Hier schreibt Mama Anna S. aus der LÄCHELN UND WINKEN-Community <3 :
Da ist sie wieder, diese unfassbare Wut, die mich innerlich schreien lässt und zugegebener Maßen auch manchmal äußerlich. Sie ist wie ein roter brennender Klumpen in meinem Magen und raubt mir Energie.
Bevor ich Kinder bekam, habe ich tatsächlich gedacht: „die Trotzphase ist bestimmt nervig, aber was soll an 2 1/2 jährigen schon so schlimm sein? Im Endeffekt ist es eben nur eine Sache der Konsequenz“
Getreu dem Motto: „Kleine Kinder kleine Sorgen, große Kinder große Sorgen“. Mit kleinen Sorgen werde ich ja wohl umgehen können. Ich, Sozialarbeiterin beim Jugendamt, vom Fach also, hab schon ganz andere Sachen gesehen und ertragen. Eine schreiende 2 1/2 jährige ist dagegen quasi niedlich!
So weit so theoretisch jedenfalls. Nun stehe ich wieder mal in der Küche und atme laut hörbar ein und aus und wieder ein und wieder aus und schaffe es mit all meiner Anstrengung nicht die Beherrschung zu verlieren, weil die 2 1/2 jährige die Dose mit den kleinen Zucker-Dekokügelchen für den Kuchen so doll geschüttelt hat, das diese nun in einem bunten Regen auf uns niederprasseln. Auf uns und auf die gerade gesaugte Küche. „Ich habe doch 100 mal gesagt, bitte nicht schütteln“ sage ich, nach dem besagten atmen, mit deutlich erhobenen Stimme, aber eben nicht brüllend.
Eventuell auch nicht brüllend, weil die kleine Schwester der 2 1/2 jährigen gerade in der Trage auf meinem Rücken eingeschlafen ist und zum Glück nicht von dem Zuckerkugel-Regen geweckt wurde.
Aber nicht gebrüllt heißt nun mal nicht gebrüllt und ist ein Sieg für mich gegen die Wut.
Ich halte mich für ziemlich belastbar und auch mein Umfeld schätzt mich so ein, das der Alltag mit zwei Kleinkindern mich so an meine Grenzen bringt, ist für mich manchmal schwer einzugestehen, vor allem vor mir selbst.
Wenn ich mit anderen Muttis darüber spreche, vergleiche ich Kinder in der Trotzphase oft mit Katzen, die ein Wasserglas ganz langsam Richtung Regalende schieben und es dann mit einem tiefen Blick in deine Augen runterstürzen lassen.
Manche meiner Freundinnen können meine Wut verstehen und fühlen sie auch und doch habe ich oftmals das Gefühl, niemand auf dieser ganzen weiten Welt versteht, wie wütend ich in solchen Situationen bin. Doch dann erzählt meine Freundin von ihrer Tochter, die in einem unbemerkten Moment ihre Haare mit rotem Nagellack angemalt hat, sich in Rage geweint hat, als sie es nicht mehr durfte und daraufhin den Nagellack gegen die Fliesen im Badezimmer warf. Meine Freundin hat daraufhin das Badezimmer kurz verlassen müssen, um sich zu sammeln.
Ich bin also doch nicht alleine mit der Wut.
Was hilft also gegen die Wut?
Die Sozialarbeiterin in mir schmeißt mit den passenden Theorien der frühkindlichen Entwicklung um sich und versucht sich ganz rational wiederholt vor Augen zu führen, dass es etwas positives und total normales ist, dass sie sich so verhält. Es braucht nämlich Ur-Vertrauen, um zu trotzen. Sie weiß, dass ich sie trotzdem liebe, auch wenn wir uns streiten und sie tobt. Frustration muss genau so gelernt werden wie Fahrradfahren.
Schnaubend ein und aus atmen hilft und stolz sein hilft. Stolz auf jede nicht brüllende Reaktionen, auf jeden Trotzanfall, den ich ruhig begleitet habe und auf jede Stunde, die sie nicht vor dem Fernseher verbringt, sondern mit mir.
Erfahrungsberichte lesen hilft auch, das Gefühl nicht alleine zu sein und den Moment von: „Ja genau so ist es bei uns auch!“
Ich hoffe, also liebe_r Leser_in, dass du ebenfalls diesen Moment hast und dass es dir hilft.
Die Trotzphase ist eben nicht nur eine Sache der Konsequenz.