Geburtsbericht
Geburtsberichte

Leser-Geburtsbericht: Anna V. erzählt

Am 01.05.2020 war ich bereits 4 Tage über Termin. Vormittags hatte ich einen routinemäßigen Kontrolltermin in unserer Entbindungsklinik, da ja Feiertag war und mein Frauenarzt demnach geschlossen hatte. Direkt nach dem Termin habe ich mich mit einer Freundin zu einem ausgedehnten, ca. 2,5 stündigen Spaziergang getroffen. Kurz nachdem ich nach Hause gekommen bin gingen gegen 16:30 Uhr die Wehen los. Die Geburt meines ersten Kindes im September 2016 wurde künstlich eingeleitet, daher war ich mir nicht direkt sicher, ob es wirklich „richtige“ Wehen sind. Ich bin also erstmal zu Hause in die Badewanne und habe die Wehen mittels Wehen-Tracker-App aufgezeichnet. Die Wehen kamen direkt in Abständen von ca. 2-3 Minuten und die App meldete immer wieder, dass wir ins Krankenhaus fahren sollten. Mein großer Sohn war ohnehin bei seinem (getrenntlebenden) Papa und somit gut betreut. Ich habe also meinen neuen Partner, der ebenfalls feiertagsbedingt zu Hause war, informiert, dass wir uns fertig machen sollten. Er wurde zum ersten Mal Vater und war entsprechend nervös und etwas kopflos.

Am Krankenhaus angekommen wurde erst einmal am Eingang Temperatur gemessen. Mein Partner durfte mich noch bis zur Kreißsaal-Station begleiten, diese dann aber nicht betreten. Ich wurde klassisch ans CTG angeschlossen und nach einer Weile wurde der Muttermund getastet. Wir waren erst bei 1-2 cm, daher wurde ich gebeten, noch einmal Spazieren zu gehen und in 1-2 h zurück zu kommen. Meine Kliniktasche durfte ich direkt im Kreißsaal bei den Hebammen lassen. Ich habe also meinen Partner angerufen, dass er mich noch einmal abholt. Glücklicherweise wohnen wir nicht weit von der Klinik entfernt, sodass wir, statt bei Wind und Wetter spazieren zu gehen, lieber noch einmal ein bisschen nach Hause gefahren sind. In der Zeit zu Hause habe ich fleißig weiter meine Wehen veratmet, sie kamen weiter in Abständen von wenigen Minuten. 2 h sind vergangen, als wir wieder in die Klinik gefahren sind. Mein Partner durfte coronabedingt wieder nicht mit in den Kreißsaal. Der Muttermund war leider unverändert bei 1-2 cm. Diesmal wurde der werdende Vater nach Hause und ich auf die gynäkologische Station geschickt.

Als ich gegen 22:30 wieder in den Kreißsaal gegangen bin, war der Muttermund bei 2-3 cm. Die Hebamme hat mich wieder am CTG angeschlossen und kurz meine Vorstellungen/Wünsche zur Geburt abgefragt. Ich wusste von der ersten Geburt nur, dass ich gerne wieder in die Entspannungswanne wollte, das hat mir damals schon gut geholfen. Außerdem wurde im Geburtsvorbereitungskurs zur Geburtsposition „Vier-Füßler-Stand“ geraten, welche ich gerne nach Möglichkeit einnehmen wollte. Da offenbar viel los war, ist die Hebamme direkt wieder verschwunden – generell hab ich bis dahin meist nur maximal 5 Minuten am Stück jemanden zu Gesicht bekommen. Gegen 23 Uhr kam sie wieder und eröffnete mir, dass sie den Kreißsaal wieder brauchen und es gerade recht wäre, wenn ich in die Entspannungswanne wechseln würde.

Tja… und dann lag ich schlussendlich geschätzt 2h in der Entspannungswanne. In einem fensterlosen, innenliegenden Bad, zwischen zwei Kreißsälen in denen gerade geboren wurde. Es brannten 2 LED-Kerzen. Ich kannte das Bad schon von der ersten Geburt, damals war ich allerdings nicht allein dort drin. Im Nachhinein finde ich es extrem fahrlässig, dass ich in den 2h keine nennenswerte Betreuung erlebt habe. Hin und wieder ging die Tür auf und man hat quasi nur geguckt ob ich noch da bin. Als ich nach diesen 2h dann Presswehen in der Wanne hatte, habe ich mit letzter Kraft nach dem Taster zum Rufen der Hebamme greifen können. Nach einigen Minuten kam die Hebamme wieder rein, tastete meinen Muttermund der bei 6-7 cm war. Zudem schwamm der Schleimpfropf im Badewasser, der sich zwischenzeitlich auch gelöst hat. Ich musste dann unter Presswehen aus der Wanne raus, da es keine Gebärwanne war. Die Hebamme half mir, mich abzutrocknen, warf mir das Krankenhaushemd über und ich bekam eine Vorlage zwischen die Beine geklemmt. Barfuß und mit offenem Hemd musste ich dann irgendwie über den Flur in den einzig freien Kreißsaal laufen. Auf dem Flur lag schon eine frischgebackene Mama mit ihrem Neugeborenen.

Im Kreißsaal angekommen wurde ich von der Hebamme ins Bad geschickt. Ich hatte schon die Befürchtung, mein Kind „in die Schüssel“ zu bekommen, da die Presswehen so stark waren und ich gar nicht mehr hoch kam. Die Hebamme rief mir vom anderen Ende des Kreißsaals immer mal wieder zu, dass ich jetzt auf das Kreißsaal-Bett wechseln müsste. Endlich auf dem Bett angekommen nahm ich die gewünschte Vier-Füßler-Position ein und habe noch 15 Minuten gepresst, bis mein zweiter Sohn da war. Noch im Wechsel zwischen Bad und Kreißsaal habe ich darum gebeten, doch bitte endlich meinen Partner dazu zu rufen. Zum Zeitpunkt der Entbindung war das schon wieder zulässig, die Partner wurden jedoch erst dazu gerufen, wenn der Muttermund weit genug geöffnet war. Wir haben nun festgestellt, dass er 1:20 Uhr angerufen wurde. Als Geburtszeit wurde 1:27 Uhr angegeben – er hat also die Geburt verpasst. Nach Entbindung kam auch eine Ärztin dazu, die eigentlich die Entbindung begleiten sollte. Auch sie konnte direkt wieder gehen, da mein Kleiner bereits geboren war.

Mein erster Sohn, Ben, war bereits recht groß, er hatte zur Geburt 56 cm und 4450 g. Unter der Geburt mussten viele Interventionen unternommen werden, er ist im Geburtskanal stecken geblieben, hatte einen erheblichen Sauerstoffmangel der jedoch zum Glück keine bleibenden Schäden hinterlassen hat. Ich habe recht schwere Geburtsverletzungen davon getragen. Natürlich habe ich dafür Verständnis, dass Geburten nicht planbar sind. Im Zeitraum unserer Entbindung kamen wohl 6 Babies parallel auf die Welt – das ist auch für die große Uniklinik in der ich entbunden habe durchaus viel. Zudem gab es wohl Zwillings-Frühchen in der 25. SSW. Bei allem Verständnis ist mir aber absolut unverständlich, warum mein Partner nicht früher dazu gebeten wurde, um mich in der Entspannungswanne zu „überwachen“ bzw. zu begleiten. In der Zeit in der ich gebadet habe, hat er sogar von sich aus auf Station angerufen, da er länger nichts von mir gehört hat und sich Sorgen gemacht hat. Offenbar wusste der Gesprächspartner erst gar nicht wer oder wo ich bin. Warum man ihm dann nicht sagt, dass er doch bitte dazu kommen möge… Außerdem beschäftigt mich im Nachgang sehr der Gedanke, was alles hätte passieren können, wenn es wieder eine ähnlich komplizierte Geburt wie beim ersten Kind gewesen wäre. Mein zweiter Sohn, Henning, kam mit 52cm und 4300g. Wenn er auch stecken geblieben wäre, seine oder meine Vitalwerte abgefallen wären… es hätte keiner gemerkt, da wir in der Wanne ja auch technisch nicht überwacht wurden. Geburtsverletzunge habe ich diesmal übrigens kaum davon getragen. Ich hatte lediglich ein paar Abschürfungen.

Mein Fazit ist, dass sowas natürlich in jeder Klinik passieren kann. Ich habe bis zu einem gewissen Grad Verständnis, hadere aber durchaus mit dem „warum konnte das nicht alles besser laufen“-Gefühl. Die Geburt verlief komplett ohne Interventionen, ich habe keine Schmerzmittel oder sonstiges bekommen. Wie auch? War ja keiner da. Aber prinzipiell war das durchaus mein Wunsch. Ich bin stolz auf das, was mein Körper da geleistet hat, bin aber auch emotional ziemlich aufgewühlt, weil ich das allein durchstehen musste. So blöd es klingt, ich finde es schade, dass ich so eine große Leistung vollbringe, eine der größten Leistungen die ich jemals in meinem leben vollbringen werde… und mein Partner hats nicht mit erleben können. Von allen Seiten hat man schon im Vorfeld immer gesagt bekommen „früher war das auch normal“. Der Punkt ist aber, dass sich das ja nicht ohne Grund geändert hat. Väter haben eine ganz andere Bedeutung als noch in der Generation unserer Eltern. Viele Vorschriften, wie z. B., dass eine Frau eigentlich nicht unbeaufsichtigt in der Wanne sein darf, wurden sicherlich aufgrund entsprechender Ereignisse, erschaffen.

Nun bin ich einfach froh, dass ich zwei recht große Kinder gesund und munter zur Welt gebracht habe und auch selbst gesund und in der Lage bin, sie aufzuziehen.

Diesen spannenden Geburtsbericht hat Anna geschrieben :)

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