Es ist schon ewig lange her – bestimmt fast 20 Jahre – da wurde ich bei einem Camping-Ausflug morgens wach, kroch aus dem Zelt und einer meiner mitreisenden Freunde sagte sofort: „Uhhh, Anke, ich glaube, du hast da am Hals eine Zecke!“ Obwohl ich mich eigentlich nicht in einer Region befand, in der Zecken wirklich gefährlich sein können, rastete ich MÖGLICHERWEISE ein kleines bisschen aus, fuhr umgehend ins Krankenhaus, um mir das Mistding hoch-professionell entfernen zu lassen und trug mindestens 5 Jahre einen Zettel mit mir im Portemonnaie herum, auf dem das Datum des Zeckenbisses stand, für den Fall, dass ich ganz spontan an einer Hirnhautentzündung erkranken würde. Ich bin also ein wandelndes Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn man nur so halb-gar Ahnung vom Thema Zecken, dafür aber ganz viel Angst hat.
Da wir aber ja alle wissen, dass Angst schlicht immer ein schlechter Berater ist und wir gerade als Eltern besser genau wissen, wann wir uns wirklich Sorgen machen und schnell handeln sollten, habe ich mir mal wieder meine Freundin und allerliebste Kinderärztin Dr. Janina Fischer vom Instagram-Kanal @kleinemedizin geschnappt und sie gebeten, mir mal ein paar Fakten & Tipps zum Thema Zecken und die damit verbundenen Gefahren zusammenzutragen. Damit ich potenzielle Risiken vermeiden kann, gleichzeitig aber auch sicher weiß, wann es sich lohnt, die Kinder komplett nach den kleinen Zecken-Scheißerchen abzusuchen, wie man sie bei Bedarf RICHTIG entfernt und zu welchem Zeitpunkt man ggf. sogar einen Arzt konsultiert.
Kinderärztin Dr. Janina beantwortet die 8 häufigsten Fragen zum Thema Zecken
1. Wann und wie suche ich bei mir oder meinem Kind nach Zecken?
Wenn man selbst oder das Kind zwischen Frühling und Herbst viel draußen und vor allem in Wald und Wiesen unterwegs war, sollte man am besten abends beim Umziehen oder Baden einmal den ganzen Körper auf schwarze Punkte absuchen. Oft sitzen Zecken in Hautfalten, Leisten oder Ellenbeugen, also auch einen Blick in die Unterhose werfen. Findet man schwarze Punkte, sollte man genauer hinschauen, ob es einen dicken Körper und Beine hat. Wenn das Tierchen dann auch noch festhängt, handelt es sich wahrscheinlich um eine Zecke.
2. Warum könnte eine Zecke gefährlich sein?
Zecken können Viren oder Bakterien übertragen, die beim Menschen Krankheiten auslösen können. Die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) wird von Viren übertragen, gegen die man impfen kann, besonders wenn man in Risikogebieten wohnt. Die Borreliose wird durch Bakterien übertragen und kann nur durch eine frühzeitige Antibiotikatherapie behandelt werden. Zum Glück übertragen Zecken nur in 1% aller Bisse wirklich Keime. Aber je länger sie festgebissen am Körper hängen, desto höher wird die Wahrscheinlichkeit der Übertragung. Daher sollte man sie zügig entfernen. Die Keime sitzen im Magen-Darm-Trakt der Zecken.
3. Soll ich die Zecke entfernen oder lieber ein Arzt?
Da man Zecken so zügig wie möglich entfernen sollte, kann das auch jeder selber machen und sich so die manchmal lange Wartezeit beim Arzt oder in der Klinik sparen. Wenn die Zecke allerdings an einer besonders schwierigen Stelle sitzt (z.B. am Auge) oder man sich gar nicht traut, sie zu entfernen, kann man sich natürlich beim Arzt Hilfe suchen. Genauso, wenn die Stelle schon sehr entzündet aussieht. Dies ist aber meist „nur eine normale“ Entzündung, da die Borreliose erst nach ca. 1 Woche sichtbar wird.
4. Wie entferne ich eine Zecke?
Die Zecke kann mit einer Pinzette, Zecken-Karte oder einer Zecken-Zange entfernt werden. Das wichtigste ist gute Vorbereitung. Kind und sich selbst beruhigen. Gemütliche Position suchen (sitzend, liegend, Ablenkung durch Lieblingssachen). Nicht vorher desinfizieren, sondern danach! Werkzeug der Wahl holen. Oft wird von Pinzetten abgeraten und Horror-Stories kursieren im Netz. Das Problem besteht aber nur darin, dass man mit einer Pinzette den Körper der Zecke zerquetschen und sich der Darminhalt entleeren kann. Mit einer Karte passiert das nicht. Eine Zecken-Karte kann man also jedem empfehlen. Manchmal hat man die aber nicht zur Hand und ich würde mich auch mit einer Pinzette trauen. Ein Video vorher anzuschauen kann man sich auch lohnen (siehe Links unten)! Ziehend, ruckelnd ohne Zerquetschen die Zecke entfernen. Wenn die Beißwerkzeuge hängen bleiben, ist das nicht schlimm. Die kann man dann in einem zweiten Versuch noch entfernen.
5. Kann ich Zecken nicht mit Öl, Kleber oder Seife entfernen? Dann zerquetsche ich sie nicht…
Nein, bitte nicht! Die Zecke stirbt zwar an Kleber oder Öl, kotzt sich aber vorher vor Angst auch nochmal so richtig schön aus und entleert damit ihre Keime in unser Blut.
6. Sollte man die entfernte Zecke einschicken und auf Borreliose testen lassen?
Nein, es lohnt sich nicht, die Zecke testen zu lassen, da selbst bei einem positiven Borrelien-Ergebnis nur eine 10% Chance einer Übertragung auf den Menschen besteht. FSME wird hierbei gar nicht getestet. Wenn man das trotzdem unbedingt testen will, kann man sich ein Testset für zuhause im Internet bestellen. Ich habe da aber persönlich keine Erfahrung mit und würde das skeptisch sehen.
7. Worauf muss ich nach der Entfernung von Zecken achten?
Man sollte die Stelle der Zecke zwei Wochen lang beobachten. Man kann sie auch mit einem Stift kreisförmig markieren. Zeigt sich eine Rötung oder andere Verfärbung an dieser Stelle (Wanderröte; Erythema migrans), sollte man diese immer einem Arzt zeigen. Aber auch bei Fieber, Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit, sollte man an die entfernte Zecke denken und zum Arzt gehen. Eine Borreliose ist eine tückische Erkrankung und kann im Frühstadium gut mit Antibiotika behandelt werden und diese würde man bei Verdacht auch großzügig beginnen.
8. Kann man nicht prophylaktisch Antibiotika nach einem Zeckenstich nehmen?
Da es nur in ca. 1% der Zecken-Bisse zu einer Infektion kommt, würde man 99 x umsonst behandeln. Die Antibiotikagabe ist auch lange (10 Tage) und nicht ohne Nebenwirkungen, so dass es keine sinnvolle Vorgehensweise wäre, jeden Zecken-Biss mit Antibiotika zu behandeln. FSME ist durch Antibiotika leider sowieso nicht zu behandeln.
Zum Thema FSME-Impfung …
… sagt Janina übrigens folgendes: “Die FSME-Impfung lohnt sich für alle Eltern und Kinder ab 1 Jahr, die in Risikogebieten wohnen (Bayern und Baden-Württemberg und einzelne Landkreise, auf der RKI Seite zu finden). Außerdem kann man sich impfen lassen, bevor man in ein Risikogebiet in Urlaub fährt (z.B. Österreich, Tschechien oder Schweden). Die Impfung besteht aus 3 Dosen im Abstand von 1-6 Monaten, man kann sie aber auch im „Schnellschema“ vor dem Urlaub impfen (Tag 0 und Tag 14). Nach zwei Impfungen hat man immerhin schon einen 90% Schutz, der ca. 1-2 Jahre hält. Aber eine genaue Beratung würde ich immer bei Haus/Kinderarzt oder in einer Reise-Impfberatung empfehlen. Kinder unter 3 Jahren reagieren in 15% der Fälle mit Fieber auf die Impfung und es sollte individuell abgewogen werden.”
Puhhh, jetzt fühle ich mich dank Kinderärztin Dr. Janina brauchbar „im Bilde“, wenn es um die von mir wirklich sehr ungeliebten Zecken geht und hoffe, euch geht es genauso. Wer jetzt aber gerne noch mehr wissen möchte, der freut sich sicher über folgende
Link-Empfehlungen:
- FSME-Risikogebiete in Deutschland
- Fragen und Antworten des Robert Koch Institut
- Video: Wie entfernt man eine Zecke richtig?
- Testset für zuhause
- Video: Was ist mit den neuen Hyalomma-Zecken?
PS: Wie immer freue ich mich, wenn ihr diesen Artikel teilt :-*
Danke für die Aufklärungsarbeit!
Allerdings habe ich einen kleinen Fehler bemerkt: Die Borreliose-Bakterien sind im Darminhalt der Zecke, hierfür lohnt sich also eine schnelle und komplette Entfernung der Zecke.
Die FSME-Viren aber sind im Speichel der Zecke und können schon ab Stich übertragen werden.