruhe aufklären, wenn sie reden und Tränen trocknen und Räume zur Verfügung stellen können, um niemanden direkt zurück ins normale Leben zu schupsen. Oftmals geht das aber nicht; oftmals ist dafür einfach keine Zeit.

Ich wurde bei meiner Fehlgeburt von meiner damaligen Gynäkologin ziemlich fix aus dem Untersuchungsraum geschoben; die Helferin am Empfang hatte sogar noch weniger Zeit oder Ambition für etwas Mitgefühl. Ich habe damals ziemlich direkt über meine Fehlgeburt und meine Erfahrung geschrieben, erinnere mich aber auch ohne meine eigenen Worte noch einmal zu lesen sehr gut daran, wie furchtbar ich es fand, vor meiner OP in einem Krankenhaus-Wartezimmer voller lachender Menschen sitzen zu müssen, deren Probleme gefühlt auf dem Level eines eingewachsenen Zehennagels kursierten. Das mag ungerecht klingen, aber es war tatsächlich quälend, nicht irgendwo allein oder eben unter anderen weinenden Müttern warten zu dürfen. Aber die Option bestand nicht.

Heute weiß ich, dass ich noch Glück hatte, denn alle im Krankenhaus waren unheimlich lieb zu mir und gaben ihr allerbestes, mich zu begleiten … trotz Zeitmangel und Stress. Viele andere Frauen erlebten und erleben da weiterhin ganz andere Situationen und Geschichten. Jeden Tag. Zum Beispiel Andrea. Sie schrieb mir vor Kurzem eine Mail; gerade erlebte sie wieder eine Fehlgeburt, die sie emotional natürlich sehr hart traf. Aber da war noch mehr: Die medizinische Behandlung verlief – schon wieder – absolut nicht so, wie man es sich wünschen würde in solch einem Moment. Andrea fragte mich, ob wir dazu nicht einen Beitrag starten könnten, denn sie ginge davon aus, mit ihrer Erfahrung nicht allein zu sein und hoffte, gemeinsam mit mir für dieses Thema sensibilisieren zu können. Also fragte ich meine Community nach ihren Geschichten … und bekam sehr viele. Unzählige kurze, aber nicht weniger traurige Kommentare finden sich hier unter dem Facebook- Post und hier unter dem auf Instagram. Viele nahmen sich aber auch die Zeit, ihre Erfahrung – positive, aber leider hauptsächlich negative – etwas länger werden zu lassen und mir per Mail zu schicken. Und all jene möchte ich nur teilen – denn wir brauchen diese Stimmen … die lauten wie die leisen … um irgendwann gemeinsam etwas zu verändern, uns und unseren Bedürfnissen Gehör zu verschaffen und damit auch das medizinische Personal zu unterstützen. Denn wie gesagt: Ich glaube fest daran, dass es meistens nicht an den Menschen liegt, sondern an dem System, in dem sie klarkommen sollen und das auch sie schmerzlich hängenlässt.

Vorab möchte ich mich noch für das mir entgegengebrachte Vertrauen bedanken und sagen, dass ich mit jeder von euch, die ihr mir geschrieben habt, weinte. Ich musste diesen Artikel in Etappen bearbeiten, weil es mich so schwer traf, diese Erfahrungen zu lesen. Deshalb möchte ich nun auch unseren Leser:innen mitgeben: Es wird euch sehr berühren und ihr werdet vielleicht nicht alle Geschichten auf einmal lesen können, weil ihr es nicht ertragt. Lest sie in Etappen, so wie ich es getan habe, denn sie verdienen es, gelesen und wahrgenommen zu werden … so wie jedes Elternteil, dass um ein Kind trauert.

27 sehr persönliche Geschichten über Fehlgeburten und Stille Geburten – und die damit einhergehende, medizinische Behandlung sowie die Folgen, die so oft so sehr unterschätzt werden:

Andrea:
Bei meiner ersten Fehlgeburt war ich, nachdem ich 2 Wochen auf einen natürlichen Abgang gewartet habe, bei der Ausschabung (was für ein grässliches Wort). In dem Krankenhaus musste ich auf der Frauenstation auf dem Flur, nur mit dem Hemdchen bekleidet, in meinem Bett warten. Ständig kamen Besucher oder Schwangere vorbei. Ich hab mich so ungeschützt gefühlt und auch als Mensch mit Gefühlen nicht wahrgenommen.

Auch nach der OP war der Platz auf dem Gang meiner. Bis auf meine Vitalfunktionen hat sich niemand wirklich um mich gekümmert, tröstende Worte gefunden oder ähnliches.

Bei meinem 2. Sternchen (exakt ein Jahr später) war ich gerade in der Kinderwunschklinik, um mich checken und auch unterstützen zu lassen.

Schwanger bin ich dann aber ohne deren Hilfe geworden und wie beim 1. und auch jetzigem Sternchen, gab es in der 10. Woche keinen Herzschlag mehr.

Die Ärztin sagte dann: „Sie können das mit einem lächelnden und einem weinenden Auge sehen. Sie können schwanger werden, nur immer mit dem falschen Embryo”. Also bei mir konnte kein Auge lächeln. Das sagte sie, als ich heulend auf dem Stuhl saß. Kein Trost.

Und jetzt, schwanger sein während Corona, ist ja schon eine große Herausforderung, aber eine Fehlgeburt ist echt hart. Ich hab Sonntag Blutungen bekommen. Normalerweise wäre ich direkt ins Krankenhaus gefahren, aber zu dieser Zeit hab ich mir gedacht, dass ich erst 116117 anrufe. Der Notdienst ist auch direkt an einem Krankenhaus.

Der Arzt vom Bereitschaftsdienst rief mich zurück und meinte : „Kommen sie sofort vorbei, ich stelle sie dann einem Gynäkologen vor. Sie wollen ihr Baby doch behalten?”

Bähm. Das hat gesessen. Warum sagt man sowas?

Ich bin dann hin und in die Notaufnahme, bei der ich 4 Std warten musste, allein und nur alle halbe Std wurde nach mir gesehen. Ich musste dann Fragen beantworten und die Krankenschwester schrieb alles auf. Also Vorerkrankungen, Allergien etc. Dann kam die Frage nach der Schwangerschaft und ohne, dass ich was sagte, meinte sie: “Ach, da schreibe ich erstmal ja”. Erstmal! Noch ein Stich in mein Herz.

Die Ärztin aus der Gynäkologie war dann aber sehr lieb und hat sich viel Zeit für mich genommen und auch heute waren sie alle ganz lieb zu mir.

Nur die Tatsache, dass sie mir noch alle alles Gute zum Geburtstag wünschten, immer wenn ich mein Geburtsdatum nannte, war etwas viel. An dem Geburtstag war halt gar nichts gut.

Dennoch hätte ich es mir immer so einfühlsam wie heute gewünscht. Das alles drum herum ist schon schwer genug.

Man redet immer viel über Verwandte, Freunde und Bekannte und dass da oft unsensible Kommentare kommen, aber nie darüber, dass das auch oft vom medizinischen Personal kommt.

Ruth:
Leider ist meine Erfahrung mit dem Thema Fehlgeburt noch ganz frisch und unverarbeitet. Ich habe die Diagnose erst letzten Dienstag in der 10. SSW bekommen und renne seitdem nur Menschen in die Arme, die voll ins Fettnäpfchen treten.
Ich bin im Februar nach der 3. Geschwister-ICSI schwanger geworden und meine Frauenärztin meinte, nachdem sie keinen Herzschlag mehr finden konnte, das die Ausschabung ein “Studenteneingriff” wäre und sie gar nicht glauben kann, dass das Herz geschlagen hat, dabei habe ich es am 26.03. mit den eigenen Augen im KiWu-Zentrum gesehen.
Gestern war ich dann zur Beratung in einer Gyn-Ambulanz und meine OP wurde direkt auf Dienstag verschoben. Vorher soll ich nur kommen, wenn ich sehr stark blute. Ich wurde gefragt, ob ich 2 Std vor der OP Cytotec schlucken möchte. Als ich verneinte, war die Assistenzärztin so aus dem Konzept, dass sie sich erstmal zur Beratung mit dem Chefarzt zurückzog. Kein Wort des Mitgefühls und am Ende verabschiedete sie sich mit: „Nach 2 Perioden können sie es gerne wieder probieren.“ Als ob ICSIs ein Spaziergang und unbegrenzt möglich wären.

Ich brauche jetzt erstmal Zeit um zum Überlegen, wie es weiter gehen soll.

Lisa:
Vor der Geburt meiner ersten Tochter war ich 2012 überraschend schwanger und wir hatten teuer Urlaub auf die Malediven gebucht. Ich fragte meine Ärztin, ob wir trotzdem fahren könnten (dann 9. Woche). Sie meinte, ich soll es lieber lassen, ohne nähere Begründungen. Ich habe mich dann anderweitig informiert, und es hieß, man könnte es schon machen, wir sind dann gefahren, wir hatten echt lange gespart. Leider ging es mir dann dort gar nicht gut, ich hatte eine krasse Schwangerschaftsübelkeit und das Fliegen war dann wirklich nicht die beste Idee. Nachdem ich also die ganze Nacht durchgekotzt hatte im Flugzeug, bin ich am
nächsten Tag gleich total fertig zur Frauenärztin und bekam die Diagnose Missed Abortion, das Baby war wohl schon mindestens eine Woche tot. Wir waren am Boden zerstört, die Ärztin ließ aber doch durchblicken, dass sie es bezüglich des Urlaubs ja gleich gesagt hätte. Ich musste dann eine Ausschabung vornehmen lassen und hab den Embryo genetisch untersuchen lassen und es stellte sich raus, dass er das Turner Syndrom hatte, also einen Gendefekt. Ich hätte zum Mond fliegen können oder nur im Bett liegen, das Baby wäre so oder so gestorben. Viele kennen aber keinen Grund und da finde ich es so, so schlimm, dass sehr oft reflexartig irgendeine Schuld bei der Mutter gesucht wird.
Dann hab ich meiner Vorgesetzten eine Email geschrieben, dass ich wegen einer OP eine Woche krankgeschrieben bin. Sie hat die dann als Rundmail an alle Kollegen weitergeleitet, dass ich dann als ich zurückkam, ständig gefragt wurde, was los ist. Mir ging es psychisch aber noch gar nicht gut, sodass ich ständig in Tränen ausgebrochen bin und mir zigmal anhören durfte, dass ich ja jung wäre und eh gleich wieder schwanger werden kann. Im Nachhinein betrachtet hätte ich gar nicht arbeiten soll, aber krankschreiben wollte mich keiner, körperlich war ja alles wieder ok, also was stellst du dich so an?
Die Krone wurde dem aber aufgesetzt, als ich ein paar Monate später wieder schwanger war. Ich (natürlich überängstlich wegen der vorhergegangenen Fehlgeburt) bin gleich zu meiner Gynäkologin und sie hat dort einen Urintest gemacht. Sie meinte, die positive Reaktion wäre so schwach, sie kennt ihre Tests, das wär nix und ich solle das ganze einfach als verspätete Periode ansehen. Sie war dann leicht irritiert, dass ich gleich wieder zu heulen anfing und hat nur deswegen noch einen Bluttest gemacht. Stellte sich raus, dass alles ok war und ihre Tests halt schlecht. Diese Frau hat mich nie wieder gesehen.
Zwei Wochen später bekam ich am Samstag eine leichte Blutung und bin ins Krankenhaus, um das überprüfen zu lassen. Da bekam ich vom Arzt zu hören, dass Blutungen in der Frühschwangerschaft dazugehören und ich soll mich halt hinlegen und mich nicht so aufregen. Am nächsten Tag blutete es wieder, ich hab mich aber nicht mehr ins Krankenhaus getraut. Meine Tante arbeitete bei einer Gynäkologin, die bereit war, kurz drüber zu schauen. Als ich aus dem Auto ausstieg, um zur Praxis zu gehen, bekam ich einen regelrechten Blutsturz. Ich ging also schon tränenüberströmt zum Ultraschall, bei dem sie mir sagte, das Baby wäre weg. Sie hat mir dann wenig hilfreich einen Handschuh zum reinatmen aufgenötigt. Ich meinte nur, ich will keine Ausschabung mehr, das war schrecklich! Dann bekam ich zu hören, dass ich es halt wie bei Oma oder in der hintersten Türkei aufm Fell rausbluten lassen soll, wenn ich meine!
Der ganze Tag war der Horror, wir sind nur spazieren gegangen und haben geweint. Ich bin dann zu einer neuen Ärztin am nächsten Tag und die stellte fest, das Baby ist noch da! Allerdings hatte ich ein riesiges Hämatom an der Gebärmutter, das über Wochen abblutete. Sie gab dem Baby eine 50:50 Chance, weil das Hämatom so groß war. Bewegung und spazieren war somit genau das Falsche, ich musste sieben Wochen liegen. Es ging aber schlussendlich doch gut, wenn auch meine ganze Schwangerschaft überschattet war von Ängsten. Der kleine zweimal als Fehlgeburt bezeichnete Embryo ist heute 8 Jahre alt!
Ich habe bei meinen zwei weiteren Schwangerschaften immer gleich erzählt, dass ich schwanger war, weil ich der Meinung war, wenn ich wieder eine Fehlgeburt hätte, dann würde ich es sicher nicht verheimlichen. Ich finde es ganz schlimm, wie Frauen die Trauer abgesprochen wird, war ja nur ein Zellhaufen, werd halt wieder schwanger.
Bei mir ging es danach noch zweimal gut und ich hab drei gesunde Töchter, ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es jemandem ergeht, der das mehrmals hintereinander durchmachen muss.
Ich hoffe, dass irgendwann nicht mehr erwartet wird, eine Fehlgeburt zu verheimlichen und der Verlust der Familie nicht mehr so abgetan wird. Für mich war das schon mein Baby, das ich nie kennenlerne durfte.

Maike:
Als ich in der Arztpraxis gerade bestätigt bekam, dass ich eine Fehlgeburt hatte, wollte ich nur betäubt meine Überweisung fürs KH bekommen am Empfang und die (immer sehr schroffe) Arzthelferin laberte mich dicht wegen meines Impfausweises – was zum einen eh nicht eilte und zum anderen nur eine Formalität war, da ich dort schon vorher sagte, ich kenne meinen Impfstatus und alles ist ok (wusste ich 2018 noch durch meine Schwangerschaft in 2016). Jedenfalls musste ich wirklich selbst mit verheultem Gesicht alleine sehr deutlich werden und sagen: „Mein Impfausweis spielt ja nun keine Rolle mehr!“. Mein Mann stand wie immer unbeteiligt neben mir und ließ mich selbst in solchen Momenten alleine. Ich musste schon oft Worte finden für mich in Momenten, in denen ich gerne gehabt und gebraucht hätte, dass mal jemand einen Schritt für mich geht.

Natürlich war da bei ihr vielleicht die Info noch nicht angekommen. Aber diese (immer) sehr unempathische Person hat mir nicht mal ins Gesicht geguckt oder auf meine (auch hörbar verheulte) Bitte, mir die Überweisung auszuhändigen reagiert.

Ich habe dann in einem christlichen KH einen Termin gemacht. Direkt am Telefon wurde mir Beileid ausgesprochen. Das erste Mal (und auch ein seltenes Erlebnis) und das tat mir gut. Dieses kleine verlorene Leben wurde wertgeschätzt. Die Ärztin, die mich dort noch mal untersuchte, sprach mir auch ihr Beileid aus.

Ich musste dann noch 4 Tage warten, weil mein Mann seine Geschäftsreise antrat als sei nichts gewesen. Ich war alleine Zuhause mit einem gerade Zweijährigem ohne Kitaplatz.

Am Tag der OP war die Krankenschwester, die mich auf die OP vorbereitete, auch ganz nett.

Ich habe anschließend eine Einladung des KH zu einer Andacht bekommen, die monatlich für alle Sternchen ausgerichtet wird. Da war ich und es half mir auch ein wenig. Auch wenn eine halbe Stunde Zeit zum Trauern natürlich nicht ausreicht.

Ansonsten gab es kaum Anteilnahme und erst recht keine Zeit oder Raum für Trauer, Tränen oder Verarbeitung. Ich will mich jetzt, wo ich mich endgültig von einem zweiten leiblichen Kind verabschieden muss, damit mehr auseinandersetzen, da diese ganze Trauer in Frust und Wut umschlug und ich möchte das nicht mehr in mir tragen. Sowohl meinem Mann gegenüber als auch allen Schwangeren gegenüber empfinde ich noch oft Groll bzw. Neid. Ich möchte mich wieder von Herzen über jedes Baby freuen können.

Die Auseinandersetzung mit meinem Mann, für die ich zunächst keine Nerven hatte, gehe ich jetzt aktiv an. Aber das ist ein anderes Thema.

Cathi:
Wir haben zwei wundervolle Kinder an der Hand und zwei kleine Sternchen im Himmel.
2020 bin ich schwanger geworden und ich war wie in meinen beiden Schwangerschaften sehr entspannt. In der 10. Woche wurden allerdings viele Anomalien bei unserer Maus festgestellt, weshalb mein Gynäkologe mich zu einer Pränatal-Praxis überwiesen hat. Nach durchgeben der Daten habe ich direkt am selben Tag einen Termin bekommen. Die Ärztin machte uns noch Hoffnung, dass so eine starke Nackenfalte (48mm) durchaus auch mal nichts bedeuten kann… leider war dem nicht so. Es wurde direkt eine Zottenentnahme gemacht für weitere Diagnostik. Die Ärztin, sowie alle Arzthelferinnen, waren herzlich und haben alles übernommen, was sie für uns übernehmen konnten. Nach ein paar Tagen haben wir uns dann auch auf natürlichen Wegen von unserer Maus verabschieden müssen … auch da waren beide Praxen nah bei uns und haben uns begleitet mit viel Herz. Ich bin sehr dankbar dafür und so froh, in dieser schrecklichen Situation eine tolle Unterstützung gehabt zu haben!

Im Januar diesen Jahres sind wir wieder schwanger geworden, nachdem ok meines Arztes. Ich erlitt eine Fehlgeburt in der 6. Woche und der erste Kommentar in der Praxis von einer Arzthelferin war: „Selber schuld, wenn Sie so schnell wieder schwanger werden, nach der Fehlgeburt.“ Ich war sprachlos!

Danach folgte die Untersuchung und mein Arzt bestätigte leider, dass es eine Fehlgeburt ist. Er wollte, dass ich in einer Woche zur Kontrolle komme, um zu schauen, ob sich alles von alleine regelt.

Bei der Terminvereinbarung gab die Arzthelferin mir wieder zu verstehen, wie unverantwortlich es von mir war, wieder schwanger zu werden, nachdem unsere Maus im September doch einen nicht behebbaren Herzfehler hatte und Trisomie 17. … dass eine Fehlgeburt vorprogrammiert wäre. Ich habe weinend die Praxis verlassen und habe mir nun eine neue Praxis gesucht und bin immer noch sprachlos und verletzt über die Aussagen der Arzthelferin.

Ich wünsche mir wirklich, dass eine Fehlgeburt nicht mehr so ein Tabu ist und wir uns mehr unterstützen könnten …

Laura:
Ich war damals 2016 schwanger mit unserem ersten Wunder. Alles lief Spitzenklasse, keine Wehwehchen nichts. Bis ich eines Tages in die Klinik ging zum Checkup und mir gesagt wurde, ich hätte zu wenig Fruchtwasser, sie würden nun untersuchen, ob die Blase intakt sei. Ok, das war sie. Danach, Ultraschall… feststellen des Pottersyndroms, unser Baby hatte keine Nieren und keine Blase und somit keine Überlebenschance außerhalb meines Bauches. Damals war ich in der 19. SSW. Ein riesen Schock. Und zudem war noch der 1.4. Ich dachte echt, makabrer kann es nicht werden.
Wir hatten die Auswahl das Kind auszutragen oder die Schwangerschaft abzubrechen. Ich habe mich für den Abbruch entschieden, da ich nicht damit klargekommen wäre, ihn weiter unterm Herzen zu tragen mit dem Wissen, dass er in 20 Wochen dann stirbt.
In Deutschland muss man aber 72h warten bis man so einen Abbruch beginnen kann. Also war es das Horrorwochenende schlechthin.
montags dann in der Klinik; erneute Untersuchung mit gleichem Ergebnis, also ab aufs Zimmer und Tabletten bekommen, die die Geburt einleiten sollten. Die Schwestern waren alle herzensgut, die Ärzte eher weniger. Dienstags kam der Oberarzt und ich fragte, ob man das ganze beschleunigen könne. Antwort: „Sie haben sich dafür entschieden, jetzt müssen sie halt warten“

Meine Frage nach einer Hebamme wurde beantwortet mit: „Die sind nur im Kreissaal.“ Meine Gegenfrage, ob ich dort nicht hinkäme, wurde beantwortet mit: „Dort finden nur Lebendgeburten statt.“
Okay, danke… ich habe mich und mein Kind als wertloses Etwas abgestempelt gefühlt! Als etwas das es nicht wert ist, betreut zu werden.
Im Nachhinein hab ich erfahren, dass ich sehr wohl das Recht gehabt hätte, mit einer Hebamme zu sprechen.

Dass ich meinen Sohn bestatten konnte, habe ich meiner Cousine zu verdanken, die leider auch Sternenmama ist, aber mir damals sehr geholfen hat, denn in solchen Situationen denkst du an sowas einfach nicht, denn man ist einfach nur starr!
Donnerstags wurde dann endlich das Medikament gewechselt, weil das erste seit Montag nichts gebracht hat. Und dann kam unser kleiner Stern Donnerstagsabends zu Welt. Wir waren auf dem Krankenzimmer, mein Mann und ich. Und meiner Mutter war zum Glück da, die uns viel geholfen hat. Es war keine Hebamme da, kein Arzt keine Schwester…

Was ich auch im Nachhinein erfahren habe ist, dass sie mir das andere Medikament viel früher hätten geben können, wenn man merkt, das „normale“ nützt nichts, aber das wirkungsvolle Medikament ist halt zu teuer.

Mit Hilfe meiner Cousine und meiner Therapeutin bin ich da irgendwie durchgekommen. Mein Mann hat auch getrauert, anders als ich, daher war miteinander trauern schwierig. Wir haben ein Regenbogenkind und sind sehr glücklich, aber werden unseren Erstgeborenen nie vergessen.

Stephanie:
Bei uns war es noch recht früh, dass wir uns von unserem kleinen Wunder verabschieden mussten. Für die Ärztin, die mich im Krankenhaus auf eine Blutung hin untersuchte, war das offenbar eher „normal“…

Mein Gynäkologe hatte mir bei der Routine-Untersuchung gesagt, dass der Embryo relativ klein sei und es einen leichten, bräunlichen Ausfluss gäbe. Er war sehr vorsichtig und einfühlsam und hat versucht, mir keine Sorgen zu machen, jedoch: wenn man sowas hört, schrillen wahrscheinlich bei jeder Mutter sämtliche Alarmglocken. Würde ich Blutungen bekommen, sollte ich zu ihm kommen, sollte das am Wochenende oder nachts passieren, müsste ich direkt zur Frauenklinik fahren.

So kam es, dass ich samstags mit einer leichten Blutung im Krankenhaus saß und drei Stunden lang weinend und allein im Wartebereich saß. Mein Mann durfte nicht mitkommen, aufgrund der aktuellen C*-Regelungen im Krankenhaus. Die diensthabende Ärztin kam zwischenzeitlich kurz auf mich zu und versicherte sich, ob ich die mit der Blutung in der 9. Woche sei. „Dauert noch“, war dann ihre einzige Aussage. Kein nettes Wort, kein Taschentuch.

Nach etwas über drei Stunden durfte ich dann in den Untersuchungsraum. Als ich auf dem Stuhl saß, die Ultraschall-Sonde bereits eingeführt, klingelte das Telefon der Ärztin. UND SIE GING RAN. Ich war so perplex, ich konnte überhaupt nichts sagen. Deshalb war ich froh, dass sie ihr Gespräch kurzhielt und sich dann wieder meinem Unterleib zuwandte. Das Telefon klingelte ein zweites Mal. Und wieder nahm sie ab.

Ich musste mich wirklich zusammenreißen, nicht nach dieser Frau zu treten. Hätte sie nicht dem Part am anderen Ende der Leitung unverblümt mitgeteilt, dass sie gerade in einer Untersuchung sei und die Sonde bereits „in der Scheide der Frau“ steckte, wäre ich vermutlich an die Decke gegangen.

Nachdem die gute Dame dann keine Herzaktivität mehr feststellen konnte, brach ich in Tränen aus. Natürlich hatte ich schon fast damit gerechnet, nachdem schon vorher kaum Wachstum mehr da war und dann die Blutung dazu kam. Trotzdem ist es doch immer noch etwas anderes, das von einem Arzt bestätigt zu bekommen. Das macht das Ganze erst wirklich real. Doch statt Trost bekam ich ein „Weinen Sie nicht. Das passiert.“ zu hören.

„Deswegen ist es doch trotzdem traurig…“, war mein kläglicher Versuch, sie dafür zu sensibilisieren, dass eine Frau, die sich ein Kind wünscht, endlich schwanger wird und ihr Baby dann verliert – egal wie kurz oder lang die Schwangerschaft war – Trauer empfindet. Zu mehr war ich in diesem Moment nicht in der Lage. Rückblickend betrachtet bin ich aber auch nicht sicher, ob mehr irgendetwas gebracht hätte.

Es wurde noch Blut abgenommen, um meinen Hormonwert zu kontrollieren und sicher zu gehen, ob die Schwangerschaft „nicht intakt“ sei. Ich sollte Montag nüchtern wieder in die Klinik kommen. Ohne weitere Erklärung.

Natürlich habe ich mir zusammengereimt, was der nächste Schritt wäre. Dass „nüchtern“ einen Eingriff ankündigte. Es wäre dennoch schön gewesen, wenn irgendjemand sich 5 Minuten Zeit genommen, meine Hand gehalten und mir erklärt hätte, was jetzt passiert.

Am Montag durfte mein Mann wieder nicht mitkommen. Ich habe seit acht Uhr morgens nüchtern im Krankenhaus darauf gewartet, dass ich gegen vier Uhr nachmittags eine Ausschabung bekam. An diesem Tag hatte ich mehr Glück mit der behandelnden Ärztin, auch mein Gynäkologe kam aus dem Nachbarort abends nochmal kurz zu mir ins Krankenhaus und hat für einen Moment mit mir gesprochen und versucht, mir Mut zu machen.

Was mir ganz schwer im Magen liegt, ist dass ich den ganzen Tag alleine war. Dass niemand da war, mit dem ich hätte sprechen können. Der mich mal in den Arm nahm. Und mein Mann – der doch auch sein Baby verloren hat – allein zu Hause war, keine Erklärung bekommen hat, keine Fragen stellen konnte. Das lag dann bei mir, die ich verzweifelt, traurig und unsicher nach Hause geschickt wurde, ihm begreiflich zu machen, was für mich selbst kaum greifbar war.

Seitdem fällt es mir schwer, wieder richtig auf die Beine zu kommen. Obwohl die Beine gar nicht das Problem sind, sondern vielmehr meine Stimmung, meine Launen. Dieses Gefühl, allein gelassen, im Stich gelassen zu sein, dass alles an mir hängen bleibt, zieht sich seitdem durch meinen Alltag und ich merke, dass ich mich an Kleinigkeiten aufhänge und mich den ganzen Tag lang aufregen kann, obwohl ich das gar nicht will. Und eigentlich auch besser weiß. Ich bin nicht sicher, wie ich damit umgehen soll. Wenn anderes passiert – und das Leben passiert nun mal bei jedem von uns – weiß ich nicht mehr, wo ich das noch hinstecken, wie ich das wechseln soll. Und ich weiß auch nicht, mit wem ich darüber sprechen kann, was ich tun kann, damit das wieder besser wird.

Tatsächlich habe ich eine kleine Geschichte geschrieben, damit ich mit meiner großen Tochter darüber sprechen kann. Und um etwas zu haben, woran wir uns festhalten können. Ich habe diese Geschichte an unseren Pastor geschickt, falls er noch mehr solche „Fälle“ hat. Wenn unsere kleine Geschichte uns hilft, hilft sie vielleicht noch anderen. Ich will sie noch an einen Kinderbuchverlag geben, mal sehen, ob die Geschichte auf Reisen gehen will. Das ist momentan irgendwie das Einzige, das mir Kraft gibt. Der Gedanke, dass es zu irgendwas gut gewesen ist. Und wenn es nur einer anderen Person in ähnlicher Situation hilft…

Anja:
Ich habe auch zwei Sternchen im Himmel und zwei völlig unterschiedliche Erfahrungen gemacht.
Meine erste FG hatte ich im Januar 2013, völlig unerwartet. Ich war das erste Mal schwanger, total euphorisch und bei einem Routinetermin in der 10. Ssw war kein Herzschlag mehr zu sehen. Mein damaliger Frauenarzt spulte seinen Text runter, was ich jetzt machen müssen und wohin ich gehen solle, dann stand ich auch schon wieder vor der Tür der Arztpraxis. Im Kh dann wieder ein Arzt, der mir auf brutalste Weise erklärte, was jetzt mit mir passiert und wie die OP ablaufen würde. Ich durfte dann nochmal nach Hause, weil die eigentliche Fg noch nicht begonnen hatte. Zwei Tage später war ich wieder im Kh, diesmal bei einer Ärztin. Die war total nett, verständnisvoll, nahm mir die Angst und brachte mich persönlich in den OP. Aber sonst kam keine besondere Reaktion vom Pflegepersonal und ich war froh, dass ich nach vier Stunden wieder nach Hause konnte.
Damals wusste ich noch absolut nichts von irgendwelchen Hilfsangeboten, geschweige denn, dass jemand mir dazu geraten hat. Ich war allein! Und das zwei Jahre lang. Die zwei Jahre waren die Hölle, nicht nur das wir versuchten, wieder schwanger zu werden und es nicht klappte, sondern auch das eine Freundin nach der anderen schwanger wurde und ich mich immer weiter von ihnen distanzierte, obwohl wir gerade diese tolle Zeit immer miteinander teilen wollten. Im Dezember 2014 hatte eine meiner Freundinnen einen Abbruch in der 22. Woche, weil das Kind Schwerstbehindert und nicht lebensfähig war. Meine 2. Fg folgte dann kurz darauf im Januar 2015 und genau diese Ereignisse brachten uns wieder zusammen. Wir waren nicht mehr alleine, wir hatten uns und wir wollten was tun. Es gab mittlerweile eine Gruppe für Sterneneltern, die von der Kh-Seelsorge geführt wurde. Daran nahmen wir teil. Und ich sage das nicht nur so, es war das Beste, was uns passieren konnte. Die Gruppe war etwas eingeschlafen und arbeitete nur für sich, auf der Station war davon wenig bekannt und auch das Thema Fehlgeburt oder stille Geburt wurde auf der Station nicht sensibel behandelt.
Bei meiner 2. Fg war ich fünf Tage auf Station und jeden Tag durfte ich der Visite aufs Neue erzählen, warum ich eigentlich hier bin, da hätten sie mir auch jeden Tag ein Körperteil abhacken können, das wäre nur halb so schlimm gewesen.
Wir haben dafür gesorgt, dass anderen Sternenmamas das nicht so ergehen muss. Wir haben mit der Klinikleitung, der Stationsleitung, den Oberärzten, dem Pflegepersonal und den Hebammen viel und lange geredet, und dann einen Plan gemacht wie es besser laufen könnte. Es verging viel Zeit für das alles, aber auf das was wir geschaffen haben, bin ich sehr stolz.
1. Wenn eine Sternenmama auf die Station kommt, kommt sie nicht auf die Entbindungsstation, sondern auf die normale Gyn.
2. An die Zimmertür wird ein Schmetterling gehangen, damit jeder weiß, dass dort eine Sternenmama liegt und man sich entsprechend verhalten kann.
3. Jede Mama bekommt die Möglichkeit am Projekt „Schmetterlingseltern“ teilzunehmen. Wir haben Flyer gedruckt, die dann ausgehändigt werden. Die Mama kann dann selbst entscheiden, ob sie das möchte.
4. Jede Mama bekommt ein „Schmetterlingspaket“. Das haben wir selbst zusammengestellt, genäht und liebevoll verpackt. Mit Sprüchen, Blumensamen, einer Kerze, Schmetterlingen und anderem.
5. Für die größeren Kinder haben wir Einschlagdecken genäht, mit einem Erinnerungsstück für die Eltern in den gleichen Farben.
Zweimal im Jahr gibt es eine Sammelbestattung für Sternenkinder, die groß zelebriert wird mit großer Trauerfeier, Beisetzung auf dem Sternenkinderplatz und anschließender Feier, freiwillig natürlich.
Außerdem gibt es an jedem World-wide-candellight-day einen Gottesdienst für Sterneneltern im Dom bei uns.

Mir hat all das sehr geholfen. Besonders aber zu wissen, dass ich nicht alleine bin und dass es völlig normal ist, auch Jahre später noch traurig zu sein. Meine Freundin und ich gehen jeden Geburtstag von unseren Sternchen zusammen auf den Friedhof, manchmal begleiten uns anderen Freundinnen oder Familienmitglieder, was sehr schön ist.
Wir haben beide mittlerweile ein Regenbogenkind, sie einen 5jährigen Sohn, meiner ist 4 Jahre alt. Und auch die beiden Kinder wissen, dass sie Geschwister im Himmel haben.
Ich habe 3 Kinder, zwei im Herzen und eins fest an der Hand.

Nina:
Ich hatte eine sehr frühe Fehlgeburt in der 6. oder 7. Woche. Ich war traurig, aber meinen Mann traf es irgendwie viel mehr. Es hat lange gedauert, bis er bei der darauffolgenden Schwangerschaft genug Vertrauen in die Sache hatte, um sich zu freuen.
Die Arzthelferinnen in meiner Stammpraxis waren wundervoll. Sie nahmen sich Zeit und machten mir Mut und zeigten mir, dass ich damit nicht alleine bin. Ich wurde 2 Wochen krank geschrieben, um mich zu erholen und es zu verarbeiten. Einen Monat später nistete sich unser kleines Mädchen ein und blieb bei uns.
Meine Chefin sagte damals nur zu mir: „Warum sind Sie krankgeschrieben? Das war doch keine Fehlgeburt. So früh ist es doch keine Fehlgeburt.“ Das hat mich echt schockiert. Aber sie war eh nicht sonderlich emphatisch.

Nicoletta:
Da war er also Anfang 2012, der Kinderwunsch, ich machte einen Termin beim Gyn zum Check und beim Hausarzt, ließ mich also komplett untersuchen, incl. Rötelntiter. Und nahm Folsäure. Die Ärzte gaben das Ok und so setzte ich die Pille ab.

Bereits im ersten Zyklus blieb die Regel aus. Man sagt ja immer, es dauert, wenn man die Pille so lange genommen hat bis sich der Zyklus einpendeln. Aber ich spürte es … ohne Pille hatte ich starken Mittelschwere und ich hatte gespürt als das Ei sprang. Schneller als erwartet hielt ich also einen positiven Test in der Hand. Ich machte noch einen… auch positiv, deutlicher als der erste. Ich war furchtbar aufgeregt. Mein Mann war zunächst überfahren, dass es so schnell ging, nach einigen Tagen kam aber die Freude durch und er erzählte mir, dass er es kaum erwarten könne, es seiner Schwester  zu erzählen. Ich machte einen Termin beim Gyn. Der sollte an einem Donnerstag sein, bei 7+4. Mein Brüsten spannten, ich musste öfter Pipi.

Am Sonntag bei 7+0, bekam ich Krämpfe und leichte Blutungen. Ich versuchte mir einzureden, dass das noch kein Grund zur Panik wäre. Es hörte auf. Ich ging schlafen. Am nächsten Montagmorgen beim Toilettengang dann der Schock… so.. viel.. Blut.. Völlig verzweifelt fuhr ich zu meinem Gyn.

Ich sagte am Empfang, dass ich zwar erst am Donnerstag Termin hätte, aber nun starke Blutungen hätte. Ihre Reaktion: “Und was sollen wir da jetzt machen? Da müssen Sie schon in die Notaufnahme, aber das wird wohl ein Abgang sein”. Und da stand ich.. so wenig Empathie hatte ich nicht erwartet. Mit tränenverschleierten Augen setzte ich mich ins Auto und fuhr ins Krankenhaus, in der Notaufnahme war man sehr freundlich, rief auf der Gyn an und schickte mich gleich hoch. Dort musste ich 2 h warten. Eine sehr junge Assistenzärztin kam und nahm mich mit zur Untersuchung. Sie war nett, wirkte jedoch ratlos. Sie holte eine Oberärztin. Diese kam und untersuchte mich, besah sich das Ultraschallbild.

Da war nichts.

Sie erklärte mir ganz lieb, dass es wohl ein vollständiger Abort sei. Dass es das kleine Ding nicht geschafft habe. Ich fragte sie, ob es sein kann, dass ich nicht schwanger war, dass es falsche Testergebnisse waren. Sie verneinte. Ich war schwanger, aber ich hatte es verloren. Sie war sehr einfühlsam. Ich fragte Sie, was ich tun müsse. Sie meinte, ich solle warten, bis die Blutungen vorbei sind. Eine Ausschabung sei nicht erforderlich, da es von alleine abgegangen sei. Ich sollte dann nach der Blutung zu meinem Gyn zur Nachuntersuchung, um zu klären, ob alles in Ordnung sei und dann könnten wir es wieder versuchen. Sie wünschte mir viel Glück und meinte, sie hofft, wir sehen uns bald wieder… dann aber zur Entbindung.

Obwohl diese Ärztin fantastisch war und nicht empathischer hätte sein können, war ich völlig taub… ich war ohnmächtig. Ich fühlte mich leer; mein kleines Baby war gegangen. Bei 7+1. ET wäre der 06.01.2013 gewesen. Mein kleiner König…

Ich fuhr ins Büro, völlig bescheuert. Ich hätte mich zuhause auf die Couch legen sollen.. dem Schmerz Raum geben sollen.. ich tat es nicht. Ich arbeite, wie mechanisch. Ja nicht zusammenbrechen.

Die Tage vergingen und ich ging zum Gyn zur Nachuntersuchung. Alles ok, nichts deutete darauf hin, dass was gewesen war. Also war da auch nichts gewesen… ich fühlte mich vor den Kopf gestoßen! WIE BITTE?? Aber die Ärztin im KH hatte doch gesagt, es war da. Nun ja, die Schwangerschaft war nie ärztlich bestätigt worden. Und das war das Schlimmste … für die Welt da draußen hatte es nie eine Schwangerschaft gegeben,  hatte es meinen Verlust nie gegeben.

Mein Mann wusste damit gar nicht umzugehen. Er war lieb, aber fühlte sich mit meiner Trauer überfordert. Er selbst tröstete sich damit, dass er sagte, beim nächsten Mal würde es klappen.

Meine beste Freundin meinte, die Natur habe schon einen Grund warum es passiert ist, dass es wahrscheinlich einfach nicht gesund gewesen wäre. Mich tröstete das nicht.

2 Zyklen später war ich wieder schwanger. Yannick kam am 20.03.2013 per Kaiserschnitt zur Welt. Den Kaiserschnitt führte die Ärztin durch, die mich damals untersucht hatte.

Ich war in dieser Schwangerschaft noch bei dem Gyn gewesen. Nach Yannicks Geburt bin ich nie wieder zu ihm. Schon in der Schwangerschaft fühlte ich mich nicht gut betreut, aber bei uns auf dem Land sich Gyn-Praxen Mangelware. Die Ärztin aus dem KH praktizierte im MVZ. Das war eigentlich voll und nahm keine Patienten an. Aber bei der Entlassung meinte sie, ich solle den Termin für die Nachsorge bei ihr machen.

Unsere Prinzessin ließ länger auf sich warten, bei ihr war ich schon fast verzweifelt, weil ich einfach nicht schwanger wurde. In dem Zyklus, in dem es dann klappte, hatte ich gar nicht damit gerechnet.  Unser Sternchen wird für mich immer unser erstes Baby sein. Auch wenn es uns so früh verließ. Unsere Familienplanung ist abgeschlossen. Wir haben 2 wundervolle Kinder an der Hand. Und noch zusätzlich ein Sternchen im Herzen.

Es sollte kein Tabuthema sein, es sollte nicht totgeschwiegen werden. Und es sollte niemals – auch noch so früh – als “da war doch nichts” abgetan werden. Das war und ist noch immer das schmerzhafteste… das in der Akte beim Gyn stand: Gravit. 1, obwohl es die 2te war.

Claudia:
Ich hatte 2008 eine Fehlgeburt. Es war in der 8. Woche und wäre unser erstes Baby gewesen.
Ich wurde sofort in die Klinik geschickt (morgens 10 Uhr) und die meinten dann: „Kommen sie nächste Woche wieder.“ Aber ich konnte das Gefühl nicht aushalten, dass mein Baby tot in meinem Bauch ist.
Sie haben mich dann dabehalten und ich bekam um 12 Uhr Medikamente, damit es sich löst (was mir nicht erklärt wurde).
Ich habe danach schlimme Blutungen bekommen und wurde endlich um 22 Uhr abends operiert. Der Arzt kam rein mit den Worten: „Jetzt reicht‘s aber auch für heute.” Ich habe so geweint, nackt auf dem OP-Tisch, alleine und in dem Bewusstsein, dass mein Baby an diesem Tag gestorben ist.
Ich habe das nie ganz überwunden. Es war furchtbar.
Heute habe ich 2 gesunde Kinder, aber die Erinnerung bleibt.

Louisa:
Unser zweiter Sohn Felix kam am 1. Oktober 2014 in der 28. SSW per Kaiserschnitt zur Welt und hat diese Welt leider nach nur 3 Tagen wieder verlassen.
Wie alles begann:
In der 21. SSW haben wir die Feindiagnostik machen lassen und dabei fielen der Ärztin einige Auffälligkeiten auf, jeder für sich wohl nicht so tragisch, aber alle zusammen – nicht gut. Wir bekamen eine Überweisung zu einem Spezialisten. Dieser Spezialist ist sicher in seinem Fach spitze, aber als Mensch war er eine Katastrophe. Nach 10 Tagen dann wieder zur Feindiagnostik, dabei stellte sich raus, dass unser Baby nicht genug gewachsen war. Was für mich die sofortige Einweisung ins Krankenhaus hieß. Nach 10 Tagen Aufenthalt durfte ich wieder nach Hause – allerdings nicht lange. Bei der nächsten Kontrolle ging es wieder ins Krankenhaus und es war klar, schwanger werde ich es nicht mehr verlassen. Bis dahin war ich im Krankenhaus sehr gut betreut auf der Station für Risikoschwangere. Dieses endete mit der Geburt meines Sohnes. Nach dem Kaiserschnitt kam ich auf die Wöchnerinnen-Station auf ein Doppelzimmer. Mittags bekam ich eine Mitpatientin aufs Zimmer. Sie hatte am Morgen ihren Sohn auf die Welt gebracht. Sie hatte natürlich ihren Sohn mit im Zimmer – meiner war auf der Frühchenstation und kämpfte um sein Leben. Für mich eine schreckliche Situation, für sie ebenfalls! Sie ist nachts ins Stillzimmer und hat dort auf dem Sessel geschlafen, da sie mich der Situation nicht aussetzten wollte.
Am 3. Tag bekam mein Sohn Krampfanfälle und die Situation wurde immer ernster. Ich habe dann nach einem Psychologen gefragt. Hm, war Feiertag … da konnte wohl keiner kommen.
In der Nacht wurde die Situation immer bedrohlicher, so dass uns eine Nottaufe ans Herz gelegt wurde. Zur Nottaufe durften sogar die Großeltern kommen, das war sehr schön! Die Betreuung unseres Sohnes war sehr herzlich und auch der Umgang mit uns Eltern. Mein Mann durfte auf einem Sofa im Aufenthaltsraum schlafen und ich auf Station. Am frühen Morgen hat unser Felix dann auf meinem Arm diese Welt wieder verlassen müssen. Er war einfach zu klein und schwach. Wir haben dann alle Zeit bekommen, die wir für den Abschied brauchten.
Einige Wochen später haben wir von der betreuenden Schwester einen sehr liebevollen Brief mit ein paar Fotos von unserem Sohn bekommen, die sie gemacht hatte.

Felix ist immer sehr präsent in unserem Leben, da wir sehr offen mit dem Thema umgehen. Auch unser erster Sohn und unsere Tochter (die nach Felix geboren ist) reden sehr oft von ihm.

Anne:
Im Mai letzten Jahres wurde ich mit unserem 2. Kind schwanger und die Freude war riesig. Ich hatte wie immer mit Übelkeit und Erbrechen zu kämpfen. Der erste Ultraschall in der 7. Woche war unauffällig und das Herzlein blubberte.
Genau am Anfang der 10. Woche hatte ich meinen nächsten Vorsorgetermin und ich freute mich riesig, die Erbse wieder zu sehen. Auf dem Stuhl wurde gleich geschallt und ich sah gespannt auf den Bildschirm. Irgendwas irritierte mich, doch ich konnte zuerst nicht sagen, was. Es war seltsam. Die Erbse war so ruhig und „schwamm“ nur hin und her. Meine Ärztin war auch ganz ruhig, schaute weiter. Ich dachte nur „beweg dich bitte!!!“, im selben Moment dachte ich aber auch „…bitte lass es einfach nur schlafen…“ Ich hatte tausend Gedanken im Kopf und es kam mir ewig vor. Ich sah, wie meine Ärztin immer wieder den Doppler drückte und keine Herzaktivität auslösen konnte. In dem Moment wusste ich es und sie drehte sich sehr mitfühlend zu mir und sagte „Frau T. … es tut mir so leid, aber ich kann keinen Herzschlag mehr finden. Das Kleine hat aufgehört, sich zu entwickeln. Es ist nicht Ihre Schuld. Sie haben nichts falsch gemacht und können nichts dafür.“ Ich weinte und zog mich an. Wir redeten noch und meine Frauenärztin erklärte mir, dass ich ins Krankenhaus müsste, damit ihre Diagnose noch einmal bestätigt wird. Das müsse so gemacht werden und sie wünschte sich von Herzen, dass sie sich irren würde, aber sie verdeutlichte auch, dass sie sehr gründlich untersucht hat.
Der Termin im Krankenhaus zur Untersuchung wurde direkt für den nächsten Tag gemacht.

Für mich war die Diagnose „Missed Abort“ ein Schlag ins Gesicht, mit dem ich nicht gerechnet hatte, da ich noch immer Übelkeit und schmerzende Brüste verspürte. Mit gebrochenem Herzen fuhr ich nachhause. Mein Partner und ich weinten beide.

Am nächsten Tag fuhr mich meine Schwägerin zur Untersuchung ins Krankenhaus. Durch Corona war alles etwas anders strukturiert und man musste sich erstmal zurechtfinden. Dennoch waren bei der Anmeldung und Aufnahme alle sehr lieb und wertschätzend. Die Frage, nach meinem Befinden, war immer die erste.
Die Ärztin, von der ich dann untersucht wurde, bestätigte die Diagnose Missed Abort. Wir waren uns von Anfang an darüber einig, dass ich eine Ausschabung machen lassen würde. Eine kleine Geburt hätte ich psychisch nicht geschafft. Meine Erbse weiterhin tot in mir zu tragen, erschien mir als einen Zustand, den ich nicht schaffe, auszuhalten. Ich wurde sogar gefragt, wann wir den Eingriff vornehmen wollen und ich sagte nur „Bitte so schnell, wie möglich.“ Direkt hatte ich für übermorgen einen Termin bekommen. Das reichte, um alles zu organisieren.

Unser Sohn verbrachte einen wunderschönen Oma-Opa-Tag bei meinen Eltern und mein Mann fuhr mich ins Krankenhaus, da ich 6:30 Uhr auf Station sein sollte. Ich bekam ein tolles, großes Zimmer. Ganz für mich allein. 7:45 Uhr nahm ich die beiden Cytotec Tabletten ein. Immer wieder kam eine liebe Krankenschwester in mein Zimmer und fragte mich nach meinem Befinden, ob sie mir etwas Gutes tun könne oder ob ich nicht einfach den Fernseher einschalten mag, um mich abzulenken. Doch Fernsehen wollte ich nicht.
Gegen 10 Uhr kam ich in den OP und auch hier waren alle sehr nett und wertschätzend. Ich weinte wieder. Alle sagten, dass es ihnen sehr leidtut, fragten mich auch hier wieder nach meinem seelischen Befinden und machten mir Mut, dass ich nicht noch einmal „hier bei ihnen landen werde“.
Als ich später wieder in mein Zimmer kam, musste ich noch etwas warten, ehe ich essen durfte. Ich weiß noch, dass es 14:30 Uhr war und eine andere, liebe Schwester hatte mir zwei Mahlzeiten des Mittagsmenüs aufgehoben und ich durfte auswählen, welches ich lieber zu mir nehmen würde. Danach kam noch einmal die Ärztin an mein Bett, welche mich operiert hatte und erklärte mir noch einmal ausführlich, wie sie vorgegangen sei, dass sie sehr vorsichtig war und ein sehr gutes Gefühl bezüglich der Heilung hätte. Wir verabschiedeten uns voneinander und gegen 17:30 Uhr durfte mich mein Mann abholen.

Meine Frauenärztin wollte mich direkt am nächsten Tag sehen und schrieb mich für zwei weitere Wochen krank und sagte sofort: „Frau T., dass sind jetzt die zwei Wochen, die ich direkt und ohne Probleme geben kann. Viele meiner Frauen hier brauchen nach einer Fehlgeburt länger. Scheuen Sie sich also nicht, wieder her zu kommen. Gerade in Ihrem Beruf.“
Ich bin Erzieherin, befand mich schon im Beschäftigungsverbot und der Weg zurück setze mir so zu, dass ich es noch nicht schaffte, nach den zwei Wochen wieder den Kindergarten zu betreten. Ich ging also nochmal zu meiner Frauenärztin. Bei der Untersuchung war alles gut und schön verheilt. Sie schrieb mich für weitere zwei Wochen krank. Außerdem zeigte sie mir ihre Sternchenwand. An diese darf jede Mama, welche es möchte, einen Stern für ihr Baby anbringen und beschriften, was leider zu den Sternen reisen musste. Ich tat es und bin davon noch heute sehr gerührt. Ich fühlte mich wundervoll aufgefangen und wertgeschätzt. Nun hatte meine Erbse auch einen Platz außerhalb unserer Herzen und unserer Wohnung.

Für mich war es trotzdem danach sehr schwer. Es tat weh und ich zog mich zurück. Freundinnen von mir wurden schwanger, während ich unser Baby verloren hab. Ich gönnte es ihnen wirklich von Herzen und freute mich für sie. Mir tat es dennoch weh zu sehen, wie ihre Bäuche wuchsen und bei mir nichts passierte.

Nun ist etwas Zeit vergangen und ich bin wieder schwanger und befinde mich derzeit in der 12. Woche mit unserem Regenbogenbaby. Bis zur 10. Woche war ich teilweise immer wieder panisch. Ich hatte große Angst, dass es wieder schief geht. Ich wurde sehr engmaschig betreut und auch jetzt fällt mir das Vertrauen in meinen Körper noch immer nicht so leicht. Dennoch versuche ich, positiv zu bleiben. Ich gebe den Ängsten Raum, lasse sie aber nicht überwiegen.

Von ärztlicher Seite gesehen, hatte ich wirklich eine Vorzeigebetreuung und auch Versorgung. Ich würde mir von ganzem Herzen wünschen, dass dieser Umgang für alle Frauen die Norm ist und somit selbstverständlich wäre.

Privat ist es immer noch so, dass das Thema Fehlgeburt für viele noch ein absolutes Tabu Thema ist. Selbstverständlich hatte ich tolle Freunde an meiner Seite, mit denen ich reden, weinen, leiden und mich auch ablenken konnte. Nicht zu vergessen meine Familie, die immer an meiner Seite war und meinen wundervollen Räuber.
Dennoch gab es auch die Leute, die mich kaum ansehen konnten, weil sie selbst nicht mit dem Thema umgehen können oder jene, für die nach ein paar Wochen alles wieder gut sein muss.
„Tröstende“ Worte wie: „Es sollte leider nicht sein.“ , „Du bist doch noch jung!“ , „Du hast ja zum Glück schon ein Kind!“ , „Die Natur regelt das.“ oder „hättest du lieber ein krankes Kind gehabt?!“ sind leider oft missglückte „Trostversuche“, die aber für jede betroffene Mama ein derber Schlag ins Gesicht sind.

Ich glaube, dass man die Anschauung und auch den Umgang mit Betroffenen ändern kann, wenn es einfach möglich gemacht wird, die Themen Fehlgeburt und stille Geburt nicht mehr zu tabuisieren. Wenn der Schmerz und die Trauer verstanden und vor allem akzeptiert sowie gesehen werden und verstanden wird, dass eine Welt zerbricht, wenn eine Baby zu den Sternen geht.

Vera:
Ich habe einen zweijährigen Sohn. Obwohl mir 2015 ein PCO Syndrom diagnostiziert wurde mit den Worten „Wenn Sie schwanger werden wollen, dann am besten direkt mit Hormonen“, wurde ich sechs Monate nach Absetzen der Pille ohne Hormone schwanger und die Schwangerschaft war mega entspannt. Gut, der kleine Mann wollte vier Wochen zu früh los. Kann aber am ET gelegen haben: Rosenmontag / die Karnevalszeit ist ja jetzt nicht für jeden was. ?Also ist er auf Nummer sicher gegangen. Er war auch fit für die Welt. Also alles gut.

Entsprechend entspannt bin ich auch an Kinderwunsch Nummer zwei ran gegangen. Wir haben uns im Herbst 2019 dazu entschieden es langsam wieder zu versuchen und im April 2020 hat es dann geklappt. ET Heilig Abend! Yeah. JEDER sagte: das ist aber nicht so schön. In der 8. Woche hatten wir einen wunderschönen Ultraschall mit Herzschlag. Keine Woche später war Blut im Spiel, nur ganz wenig, kaum bemerkbar, und die Ärztin musste das Kind auf dem Ultraschall suchen. Zwei Tage später hatte ich eine kleine Geburt. Damals wusste ich nicht, dass man das so nennt. Ich wusste auch nicht, dass ich eine Hebamme zur Begleitung dabeihaben hätte können, damit ich nicht „alleine“ da sitze und mit Miniwehen alle halbe Stunde auf Toilette sitze. Mein Mann war zwar da und mein Kleiner war sehr süß, wie er es immer ist, wenn Mama weint. Kaum eine Woche später war körperlich alles vorbei und gut. Der „Zyklus“ dauerte 30 Tage und alles lief wie immer.

Ich dachte so: Ok, alle haben gesagt, der 24.12. ist ein Kackdatum. Dann war es wohl pissig und dachte sich: „Dann komm ich halt später!“ Alles kein Beinbruch. 10% aller vom Gyn festgestellten Schwangerschaften enden in der Frühschwangerschaft, habe ich irgendwo gelesen. Aufstehen, Krone richten, weiter geht’s.

Im November hatte ich dann wieder einen positiven Schwangerschaftstest. Wieder waren wir schon im Homeoffice, weil die zweite Welle unterwegs war. Ich hatte ja gelesen und da die Chancen noch höher standen, dass es eine zweite Fehlgeburt gibt, habe ich fast niemandem was gesagt und den Gyn Termin auch weit nach hinten geschoben. Was soll ich sagen. Noch vor dem Termin, in der 7. Woche, wieder leichte Blutungen. Wieder zum Arzt. Sie konnte nur eine Fruchthöhle sehen. Ob das was drin war, wissen wir nicht. Das war drei Wochen vor Weihnachten.

Gut, statistisch gesehen sind wir durch mit dem Thema. Also wieder aufstehen, Krone richten, weiter gehen. Auch wenn jedes Mal schwerer wird.

So schön so gut. Also frohen Mutes neuer Anlauf. Gründonnerstag war ich wieder drüber und ich hatte so ein Gefühl. Schon seit einer Woche. Test gemacht: Positiv. Aber ehrlich. Statistik hin oder her. Ich hatte Angst. Zu Recht. Ostermontag wieder etwas Blut. Dienstag dann richtig. Also ab zum Gyn. Was verdickte Schleimhaut hat sie gesehen. Sie konnte mir also nicht sicher sagen, ob es eine Schwangerschaft war. Es hat sich halt so angefühlt. Meine Tage waren schon ewig nicht mehr so lange drüber und die kündigen sich auch nicht so an. Ich rechtfertige mich schon wieder. Wie ich es den Ärzten gegenüber tue. Weil ich will, egal, was da war oder nicht, dass das die dritte Fehlgeburt war. Ich will, dass das jetzt jemand nachguckt.

Schwanger werden ist ja offenbar nicht das Problem. Aber das behalten. Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich eine weitere Schwangerschaft genießen soll mit dieser Angst. Dieses Kind nicht zur behalten und vielleicht gar keins mehr zu bekommen. Und angenommen, wir überstehen mal die Frühschwangerschaft. Was ist, wenn es dann später passiert? Wie schlimm muss denn erst eine Stille Geburt sein? Ich war bei meinem kleinen Mann so entspannt in der Schwangerschaft. Und das hat ihm so gutgetan. Ich hätte das gerne noch Mal.

Mein Körper hat das bisher auch alles alleine hinbekommen. Ich musste nicht ausgeschabt werden und nichts. Das ist ja schon mal gut. In der Praxis und beim Truppenarzt (da muss ich mir ja immer Überweisungen holen und mich krankschreiben lassen) waren immer alle sehr einfühlsam und hilfsbereit.

Aber es ist so anstrengend. Klar, man soll sich nicht zu früh freuen und anfangen Pläne zu machen und blablablabla. Natürlich geht man los und beginnt die Reise. Und natürlich fängt die Arbeit an in den Hintergrund zu treten. Und dieses zurückkämpfen in den Alltag ist so schwer. Ab wann erwarten die Menschen wieder Leistung? Geistig wie körperlich? Und ständig der Gedanke: eigentlich will ich bald wieder in Elternzeit sein.

Wie ehrlich darf man mit den Leuten eigentlich sein? Wenn man krankgeschrieben ist, wegen einer Erkältung, sagt man das ja auch. Aber diese Fehlgeburten sind so schwierig. Ich selbst habe sehr schwankende Gefühle dazu. Mal ist es eher: Shit happens. Und mal bricht meine Welt zusammen und ich werde durch die Sorgen und Ängste fast erdrückt.

Die Menschen reagieren so unterschiedlich. Freundinnen sind oft am „entspanntesten“, sie sind nicht übermäßig mitleidig, aber auch nicht kalt. Bei Männern habe ich teilweise das Gefühl, dass ich das sehr einfühlsam kommunizieren muss. Ich habe teilweise echt Angst was zu sagen, weil ich dann gleich deeskalieren muss und versichern, dass soweit alles in Ordnung. So in Ordnung, wie es eben sein kann.

Ich verstehe übrigens überhaupt nicht, warum ein Paar das drei Mal durchmachen muss, bis mal jemand hinguckt, was da los ist. Ich habe Artikel gelesen in denen begründet wird, dass man nicht stigmatisieren wolle oder dass in 99% der Fälle ohnehin nichts gefunden würde bei Fehlgeburt 1 und 2. Das ist nicht fair. Das muss sich ein Mann ausgedacht haben. Wenn ein Paar direkt überprüfen möchte, ob alles in Ordnung ist, dann sollte das in Ordnung sein. Ein Fall von 100 ist eigentlich eine ganze Menge, wenn man das absolut betrachtet.

Katharina:
Ich hatte zwischen meinen beiden Söhnen eine Fehlgeburt, die nur festgestellt wurde, weil ich auf einen Ultraschall gedrängt habe.

Ich war in der 11. SSW zu einem Routinetermin, der allerdings KEINEN Ultraschall beinhaltet hat. Da man beim ersten Termin noch kaum etwas sehen konnte, habe ich darauf bestanden, dass der Arzt die Schwangerschaft auch tatsächlich per Ultraschall feststellt.

Leider war dort dann zu sehen, dass der Embryo etwa ab Woche 8 nicht mehr weitergewachsen war und ich eine verhaltene Fehlgeburt hatte.

Anfangs hat er ganz gut reagiert: „Es tut mir leid, leider ….“ – um dann zwei Sätze später ein: „Das ist nicht schlimm, das kommt so häufig vor“ hinterherzuschieben.

Mir sind die Tränen in die Augen geschossen – natürlich! Ich hatte eben erfahren, dass ich mein Baby verloren hatte. Neben mir saß mein Einjähriger Sohn im Kinderwagen, mit dem ich noch gute 30 Minuten nach Hause spazieren musste. Es gab kurz ein paar Informationen: Ausschabung ja oder nein. Aber alles nur oberflächlich.

Als ich das Behandlungszimmer verlassen habe, flossen die Tränen und ich wusste überhaupt nicht, wie ich den Nachhauseweg schaffen sollte.
Eine nette Arzthelferin hat mich zur Seite genommen, meinen Sohn mit meinem Einverständnis bei einer Kollegin abgegeben und mich in einem separaten Raum in den Arm genommen und erstmal weinen lassen.

Ich bin ihr heute noch so sehr dankbar für diesen menschlichen Moment. Dass sie mich aus der Schusslinie genommen hat, weg von all den Schwangeren im Wartezimmer und all den mitleidigen Blicken. Dass sie gesehen hat, was ich brauche. Mir kommen die Tränen, wenn ich daran denke.

Den Arzt habe ich in der dritten Schwangerschaft gewechselt, als auf die Diagnose einer Ringelrötelninfektion in der Schwangerschaft wieder null Empathie zu spüren war. Er ist fachlich herausragend, aber ich konnte nicht damit umgehen, dass diese einschneidenden Lebensereignisse von ihm nicht im Ansatz als solche anerkannt wurden.

Mein Learning: Sagt den Ärzt:innen, dass es euch mit einer Situation schlecht geht. Schämt euch nicht. Eure Trauer, eure Angst hat ihre Berechtigung. Wird sie nicht anerkannt, sucht euch eine/n Ärzt:in, die/der dazu in der Lage ist.

Und genau das wünsche ich mir für alle Frauen (und Männer!) in der gleichen Situation: Empathie, Verständnis und ein offenes Ohr. Egal wie das Gegenüber darüber denkt: Der Schmerz ist echt, die Trauer ist da und sie braucht Zeit. Und zwar genau so viel, wie sie eben braucht.

PS: Meine Ausschabung wurde mehrere Wochen später ambulant durchgeführt. Mehrere Frauen, die alle ihr Kind verloren hatten, lagen nur durch Trennwände getrennt nebeneinander. Teilweise weinend, mit starken Schmerzen. Mir ging es körperlich gut. Aber es war fast unerträglich, dieses geballte Leid zu sehen. Und niemand hat sich getraut, die andere anzusprechen. Im gleichen Raum andere ambulante OPs, Armverletzungen usw. Niemals mehr möchte ich an diesem Ort sein.

Stefanie:
Mein Sternenkind war meine erste Schwangerschaft und ich habe nicht so tolle Erfahrungen gemacht.

Angefangen mit der Arzthelferin, die mich gut gemeint trösten wollte. Aber so etwa nach dem Motto “Kopf hoch”, “du bist noch jung”, “das wird schon wieder”. Und dann erzählte sie mir von ihrer Totgeburt im achten Monat. Das war wenig hilfreich. Ich hatte gerade erst davon erfahren, dass mein Baby keinen Herzschlag mehr hat und sie kommt mit so etwas. Ich denke, sie hat es gut gemeint, aber es hat es eher noch schlimmer gemacht. Schlimmer, weil ich dadurch in meinen nächsten Schwangerschaften immer an diese Geschichte denken musste und panische Angst hatte.

An der Fehlgeburt gebe ich dem behandelnden Arzt bis heute eine gewisse Teilschuld. Ich habe nicht mit vielen darüber geredet. Aber die Frage beschäftigt mich seitdem, ob mein Baby hätte geboren werden können.

Es fing damit an, dass ich am Anfang der Schwangerschaft starke Unterleibsschmerzen hatte. Stärker als ich es von meiner Periode her kenne. Ich habe meinen Arzt darauf angesprochen und er meinte es sei normal und man könne nichts machen. Ich will hier nochmal erwähnen, dass ich die Schmerzen kaum ausgehalten habe und ich mich wirklich nicht gut gefühlt habe. Etwas später habe ich von einer Freundin erzählt bekommen, dass es ihr ähnlich ergangen ist. Woraufhin ihre Ärztin meinte, dass das Wehen sein könnten und gab ihr Magnesium dagegen. Von meinem Arzt bekam ich nichts.

Ein paar Wochen später bekam ich leichte Blutungen. Ich bin wieder sofort zum Arzt und habe es abklären lassen. Er meinte, es sei alles ok, so etwas kommt durchaus vor und vergeht wieder. Mehr hat er mir nicht gesagt.

Ich habe dann etwas gemacht, was ich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht hätte tun dürfen. Nur wusste ich es nicht. Ich komme mir um ehrlich zu sein ziemlich blöd vor und mache mir selbst auch Vorwürfe deswegen. Ich hatte Geschlechtsverkehr mit meinem Mann. Das man so etwas bei Blutungen nicht tun sollte, war mir zu dem Zeitpunkt nicht bewusst. Heute weiß ich es besser.

Daraufhin habe ich mein Baby verloren. Es war in der 12. Woche. 5 Tage vor Heiligabend.
Ich habe dann einen Termin im Krankenhaus bekommen, wo mir die Fehlgeburt nochmals bestätigt wurde.

Nach der Fehlgeburt ging es mir nicht besonders gut. Ich arbeite als Erzieherin und es fiel mir anfangs sehr schwer, in meinen Beruf zurück zu finden. Ich habe die Kinder gesehen und immer an mein Kind denken müssen.

Mittlerweile geht es. Aber ich werde mein kleines Sternenkind nie vergessen. Wenn ich meine beiden Kinder ansehe, frage ich mich, wie wohl mein Sternenkind aussehen würde. Andererseits hätte ich vielleicht meine jetzigen Kinder nicht, wenn mein erstes Kind zur Welt gekommen wäre. Es ist manchmal recht Zwiegestalten.

Was mir ein wenig geholfen hat, war einen Brief an mein Baby zu schreiben. Und den habe ich immer noch. Ich denke auch noch an mein kleines Baby. Es wird mich wohl immer begleiten.

Nina:
Ich möchte dir auch gerne meine Geschichte zu meinen Fehlgeburten schreiben. Weil es recht positive Geschichten sind.

Ich hatte bereits eine Tochter und wir wollten gerne ein zweites Kind. Ich war 28. Relativ schnell wurde ich schwanger. Dann ging mein Kopfkino los. Wie sollte das werden? Ich war doch so ein tolles Team mit meiner Großen. Stillen, tragen, einfach alles super.

Vielleicht waren dem Baby all dieses Zweifel zu viel und es hat sich recht schnell verabschiedet. Es war in der 6. Woche. Ich bekam eine Blutung, Schmerzen und es ging. Soweit so okay.

Leider gingen meine Schwangerschaftshormone nicht ganz zurück und stiegen auch wieder an. Meine Gyn hat mich alle zwei Tage zur Blutabnahme sehen wollen und alle drei Tage zum Schall. Kurz vor der nächsten Periode waren die Hormone so hoch, dass sie Angst wegen Eileiter- oder Bauchfellschwangerschaft hatte und hat mich zur Bauchspiegelung geschickt. Das Team dort war sehr freundlich, hat mich getröstet und das super gemacht. Gefunden hat man nichts. Es wurde auch eine Ausschabung gemacht und meine Gyn meinte hinterher, dass wohl irgendwo Reste waren, die noch Hormone produzierten.

Ich bekam zwei weiter Kinder. Dann entschlossen wir uns, auch einem vierten Herzchen die Möglichkeit zu geben, zu uns zu stoßen.

Es hat sofort geklappt. Unsere Freude war riesig. Es war sehr präsent. Saß quasi schon zwischen uns am Tisch. Mir war schlecht. Die Hose spannte. Ich hatte immer mal Blutungen, was bei allen Schwangerschaften aber so war. Irgendwann dann war mir nicht mehr so übel und der Bauch wurde nicht mehr größer. Ich bat meinen Mann bei der nächsten Untersuchung mitzukommen, schon mit dem Gedanken, dass etwas nicht stimmt. Und das Herz schlug nicht mehr.

Eigentlich wollte ich auch dieses Mal wieder abwarten, aber da ich weiter in der Schwangerschaft war, war mir klar,  dass ich dabei meine Ruhe brauchte und meinen Mann mindestens für die Kinder. Das war aber schwierig, weil er ja evtl. von der Arbeit schnell nach Hause eilen müsste (Stichwort Tabuthema). Also habe ich mich zur Ausschabung entschlossen. Auf dem Schall konnte ich sehen, dass sich mein Baby schon sehr verändert hatte. Es war in der Geburtsklinik der Großen, ich kannte die Hebammen, sie gaben mir noch was gegen das Trauma dieser OP und trösteten mich. Mein Mann war mit der damals Kleinsten dabei, da ich noch stillte und das half mir sehr, weil ich dieses wundervolle Leben in den Armen halten konnte.

Zum Abschlußgespräch kam eine liebe Ärztin, der ich von meinem Wunsch erzählte, dieses Kind zu Hause zu bekommen und es dort eigentlich auch gehen lassen wollte. Sie erzählte von der Möglichkeit dieses Kind beerdigen zu lassen, in einem Sternengrab. Da fragte ich einfach, hatte ja nix zu verlieren, ob ich es nicht mitnehmen könnte, um es zu Hause zu begraben.

Sie brachte es mir, in einem verhüllten Becherchen, mit Blumen und Zweigen geschmückt. Und so konnten wir unser Kind unter dem Winterjasmin begraben.

Im Nachhinein habe ich “releasing” gemacht, um mich zu verabschieden, dem Kind seinen Namen mitzugeben und frei für eine neue Schwangerschaft zu sein. Es kamen noch zwei Kinder dazu.

Sabrina:
Ich weiß es noch als wäre es gestern gewesen. Nach 8 Monaten Bastelei und nachdem ich dem halben Freundes- und Familienkreis dabei zusehen musste, wie alle um mich herum schwanger wurden, hatte ich am 15.10.2017 meinen ersten positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Ich konnte mein Glück kaum fassen und am nächsten Tag zog ich los, machte einen Termin beim Frauenarzt und legte mir das erste Buch zum Thema Schwangerschaft zu. Man, fühlte ich mich gut. In mir wuchs neues Leben heran und ich habe keinen Gedanken daran verloren, dass irgendwas schief gehen könnte…sowas kommt ja sehr selten vor… Tja, so kann man sich täuschen. Genau eine Woche später, am 22.10.2017 bekam ich Blutungen.

Wir fuhren also ins Krankenhaus. In der Notaufnahme wurde ich nach dem Mutterpass gefragt. Als ich sagte, dass ich keinen habe, da der Test ja auch erst eine Woche her ist, wurde ich mit Augenrollen in den Wartebereich geschickt. Ich war die hysterische Frau, die sich wahrscheinlich einen zweiten Strich auf ihrem Test eingebildet hatte. So saßen wir dann da und warteten und warteten. Nach zwei Stunden ging mein Mann mal fragen, wie es aussähe. Die Antwort der Empfangsdame war dann nur: „Ja, wenns ein Abgang ist, kann man eh nix machen.” Und damit ließ sie uns weiter sitzen. Nach einer weiteren Stunde war ich dann endlich dran. Mir wurde Blut abgenommen und dann wollte man mich nach Hause schicken. Der Arzt hätte ja bereits alles mit mir besprochen. Als ich das verneinte, wurde ich wieder in den Wertebereich geschickt. Nach einer weiteren Stunde wurde ich dann in einen Untersuchungsraum gebracht. Bis heute bin ich mir nicht sicher, ob ich von einem Gynäkologen untersucht wurde. Er fragte, warum ich da wäre und war mehr an meinen Schilddrüsenproblemen interessiert als an meinem eigentlichen Problem. Die vaginale Untersuchung war die reinste Katastrophe. Der Arzt stocherte geradezu in mir rum und fragte noch doof, ob es weh tut, als ich mich bemerkbar machte. Er erzählte was von aufgebauter Gebärmutterschleimhaut und dass er sonst nicht feststellen könne. Eine Schwangerschaft liege nicht vor. Ich war am Boden zerstört und heulte mir die Seele aus dem Leib. Er erzählte mir dann noch, dass wir nun mindestens zwei Monate auf Geschlechtsverkehr verzichten müssten und dass ich alles weitere mit meiner Gynäkologin besprechen soll. Damit drehte er sich um und war verschwunden…keine Worte zum Abschied oder irgendwas Aufbauendes. So sind wir dann abgefertigt nach Hause gefahren.

Am nächsten Morgen sind wir dann zu meiner Gynäkologin. Ich habe meine Situation geschildert und kam sofort dran. Auch hier bekam ich zuerst Blut abgenommen und wurde dann vaginal untersucht. Auch hier konnte keine Schwangerschaft festgestellt werden. Wieder fing ich an zu weinen. Doch meine Ärztin versuchte mich aufzubauen. Statistisch gesehen sind 2 Fehlgeburten bei einer Frau normal. 40% der Erstschwangerschaften enden so. Und wahrscheinlich hat sich die Natur auch was dabei gedacht. Außerdem ermutigte sie uns, nicht aufzugeben und weiter zu machen, sobald wir soweit wären. In dem Moment hat mir das nicht wirklich geholfen, im Nachhinein bin ich über diese Infos sehr froh, denn das zeigte, dass ich nicht alleine mit der Situation war. Wir erzählten es dann einigen Personen im Familien- und Freundeskreis. Bei den Reaktionen waren von ehrlicher Anteilnahme bis zu dem typischen “Das war ja noch kein richtiges Kind!” alles dabei.

Die Art und Weise, wie wir im Krankenhaus behandelt wurden, hat mich ehrlich schockiert und das hat auch dazu beigetragen, dass ich mich für die Entbindung meiner Tochter für eine andere Klinik entschieden habe.

Auch wenn es nur ein kleiner Zellklumpen war, den ich am 22.10.2017 verloren habe, für mich war es vom positiven Test an MEIN Kind, das mich verlassen hat. Noch heute markiert ein Sternchen den Tag im Kalender.

Im Folgezyklus ist übrigens unsere Tochter entstanden.

Kathrin:
Ich hatte letztes Jahr am Freitag, 30.07.2020 einen Kontrolltermin beim Frauenarzt in der 12.SSW. Aufgrund von Corona war ich alleine dort, mein Mann und unsere Tochter sind in der Zeit spazieren gegangen, irgendwie wollte ich schon nicht alleine dorthin fahren. Beim Ultraschall war der Arzt dann sehr leise, hat das Baby mehrmals vermessen und ich dachte mir dann schon: „Ich sehe keinen Herzschlag”. Ständig ging mir dieser Satz durch den Kopf. Und leider hat er es dann auch ausgesprochen, dass er leider keinen Herzschlag mehr feststellen kann und das Baby auch drei Wochen zu klein ist. Einer Freundin von mir ist drei Monate zuvor komplett das gleiche passiert und ich konnte es nicht fassen, dass es nun auch mich treffen sollte. Ich durfte dann aber zumindest meinen Ehemann anrufen und er durfte in die Praxis kommen. Der Arzt hat mich dann einfühlsam über die weitere Vorgehensweise aufgeklärt, dass ich entweder abwarten kann, bis das Baby von selbst weggeht oder ich eine Ausschabung vornehmen lassen kann. Für mich war abwarten aber keine Option, da mich das persönlich wahnsinnig gemacht hätte und somit wurde für Montag 03.08.2020 der Termin zur Ausschabung ausgemacht. Es war gut, dass ich noch das Wochenende hatte. Wir sind an diesem Freitagnachmittag dann gleich noch zur Hebamme gefahren, die mich akupunktiert hat, damit ich mich etwas beruhige. Sie hatte am Wochenende Dienst im Kreißsaal und hat uns dann die Möglichkeit gegeben, dass eine Ärztin auch nochmal draufschaut. Diese hat die Diagnose allerdings bestätigt. Meine Hebamme war in dieser Zeit sehr viel für mich da. Am Montag wurde dann vor der Ausschabung auch nochmal ein Ultraschall gemacht, so dass es wirklich drei unterschiedliche Ärzte bestätigt haben, dass das Herz unseres Sternchens leider nicht mehr schlägt. Die Ärztin war auch sehr einfühlsam und mein Mann durfte trotz Corona an meiner Seite sein, wofür ich ihr sehr dankbar war. Der Eingriff wurde vom Chefarzt vorgenommen, den ich schon von der Geburt unserer großen Tochter kannte, was mir zusätzlich Sicherheit gab. Alle waren sehr einfühlsam. Auch das Personal im OP war wirklich nett und verständnisvoll. Lediglich das Personal auf der ambulanten Station fand ich etwas unterkühlt. Das konnte ich aber ausblenden, da wenigstens mein Mann bei mir sein durfte. Körperlich empfand ich den Eingriff nicht als schlimm, hatte auch keine Schmerzen. Aber psychisch war die Belastung riesig. Einfach das Gefühl, dass einem das Kind genommen wird.

Wir haben uns dann von den Willow Tree Engeln/Figuren eine Figur ausgesucht, die einen festen Platz bei uns hat und symbolisch für unser Sternchen steht. Wir haben uns für eine Sammelbestattung im Sternenkindergrab entschieden und besuchen unser Sternchen dort regelmäßig. Auch die große Tochter weiß, dass dort das Baby ist bzw. im Himmel.

Momentan freuen wir uns auf unser neues Wunder. Wenn auch die aktuelle Schwangerschaft natürlich mit vielen Ängsten aufgrund der Erfahrung verbunden ist. Aber vergessen werden wir unser Sternchen auf jeden Fall nie und es wird immer ein Teil von uns sein.

Jennifer:
Ich war eigentlich immer überzeugt, keine Kinder zu wollen und hatte mich mit meinen damals 26 Jahren auch schon zum Thema Sterilisation erkundigt und mich mit meinem Partner geeinigt.

Wegen Schilddrüsenproblemen nahm ich Thyroxin und hatte häufig mit Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen zu kämpfen. Als ich eine Zwischenblutung bekam, dachte ich erst an zusätzliche Nebenwirkungen, als diese immer heftiger wurde ging ich aber doch zur Gynäkologin.

Sie schallte mich, weil ich eine Neigung zu Gebärmutterzysten habe. Nach ein paar Sekunden schaute sie mich an und meinte ganz trocken: ” Tja, das wäre dein Kind gewesen. Aber wolltest ja eh keine, also Glück gehabt.”

Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte, war komplett geschockt und durcheinander. Sie erklärte mir dann, dass das Meiste sich bereits von selbst gelöst hätte und ich keine Ausschabung benötige, solle aber in drei Tagen nochmal zur Sicherheit zur Kontrolle kommen. Bei dieser Kontrolle meinte sie lapidar, das Problem hätte sich von selbst gelöst und alles wäre wieder paletti.

Meinem Partner habe ich erst Monate später davon erzählt, weil ich nicht wusste, wie ich mit der Situation umgehen sollte und mit mir selbst nicht mehr zurecht kam, weil ich dieses Kind, das nie geplant war, unbedingt zurück haben wollte. Er war traurig, tröstete mich und bot mir an, zu einem Zeitpunkt, an dem ich dazu bereit bin, neu über ein Kind nachzudenken.

4 Jahre später hat mich der Gedanke an mein Würmchen immer noch nicht losgelassen und wir beschlossen, doch ein Kind zu bekommen. Meine Gyn erzählte mir, dass ich mich auf eine längere Zeit einstellen solle bis es klappt, ich hätte schließlich 17 Jahre lang die Pille durchgenommen und sei schon 31, da dauere das alles seine Zeit.

Es war März, wir setzten unsere Hochzeit für November an und ich die Pille ab. Im Mai stellte ich komplett schockiert fest, dass ich schwanger war. Meine Gyn war im Urlaub, also ab zur Vertretung, Test bestätigt, 5. Woche. Volltreffer im ersten Zyklus.

Eine Woche später zu meiner Gynäkologin wegen der Ausstellung des Mutterpasses, sie schon komplett genervt, weil ich meinen Mann dabeihatte und dieser sich traute, Fragen zu stellen. Nächster Termin 4 Wochen später.

Nach 3 Wochen fühlte ich mich schlecht, unruhig und aggressiv. Irgendwas stimmte nicht. Anruf bei der Gyn, ich solle nicht so paranoid sein und zu dem Termin in einer Woche kommen, so lange würde ich ja wohl noch aushalten.

Jetzt hatte ich die Schnauze gestrichen voll. Anruf bei der Vertretung, die die Schwangerschaft festgestellt hatte, ich durfte sofort kommen. Dort wurde nebenbei festgestellt, dass der Mutterpass schlampig angelegt war und verschiedene Sachen komplett fehlten. Ich wechselte offiziell zu ihm.

Beim Ultraschall wurde der Gynäkologe plötzlich ganz ruhig und schaute mich seltsam an. Ich solle mich schon mal anziehen und dann müssten wir reden.

Er erklärte mir, dass kein Herzschlag mehr da sei und ich zur Ausschabung müsse, er würde mir sofort einen Termin in der Klinik besorgen. Seine Mitarbeiterin nahm mich in den Arm und ließ mir ein paar Minuten alleine im Behandlungsraum um mich zu beruhigen. Ich rief meinen Partner auf der Arbeit an und verabredete mich mit ihm in der Klinik, vor lauter Heulen hat er 5 Anläufe gebraucht, um zu verstehen, was überhaupt passiert war.

Anschließend fuhr ich in die 15 Minuten entfernte Klinik. Mein Mann kam und zusammen gingen wir rein. Ich musste an insgesamt 3 Anmeldungen erklären, wer ich bin und warum ich da bin (immer mit dem Hinweis, ich möge mich doch bitte beruhigen) und anschließend 30 Minuten mit 5 Hochschwangeren, die zur Kreissaalbesichtigung da waren, im Wartezimmer Platz nehmen.

Während dieser Zeit klingelte mein Telefon, meine Hebamme rief an. Ich erklärte ihr, dass sich alles erledigt habe und ich gerade in der Klinik sei und sie fragte mich, ob ich überhaupt bereit für eine Ausschabung sei. Ich war zu überhaupt nichts bereit, wollte mich einfach als heulender Haufen Elend auf meinem Sofa zusammenrollen und mit nicht mehr dauernd sagen lassen, ich solle mich beruhigen.

Sie erklärte mir dann, dass dieser Eingriff zu diesem Zeitpunkt weder extrem eilig noch zwingend nötig sei und ich mir durchaus die Zeit nehmen könne, erst einmal wieder klar im Kopf zu werden und mich zu verabschieden, bevor ich irgendwelche Dokumente unterschreibe, die mein gesamtes restliches Leben beeinflussen könnten. Bei Bedarf wäre sie jederzeit rund um die Uhr erreichbar und käme notfalls auch, um den Arzt zurecht zu stutzen.

Nach diesem Gespräch war ich wesentlich ruhiger und durfte kurz darauf wieder auf einem Untersuchungsstuhl Platz nehmen. Der Arzt, der den Ultraschall machen wollte, versuchte witzig zu sein und meinte, da wäre jemand aber sehr trocken vor lauter Weinen. Mein Partner, der eigentlich extrem ruhig und schüchtern ist, flippte daraufhin komplett aus. Die Antwort war lediglich, man dürfe ja wohl noch einen Scherz machen.

Nachdem erneut festgestellt wurde, dass mein Kind nicht mehr lebt (O-Ton: Jap, da is nix mehr) wurden mir alle notwendigen Dokumente für den Eingriff vorgelegt. Auf meine Weigerung, irgendetwas zu unterschreiben solange ich nicht wieder zurechnungsfähig sei und den Eingriff durchführen zu lassen, reagierte der Arzt sehr ungehalten, es sei so üblich, das schnellstmöglich machen zu lassen, es sei ja schließlich auch eine Befreiung für mich. Erst auf fünfmaliges Nachfragen nach den gesundheitlichen Risiken gab er zu, dass es mich nicht umbringt, ein paar Tage zu warten und es natürlich sein könne, dass ich durch den Eingriff unfruchtbar werde, aber das käme so gut wie nie vor.

Letztendlich habe ich keine Ausschabung machen lassen, sondern allem seinen natürlichen Lauf gelassen (was in der 8.Woche gesundheitlich kein Problem ist, erst ab der 12.Woche ist eine Ausschabung häufig nötig), drei Wochen später hat sich mein Stern von mir verabschiedet. Ich brauchte diese Zeit und die körperlichen Erscheinungen, um mich damit auseinander zu setzen und auch mental loszulassen.

Dazu habe ich sehr viel negative Kritik bekommen, es sei doch abartig mit einem toten Kind im Bauch herum zu laufen, aber dieses Kind war ein Teil von mir und mein Partner und meine Hebamme haben mich viel in dieser Entscheidung unterstützt.

Eine weitere häufige Reaktion (unter anderem meiner Schwiegermutter) war, dass ich mich nicht so anstellen solle, das sei ja noch gar kein richtiges Kind gewesen. Doch, auch wenn es biologisch gesehen nur ein Zellhaufen war, handelte es sich bei diesem Zellhaufen um mein Kind!!!

Eine andere Arbeitskollegin hat mir wochenlang nicht erzählt, dass sie schwanger ist, weil sie Angst hatte, ich käme damit nicht zurecht.

Insgesamt hat es mir aber sehr geholfen, darüber zu reden und es war schockierend, wie viele Frauen in meinem Umfeld das Gleiche erlebt haben, sich aber nicht getraut haben es zu erzählen “weil man über sowas nicht spricht”.

Auf die Frage, warum man nicht darüber reden sollte erhielt ich häufig die Antwort, dass man Schwangeren damit Angst macht, wenn sie erfahren, wie oft Fehlgeburten wirklich passieren und dass es jeden treffen kann. Das ist für mich natürlich nachvollziehbar und ich würde keiner Schwangeren bei Verkündung um die Ohren hauen, dass es ganz schnell vorbei sein kann. Leider habe ich aber auch das schon erlebt und kann mir diese Verbitterung nur damit erklären, dass es ein Hilfeschrei von einer weiteren Sternenmutter ist, der der Mund verboten wurde.

Zusätzlich finde ich es schade und traurig, wie wenig sich um die dazugehörigen Männer gekümmert wird, außer meiner Hebamme hat sich nie jemand erkundigt, wie es ihm damit geht, sein Kind verloren zu haben. Auch er hat getrauert und geweint, durfte es aber nicht nach außen tragen, weil niemand Verständnis dafür hat. Stattdessen wurde er schief angesehen, als er bei der darauffolgenden Schwangerschaft umso besorgter um uns war und sich viele Gedanken gemacht hat.

Wir haben unsere Zwillinge an der Hand, aber unsere Sterne immer im Herzen.

Olivia:
Ich hatte im Jahr 2016 insgesamt zwei Fehlgeburten in der Frühschwangerschaft, einmal im Juni in der zehnten Woche und im Oktober in der neunten Woche. Beide Male war ich zur Ausschabung im Krankenhaus.
Es waren absolute Wunschkinder, wir haben aktiv daraufhin gearbeitet schwanger zu werden mit allem was dazu gehört. Vom Absetzen der Pille bis hin zum Ausrechnen des Eisprungs und dann natürlich ordentlich üben ? war alles durchgeplant und zeitlich getimt.

Als ich von den Fehlgeburten erfahren habe, ist eine Welt für mich zusammengebrochen. Habe ich mir doch so sehr eine eigene kleine Familie gewünscht und das sollte jetzt nicht klappen? Ich habe mich gefühlt, als sei ich schuld daran, ich dachte mein Körper sei zu doof, um ordentlich zu funktionieren. Ich habe mich dafür gehasst, was ICH meinem Mann damit antue, denn auch er hat sich die Kinder gewünscht. Um mich herum sind alle schwanger oder Eltern geworden, nur wir nicht. Und immer war da der Gedanke: DU BIST SCHULD DARAN.
Heute weiß ich, dass ich natürlich nicht schuld daran war, aber bis zu dem Wissen hat es lange gedauert.

Bei der ersten Fehlgeburt war meine Ärztin leider wenig einfühlsam. Sie meinte, ich solle ins Krankenhaus, dort würde nochmal kontrolliert werden und dann eine Ausschabung vorgenommen werden; mehr hatte sie dazu nicht zu sagen.
Zuhause angekommen habe ich noch einige Frauenärzte kontaktiert, da ich eine weitere Meinung einholen wollte. Hier bin ich leider nur auf Ablehnung gestoßen und wurde ständig darauf hingewiesen, dass ich ins Krankenhaus gehen soll.

Wenige Tage später war ich nochmal zur Kontrolle im Krankenhaus, zur Unterstützung hatte ich meinen Mann mitgenommen.
Ich wurde leider von einem Assistenzarzt mit schlechten deutsch Kenntnissen betreut. Von seiner Seite war da null Verständnis oder Einfühlungsvermögen für unsere Situation.
Ich wurde abgespeist und auf die Fragen meines Mannes wurde pampig und genervt reagiert. Ich war völlig fassungslos und schockiert über den Umgang mit uns.

Am Tag der Ausschabung habe ich genau mit nur einer Schwester geredet. Ihre Worte waren: „Nehmen sie diese Tablette“, das war es, mehr kam da nicht, von niemanden. Glücklicherweise musste ich wenigstens nicht lange auf meinen Eingriff warten.
Als ich wieder auf dem Zimmer war, kam kurze Zeit später nochmal eine Ärztin. Diese meinte, dass ich noch die Antikörper bekommen soll. Auf meine Frage, warum ich die bekomme, antwortete diese: „Es könnte ja vom Postboten gewesen sein“. Alter… echt jetzt ?? Ich habe hier gerade meine persönliche Hölle und die reißt einen Witz. ECHT JETZT? ERNSTHAFT? KRASS. Was sicherlich nur nett gemeint war, verletzte mich wirklich zutiefst.

Beim zweiten Mal wurde es auch nicht besser. Diesmal hatte ich meine Mutter zur Unterstützung mit zur Ärztin genommen. Auf die Frage meiner Mutter, ob man nicht untersuchen könne, warum das Herz ein weiteres Mal aufgehört hat zu schlagen, sagte meine Ärztin ganz trocken: „Was soll man da untersuchen? Das ist nur ein Zellklumpen. Da kommt nur Matsch raus.“
Ja, danke. Hat sie gesehen, dass ich hier auch noch sitze? Hat sie sich überlegt, dass dieser „ZELLKLUMPEN“ meine ganze Welt bedeutet hat? Ich war mal wieder sehr schockiert über den Umgang mit mir.

Auf eine weitere Untersuchung im Krankenhaus habe ich aus Angst, durch die Behandlung beim letzten Mal, verzichtet. Am Tag der zweiten Ausschabung wurde mir mal wieder fast wortlos die Tablette von der Schwester gereicht. Das war es dann für eine lange Zeit. Ich sah niemanden mehr. Die Zeit verging. Ich wusste nicht, wann ich an der Reihe war.
Keiner konnte mir sagen, was da los war.
Ich hatte mega Hunger und Durst. Zudem wollte ich es einfach nur hinter mir haben. Die Tablette wirkte schon längst, mir tat der komplette Unterleib weh. Niemanden hat das interessiert.
Erst als ich um ca. 16 Uhr in Tränen ausgebrochen bin und angefangen habe mich lautstark zu beschweren und sagte, dass ich jetzt nachhause gehe, kam eine Art Ärztin zu mir.
Zum ersten Mal an dem Tag kam jemand zu mir und erklärte mir, dass es durch einen Notkaiserschnitt von Zwillingen und durch Krankheit eines Anästhesisten zu diesem Rückstau kam.
Um 16:45 Uhr wurde ich dann endlich geholt.
Einzig der OP-Pfleger blieb mir noch positiv im Gedächtnis. Er war wirklich nett, verständnisvoll und hatte Einfühlungsvermögen. Zum ersten Mal während der zwei Fehlgeburten war jemand vom medizinischen Personal nett zu mir.

Ich wünsche mir für die Zukunft, dass Frauen bzw. Familien mit einer Fehl-/ Stillen Geburt mehr Aufmerksamkeit vom medizinischen Personal geschenkt wird.
Ich wünsche mir, dass keine Frau mehr leichtfertig abgefertigt wird. Das ihre Ängste und Sorgen wahrgenommen werden.
Ich wünsche mir, dass da jemand wäre, der diese Frauen während und auch nach einer Fehlgeburt zur Seite steht.
Ich finde, dass medizinische Personal sollte dahingehend mehr Fingerspitzengefühl entwickeln.
Ich würde mir all das so sehr für diese Frauen wünschen.

Bobbel-Mama:
Im Mai 2019 hielten mein Mann und ich endlich den positiven SST in der Hand. Nach 3 Jahre Kinderwunsch inkl. 2 Jahren Behandlung in der Kinderwunschklinik mit Hormontherapie und Sex nach Plan sollte nun endlich unser Traum in Erfüllung gehen.

Beim ersten Gyn Termin in der 7. SSW erhielten wir die freudige Nachricht, dass es Zwillinge sind. Eine Woche später hatte ich Probleme mit dem Kreislauf, eigentlich wollte ich deswegen zu meinem Hausarzt, da ich aber schwanger war, verwies mich dieser an meinen Gyn.

Dort wurde dann festgestellt, dass beide Bobbels keinen Herzschlag hätten, zur Kontrolle sollte ich aber ins KH.In diesem angekommen wurden wir erstmal zur Sau gemacht, warum ich nur einen Überweisungsschein und keinen Einweisungschein hätte, weiter ging es mit einem schnellen US, auch dort wieder die Aussage, es sei kein Herzschlag zu sehen. Ich sollte morgen früh zur Ausschabung kommen, eine andere Möglichkeit gäbe es nicht. Daheim angekommen und nach einem langen Gespräch mit meiner Schwiegermutter, fassten wir den Entschluss in ein anderes KH zu fahren und uns nochmal eine Meinung einzuholen. Dort wurde sehr gefühlvoll mit uns umgegangen und die Ärztin nahm sich alle Zeit der Welt.Eine FG konnte sie nicht 100% ausschließen, aber auch nicht bejahen. Ich sollte eine Woche abwarten und dann nochmals zum Gyn zur Kontrolle gehen.

In dieser Woche suchte ich mir einen neuen Gyn, da ich mit meinem nicht zufrieden war und mich von ihm nicht ernstgenommen fühlte. Beim neuen Gyn wurde dann die SS als intakte Zwillingsschwangerschaft festgestellt. Uns fiel ein Stein vom Herzen, der HCG Wert sein völlig in der Norm und in der 8 SSW muss nicht unbedingt ein Herzschlag zu sehen sein.Der nächste Termin bei ihm hatte ich dann 4 Wochen später. Dort dann der nächste Schlag ins Gesicht, die SS wäre doch nicht intakt, ich sollte zur Zweitmeinung und Ausschabung zu einem anderen Gyn.

Die Arzthelferin machte einen Termin dort aus und ich konnte sofort kommen. Auch dort wurde die Diagnose Fehlgeburt nochmals bestätigt. Nach einem großen Streit mit meinem Mann und einer schlaflosen Nacht entschieden wir uns dafür nochmals ins KH zu fahren. Wieder waren alle sehr einfühlsam und nahmen sich sehr viel Zeit. Leider hatten die beiden Ärzte wohl recht mit ihrer Diagnose. Allerdings konnten wir selbst die Entscheidung treffen, ob Ausschabung oder natürlicher Abgang. Wir entschieden uns für die Ausschabung. Da diese dort aber immer nur mittwochs gemacht werden, hätte es für uns geheißen 5 Tage zu warten, auf Bitten von uns und einem Gespräch mit dem Chefarzt hätten wir einen Sondertermin am Montag bekommen. Doch soweit hat es nicht kommen sollen. Einen Tag später waren wir abends bei Freunden, um uns etwas abzulenken.

Ich hatte den ganzen Tag über schon leicht Bauchschmerzen, dachte mir aber nichts groß dabei. Diese wurden dann auf einmal zunehmend stärker, ich sagte meinem Mann, dass es mir nicht gut ginge und ich mal kurz aufs WC müsse. Dort folgte dann der nächste Schock, meine ganze Unterwäsche sowie Hose war überall voll mit Blut. Mein Mann wartet schon vor der Türe auf mich, als Rettungsassistent ahnte er schon was nun folgen sollte. Wir erklärt den Freunden die Situation und sagten, dass wir ins KH fahren. Auf dem Weg dorthin hatten wir beide denselben Gedanken, die Zeit bis ins KH ist zu lange.

Also rief er auf seiner ehemaligen Rettungswache an, zu unserem Glück hatte seine ehemalige Schichtgruppe Dienst. Als wir dort ankamen stand der RTW schon bereit, seine beste Freundin nahm mich in Empfang, während er mit dem Notarzt das Vorgehen besprach.

Innerhalb kürzester Zeit war der RTW voll, den alle kamen, um nach mir zu sehen und mein Mann übernahm die Versorgung von mir. Schlussendlich ging es mit Signal in die Klinik. Wie auch schon die beiden Male zuvor nahmen sich alle sehr viel Zeit für uns, klärten uns über alles auf. Den Blick, die Sorgen in den Augen meines Mannes, als ich in den OP kam, werde ich niemals mehr vergessen. Im OP angekommen war auch das Team echt super nett und freundlich.  Mit kleinen Späßen versuchten sie mich aufzumuntern und mir die Angst zu nehmen. In der Zeit als ich im OP war, trafen unsere Freude im KH ein, mein Mann hatte sie gebeten bei uns Zuhause frische Kleidung für mich zu holen. Als ich aus dem OP kam, warteten alle 3 im Wartebereich auf mich.

Da ich wohl sehr viel Blut verloren hatte, musste ich eine Nacht im KH verbringen. Zu unserem Glück wurde ich in ein Einzelzimmer verlegt, so dass mein Mann bei mir bleiben konnte und ich nicht alleine sein musste.

In der Zwischenzeit stellte sich heraus, dass mein Gyn Mist gebaut hatte, über die Untersuchungen bei ihm gab es keine Unterlagen, der Abstand von 4 Wochen zwischen den VU hätte bei einer Zwillingsschwangerschaft kürzer sein müssen und der HCG Wert hätte in diesem Fall gar keine Aussagekraft gehabt.

Am nächsten Morgen bekamen wir dann vom KH die Info, dass die Sternchen bei einer Sammelbestattung mit anderen Sternchen ihre letzte Ruhe finden dürfen.

Nach langem Warten waren dann endlich die Papiere soweit, dass nur noch die Entlassung anstand. Dazu mussten wir leider mit anderen, glücklichen Familien mit Babys im Arm im Wartebereich warten.

Als die Ärztin kam rief sie sofort meinen Mann und mich auf. Den Protest der anderen, dass diese ja schon länger warten würden, ignorierte sie voll. Ihr war es in dem Moment einfach wichtig, uns aus dieser Situation zu holen, dies erklärte sie uns im Behandlungszimmer.

Beim US drehte sie den Bildschirm sofort weg als sie merkte, dass ich den Kopf in der Schulter meines Mannes vergrub um das “leere” Bild nicht sehen zu müssen.

Im Anschluss fragten wir sie noch nach ihrer Meinung, wie lange wir den bis zur nächsten SS warten sollten. Dort sagte sie uns, dass laut Lehrbuch eine Wartezeit von 3 Monaten empfohlen wird, ihre persönlichen Meinung sei aber, dass wir dies nach Gefühl entscheiden sollten und wenn wir uns früher bereit dazu fühlten, dann sollte wir dem Gefühl vertrauen.

Im Bezug auf den Verlust unserer Bobbels war ich mit diesem KH absolut zufrieden.

Susanne:
Auch wir, mein Freund und ich, haben ein Sternenkind. In der 14. SSW wurde im Dezember 2017 eine verdickte Nackenfalte und eine Omphalozele festgestellt, 3 Tage vor Weihnachten. Aufgrund der Feiertage konnte mir erst spät Blut abgenommen werden für den Preanatest und somit erfuhren wir erst am 08. Januar 2018, dass unser erstes Kind, ein kleines Mädchen, an Trisomie 13 litt. Ich wurde damals in die Uniklinik Münster (UKM) geschickt für weitere Untersuchungen.

Was folgte war eine unfassbar liebevolle und professionelle Begleitung seitens der Klinik, die ich in dem Umfang niemals erwartet hätte!

Klar, es gab auch ein, zwei Personen dazwischen, die Klopper gebracht haben, die man in der Situation wirklich nicht gebrauchen kann, aber erstens ist dies aus Unwissenheit passiert und zweitens hat man ja immer ein A.loch dabei, egal, wo man ist. Zurück zur Betreuung. Ich musste in der Pränatalambulanz nie lange warten, wurde freundlich empfangen, gründlich untersucht, alle furchtbaren Diagnosen wurden uns sachlich aber dennoch sehr feinfühlig mitgeteilt.

Nach der ersten Untersuchung wurden wir direkt einer Psychologin vorgestellt, die uns während der ganzen Zeit begleitete und zu der wir noch heute lockeren Kontakt pflegen. Ich schätze es sehr, dass diese Psychologin ebenfalls ausgebildete Gynäkologin ist und somit auch wirklich ALLE Fragen beantworten konnte, die einem in der Situation unter den Nägeln brennen. Zum anderen ist es für die Frauen / Eltern von Vorteil, dass sie von profamila kommt. Dadurch ist alles anonym, nichts wird aktenkundig festgehalten, sodass einem später auch keine Konsequenzen blühen, wenn man noch mal bestimmte Versicherungen abschließen möchte (denkt man ja in dem Moment gar nicht dran…).

Erst nach dem Gespräch mit der Psychologin sprachen wir mit den Ärzten über die Möglichkeiten, die uns nun zur Auswahl standen. Man teilte uns mit, dass wir, sollten wir die Schwangerschaft fortführen wollen, mit einem Kinderintensivmediziner sprechen können, der uns darüber aufklären und beraten kann, wie unser Kind – sollte es die Geburt nach der Schwangerschaft überleben – medizinisch betreut werden kann usw.

Zu keinem Zeitpunkt wurden wir gedrängt, sofort eine Entscheidung zu treffen, man beantwortete einfach sachlich und feinfühlig unsere Fragen und ließ uns die Zeit, die wir brauchten.

Unsere Tochter war sehr schwer krank, hatte so viele schlimme Diagnosen, dass man kein Mediziner sein musste, um zu erkennen, dass sie niemals ein schmerzfreies Leben haben würde. Wir entschieden uns daher für den Abbruch.

Man teilte mir mit, dass man versuchen werde, mir die Entbindung im Kreißsaal zu ersparen, aber dass es manchmal, wenn viel los ist, leider nicht anders möglich sei.

So auch in der Nacht, in der unsere Tochter geboren wurde. Ich musste in den Kreißsaal, die Hebamme hatte alleine 3 Geburten zu betreuen.

Sie hatte nicht viel Zeit für uns, das war schade, aber ich nahm es ihr nicht übel. Die lebenden Kinder gehen vor. (Ich fühlte mich sogar ein bisschen schlecht. Die Dame war eine gute Bekannte von meiner Mutter und hatte in der Nacht tatsächlich ihre allerletzte Schicht vor ihrer Rente und musste dann noch sowas mitmachen. Auch sie war geschockt, als sie erkannte, wer ich bin…)

Viel Zeit hatten wir nicht nach der Geburt, um unsere Tochter zu verabschieden. Eine Krankenschwester schob ganz behutsam ihren Kopf durch die Tür, entschuldigte sich mehrfach für die Störung, aber sie wollte mich fragen, ob ich jetzt direkt in den OP möchte für die Ausschabung, der OP-Saal sei gerade frei. Selbstverständlich würde man uns unser Kind später noch einmal auf die Station bringen. Ich willigte ein. Es war sowieso die Hölle, mit meinem toten Kind im Arm dort zu liegen und in den Nebenräumen ständig die Schreie der Neugeborenen zu hören.

Die liebevolle Betreuung ging weiter. Gynäkologin, Anästhesist, die OP-Schwestern – sie alle standen unter Strom und waren trotzdem total sensibel und mega lieb.

Nach der OP brachte man uns unsere Tochter aufs Zimmer mit den Worten, wir könnten sie so lange bei uns behalten und uns verabschieden, wie wir es möchten. Man hatte sie in ein hübsches Tuch gewickelt, das von Ehrenamtlichen genäht und der Klinik gespendet wurde. Wir hätten uns eins aussuchen können vor der Geburt, aber irgendwie ging alles so schnell, dass es nicht mehr dazu kam. War aber nicht schlimm, das Tuch war schön.

Wir hatten uns im Vorfeld dazu entschieden, unsere Tochter auf dem Grab der verstorbenen Kinder der Uniklinik in einer Sammelbestattung beerdigen zu lassen. Man fragte uns nach der Geburt noch einmal, ob wir dies immer noch wünschen. Einige Eltern entscheiden sich noch mal um, nachdem sie das Kind gesehen haben. Wir blieben bei unserer Entscheidung. Wir hätten sie auch von einem Geistlichen noch segnen lassen können, wenn wir das gewünscht hätten.

Ich bereute zutiefst, dass ich keinen Fotografen von DEIN Sternenkind angefragt hatte, aber ich war einfach nur mit allem überfordert. Umso erfreuter war ich, als uns die Klinik zur Entlassung einen Brief überreichte. Darin eine Karte mit allen Geburtsdaten, Abdrücken der Füßchen und 3 Bilder: Kopf mit Oberkörper, Nahaufnahmen der Hände und der Füße. Nicht besonders schön. Aber alles, was uns von unserer Tochter geblieben ist und ich bin der Klinik noch immer unendlich dankbar dafür!

Die Beerdigung war ebenfalls wunderschön! Der Seelsorger hat es verstanden, alle in der Messe anzusprechen und mitzunehmen, egal, welcher Religion man sich zugehörig fühlte, oder ob man Atheist war.

Das UKM bestattet die Sternenkinder zudem quartalsweise, statt wie alle anderen Kliniken zu der Zeit halbjährlich. Somit muss man nicht so lange auf die Beerdigung warten und kann viel früher “abschließen”.

Während all der Zeit und auch lange Zeit danach wurden wir von besagter Psychologin begleitet. Wir konnten Termine bei ihr bekommen so oft, wie wir es wünschten. Sie war auch bei der Beerdigung dabei und auch heute noch hole ich immer mal wieder einen Rat ein.

Unser Folgewunder habe ich trotz der guten Betreuung in einer anderen Klinik zur Welt gebracht, da ich Sorge vor einem Flashback hatte. Denn obwohl das Personal dort wirklich super war, so schmerzhaft ist der Anblick der “Bettentürme”, wie das UKM hier in Münster auch genannt wird, bis heute.

Wir vermissen unsere “Älteste” immer noch sehr und nach über 3 Jahren bin ich fest überzeugt davon, dass dieses Gefühl für immer bleiben wird. Unser Folgewunder lindert den Schmerz zwar sehr, dennoch frage ich mich jeden Tag mehr, wie ihre große Schwester wohl ausgesehen hätte und welchen Charakter sie gehabt hätte?

Es ist einfach etwas komplett anderes, wenn man sein eigenes Kind statt der geliebten Oma beerdigt. Es fühlt sich total falsch an; auch, wenn wir nach wie vor der Überzeugung sind, dass der Abbruch die beste Entscheidung für alle Beteiligten war.

Stimme aus und für die Pflege …

Katharina B.:
Es war Januar 2013 als ich mit meinem ersten Kind schwanger war. Ich ging ein paar Tage nach meinem positiven SS-Test zu meiner Frauenärztin. Wir hatten bereits ein halbes Jahr daraufhin gefiebert, diesen Besuch bald machen zu dürfen.

Als meine FÄ den ersten Ultraschall machte, war zwar eine Fruchthöhle zu sehen, aber kein Herzschlag. “Das ist nicht so schlimm, Sie sind ja auch noch recht früh dran. Kommen Sie nächste Woche nochmal, da schauen wir dann nach”. Soweit so gut, auch wenn ich den heißersehnten Mutterpass nicht bekam. Die nächste Woche ging ich wieder hin und es war wieder kein Herzschlag zu sehen. Meine FÄ versuchte sich nichts anmerken zu lassen, da ich aber selbst gelernte Kinderkrankenschwester bin, merke ich schon selbst, dass es auch sonst nicht wie ein Mensch aussah, sondern eher wie ein Zellhaufen. Meine beste Freundin (werdende Hebamme) und mein Mann versuchten natürlich mich aufzumuntern. Jede Woche hatte ich einen Termin, jede Woche war kein Herzschlag zu sehen. Eine Woche war meine Ärztin selbst krank und ich ging zur Vertretung. Da schlug das Herzchen, ganz sacht. Ich selbst hab es nicht so gut sehen können, aber mein Mann versicherte, dass da was tuckerte. Die Ärztin sagte den Mutterpass sollte ich lieber nächste Woche bei meiner Ärztin ausstellen lassen.

Also wieder einen Termin (mit Mann) und trotz der Versicherungen meines Mannes war ich sehr skeptisch. Als wir dann bei meiner FÄ waren, war wieder kein Herzschlag zu sehen. Wir haben direkt eine Einweisung ins Krankenhaus bekommen und wir sind auch direkt dorthin gegangen (war eh nebenan). Ein nochmaliger Ultraschall bestätigte nur, dass kein Herzschlag zu finden war. Ich wurde vor die Wahl gestellt: “Abwarten, bis der Körper selbst das erledigt” oder “Ausschabung”. Ich entschied mich für den Eingriff. Ich wollte das Thema schnell erledigt haben. Tatsächlich ging es mir emotional recht gut damit, da ich es schon hab kommen sehen. Ich hatte es die ganzen Wochen im Gefühl.

Wie gesagt bin ich Kinderkrankenschwester und ich habe selbst auf einer Gyn- und Wochenbettstation gearbeitet, doch den Eingriff ließ ich in einem anderen Krankenhaus durchführen.

Ich wurde für den nächsten Morgen zur Station bestellt. Ich war sehr früh da, da ich es hasse zu spät zu kommen. Als wir kamen war noch Übergabe und ich wurde gebeten mich noch zu setzen. Mitten auf den Flur, neben den Aufzug. Und da saß ich, recht gefasst, aber natürlich nicht glücklich über meine Situation.

Nach etwas 5 Minuten taperte die erste, offensichtlich werdende Mutter an uns vorbei. Und dann immer weiter Schwangere. Mein Mann saß neben mir und ich machte mir echt Gedanken, was mit ihm ist. Und er machte sich Gedanken um mich.

Ich selbst habe auf einer Wochenbett-Station gearbeitet und finde: “Das geht gar nicht!”

Der restliche Tag war ok, aber wirklich um mich und meine Situation wurde sich nicht gekümmert und wäre mein Mann nicht dabei gewesen, weiß ich nicht, wie ich das verarbeitet hätte.

Was ich aber auch lobend erwähnen möchte: Im OP wurde ich nicht bei Bewusstsein auf den Beinspreitzer gelegt. Ich lag bis zur Bewusstlosigkeit auf einer normalen Liege und auch das ist (was ich so gehört habe) wohl nicht überall der Fall.

Ich konnte danach zum Glück nach Hause, auch wenn ich mich zusammenreißen musste, damit ich nicht im KH umkippe, dann hätte ich nämlich da bleiben müssen.

Ich möchte gern auch kurz aus der anderen Richtung erzählen, dass ich mal als Krankenschwester einen Nachtdienst hatte und mir eine Ärztin eine Zwillingschwangere auf Station schicken wollte (Wochenbett-Station, somit natürlich einige Babys auf Station) die noch in der Nacht ihre Zwillinge verlieren sollte.

Ich habe dann dafür plädiert, dass sie auf eine andere Station kommt, da ich es unverantwortlich fände, sie zu uns zu holen. Ich fand es schon immer schrecklich, wenn ich eine Mama, deren Kind verlegt werden musste (weil wir keine Kinderklinik dort hatten), auf ein Zimmer legen MUSSTE, auf der eine Schwangere oder sogar schon entbunden Mutter lag. Leider waren so die Vorgaben. Ich fühl mich heute mit dem Gedanken noch schlecht, aber ich konnte damals nichts dagegen machen.

Yvonne:
Ich habe ein Sternchen im Himmel. Es war allerdings so früh in der Schwangerschaft, dass ich nichtmal ärztliche Betreuung brauchte. Das war in der 4. Woche. Der kleine Zellhaufen ist von selbst abgegangen. Das weiß ich auch nur, weil ich kurz danach einen Termin bei meiner Frauenärztin hatte. Aber mein Sternchen ist nicht der Grund, warum ich über dieses Thema schreiben will.

Ich habe selbst einen kleinen Sohn. Und arbeite in der Pflege. Nicht im Krankenhaus, aber in einem Altenheim. Ich habe aber schon viele Praktika im Krankenhaus gemacht und auch meine Ausbildung dort. Der Pflegenotstand ist nicht erst seit der Coronapandemie. Nur jetzt wird es präsent, weil wir auf einmal überlebenswichtig für die Gesellschaft geworden sind. Trotzdem hören uns die Politiker nicht zu. Überall in der Pflege gibt es einen großen Notstand. Der muss behoben werden. Die Menschen können ohne uns nicht überleben.

Ich hatte das Glück, eine wunderschöne Geburt gehabt zu haben und auf einer tollen Wochenbettstation liegen zu dürfen. Bei mir gab es keinerlei Probleme. Das Personal auf der Station war dennoch deutlich überarbeitet. An dem Tag, wo ich meinen Sohn bekommen habe, war es recht ruhig. Aber am Tag danach sind 7 Babys zur Welt gekommen. Alle spontan und alle zu einer ungefähr gleichen Zeit. Das Krankenhaus hat nur 4 Entbindungsräume, wovon einer nur eine Badewanne ist. Das passt einfach nicht. Zu der Zeit war das ständig so. Wenn das Personal kurz etwas Zeit hatte kamen die sich bei mir ausruhen. Die waren total fertig. ABER: Die konnten alle noch so fertig und überarbeitet sein. Sie waren alle immer super freundlich und haben alles mögliche versucht, damit es uns gut geht. Also allen Müttern und Babys auf der Station.

Jetzt arbeite ich in einem Altenheim, in dem es zum Glück nicht schlecht mit der Personalbesetzung aussieht. Zum Glück. Es gibt nur eine Situation, in der es hektischen wird: Wenn es notfallmäßig klingelt. Ich bin glücklich da. Wir haben Zeit für die Bewohner und können uns sogar manchmal ausruhen, außerhalb unserer Pausen.

Die Politiker müssen endlich sehen, was das Pflegepersonal durchmacht. Und die müssen handeln! Es kann nicht sein, dass eine Pflegekraft die Verantwortung alleine für eine komplette Station von bis zu 30 Patienten hat! ES MUSS WAS PASSIEREN! Jetzt. Bevor es zu spät ist. Wie viele Pflegekräfte haben wir schon verloren, weil die einen Burn Out oder einfach keine Lust mehr haben? Wie lange soll das noch so weiter gehen? Wie viele Tote soll es noch geben, bis die Politiker verstehen, dass wir das alles nicht so einfach schaffen können?

Die Pflegekräfte schreien seit Jahren um Aufmerksamkeit in der Politikerwelt. Jetzt sind wir sowas wie Helden für die Gesellschaft und trotzdem hört uns immer noch kein Politiker zu. Wieso also tun wir uns das alles an? Wieso machen wir uns kaputt? Was hat das für einen Sinn? Ganz einfach: Die meisten von uns leben für diesen Beruf. Wir wollen nicht, dass die Mitmenschen ohne medizinisch-pflegerische Betreuung dastehen. Wir sehen uns in der Verantwortung für die Genesung all unserer Patienten. Wenn uns einer unter den Händen stirbt, fragen wir uns als erstes, ob wir irgendwas falsch gemacht haben. Ich habe bereits in meinen Praktika 3 Reanimationen gehabt. Davon hat nur einer überlebt. Jedes Mal saßen wir alle danach für einige Zeit im Schwesternzimmer und haben darüber geredet. Wir haben uns gefragt, was wir falsch gemacht haben. Aber wir haben nichts falsch gemacht. Wir haben alles Menschenmögliche getan. Ein paar von uns haben geweint. Nicht wegen des Verlustes, sondern wegen den Schuldgefühlen. Darüber muss sich die Politik im Klaren werden. Wir werden als Helden gesehen, aber von der Politik nur als Fußabtreter behandelt.

Merle:
Ich bin mittlerweile fünffache Sternchen- Mama und werde leider auch nie ein Kind an der Hand haben. Nach vielen Jahren mit schweren Depressionen und Borderline-Schüben, bin ich „stabil“, auch wenn ich jedes Mal schlucken muss, wenn mir jemand freudestrahlend von seiner Schwangerschaft berichtet. Im Stillen kullern dann auch wieder Tränen.
Was Pflegekräfte angeht, kenne ich beide Seiten. Die der trauernden Mama und die der begleitenden Pflegekraft auf der Gyn (auch bei Interruptionen aus unterschiedlichsten Gründen). Ich habe immer versucht, meine Profession und meine eigenen Erfahrungen miteinander zu verbinden. Mitgefühl, aber kein Mitleid, war immer mein Leitspruch. Ich selbst habe sehr empathische und weniger empathische Pflegekräfte in diesen überaus intimen und emotionsgeladenen Momenten erlebt. Was ich jedoch nicht verurteile, denn ich kann von niemandem ein Handeln wie meines erwarten oder verlangen. Gerade in so einer Situation nicht. Man wird auf solche Geschehnisse nicht vorbereitet oder geschult. Und psychologische Hilfe gibt es für das Personal in der Regel meist auch nicht.
Nachdem meine letzte Fehlgeburt, ein Sohn, 22. SSW, mit SMA1 zur Welt kam, drehte sich nach kurzer Zeit mein Leben komplett und auch meine berufliche Richtung. Ich merkte, dass ich mit dem Arbeiten auf der Gyn für mich und meine Trauer, meine Weiterentwicklung nicht weiterkam. Mittlerweile arbeite ich als Palliativfachkraft für Kinder und Jugendliche und begleite diese kleinen Kämpfer und ihre Familien auf der Reise des begrenzten Lebens.
Dort habe ich in meinen beiden Jobs das Gefühl, den Familien etwas geben zu können, was mir bei meinem Sohn damals fehlte. Und das hilft mir sehr, das alles zu verarbeiten und ich fange an Dankbarkeit für diese ganz, ganz kurze Zeit mit ihm zu empfinden.
Und ich hoffe, dass ich noch vielen Familien und vor allem den Kindern auf ihrer (meist sehr kurzen Reise) vieles mitgeben kann.

Yvi:
Auch ich hatte eine Fehlgeburt, am 30.3.2019 in der 6. Woche, nach gut 15 Jahren des “Nichtaufpassen” beim Sex und mit knapp 39 war das für mich schon fast eine Sensation, überhaupt schwanger geworden zu sein. Um so schlimmer war der Verlust, ich war damals in der Uniklinik und ich muss sagen, man hat mich dort wahnsinnig gut begleitet. Es war keine Fruchthöhle mehr zu sehen, aber im Blut war mein “Baby” noch vorhanden. Festgestellt hatte ich das vorher nur mit einem zu Hause Test und der Termin beim Doc lag noch in weiter Ferne, also nicht mal eine “echte” festgestellte Schwangerschaft, aber Symptome und Gefühle alle da, sozusagen eine warmes watteweiches Bauchgefühl.
Man hat mir in der Uniklinik damals sogar eine psychologische Betreuung angeboten, ich wollte da aber nur nach Hause, mein Freund hat mich sehr gut unterstützt.

Als Pflegekraft in der Altenpflege wünsche ich mir manchmal mehr Zeit, für 3 liebe Worte, oder auch mal 3 Worte mehr, und dass man Material und Leistungen nicht ständig bei den Krankenkassen erbetteln muss. Ich weiß, dass hat jetzt nichts mit dem Thema Fehlgeburt zu tun, aber ich glaube allgemein in der Pflege fehlt einfach Zeit und adäquater Personalschlüssel. Ich glaube nicht, dass es mehr Geld sein muss und auch kein angepasstes Arbeitszeitmodell, denn jeder der in die Pflege geht, weiß um Wochenendarbeit und Feiertage, das ist so und gehört dazu!
Ich liebe meinen Job und auch wenn ich grad noch den Kopf voll habe, vermisse ich meine Kollegen und auch meine Patienten, ich habe eine super Chefin, es gibt immer Kaffee/Getränke und Nervennahrung steht auch immer da, und meistens gibt es Freitag Frühstück für alle, die arbeiten sind!

 

 

 

Ich bedanke mich für das große Vertrauen all dieser Mütter und Väter, dass sie mir ihre Geschichten geschickt haben und das ich sie hier veröffentlichen durfte. <3

PS: Wie immer freue ich mich, wenn ihr diesen Beitrag teilt! :-* 

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Ein Kommentar für “Fehlgeburt: 27 sehr persönliche Geschichten

  1. Danke! Einfach nur Danke an alle Mamas, die hier mutig ihre Erfahrungen geteilt haben. Ich arbeite als Physiotherapeutin und bald auch als Osteopathin und da ist die Frage nach Schwangerschaften häufig nötig und ich wähle meine Worte immer sehr vorsichtig, aber es passiert auch da schon mal, dass halt zwar Schwangerschaften erlebt wurden, aber keine Geburten. Dies sind für Körper und Seele besondere Wunden, die in der Therapie auch stets Beachtung finden sollten. Ich werde mich nach diesen Berichten noch genauer reflektieren und noch sorgfältiger meine Fragen wählen. Danke!