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Geburtsbericht: Sarah S. erzählt von ihrer Silvester-Geburt

Als wir Anfang Mai 2017 erfahren haben, dass wir ein Baby bekommen haben wir uns direkt einmal den Geburtstermin berechnen lassen: 30.12.2017. Mein erster Gedanke war: oh Gott, hoffentlich kommt das Baby nicht Silvester, aber wird schon schief gehen, das erste Kind kommt ja oft etwas später. Die Frauenärztin meinte dann auch immer, dass sie eher auf den 3.1. oder 4.1. tippt, also haben wir uns entspannt. Die Schwangerschaft verlief auch wirklich gut und unkompliziert und auch Weihnachten haben wir ohne Geburt ganz gemütlich überstanden. Als der Geburtstermin 30.12. gekommen war (ein Samstag) , sind wir ins Krankenhaus im Kölner Süden gefahren, um einen Ultraschall machen zu lassen. Ich hatte seit einigen Tagen schon leichte Wehen und teilweise waren die Herztöne in den letzten Tagen etwas auffällig gewesen, daher hatte die Frauenärztin uns dazu geraten. Im Kreißsaal machte der Oberarzt einen gründlichen Ultraschall und sagte uns daraufhin, dass es noch einige Tage dauern wird: „Da tut sich rein gar nix“ war seine Aussage. Also gingen wir im Anschluss ganz entspannt in den naheliegenden Rewe und kauften ordentlich Fleisch, Käse und anderen Kram fürs Raclette ein, das wir uns Silvester gemütlich zu Hause machen wollten.
Die Nacht war auch gut und am Silvestermorgen stand ich um 7.45 Uhr auf, um aufs Klo zu gehen. Auf dem Weg machte es tief in mir plötzlich laut und deutlich PLOPP und dann kamen auch schon die ersten Tropfen Fruchtwasser. Mein erster Gedanke war: Ernsthaft? Silvester? Das kann doch wohl nicht wahr sein ;). Aber die junge Dame wollte scheinbar ein besonderes Datum für ihren Geburtstag haben. Mein Mann schaute auch nicht schlecht, als ich ihn rief, aber noch waren wir tiefenentspannt. So ne Geburt dauert ja.  Also riefen wir mal im Kreißsaal an und vorsichtshalber die werdenden Großeltern, dass in Köln möglicherweise heute ein hungriger (und Silvester sehr ängstlicher) Kater sowie reichlich Zutaten fürs Raclette auf sie warten statt der geplanten Silvester-Verabredung und wir jetzt mal ins Krankenhaus fahren. Dort kamen wir gegen 9 Uhr an und wurden erstmal mit den Worten begrüßt: wir schauen uns das mal an, aber gehen Sie davon aus, dass es noch mindestens 1-2 Tage dauert beim ersten Kind. Ok, war uns ja grundsätzlich auch Recht. Sie wollten uns aber dennoch lieber da behalten. Also machten sich meine Eltern auf den Weg nach Köln und mein Mann holte die Tasche aus dem Auto.
Da Silvester und dazu noch Sonntag war hatten wir Glück, dass viele frischgebackene Eltern den Jahreswechsel lieber zu Hause feiern wollten. So bekamen wir problemlos ein Familienzimmer und richteten uns erstmal ein. Die Wehen wurden stärker, der Muttermund war aber erst bei wenigen cm und es war noch ganz gut auszuhalten. Also telefonierte ich erstmal mit meinen Eltern und lief ein bisschen rum. Mittagessen hab ich, glaub ich, auch noch bekommen. Es war alles recht entspannt. Dann musste ich aufs Klo und dort kam auf einmal giftgrünes Fruchtwasser und mir ging es zunehmend schlechter, also sind wir zurück in den Kreißsaal gegangen. Die nächsten Stunden verbrachte ich meist in einem Raum am Wehenschreiber und bekam Buscopan gegen die Krämpfe. Gegen 15.30 Uhr wurden die Schmerzen so stark und ich hatte ein ganz dringendes Bedürfnis zu pressen dass die Hebamme meinte wir wechseln doch mal lieber in den Kreißsaal. Dort kam dann ein großer Behälter mit Lachgas reingerollt, der in den nächsten Stunden mein treuester Freund und Retter sein sollte, denn die Wehen wurden stärker und es war ohne Lachgas nicht mehr auszuhalten. Auf die Idee, mit eine PDA zu geben, ist irgendwie niemand gekommen und die Hebamme war immer noch der Meinung, dass alles normal und unspektakulär läuft. Also schnallte ich mir die Lachgasmaske auf und fing  gegen 16.00 Uhr an zu pressen. An die nächsten Stunden erinnere ich nicht gerne und hab ich auch versucht über die Jahre möglichst zu verdrängen. Ich kann nur sagen: meine Tochter war eher lang (51 cm) aber sehr schlank (2700g) und Sternenguckerin, was im Krankenhaus über Stunden niemand gemerkt hat. Das bedeutet, sie lag falsch herum und schaute nach oben statt nach unten und konnte aufgrund der besonderen Lage nicht einfach durch den Geburtskanal gleiten und  unterm Becken durchrutschen. Somit kam sie die nächsten Stunden immer wieder stückweise raus, rutschte aber jedes Mal wieder zurück und hat es einfach nicht geschafft in der Sternengucker-Position auf die Welt zu kommen. Normalerweise werden Sterngucker mit der Zange oder Saugglocke geholt, aber dafür muss man natürlich über die besondere Situation Bescheid wissen. Nachdem die Hebamme irgendwann endlich gecheckt hat, was Sache ist, bekam sie langsam Panik und versuchte die diensthabende Ärztin mehrfach telefonisch zu erreichen. Diese war aber leider bei einer anderen Geburt im benachbarten Kreißsaal und kam und kam nicht. Mein Mann gab alles, um mich zu motivieren und zu unterstützen, aber meine Kräfte schwanden vom Dauerpressen und ich konnte einfach nicht mehr. Mittlerweile hatte die Hebamme den Damm schon weit aufgeschnitten und versuchte immer wieder den Kopf festzuhalten und rauszuziehen, aber es klappte einfach nicht. Ich brauchte soviel Lachgas, dass der ganze Behälter zwischendurch leer war und sie eine neue Flasche organisieren mussten. Vom Lachgas wurde ich aber auch träge und das war nicht wirklich hilfreich. Die Herztöne meiner Tochter wurden nun auch schwächer – auch sie konnte nicht mehr. Mittlerweile waren fast 4 Stunden mit Dauerpressen vergangen und ich war am Ende meiner Kräfte angelangt. Als die Hebamme schon die Zange holte und mittlerweile wirklich panisch war, kam um 20.00 Uhr endlich die Ärztin reingestürmt und schmiss sich direkt wirklich grob und sehr schmerzhaft auf meinen Bauch, um meine Tochter von oben aus dem Bauch zu drücken. Das tat so höllisch weh, dass ich wiederum meine Fingernägel in den Arm der Ärztin bohrte, um den Schmerz irgendwo rauslassen zu können. War nicht nett, aber ich fühlte mich mittlerweile einfach total im Stich gelassen und war verzweifelt. Mit vereinten Kräften und großer Kraftanstrengung gelang es Ärztin und Hebamme dann aber tatsächlich, meine Tochter endlich auf natürlichem Weg auf die Welt zu holen. Um 20.09 Uhr war die Maus da. Durch 4 Stunden Presswehen und den ganzen Wahnsinn konnte ich leider nicht diesen Glücksmoment erleben, von dem viele frischgebackene Mütter schwärmen, wenn sie ihr Baby zum ersten Mal sehen. Ich war zu fertig und voller Frust und Schmerzen, so dass ich mich zunächst gar nicht richtig freuen konnte. Darunter leide ich auch jetzt 5 Jahre später immer noch, weil es mir sehr leid tut, dass ich meine Tochter nicht so voller Liebe und Dankbarkeit zum ersten Mal anblicken konnte. Gott sei Dank hat das unserer Beziehung kein bisschen geschadet und die überschäumende Mamaliebe kam dann doch sehr schnell und bis heute sind wir ganz ganz innig. Da ja nach wie vor Silvester war, ließ man uns Drei erstmal stundenlang alleine im Kreißsaal. Die Hebammen tranken ein Sektchen zum Schichtwechsel und wir konnten uns erstmal in Ruhe kennenlernen. Um 23.20 Uhr kamen wir dann aufs Zimmer und um Mitternacht standen wir Drei tatsächlich ganz oben im Krankenhaus (der Kreißsaal ist weit oben) am Fenster und hatten einen wunderbaren Blick auf das Feuerwerk über Köln, dem Rhein und dem Dom. Das war ein besonderer Abschluss dieses unerwarteten Silvesters und jetzt feiern wir jedes Jahr Kindergeburtstag am 31.12. und unsere Tochter erzählt bei der Frage nach ihrem Geburtstag immer ganz stolz, dass sie Silvester Geburtstag hat und es Abends immer ganz tolles Feuerwerk gibt. Die Erinnerungen ans Feuerwerk sind es auch, die ich gerne erzähle, weil natürlich viele Leute interessiert nachfragen, wie eine Geburt Abends an Silvester abgelaufen ist. Den Rest versuche ich zu verdrängen.
Tatsächlich habe ich aufgrund der extrem langen Presszeit immer noch heftige Probleme mit dem Beckenboden trotz mehrfacher Rückbildung, Physio etc. und werde im Frühjahr operiert, um die Folgen zu mindern. Ich hatte auch im Nachgang ein langes Gespräch mit dem Chefarzt der Gynäkologie, um die Geburt noch einmal zu besprechen und zu verstehen, was dabei schief gelaufen ist. Das hat tatsächlich ein bisschen geholfen das Ganze zu verarbeiten.
Diesen spannenden Geburtsbericht hat Sarah geschrieben! <3

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Ein Kommentar für “Geburtsbericht: Sarah S. erzählt von ihrer Silvester-Geburt

  1. BITTE nicht automatisch schreiben: Sternengucker werden mit Zange oder Saugglocke geholt. Ich habe Zwillinge (beide Steisslage) natürlich geboren. Allerdings nicht in einem „normalen“ Krankenhaus, wo so was leider üblich ist, sondern in Filderstadt. Dort gebären die meisten Frauen, auch Mehrlinge, auf natürliche Art und Weise, weil Raum und Zeit dafür gelassen wird. Und wenn es kritisch wird für Mutter/ Kind kann zu jedem Zeitpunkt „medizinisch notwendig“ eingegriffen werden. Das ist die Geburtsklinik mit den wenigsten Kaiserschnitten (obwohl viele „Risikoschwangere“ dort gebären), weil es eben „Geburtshilfe“ ist und nicht „Entbindungsklinik“ …. Grosser aber entscheidender Unterschied zwischen Gebären und entbunden werden ?