Rabenmutter 2.0

Die Nummer mit den Mami-Flirts

Manch einer (na gut, ich … aber vielleicht ja auch noch andere ;) ) denkt, während er bzw. sie das Ja-Wort spricht – neben dem ganzen romantischen Tüddelkram: „Gottseidank! Endlich ist Schluss mit diesem Flirt-Scheiß! Nie wieder muss ich jagen gehen, mich verstellen oder übertrieben reizend sein! Ich muss keine schreckliche Anmach-Sprüche mehr ertragen – oder schlimmer noch – selbst welche servieren. Ich habe TATSÄCHLICH mein Deckelchen gefunden! Der Flirt-Stress hat ein Ende! YEAHHHH!“ Mega gutes Gefühl, fand ich. Soooo befreiend. Und irgendwie schon fast kuschelig. Blöd nur, dass ich mich geirrt habe. SCHON WIEDER! (Dieses Mutti-Ding macht mir echt meine Ich-habe-(fast)-immer-Recht-Statistik kaputt. Wenn das mein Mann erfährt, bin ich geliefert ;) ) Wie sich nach der Geburt des Töchterchens herausstellte: Der Flirt-Stress hat gar kein Ende, wenn man heiratet und eine Familie gründet – er verlagert sich nur (auf Spielplätze) und die Zielgruppe verändert sich (hin zu anderen Mamis, die man einigermaßen ertragen oder bestenfalls irgendwann „Freundin“ nennen kann). Im Volksmund nennt man das wohl: Vom Regen in die Traufe stolpern! *grummel*

Der aufmerksame Leser vermutet ganz richtig: Ich war ein schlechter Single. Sehr sogar. Unter zwei Promille zu schüchtern (jaaaahaaa, echt jetzt!), um jemanden anzusprechen und grundsätzlich sowieso leider zu … äh … gemütlich, um mich jedes Rabenmutter_FlirtWochenende in Schale zu schmeißen und in irgendwelchen Bars auf „den Richtigen“ zu warten. Zudem war meine Intuition bzw. Menschenkenntnis oftmals zu perfiden Scherzen aufgelegt – eventuell eine Begleiterscheinung des zur Motivation getrunkenen Alkohols – und hat mich dann übel reingelegt. Daher denke ich GANZ EHRLICH nur höchst ungern an meine Zeit als „freies Vögelchen“ zurück. Ich war und bin einfach ein bekennendes Beziehungs-Tierchen.

Da überrascht es natürlich wenig, dass ich es mir in meiner heiß und innig geliebten „flirtfreien Zone“ (Ehe) blitzschnell gemütlich gemacht habe … und zwar nicht nur sprichwörtlich mit Wollsocken, Erwachsenen-Strampler (wir finden die schön!!!) und viel Fastfood. Umso härter traf es mich, dass ich während der Rückbildungsgymnastik nicht nur lernen sollte, mit dem ANUS ZU ZWINKERN (wer noch nicht das Vergnügen hatte, kanns ja gleich mal ausprobieren :D ), sondern auch erkennen musste, dass sich die Suche nach „passenden“ Mit-Mamis ähnlich kompliziert gestalten würde, wie die nach einem Partner, den man länger als ein Jahr in seinem Leben erträgt.

Zugegebenermaßen bin ich eventuell etwas naiv an die Sache rangegangen. Ich dachte, es würde voll einfach werden, Mamis kennenzulernen (z.B. in besagter Rückbildung), weil wir doch alle in einem Boot sitzen (oder auf der selben Yoga-Matte liegen) und deshalb soooo viel gemeinsam haben (Baby, Pupu-Windeln, Milch-Kotze). Aber ich hatte – wie so oft in den ersten Monaten mit Kind – von Tuten und Blasen keine Ahnung. Denn: Die Unterschiede zwischen Müttern sind gravierend! Das ist natürlich eigentlich wenig überraschen, sind wir doch auch VOR der Geburt ganz verschiedene Menschen. Trotzdem hat diese Erkenntnis meinem ursprünglichen, Wochenbett-vernebelten Plan etwas die Einfachheit geraubt.
Fakt ist nämlich: In der Mutti-Szene jemanden zu finden, der wie man selbst „tickt“, ist echt schwer. Erst recht, wenn sich das eigene Selbstbewusstsein noch gar nicht in der nagelneuen, verwirrenden und noch dazu schlafraubenden „Welt des puren Mutterglücks“ akklimatisiert hat und einen daher entweder zum ausschließlich schüchternen und STILLEN Beobachter degradiert oder zum Gegenteil mutieren lässt, dass so konstant dummes Zeug labert, dass sich die anderen genervt abwenden. (Ich bin rückblickend nicht mal sicher, ob ich mich immer mit dem richtigen, also MEINEM Namen vorgestellt habe, so sehr war ich zeitweise neben der Spur)
Irgendwann hatte ich aber wenigstens dieses Problem im Griff, konnte wieder klar sehen und erkannte: Brauchbare Muttis kennenlernen funktioniert genauso wie die Jagd nach dem richtigen Partner – man muss „flirten“. VERDAMMT!

Willkommen in der Mami-Flirt-Welt:
Das mag jetzt vielleicht bescheuert klingen, aber tatsächlich läuft es auf Spielplätzen und in Baby-Kursen ganz ähnlich wie in Kneipen und Discotheken. Klar, die Getränke haben weniger Umdrehungen (und machen einen selbst weder eloquenter noch die anderen attraktiver) und werden hauptsächlich in Plastikflaschen und nicht in Gläsern gereicht, die Musik ist extrem gewöhnungsbedürftig und lädt (zumindest erwachsene Gehörgänge) eher zum schreiend Wegrennen denn zum Tanzen ein, und die anwesenden Personen tragen nur sehr, sehr selten schicke Outfits und eine größere Ladung Make-up. Aber dafür sind z.B. die Gerüche eigentlich gar nicht so verschieden (Schweiß, Pipi und Pupu) genauso wie die grundsätzlichen Spielregeln. Daher sind die, die sich wenigstens noch wage an ihre Zeit als Solist ohne Kind erinnern und nüchtern (Alkohol ist auf Spielplätzen schrecklich verpönt!!!) nicht zuviel Schamgefühl entwickeln, um sich Fremden … ich will nicht sagen “aufzudrängen” … VORZUSTELLEN, klar im Vorteil. Die anderen müssen (so wie ich) einfach lernen zu springen – hoch und weit über ihren Schatten ;) .

Der Startschuss:
Die Basis eines jeden „Mami-Flirts“ ist – ebenso wie an der Theke – der erste Blickkontakt. Wird der schon abgeblockt, braucht man auch nicht mit der Tupperdose anzuwackeln. Natürlich kann man diese Regel ignorieren, aber dann sollte man ein dickes Fell haben. Schließlich wissen wir Mädels es selbst am besten: Wir können grausam sein, wenn wir (was auch immer) NICHT WOLLEN. Und manche Mamis WOLLEN eben niemanden kennenlernen. Und das signalisieren sie, indem sie jeglichen Blickkontakt vermeiden, keine fremden Kinder anlächeln (einige lächeln nicht mal ihre eigenen Kinder an!) und sich schon gar nicht aufs Spielplatzbänkchen DAZU setzten. Diese Mütter haben entweder schon genug Mami-Freunde (und tauchen daher sowieso immer im Rudel auf) ODER – und das ist leider am wahrscheinlichsten – sie finden irgendetwas an dir/mir/der suchenden Mami im Allgemeinen doof: den Kinderwagen, die Klamotten, die Trinkflasche, das Tragetuch, die Figur, den Haarschnitt, DEN INHALT DER TUPPERDOSE … die Liste lässt sich endlos fortsetzen. Macht aber nix. Denn dann finden WIR die auch DOOF! SO :D

Die Anmache:
Hat man die erste Hürde des Blickkontaktes genommen, kann man sich der Fremden wie zufällig nähern (man schiebe das eigene Kind unauffällig in die gewünschte Richtung) und seinen favorisierten „Anmmach-Spruch“ vom Stapel lassen: „Oh, ihr habt ja schönes Sandspielzeug!“ oder „Das Halstuch deines Sohnes ist ja der Knaller! Darf ich fragen, wo du es her hast?“ Der Klassiker „Na, bist du öfter hier?“ funktioniert natürlich immer und überall – auch in der von sabbernden und windeln-nutzenden Kleinkindern bewohnten Welt – ist aber halt etwas abgedroschen ;) .
Nicht so gut hingegen kommen Vermutungen wie z.B. „Oh, du siehst aber müde aus. Habt ihr Probleme mit dem Schlafen?“ (Da fühlen sich viele gleich angegriffen) oder „Herzlichen Glückwunsch! Wie ich sehe, bekommt ihr schon bald das zweite!“ (Gaaaanz gefährlich! Bei Fehleinschätzung der Figur muss man eventuell mehr Sand schlucken, als die Kinder mit den Eiswaffeln von SpielStabil. Also: Besser nicht sagen!!!)
Erntet man ein Lächeln, kann man kurz bei der angesprochenen Mami verweilen und noch ein paar Sätze wechseln. Jedoch nicht zu lang, um bloß nicht durchblicken zu lassen, dass man verzweifelt auf der Suche ist und eigentlich bereits seit Tagen mit keinem Erwachsenen gesprochen (der eigene Ehemann zählt nicht ;) ) hat. Das ist nicht „sexy“ ;)

Tipp: Ruhig auch mal den Mamis einen kleinen Snack anbieten! Aber nichts Ungesundes, sonst bricht die erste Dinkel-Diskussion los, bevor man sich die Namen der Kinder verraten hat (die Namen der Mütter sind ja grundsätzlich sehr lange KEIN Thema).

Der Nummern-Austausch:
Diesen Moment hasse ich persönlich ja wie Reiswaffeln mit Gemüsegeschmack. Lässt sich aber nun mal nicht vermeiden – weder an der Theke noch auf dem Spielplatz: Wenn es nett war, aber die Gefahr besteht, dass man sich nicht noch einmal ZUFÄLLIG über den Weg läuft, macht natürlich der Austausch von Telefonnummern Sinn. Dafür muss aber logischerweise eine der beiden Mamis dieses heikle Thema anschneiden (man will ja nicht verzweifelt wirken!) Ich mache das total ungern!!! Fühlt sich lächerlich an. Ich bin doch kein idiotischer Teenie! Ich bin eine gestandene Frau mit Mann und Kind! Hab ich doch gar nicht nötig sowas… Bitte frag du, bitte frag du, bitte frag du!!! Wenn das durch Gedanken übertragene Betteln warum auch immer nicht funktioniert, mache ich natürlich trotz meines Widerwillens den Mund auf. Aber nur, wenn ich wirklich das Potenzial für  eine „Neue-beste-Mutti-Freundin“ sehe. Sonst lächle ich … und winke zum Abschied ;)

Ich sag’s ja … ist eigentlich alles genauso wie früher in der Disse – nur ohne Bier und Kippen, dafür mit einem brüllenden Zwerg am Hosenbein und Obstflecken auf dem Shirt. Macht Spaß, wa?! Also ich LIIIIIEEEEBBBEEE es :D

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9 Kommentare für “Die Nummer mit den Mami-Flirts

  1. Mann, Mann, Mann…
    Je mehr ich von dir lese, desto mehr hab ich das Gefühl, dass du die Kölner Version meiner selbst bist. Die Unsportlichkeit bzw. daraus resultierende Faulheit, das Mami-Flirten… ach herrlich!!!
    Wenn ich mal wieder nach Köln komme, kontaktiere ich dich um zu fragen wo ich mit den Kids denn am Besten hin gehen sollte. Denn ich schätze deine Tipps werden genau nach meinem Geschmack sein. :-)

  2. …ich hab Tränen gelacht, und mich soooo sehr wieder erkannt…! Danke dafür, das hat mir den Abend gerettet! :-)

    Also ich würde dir unsere Telefonnummer sofort geben ;-) (klingt fast wie ein amouröses Angebot, hi, hi…), fragt sich nur, ob Ella und Frieda Lust hätten, Kölns Spielplätze gemeinsam zu rocken…

  3. Und das Lustigste daran, man lernt Mamis kennen, mit denen man vor den Kindern niiiiie etwas zu tun gehabt hätte :-) Die sich im ‘normalen’ Leben in ganz unterschiedlichen Welten bewegen, aber Kinder & Kacke schweißen in einigen Fällen halt doch zusammen!!!