Kinder loslassen
Best of Rabenmutter 2.0

Kinder loslassen – so schön und doch manchmal so schwer.

Ich stehe am Tor zum Schulhof und sehe der Tochter hinterher; wie sie mit diesem ihr ganz eigenen, federnden Schritt fröhlich dem neuen Tag voller Lernen und Lachen entgegenläuft. Und wieder einmal spüre ich, wie sich mir bei diesem eigentlich doch so wundervollen Anblick der Hals zuschnürt und meine Augen feucht werden. Ich schlucke angestrengt und setze schnell die Sonnenbrille auf, damit niemand der anderen Eltern sieht, wie schwer es mir manchmal fällt, dieses „Kinder loslassen“. Das ist schließlich mega uncool, irgendwie Helikopter-Mum-mäßig und natürlich vor allem völliger Quatsch. Denn: Kinder werden nun mal groß, entwickeln sich weiter, lösen sich von ihren Müttern und Vätern, werden flügge und selbstständig/er. SO ist es nun mal! SO sollte es auch sein. Ich weiß das. Und ich liebe auch das an der Mutterschaft; zu sehen, wie meine Liebe und Erziehung sie dazu befähigt, auch ohne meine Hand weiterzugehen. Aber manchmal … manchmal … da schmerzt es mich eben auch, loszulassen.

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Als wäre es gestern gewesen

Bevor ich selbst Mutter wurde, konnte ich immer nur erahnen, was sich wirklich in Eltern abspielt, wenn sie so „lapidar“ davon sprechen, dass die Zeit schneller verfliegt, wenn man Kinder hat. Oder dass Mamis an jedem Geburtstag des „Babies“ regelrechte Flashbacks der Geburt erleben … und dann kaum mehr fassen können, dass dieses Wunder plötzlich schon 3 Jahre alt ist oder 8 oder 25. War es nicht erst gestern, dass die Wehen einsetzten? Wie konnte dieser Floh bloß so schnell so groß werden? Die Erfahrung, ein Kind zu gebären, schlägt offenbar so tiefe Wurzeln in unseren Seelen, dass wir die Erinnerung an unsere erste Begegnung richtig fühlen können, egal wie viel Zeit eigentlich bereits verstrichen ist. Jedes Jahr aufs Neue, aber auch zwischendurch, wenn uns wieder einmal bewusst wird, dass unsere Kleinen gar nicht mehr so klein sind, auf einmal Schulkinder werden oder Dinge ganz alleine machen, die bis vor Kurzem für sie undenkbar waren. Der Krümel zum Beispiel hat sich letztens zum ersten Mal bis zum Hals ins Wasser getraut und war so wahnsinnig stolz auf sich selbst, obwohl er vor Aufregung zitterte, dass auch ich ein krasses Gefühls-Chaos erlebte … mitten im Schwimmbad, in einer Situation, die nur für uns so irre besonders war. Es sind diese Momente, die Elternschaft ausmachen – wenn das Herz vor Liebe schon fast weh tut, man den Stolz auf das eigene Kind, das gerade ganz arg über seinen eigenen Schatten gesprungen ist und sich selbst damit bewiesen hat, dass ihm keine Grenzen gesetzt sind, fast schmecken kann und gleichzeitig die Verlustangst im Nacken kitzelt, weil man weiß, dass jeder dieser fulminanten Schritte eben auch von der Mama wegführt. DIESE Momente, dieses Begreifen und Bewundern, dieses Mitfeiern und gleichzeitige Fürchten, diese starke Mischung aus Gefühlen, die alle der größten Liebe für einen kleinen Menschen entspringen, machen uns zu Eltern. Es mag ekelhaft pathetisch klingen … aber das nehme ich jetzt einfach mal in Kauf. ;)

Kinder loslassen … und wieder ein neuer Lebensabschnitt  

„Schrecklich, wenn sich Eltern nicht einfach für ihre Kinder freuen können und wegen jedem neuen Lebensabschnitt in Melancholie verfallen und rumheulen, dass ihr Baby kein Baby mehr ist. DAS IST DOCH GUT SO! Gönnt es doch euren Kindern! Und freut euch mit ihnen!“ Immer wieder begegne ich auch Müttern, die recht STRENG auf meine emotionalen Aussetzer reagieren und offenbar gar nicht nachvollziehen können, dass mir NUR freuen und hinterher winken schwerfällt. Sie verstehen nicht, dass meine heimlichen Tränen und mein ebenso heimliches schwelgen in Erinnerungen an die Zeit, als meine Große noch ganz klein war und ohne mich keinen Schritt allein gemacht hat, dem Stolz auf sie und ihren Mut, ihre Freiheitsliebe, ihr unumstößliches Selbstbewusstsein und ihrem stetigen Streben nach noch mehr Selbstständigkeit KEINEN ABBRUCH TUT. Ich kann beides. Beides gleichzeitig! Und ich kann das sogar ganz prima trennen. Ich halte meine Tochter nicht fest. Ich rede ihr nicht ein, dass sie etwas nicht kann oder dafür doch noch die Mama braucht. Im Gegenteil. Ich bestärke sie, ihren Weg zu gehen, sich auszuprobieren, mutig zu sein, auch wenn sie ein bisschen Angst hat. Natürlich! Nicht nur, weil ich es als meine Eltern-Pflicht sehe, sondern weil ich ihr wirklich unheimlich gerne dabei zusehe, wie sie groß wird und weiterzieht. Und genauso geht es mir mit ihrem kleinen Bruder. Auch ihm stehe ich nicht im Weg, sondern gebe ihm die sprichwörtlichen Flügel, die er verdient. Aber ich stehe immer NEBEN ihnen beiden. Immer dazu bereit, ihnen doch noch meine Hand zu reichen. Und wenn sie sie nicht brauchen, dränge ich sie nicht auf und lächle ihnen aufmunternd zu. Dennoch erlaube ich es mir, dabei auch Wehmut zu empfinden und hier und da mal ein Tränchen zu verdrücken, weil mir die Zeit, in der ich der absolute Nabel ihrer Welt war, schon jetzt ein wenig fehlt. Das mag ein egoistischer Gedanke sein. Er steht mir trotzdem zu. Denn er bedeutet nur, wie sehr ich diese erste gemeinsam Zeit mit meinen Kindern geliebt habe. Wie sehr ich es geliebt habe, sie schlafend in meinem Arm zu wiegen, sie zu stillen, zu wickeln und sie rund um die Uhr bei mir gehabt zu haben, auch wenn diese Phase anstrengend und manchmal zermürbend war. Vor allem war sie besonders und hat mich unglaublich geprägt und verändert. Zum Besseren in jeglicher Hinsicht.

Jede Zeit hat ihre Höhen und Tiefen – und wir erinnern uns vor allem an die Höhen

So schnell wie die Zeit mit Kindern verfliegt, so schnell vergessen wir auch, was eigentlich alles dazugehörte. Eigentlich ist es noch gar nicht so lange her, dass der Krümel nicht durchschlief und doch habe ich die bodenlose Müdigkeit, die mit dem stündlichen nächtlichen Stillen einherging schon fast vergessen. Oder die über zwei JAHRE gehende Phase der Mausemaus, in der sie jede Nacht drei Stunden wach war … Himmel, es war so furchtbar, dass ich manchmal nicht wusste, welcher Tag eigentlich ist. Und doch denke ich heute vor allem daran, wie zuckersüß die kleine Madam mit zwei und was für eine verrückte Nudel sie damals schon war. Als wäre es gestern gewesen sehe ich sie liebevoll und erwartungsfroh meinen dicken Bauch streicheln, in dem ihr Brüderchen wuchs, mit dem sie heute die Welt erobert … und schon wieder steigen mir die Tränen in die Augen. Elternschaft ist echt einfach der Hammer. Eine nicht enden wollende, emotionale Achterbahnfahrt, die einen dauerhaft in Atem hält, zu einem Weichei sondergleichen macht und mit keinem anderen Abenteuer zu vergleichen ist. Nur so richtig cool wird man nicht davon. Außer cool bedeutet, dass man mitten im Schwimmbad kurz vor stolz ins Wasser heult oder am Tor zum Schulhof schon um 7:45 Uhr eine dunkle Sonnenbrille aussetzt. Im Winter. Bei Regen. Ach, vielleicht müssen wir cool einfach nur neu definieren. ;)

PS: Wie immer freue ich mich, wenn ihr den Beitrag teilt :-*

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9 Kommentare für “Kinder loslassen – so schön und doch manchmal so schwer.

  1. Ein stetiger Prozess, der echt unfassbar emotional ist. Unser Sohn (2 3/4) macht sich gerade einen Spaß daraus uns Eltern beim Vornamen anzusprechen…schön irgendwie lustig, aber auch hart.

    LG, Richard von der papammunity.de

  2. ❤ danke für den tollen Text… und dass du hoffentlich auch weiterhin ehrlich deine Gefühlsachterbahn ? mit uns teilst…. geht mir nämlich oft auch so ☺

  3. Oh Gott, ich habe Tränen in den Augen und kann kaum schreiben, es könnte einfach mein Text sein. Vielen lieben Dank dafür, wirklich! Manchmal denke ich, ich bin alleine mit diesen Gedanken, da auch bei mir ganz oft abgewunken wird, ich müsste mal los lassen.. Ich habe auch zwei Kinder ein Mädchen 8 Jahren und einen Jungen 3 Jahre..
    Ein ganz toller Artikel, komplett aus dem Herzen!